BT-Drucksache 14/6624

Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinie in nationales Recht

Vom 4. Juli 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

6624

14. Wahlperiode

04. 07. 2001

Antrag

der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, Hildebrecht Braun (Augsburg),
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Helmut Haussmann,
Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin,
Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinien in nationales Recht

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Richtlinien 96/62/EG und 1999/30/EG sind auf die Verbesserung der Luft-
qualität in Europa ausgerichtet. Die Richtlinie 96/62/EG des Rates vom
27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität
enthält Leitlinien zur gebietsbezogenen Luftreinhaltung. Die Richtlinie 1999/
30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid,
Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft soll über die
Vorgabe von Luftqualitätszielen bzw. -grenzwerten für SO

2

, NO

x

, Feinstaub
und Blei eine Verbesserung der Immissionssituation erreichen. Die Richtlinie
1999/30/EG ist bis zum 19. Juli 2001 umzusetzen.

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der F.D.P. hat die Bun-
desregierung erklärt, die Richtlinien durch Änderung des Bundes-Immissions-
schutzgesetzes (BImSchG) und der 22. Bundes-Immissionsschutzverordnung
(Verordnung über Immissionswerte – 22. BImSchV) umsetzen zu wollen. Zur
Konkretisierung der Betreiberpflicht in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sollen die
Werte auch bei der Novelle der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der
Luft (TA Luft), mithin in das deutsche Anlagenzulassungsrecht, übernommen
werden.

Dies wird dem Zweck der EG-Richtlinien nicht gerecht. Die Richtlinien wollen
keine Gefahrengrenze markieren, sondern sind dazu bestimmt, eine sehr an-
spruchsvolle Vorsorge zu verwirklichen. Dazu wird nicht auf eine Veränderung
des Anlagenzulassungsrechts abgestellt, sondern auf die Erstellung von regio-
nalen Aktionsplänen für Gebiete, in denen es zu einer Überschreitung von ge-
setzten Grenzwerten kommt. Ziel der Richtlinien ist es, in den Mitgliedstaaten
ein Luftqualitätsniveau zu erreichen, das hinsichtlich einzelner Schadstoffe
über das jetzige Niveau klassischer Reinluftgebiete hinausgeht. Es steht zu
befürchten, dass in vielen – gerade industriellen – Ballungsgebieten Neuan-
lagen und Änderungen genehmigungspflichtiger Anlagen nicht mehr geneh-
migungsfähig sind, weil schon die Vorbelastung der Luft in diesen Gebieten
diese Werte überschreitet. Die von der Bundesregierung geplante Umsetzung
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der Richtlinien birgt die Gefahr, dass ein großer Teil neu zuzulassender Anla-
gen nur noch ausnahmsweise genehmigungsfähig sein wird. Die Bundesregie-
rung teilt diese Befürchtung nicht, da nach ihrer Auffassung aufgrund der dyna-
mischen Entwicklung des Standes der Technik zum Anlagenbetrieb,
rückläufiger Emissionen aus dem Verkehrsbereich und anderer Maßnahmen zur
Luftreinhaltung die Luftqualitätsgrenzwerte zu den in den Richtlinien angege-
benen Zeitpunkten unterschritten werden können. Die Verbesserung des Stan-
des der Technik bei Industrieanlagen (Emissionsseite) kann aber vielfach regio-
nale Belastungsschwerpunkte nicht beseitigen, da andere Sektoren maßgeblich
das Immissionsniveau bestimmen.

Wenn im Einzelfall verkehrsbedingte Emissionen die Luftqualität in einem be-
stimmten Gebiet bestimmen, kann auch die Verweigerung einer immissions-
rechtlichen Anlagengenehmigung wenig bewirken. Insofern ist auch die Ent-
wicklung des Standes der Technik nicht entscheidend, da in diesen Fällen
anlagenbezogene Immissionen nicht dominant sind, sondern die Immissionen
aus anderen Quellen stammen. Ein noch so weit fortgeschrittener Stand der
Technik führt in diesem Fall nicht weiter. Die Übernahme der EU-Luftquali-
tätswerte in die TA Luft und damit in das Anlagenzulassungsrecht ist damit
nicht sinnvoll.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die EU-Luftqualitätsrichtlinien durch Übernahme von Immissionsplanwer-
ten in die 22. BImSchV umzusetzen, aufgrund derer sektorenübergreifende
Luftreinhaltepläne mit Vorsorgecharakter zu erstellen sind;

2. auf die zusätzliche Übernahme der Luftqualitätsgrenzwerte der Richtlinie
1999/30/EG in das Anlagenzulassungsrecht zu verzichten.

Berlin, den 3. Juli 2001

Birgit Homburger
Marita Sehn
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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