BT-Drucksache 14/7362

1. zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Kolb, Braun, Brüderle, weiterer Abg. F.D.P. -14/6548- Gesetz zur Sicherung betrieblicher Bündnisse für Arbeit 2. Antrag der Abg. Schnieber-Jastram, Laumann, Baumeister, weiterer Abg. CDU/CSU -14/5758- Im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit bei wichtigen Fragen des Arbeitsmarktes endlich handeln

Vom 7. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7362
14. Wahlperiode 07. 11. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss)

1. zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Hildebrecht
Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der F.D.P.
– Drucksache 14/6548 –

Gesetz zur Sicherung betrieblicher Bündnisse für Arbeit

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Karl-Josef
Laumann, Brigitte Baumeister, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksache 14/5758 –

Im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit bei wichtigen
Fragen des Arbeitsmarktes endlich handeln

A. Problem
Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 14/6548
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutsch-
land verstoßen betriebliche Vereinbarungen („Betriebliche Bündnisse für
Arbeit“) zwischen Belegschaften und Betriebsleitungen über die Rücknahme
tariflicher Arbeitszeit- und Vergütungskonditionen zu Gunsten von Beschäfti-
gungsgarantien gegen das Tarifvertragsgesetz. Zur Änderung dieser Rechtslage
bedarf es der Aufhebung der kollektivrechtlichen Sperrwirkung in dem Gesetz.
Zu dem Antrag auf Drucksache 14/5758
Nach Ansicht der Antragsteller wird der grundsätzlich zu begrüßende Dialog
zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Politik im „Bündnis für Arbeit,
Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“ zunehmend durch die Gesprächsfüh-
rung der Bundesregierung beeinträchtigt. Der Bundeskanzler soll als Modera-
tor versagt haben, außerdem würde versucht, Themen, die ausschließlich den
Verhandlungen der Tarifvertragsparteien vorbehalten seien, in das „Bündnis für
Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“ einzubringen. Umgekehrt wür-
den Interessengruppen, deren Anliegen von der Bundesregierung in den Ge-
sprächen vertreten werden müssten, völlig unzureichend berücksichtigt.

Drucksache 14/7362 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

B. Lösung
Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 14/6548
Ergänzung des Günstigkeitsprinzips im § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz um die
Arbeitsplatzgarantie als Komponente des Günstigkeitsvergleichs.
Zu dem Antrag auf Drucksache 14/5758
Zur Lösung werden in dem Antrag u. a. als Maßnahmen der Bundesregierung
vorgeschlagen: Sicherstellung einer ausführlichen und lösungsorientierten Dis-
kussion des Problems der hohen Erwerbslosenquote in den neuen Bundes-
ländern im Bündnis, Förderung rascher und praxisnaher Unterstützungsmaß-
nahmen der Teilnehmer für die arbeitsmarktpolitischen Problemgruppen der
Langzeitarbeitslosen, Geringqualifizierten und erwerbstätigen Erziehenden
sowie von Maßnahmen zur schnellen Besetzung der derzeit ca. 1,5 Millionen
offenen Stellen, Bemühungen um eine stärkere Berücksichtigung der Probleme
des Mittelstandes und der New Economy in der Diskussion im Bündnis und in
den dort getroffenen Vereinbarungen, Vorlage von Vorschlägen zu notwendigen
Reformen des Arbeitsrechtes, Verzicht auf Äußerungen, die darauf hindeuten
könnten, sie strebe im Rahmen der Gespräche des Bündnisses die Behandlung
von Themen an, die eindeutig der Kompetenz der Tarifvertragsparteien oblie-
gen würden, Beeinflussung der teilnehmenden Tarifvertragsparteien zu dem
Verzicht, sich in zusammenfassenden Äußerungen als Gewinner oder Verlierer
zu bewerten.
Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/6548 mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der antragstellenden Fraktion und bei Enthaltung der Fraktion
der CDU/CSU
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 14/5758 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stim-
men der antragstellenden Fraktion und bei Stimmenthaltung der Fraktion
der PDS

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/6548 und/oder des Antrags
auf Drucksache 14/5758.

D. Kosten
Kosten wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7362

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Gesetzentwurf – Drucksache 14/6548 – abzulehnen,
2. den Antrag – Drucksache 14/5758 – abzulehnen.

