BT-Drucksache 14/6952

Für eine Anti-Terrorismus-Konvention der Vereinten Nationen

Vom 25. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6952
14. Wahlperiode 25. 09. 2001

Antrag
der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Irmer, Birgit Homburger,
Ina Albowitz, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Jörg van Essen,
Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Dirk Niebel, Cornelia Pieper, Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler, Marita Sehn, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP

Für eine Anti-Terrorismus-Konvention der Vereinten Nationen

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Terror-Katastrophe von New York und Washington hat zu einer beispiel-
losen Welle internationaler Solidarität mit den USA geführt. Staats- und Regie-
rungschefs in allen Teilen der Welt haben ihre Entschlossenheit verkündet, den
Kampf gegen den internationalen Terrorismus tatkräftig aufzunehmen. Als ein-
zige, weltumspannende und handlungsfähige Organisation bietet die UNO
hierfür den geeigneten Rahmen. In Artikel 1 Abs. 1 der UNO-Charta wird die
Bewahrung von Frieden und Sicherheit als Hauptgründungszweck festgelegt
und die Staatengemeinschaft darauf verpflichtet, „zu diesem Zweck wirksame
Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten
und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unter-
drücken“. Es ist daher dringend an der Zeit, dass die Völkergemeinschaft sich
dieses Auftrages der UNO-Charta entsinnt und den Kampf gegen den globalen
Terrorismus zu ihrem Hauptanliegen macht.
Die 56. Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 12. September
2001 in New York die Arbeit aufgenommen. Vor dem Hintergrund der schreck-
lichen Ereignisse musste der für die kommenden Wochen geplante Weltkinder-
gipfel in New York verschoben werden. Die ursprünglich für Mitte September
vorgesehene traditionelle hochrangige Generaldebatte unter Beteiligung von
Staats- und Regierungschefs sollte jedoch so bald wie möglich durchgeführt
werden. Gerade in Zeiten globaler Verunsicherung braucht die Welt dringend
ein Zeichen, dass die zivilisierte Staatengemeinschaft und ihre politischen Füh-
rer sich nicht von terroristischen Aktionen beirren lassen. Bei allen durchaus
berechtigten Sicherheitserwägungen ist gerade New York als Hauptsitz der
Vereinten Nationen hierfür der geeignete Ort.
Angesichts der erheblichen politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der
Terrorattacke muss es selbstverständlich sein, dass die 56. Generalversamm-
lung ganz im Zeichen des Kampfes gegen den Terrorismus steht. Dies hat Ge-
neralsekretär Kofi Annan auch bereits angekündigt. Die Vereinten Nationen
haben in den letzten Jahren bereits vier große Weltkonferenzen (Weltfrauen-
konferenz in Peking, Weltbevölkerungskonferenz in Kairo, Weltumweltkon-

Drucksache 14/6952 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

ferenz in Rio und Weltantirassismuskonferenz in Durban) durchgeführt. In ih-
rer diesjährigen Eröffnungssitzung hat die Generalversammlung bereits einer
Resolution (56/1) gegen den Terrorismus zugestimmt. Auch der UNO-Sicher-
heitsrat hat in seiner Resolution 1368 vom 12. September 2001 die terroristi-
schen Angriffe gegen die USA als Bedrohung des Weltfriedens und der
Sicherheit verurteilt. Es ist daher jetzt geboten, dass die Völkergemeinschaft
Mittel und Wege sucht, die Menschheit von der Geißel des Terrorismus zu be-
freien.
Nachdem die 55. UNO-Generalversammlung im vergangenen Jahr die erste
weltweite Konvention gegen organisierte Kriminalität verabschiedet hat, soll-
ten sich in diesem Jahr alle Kräfte auf die Annahme einer UNO-Anti-Terroris-
mus-Konvention richten. Zwar gibt es bereits regionale und sektorale Ansätze
(wie z. B. Konventionen gegen Geiselnahme, Geldwäsche und nuklearen Ter-
rorismus). Bemühungen um eine weltweit verbindliche Konvention, in der alle
bestehenden regionalen und sektoralen Konventionen zusammengeführt wer-
den, haben sich bislang allerdings entgegen der nachhaltigen Empfehlung u. a.
des Legal Committee der Vereinten Nationen nicht durchsetzen können. Dies
ist jedoch dringend erforderlich, um dem global operierenden Terror Herr wer-
den zu können. Analog der Europäischen Anti-Terrorismus-Konvention von
1977 sollten die beitretenden Staaten zur Durchführung umfassender grenz-
überschreitender Terrorismus-Prävention verpflichtet werden. Die Prävention
darf sich dabei nicht auf polizeiliche und sicherheitspolitische Maßnahmen be-
schränken, sondern muss vor allem auch Maßnahmen zur Förderung der politi-
schen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in den Herkunftsländern der
terroristischen Organisationen und zur Vertiefung des transkulturellen Dialoges
zwischen den unterschiedlichen Zivilisationsräumen umfassen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
1. Dafür einzutreten, dass die Generaldebatte der Generalversammlung der

Vereinten Nationen unter hochrangiger politischer Beteiligung so bald wie
möglich in New York durchgeführt werden kann.

