BT-Drucksache 14/7184

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft in deutsches Recht

Vom 17. Oktober 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7184
14. Wahlperiode 17. 10. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Funke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig, Ina Albowitz, Rainer Brüderle, Jörg van Essen, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich
Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Günther
Friedrich Nolting, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Günter Rexrodt, Gerhard
Schüßler, Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Urheberrechts
in der Informationsgesellschaft in deutsches Recht

Am 22. Juni 2001 ist die Richtlinie 2000/29/EG zur Harmonisierung bestimm-
ter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor-
mationsgesellschaft im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffent-
licht worden. Die Richtlinie ist von den Mitgliedstaaten innerhalb von
18 Monaten nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt umzusetzen.
Die Richtlinie soll die Voraussetzungen für den Übergang des Urheberrechts in
den EU-Mitgliedstaaten ins digitale Zeitalter schaffen. Im Mittelpunkt der
Regelungen stehen folgende Neuerungen:
– die technisch bedingte Vervielfältigung im Netz
– abschließende Liste der fakultativen Ausnahmen der Vervielfältigung
– gerechter Ausgleich für digitale Vervielfältigungen
– rechtlicher Schutz von Kopierschutzvorrichtungen und Ausnahmeregelun-

gen.
Den Erwägungsgründen kommt hinsichtlich des Inhalts und damit zum Ver-
ständnis der Richtlinie eine besondere Bedeutung zu, denn bis zum Abschluss
der Beratungen haben Ergänzungen bzw. Änderungen der Erwägungsgründe
eine wichtige Rolle gespielt.
Auf der Grundlage des 2. Vergütungsberichts, den das Parlament am 6. Juli 2001
zur Kenntnis genommen hat, hätte die Bundesregierung bereits die wesentlichen
Inhalte und Ziele für die Umsetzung der EU-Richtlinie berücksichtigen können,
weil die Beratungen auf EU-Ebene sich bei Fertigstellung des Vergütungsbe-
richts bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befunden haben. Dies ist je-
doch nicht geschehen. Vielmehr beschränkte sich die Bundesregierung auf die
spezifisch deutschen Besonderheiten der gesetzlichen Lizenzen, ohne die weite-
ren Aspekte der Problematik von digitaler Vervielfältigung zu vertiefen, die be-
reits auf EU-Ebene diskutiert worden waren. Die Bundesregierung hat daher
zum einen die besonderen Aspekte des Urheberrechts in der Informationsgesell-

Drucksache 14/7184 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

schaft nur unvollständig berücksichtigt. Völlig unberücksichtigt sind zum ande-
ren die aktuellen Diskussionen von technischen Maßnahmen und die Auswir-
kungen von Kopierschutzsystem geblieben, nämlich die Verschiebung von der
gesetzlichen Lizenz zur Individuallizenz der Urheber in der digitalen Welt. In-
soweit ist auch auf den Antrag der Fraktion der FDP „Die Zukunft gehört der In-
dividuallizenz – Vergütungsregelungen für private Vervielfältigungen im digita-
len Umfeld“ (Bundestagsdrucksache 14/5577) zu verweisen.
Die EU-Richtlinie geht weit über die zu regelnden Bestimmungen aus dem
WIPO-Vertrag (WIPO: Word Intellectual Property Organisation) über Darbie-
tungen und Tonträger hinaus. Sie sieht Regelungen für das Urheberrecht in der
Informationsgesellschaft vor, deren Umsetzung in das Urheberrechtsgesetz
(UrhG) notwendig ist und nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wer-
den kann, weil andernfalls die Systematik der mit der Richtlinie in diesem
Bereich bezweckten EU-Harmonisierung verloren ginge.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie will die Bundesregierung einen wirksamen urheberrechtlichen Schutz

unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung sicher stellen?
2. Wie will die Bundesregierung den Unterschied zwischen Offline- und On-

linebetrieb regeln, da es sich im Onlinebereich um Erstverwertung handelt,
die nach Artikel 3 der EU-Richtlinie von der gesetzlichen Lizenz nicht um-
fasst wird?

3. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die Nutzung der Onlinelieferung von
geschützten Werken zu regeln unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in
Zusammenhang mit der Internetverbreitung urheberrechtsrelevantes Mate-
rial häufig mittels Kopierschutz verbreitet wird?

4. Welche Kriterien wird die Bundesregierung bei der digitalen Vervielfälti-
gung zur Abgrenzung zwischen pauschaler gesetzlicher Lizenz und indivi-
dueller Vergütung (Individuallizenz) schaffen, um angemessene Urheber-
vergütungen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im
Onlinebereich zu sichern?
Beachtet die Bundesregierung die Möglichkeit von Doppelvergütungen in
diesem Zusammenhang?
Beabsichtigt die Bundesregierung die Einführung von Regelungen zur Ein-
schränkung von gesetzlichen Lizenzen bei der Ausweitung benutzungsab-
hängiger Vergütungen?

5. Wie gedenkt die Bundesregierung die Schrankenregelung gemäß Artikel 5.1
der EU-Richtlinie für vorübergehende, technologiebedingte Vervielfältigun-
gen umzusetzen?

6. Wie will die Bundesregierung die in der EU-Richtlinie getroffene Abgren-
zung zwischen privater Vervielfältigung und Vervielfältigung zu sonstigen
Zwecken nach Artikel 5.2b absichern, wenn man bedenkt, dass es bei multi-
funktionalen Geräten und Aufnahmeträgern zu Ungerechtigkeiten kommen
könnte, weil im geschäftlich/professionellen Bereich die urheberrechtsrele-
vante Nutzung von Werken ohne Genehmigung der Berechtigten unzulässig
und damit grundsätzlich verboten ist?

7. Beabsichtigt die Bundesregierung die Urhebervergütungssätze in der Anlage
zu § 54 UrhG für die Vervielfältigung im digitalen Umfeld neu zu regeln?

8. Wie gedenkt die Bundesregierung die urheberrechtlichen Vergütungsansprü-
che nach §§ 54, 54a UrhG unter Berücksichtigung der in den Erwägungs-
gründen 35, 38, 39 genannten Kriterien zu regeln?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7184

9. Beabsichtigt die Bundesregierung eine ausdrückliche Klarstellung darüber,
dass mit gesetzlichen Lizenzen nur ein gerechter Ausgleich für Vervielfälti-
gungen von Originalen oder rechtmäßig erstellten Kopien und keine Kom-
pensation von Piraterieakten zulässig sein soll?

10. Wie gedenkt die Bundesregierung den Schutz der technischen Maßnahmen
im UrhG inhaltlich zu regeln?
Wie sichert die Bundesregierung die Abgrenzung technischer Maßnahmen
und digitaler Managementsysteme nach Artikel 6 von Pauschallizensierun-
gen nach Artikel 5.2?

11. Sollen die Berechtigten zur Verwendung von marktgängigen Kopierschutz-
systemen zur Sicherung ihrer Rechte insbesondere für die digitale Online-
verwertung verpflichtet werden, um insbesondere die rechtswidrige Ver-
vielfältigung im Internet zu verhindern?

12. Wie gedenkt die Bundesregierung die gesetzlichen Vergütungssätze zu be-
handeln, insbesondere unter Berücksichtigung der rasanten technologi-
schen Entwicklung?
Wird sie die Selbstregelungen der betroffenen Kreise nach § 54d UrhG ent-
sprechend ausweiten und insoweit klarstellen, dass unter Berücksichtigung
von den technischen Maßnahmen und Kopierschutzsystemen die digitalen
Vervielfältigungsmöglichkeiten zukünftig von den Berechtigten weitge-
hend kontrolliert werden können, indem sie die Verbreitung und somit auch
die Vervielfältigung ihrer Werke weitgehend selbst für rechtmäßige Nut-
zung bestimmen können?

Berlin, den 16. Oktober 2001
Rainer Funke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Ina Albowitz
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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