Berlin, den 7. November 2001

Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
Doris Barnett
Vorsitzende

Klaus Brandner
Berichterstatter

Drucksache 14/7362 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Klaus Brandner

I. Beratungsverlauf
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 183. Sitzung am
6. Juli 2001 den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/6548
und den Antrag auf Drucksache 14/5758 in 1. Lesung bera-
ten und dem Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung zur
federführenden Beratung, dem Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie, dem Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend sowie dem Ausschuss für Angelegen-
heiten der neuen Länder zur Mitberatung überwiesen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat auf sei-
ner 65. Sitzung am 17. Oktober 2001 mit den Stimmen der
Mitglieder der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN
und PDS gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktionen
CDU/CSU und FDP beschlossen, die Ablehnung des Gesetz-
entwurfs auf Drucksache 14/6548 zu empfehlen. Auf der glei-
chen Sitzung hat der Ausschuss mit den Stimmen derMitglie-
der der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen derMitglieder der Fraktion der CDU/CSU
bei Stimmenthaltung der Mitglieder der Fraktionen FDP und
PDS des Weiteren beschlossen, die Ablehnung des Antrages
auf Drucksache 14/5758 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat auf seiner 76. Sitzung am 17. Oktober 2001 mit
den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD, CDU/
CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der Mitglieder der Fraktion der FDP beschlossen,
die Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/6548
zu empfehlen. Auf der gleichen Sitzung hat der Ausschuss
mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen
der Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU bei Stimment-
haltung der Mitglieder der Fraktion der PDS des Weiteren
beschlossen, ebenfalls die Ablehnung des Antrages auf
Drucksache 14/5758 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder hat
auf seiner 68. Sitzung am 17. Oktober 2001 in Abwesenheit
des Mitglieds der Fraktion der FDP einstimmig beschlossen,
die Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/6548
zu empfehlen. Auf der gleichen Sitzung hat der Ausschuss
mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Mit-
glieder der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung des
Mitglieds der Fraktion der PDS und in Abwesenheit des Mit-
glieds der Fraktion der FDP des Weiteren beschlossen, auch
die Ablehnung des Antrages auf Drucksache 14/5758 zu
empfehlen.
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialord-
nung hat auf seiner 104. Sitzung am 17. Oktober 2001 die
Vorlagen beraten. Als Ergebnis hat der Ausschuss mit den
Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Mit-
glieder der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Mit-
glieder der Fraktion der CDU/CSU beschlossen, die Ableh-
nung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/6548 zu
empfehlen.

Auf der gleichen Sitzung hat der Ausschuss ferner mit den
Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Mitglieder
der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Mit-
glieder der Fraktion der PDS beschlossen, die Ablehnung
des Antrages auf Drucksache 14/5758 zu empfehlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 14/6548
Mit dem Gesetzentwurf soll die zukünftige rechtliche Ver-
bindlichkeit betrieblicher Vereinbarungen („Betrieblicher
Bündnisse für Arbeit“) über Änderungen tariflicher Arbeits-
zeit- und Vergütungskonditionen zu Gunsten von Beschäfti-
gungsgarantien durchgesetzt werden. Zu diesem Zweck
wird die Ergänzung des Günstigkeitsprinzips in dem § 4
Abs. 3 Tarifvertragsgesetz um die Komponente der Arbeits-
platzgarantie in dem Günstigkeitsvergleich vorgeschlagen.
Derzeit verstoßen nach der höchstrichterlichen Rechtspre-
chung betriebliche Vereinbarungen zwischen Belegschaf-
ten und Betriebsleitungen über die Rücknahme tariflicher
Arbeitszeit- und Vergütungsregelungen zu Gunsten von Be-
schäftigungsgarantien gegen das Tarifvertragsgesetz.
Zu dem Antrag auf Drucksache 14/5758
Die Antragsteller kritisieren die Gesprächsführung der Bun-
desregierung im „Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wett-
bewerbsfähigkeit“. Der Bundeskanzler soll als Moderator
versagt haben, außerdem würde versucht, Themen, die aus-
schließlich den Verhandlungen der Tarifvertragsparteien
vorbehalten seien, in das „Bündnis für Arbeit, Ausbildung
undWettbewerbsfähigkeit“ einzubringen. Umgekehrt würde
Interessengruppen, deren Anliegen von der Bundesregie-
rung in den Gesprächen vertreten werden müssten, völlig
unzureichend berücksichtigt. Mit dem Antrag soll die Bun-
desregierung u. a. aufgefordert werden, für die ausführliche
und lösungsorientierte Diskussion des Problems der hohen
Erwerbslosenqoute in den neuen Bundesländern und für
rasche und praxisnahe Unterstützungsmaßnahmen für die
„Problemguppen“ des Arbeitsmarktes zu sorgen, sich für Er-
gebnisse zur schnellen Besetzung der ca. 1,5 Millionen
unbesetzten Arbeitsplätze sowie für eine stärkere Berücksich-
tigung der Probleme des Mittelstandes als größtem Arbeitge-
ber und der Probleme der New Economy als zukunftsträchti-
gen Arbeitgeber einzusetzen. Ferner soll die Bundesregierung
aufgefordert werden, Vorschläge zu notwendigen Reformen
des Arbeitsrechtes zu unterbreiten, auf Äußerungen zu ver-
zichten, die darauf hindeuten könnten, sie strebe im Rahmen
der Gespräche des Bündnisses die Behandlung von Themen
an, die eindeutig in die Kompetenz der Tarifvertragsparteien
fielen, und darauf hinzuwirken, dass keine der teilnehmenden
Tarifvertragsparteien sich in zusammenfassenden Äußerun-
gen als Gewinner oder Verlierer bewertet.

