BT-Drucksache 14/6904

Das "neue BAföG" und Auslandspraktika in Übersee

Vom 11. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6904
14. Wahlperiode 11. 09. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, Horst Friedrich
(Bayreuth), Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Jörg van Essen,
Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt,
Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Heinrich, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Gerhard
Schüßler, Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Das „neue BAföG“ und Auslandspraktika in Übersee

Die im April 2001 in Kraft getretene Reform des Bundesausbildungsförde-
rungsgesetzes (BAföG) regelt in § 5 und § 16 die Förderung für eine Ausbil-
dung im Ausland. Aus den Akademischen Auslandsämtern (z. B. der Fach-
hochschule Mannheim) sind Klagen zu hören, dass Studierende, die Praktika
im nicht zur Europäischen Union gehörenden Ausland ableisten wollen, wäh-
rend ihrer Praktikumszeit den Anspruch auf Förderung verlieren. Auslandsauf-
enthalte im Rahmen einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen
einer inländischen und ausländischen Ausbildungsstätte können unabhängig
von einer einjährigen Ausbildungsphase im Inland für die jeweilige Dauer der
Auslandsausbildung gefördert werden. Auslandsausbildungen, die im Rahmen
der Inlandsausbildung der EU außerhalb der EU durchgeführt werden, sind für
die Dauer von einem Jahr bzw. bei Vorliegen besonderer Gründe für maximal
zweieinhalb Jahre förderungswürdig. Eine Auslandsausbildung kann außerdem
nur gefördert werden, wenn sie nach dem Ausbildungsstand förderlich ist und
mindestens teilweise auf die Inlandsausbildung angerechnet werden kann.
Dazu kommt, dass der Auslandsaufenthalt mindestens sechs Monate oder ein
Semester bzw. zwölf Wochen dauern muss.
Aufgrund dieser einschränkenden Regelungen erlischt bei Praktikumszeiten im
nicht zur EU-gehörenden Ausland häufig der BAföG-Anspruch. Diese Praktika
sind oft kürzer als sechs Monate, können nicht auf die Inlandsausbildung ange-
rechnet werden und finden auch meist nicht im Rahmen einer Zusammenarbeit
zwischen in- und ausländischer Ausbildungsstätte statt. Akademische Aus-
landsämter berichten, dass die Regelung auch Pflichtsemester im Ausland be-
treffe, die nur dann gefördert werden, wenn die Studienordnung zwingend ein
Pflichtsemester im Nicht-EU-Ausland vorsieht.
Dennoch sind Praktika im Ausland nicht nur für den Erwerb von praktischen
Kenntnissen und Sprachkenntnissen wünschenswert, sondern im Kontext der
auch von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn,
geforderten Internationalisierung der Hochschulausbildung dringend erforder-
lich. Da Praktika häufig nicht bezahlt werden, führt ein Verlust der BAföG-
Ansprüche in diesem Zeitraum zu einem finanziellen Problem bei Studieren-
den, was die Attraktivität von Auslandspraktika schmälern würde.

Drucksache 14/6904 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung das Problem des Verlustes des BAföG-Anspruches

für die Zeit von Auslandspraktika in Ländern außerhalb der EU, die nicht
den Forderungen des § 5 BAföG entsprechen, bekannt?

2. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, wie viele Studierende
jährlich Praktika in Ländern außerhalb der EU absolvieren?

3. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, wie viele Anträge auf
Förderung im Ausland seit Inkrafttreten der neuen BAföG-Regelungen ge-
nehmigt und wie viele abgelehnt wurden?

4. Wenn ja, wie hoch ist die Summe der ausgereichten bzw. nicht in Anspruch
genommenen Mittel aus der Auslandsförderung nach dem BAföG?

5. Ist der Bundesregierung Schriftwechsel mit Akademischen Auslands-
ämtern bekannt, in dem diese darüber klagen, dass Studierende durch die
Regelungen von Auslandspraktika abgehalten werden?

6. Wenn ja, wie hat die Bundesregierung auf diese Klagen geantwortet?
7. Trifft es zu, dass die Verwaltungsvorschrift zum BAföG eine finanzielle

Unterstützung nur dann vorsieht, wenn die Studien- oder Prüfungsordnung
zwingend ein Praktikum außerhalb Europas vorschreibt?

8. Wenn ja, was ist der Grund für diese Beschränkung der Wahlfreiheit der
Studierenden bezüglich ihrer Praktikums- bzw. Praxissemesterstellen?

9. Für welche Studiengänge an staatlichen Hochschulen sieht die Studien-
und Prüfungsordnung zwingend ein Pflichtsemester oder Praktikum in
Ländern außerhalb der EU vor?

10. Welche Kriterien werden für die Einschätzung eines Auslandsaufenthaltes
als „besonders förderlich“ zugrunde gelegt?

11. Wie stehen die Regelungen des § 5 BAföG im Einklang mit dem Ziel, die
Hochschulen zu internationalisieren und die Studierenden zu ermuntern,
Kenntnisse im Ausland zu erwerben?

12. Ist nach Erkenntnissen der Bundesregierung damit zu rechnen, dass sich
die Absolvierung von Pflichtsemestern und Praktika durch die Regelung
zuungunsten von Ländern außerhalb der EU verschiebt?

13. Ist die Bundesregierung bereit, eine Änderung des § 5 BAföG dahingehend
vorzunehmen, dass auch bei einem Praktikum oder Praxissemester in
einem Land außerhalb der EU der BAföG-Anspruch erhalten bleibt?

Berlin, den 10. September 2001
Ulrike Flach
Cornelia Pieper
Birgit Homburger
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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