BT-Drucksache 14/661

Haltung der Bundesregierung zu den Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik China

Vom 23. März 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/661 vom 23.03.1999

Antrag der Fraktion der F.D.P. Haltung der Bundesregierung zu den
Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik China =

23.03.1999 - 661

14/661

Antrag
der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Helmut
Haussmann, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Jörg van
Essen, Dr. Karlheinz Guttmacher, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit
Homburger, Ulrich Irmer, Jürgen Koppelin, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Marita Sehn, Dr.
Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der F.D.P.
Haltung der Bundesregierung zu den Menschenrechtsverletzungen in der
Volksrepublik China

Der Bundestag wolle beschließen:
Die am 22. März 1999 begonnene 55. Konferenz der UN-
Menschenrechtskommission findet zu einem Zeitpunkt statt, in dem die
Menschenrechtslage in vielen Staaten der Welt besorgniserregend bis
katastrophal ist. Hierzu gehört leider nach wie vor auch die VR China.
Obwohl China 1998 die internationalen Pakte über wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Rechte sowie über bürgerliche und politische
Rechte unterzeichnet hat, hat sich die tatsächliche
Menschenrechtssituation weiter dramatisch verschlechtert. In den
letzten Wochen und Monaten sind vermehrt Menschenrechtsaktivisten
festgenommen und teilweise zu drakonischen Haftstrafen verurteilt
worden. Das Auseinanderklaffen zwischen völkerrechtlichem Anspruch und
der Realität ist eklatant. Daß die chinesischen Behörden just zum 50.
Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Dezember
vergangenen Jahres in einer neuen Repressionswelle ca. 30 Dissidenten
verhafteten, zeigt, mit welch zynischer Skrupellosigkeit die
übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtungen mißachtet werden. Die
chinesische Regierung hat den ihr im Rahmen der letztjährigen UN-
Menschenrechtskommission gewährten Vertrauensvorschuß verspielt. Der
der EU als Gegenleistung zu einem Verzicht auf eine China-Resolution
zugesagte Menschenrechtsdialog hat bislang keinerlei Ergebnisse
gebracht. Diese willkürliche Verletzung völkerrechtlicher Pflichten
durch die chinesische Regierung darf nicht mehr tatenlos hingenommen
werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung - insbesondere auch im
Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft - gefordert, sich in Genf mit
allergrößtem Nachdruck für die Einhaltung der Menschenrechte durch die
VR China einzusetzen. Bundesaußenminister Joseph Fischer hat die
Achtung der Menschenrechte zum Schwerpunkt der deutschen Außenpolitik
erklärt. Am Engagement der Bundesregierung für die Menschenrechte in
China wird sich dieses Versprechen messen lassen müssen. Es ist nicht
glaubwürdig, einerseits das Thema Menschenrechte zum Schlüsselthema der
deutschen Außenpolitik zu erklären und andererseits hierzu vor der UN-
Menschenrechtskommission keine Initiative zu entfalten. Es reicht nicht
aus, wenn die Bundesregierung durch Staatsminister Dr. Ludger Volmer
auf mündliche Anfragen im Deutschen Bundestag zur Verurteilung der VR
China wegen Menschenrechtsverletzungen lediglich ein Bemühen um
einvernehmliches Vorgehen in Genf formuliert und im übrigen darauf
verweist, die Gespräche seien schwierig, da die VR China jedes
Ansprechen von Menschenrechtsverletzungen als Einmischung in innere
Angelegenheiten betrachte. Auf diese Einrede kann sich die chinesische
Regierung seit der Unterzeichnung des Internationalen Paktes über
Bürgerliche und Politische Rechte nicht mehr berufen. Sie hat sich
vielmehr im Kooperationsabkommen mit der UN-Menschenrechtskommissarin
Mary Robinson zur Ausarbeitung eines nationalen Aktionsplanes zur
Umsetzung des Paktes verpflichtet, zu dessen Vorlage sie dringend
aufgefordert werden muß.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. sich gegenüber der UN-Menschenrechtskommission nicht mit einer
unverbindlichen Kritik der Menschenrechtslage in der VR China zu
begnügen, sondern ihre Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der EU-
Ratspräsidentschaft zu nutzen, um gemeinsam mit EU-Partnern, die eine
verbindliche Verurteilung der VR China anstreben, die bevorstehenden
sechs Sitzungswochen zu nutzen, um einen EU-Konsens für die Einbringung
einer Resolution gegen die VR China zu erreichen;
2. für den Fall, daß trotz nachhaltigen Insistierens ein EU-Konsens
für eine Resolution nicht erreichbar sein sollte, sich im Rahmen der
UN-Menschenrechtskommission für eine gemeinsame EU-Initiative, z. B. in
Form einer gemeinsamen Erklärung, einzusetzen, in der die
Menschenrechtssituation in China eindeutig verurteilt und die
Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtung durch die chinesische
Regierung eingefordert wird;
3. die Zunahme willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von
Menschenrechtlern an prominenter Stelle bei den bevorstehenden Troika-
Gesprächen mit dem chinesischen Außenminister Tang Jiaxuan vom 26. bis
28. März 1999 in Berlin zur Sprache zu bringen;
4. die chinesische Regierung insbesondere aufzufordern, der gegenüber
der UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson übernommenen
Verpflichtung zur Vorlage eines Aktionsplanes zur Umsetzung der
Menschenrechte nachzukommen;
5. die bevorstehende China-Reise von Bundeskanzler Gerhard Schröder
drei Wochen vor dem 10. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des
Himmlischen Friedens zu nutzen, die chinesische Regierung zur
Freilassung aller politischen Gefangenen und zur Umsetzung aller
Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und
Politische Rechte aufzufordern;
6. die langfristige Gestaltung der deutschen China-Politik an der
Einhaltung des internationalen Standards der Menschenrechte und den
konkreten Fortschritten in diesem Bereich zu orientieren.
Bonn, den 23. März 1999
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dr. Helmut Haussmann
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Dr. Karlheinz Guttmacher
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Ulrich Irmer
Jürgen Koppelin
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

23.03.1999 nnnn

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