III. Ausschussberatungen
Die Mitglieder der SPD-Fraktion erklärten, der Gesetz-
entwurf auf Drucksache 14/6548 würde die gesellschaft-
liche Bedeutung der Tarifverträge verkennen. Die Umset-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/7362

zung des Gesetzentwurfs würde zu der Aufhebung der
Schutzfunktion der Tarifverträge, der Sicherung von Min-
destbedingungen, führen. Schon jetzt gebe es eine ausrei-
chende Flexibilität, um aktuellen Erfordernissen in einzel-
nen Betrieben genügend Rechnung zu tragen. Ein Beispiel
sei die jetzt vereinbarte Regelung 5000 × 5000 bei VW.
Mit dem Antrag auf Drucksache 14/5758 würden Forderun-
gen erhoben, die zum Teil von Anbeginn Realität im Bünd-
nis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit, zum
Teil wirklichkeitsfremd seien. Anzuerkennen sei aber, dass
die CDU/CSU-Fraktion inzwischen das Bündnis als wichti-
ges Forum zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit anerkenne,
nachdem noch 1996 die damalige CDU/CSU/F.D.P.-Bun-
desregierung ein Bündnis habe scheitern lassen.
Die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion betonten, dass
auch ihre Fraktion bei dem Thema Betriebliche Bündnisse
für Arbeit Handlungsbedarf sähe. Die CDU/CSU-Fraktion
habe einen entsprechenden Antrag zur Novellierung des
Betriebsverfassungsgesetzes eingebracht; in diesem Kontext
wolle man die Frage der Betrieblichen Bündnisse diskutieren.
Auch nach zwei Jahren des „Bündnisses für Arbeit, Aus-
bildung und Wettbewerbsfähigkeit“ herrsche am Arbeits-
markt immer noch eine gewisse Ratlosigkeit. Aus diesem
Grunde sei es notwendig, dass dieses Instrument, in dem
alle relevanten Gruppen zusammengeschlossen seien, sinn-
voll eingesetzt werde und entsprechend den Forderungen in
dem Antrag auf Drucksache 14/5758 gestaltet und mode-
riert würde.
Die Mitglieder der FDP-Fraktion hoben hervor, dass für
die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt entscheidend sei,
optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein wichtiges
Mittel für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen

in den Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, sei die
Zulassung Betrieblicher Bündnisse für Arbeit, in denen sich
die Beschäftigten im Gegenzug für Arbeitsplatzgarantien
zum partiellen Verzicht auf tarifliche Regelungen bereit er-
klären könnten. Viele Beschäftigte würden sich ein solches
Instrument wünschen, auch viele Betriebsräte unterstützten
eine solche Forderung. Der vorgelegte Gesetzentwurf lehne
sich inhaltlich an Vorschläge an, die die FDP-Fraktion
schon früher im Deutschen Bundestag präsentiert habe.
DieMitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
unterstrichen, dass in Betrieblichen Bündnissen große inno-
vative Möglichkeiten steckten, was nicht zuletzt das Beispiel
VW gezeigt habe. Diese Möglichkeiten könnten aber, wie
ebenfalls die Einigung bei VW deutlich gemacht habe, nur
wahrgenommen werden, wenn im Hintergrund der Schutz
durch Tarifverträge bestehe. Ihre Schutzfunktion müsse des-
halb gewahrt und nicht ausgehöhlt werden.
Wie die Mitglieder der Fraktion der SPD sei man der An-
sicht, dass der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 14/5758 wenige substanzielle Forderungen ent-
halte und kein wirksamer Beitrag zum Abbau der Arbeitslo-
sigkeit sei.
DieMitglieder der PDS-Fraktion sahen in dem Gesetzent-
wurf auf Drucksache 14/6548 einen Generalangriff auf die
Tarifautonomie. Es gäbe schon heute Betriebliche Bünd-
nisse für Arbeit; dies zeige, dass es der vorgeschlagenen Re-
gelungen nicht bedürfe.
Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache 14/
5758 laufe auf eine weitere Entmachtung des Parlaments zu
Gunsten des Bündnisses für Arbeit hinaus und werde des-
halb nicht mitgetragen.

Berlin, den 7. November 2001

Klaus Brandner
Berichterstatter

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