2. Der 56. Generalversammlung der Vereinten Nationen gemeinsam mit den
Partnern in der Europäischen Union einen Resolutionsentwurf zur Verab-
schiedung einer umfassenden und weltweit verbindlichen UNO-Anti-
Terror-Konvention vorzulegen, in der alle bisher verabschiedeten relevanten
regionalen und sektoralen Konventionen zusammengeführt werden.

3. Mit der UNO-Anti-Terror-Konvention sollte die Staatengemeinschaft sich
u. a. zu folgenden präventiven Maßnahmen verpflichten:
3.1 Umfassender Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über so-

wie Koordinierung nachrichtendienstlicher und polizeilicher Maßnah-
men gegen Terrorgruppen.

3.2 Weltweite Standardisierung von Sicherheitsmaßnahmen im Luftver-
kehr und bei anderen Transportträgern. Ausschluss vom internatio-
nalen Transportregimes von Staaten, die diese Standards nicht ein-
führen oder ihnen nicht entsprechen.

3.3 Weltweite Einführung bzw. Verschärfung von Sicherheits- und Kon-
trollstandards in der Informationstechnologie.

3.4 Verschärfung der weltweiten Maßnahmen gegen Geldwäsche und Er-
höhung der Transparenz sowie Kontrolle des internationalen Kapital-
transfers mit dem Ziel der Austrocknung der wirtschaftlichen Basis
terroristischer Organisationen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6952

3.5 Anpassung der nationalen Gesetzgebung an die Standards der UNO-
Anti-Terror-Konvention.

3.6 Überführung der personell chronisch unterbesetzten „UN-Terrorist-
Prevention-Branch“ in Wien in eine funktionsfähige Anti-Terror-Son-
derorganisation der Vereinten Nationen zur Koordinierung der in der
Konvention aufgeführten Maßnahmen und zur Durchführung von
Inspektionen und Kontrollmaßnahmen in den Mitgliedsländern.

3.7 Etablierung eines Maßnahmenkatalogs zur Ahndung von Verstößen
gegen die Konvention. Die Maßnahmen sollten von der Kürzung bzw.
Einstellung der Entwicklungshilfe bis zu gezielten politischen und
wirtschaftlichen Sanktionen reichen.

3.8 Verstärkte Anstrengungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von
Massenvernichtungswaffen durch Terrorgruppen.

3.9 Ein gesonderter Abschnitt der Konvention sollte präventiven poli-
tischen und wirtschaftlichen und auch kulturpolitischen Maßnahmen
vorbehalten sein, die darauf abzielen, weltweit Rahmenbedingungen
herzustellen, die das Entstehen von Terror-Organisationen verhindern
oder beeinträchtigen. Hierzu gehören in erster Linie verstärkte ent-
wicklungspolitische Anstrengungen zur Überwindung sozialer und
wirtschaftlicher Missstände, auf deren Boden Terror gedeiht. Hierzu
gehören aber auch vertrauensbildende politische, kulturelle und bil-
dungspolitische Maßnahmen zum Abbau von Vorbehalten zwischen
unterschiedlichen Zivilisations- und/oder Religionsräumen.

3.10 Um den Missbrauch der Konvention im Kampf gegen politische Geg-
ner und Bürgerkriegsparteien zu verhindern und um völkerrechtliche
Klarheit zu schaffen, muss der Konvention eine einheitliche und ver-
bindliche Definition des Terrorismus-Begriffes vorangestellt werden.

4. Für das Haushaltsjahr 2002 zusätzliche Mittel zur Terrorismusbekämpfung,
insbesondere auch im Hinblick auf die Umsetzung der sich aus der UNO-
Anti-Terror-Konvention ergebenden Verpflichtungen, bereitzustellen, ohne
dabei die angestrebte Haushaltskonsolidierung in Frage zu stellen.

Berlin, den 24. September 2001
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Irmer
Birgit Homburger
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich

Walter Hirche
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Dirk Niebel
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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