BT-Drucksache 14/6514

Bestrahlung von Lebensmitteln

Vom 27. Juni 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6514
14. Wahlperiode 27. 06. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Flach, Ulrich Heinrich, Marita Sehn, Ina Albowitz,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Klaus Haupt, Walter Hirche, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Ina Lenke,
Dirk Niebel, Cornelia Pieper, Gerhard Schüßler, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Bestrahlung von Lebensmitteln

Presseberichte weisen darauf hin (Frankfurter Allgemeine Zeitung/FAZ vom
8. Mai 2001), dass Pflanzen neben den traditionellen Züchtungsverfahren und
gentechnischen Verfahren auch durch Bestrahlung des Erbguts zur Schaffung
neuer Sorten in zahlreichen Staaten verändert würden. Dies könne unter ande-
rem durch Gammastrahlen, Röntgenstrahlen oder radioaktive Strahlen erfolgen.

Während bei gentechnischen Eingriffen neue Gene eingebracht würden, werde
durch Bestrahlung des Erbmaterials die Mutationsrate der Pflanzen erhöht, um
ertragreichere sowie gegen Krankheiten unempfindlichere bzw. resistente
Sorten zu schaffen.

Gentechnische Eingriffe in die Erbinformationen einer Pflanze unterlägen in
Deutschland strengen Bestimmungen und müssten auf dem Produkt vermerkt
werden. Veränderungen durch Bestrahlung hingegen seien nicht kennzeich-
nungspflichtig und entzögen sich dadurch der Kontrolle und seien für den Ver-
braucher nicht erkennbar.

Nur wenige Staaten verzichteten weltweit auf Mutationszüchtungen durch
radioaktive Strahlen (FAZ vom 12. Mai 2001). In Österreich beispielsweise
werde diese Art der Bestrahlung unter Aufsicht der Internationalen
Atomenergiebehörde (IAEA) als Alternative zur Gentechnik eingesetzt. Schon
mehr als 2 250 Sorten seien mit Hilfe der Mutationszüchtung auf den Markt ge-
kommen (FAZ vom 11. Mai 2001).

In Deutschland seien in der Vergangenheit nach Angaben des Bundesverbandes
Deutscher Pflanzenzüchter zu Forschungszwecken Pflanzen bestrahlt worden.

Das Bundessortenamt verweist auf den Gartenbau, wo gezielte Mutationszüch-
tung durch Röntgenstrahlen durchaus üblich sei. Bestrahlung in anderen Be-
reichen der Landwirtschaft halte man für nicht verbreitet, schließe sie aber
generell nicht aus.

Offensichtlich besteht eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Praxis der
Mutationszüchtung durch Bestrahlung in Deutschland.

Drucksache 14/6514 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wurden in der Vergangenheit zu Forschungs- oder sonstigen Zwecken in
Deutschland Pflanzen mit Gamma-, Röntgen- oder radioaktiven Strahlen
bearbeitet, um Mutationen zu erzeugen?

2. Wenn ja, seit wann und in welchen Bereichen der Landwirtschaft wird
Bestrahlung praktiziert und nach welchen Kriterien werden Bestrahlungen
genehmigt?

3. Welche Bundesbehörden sind für die Genehmigungen zuständig?

4. Welche Voraussetzungen bzw. Genehmigungen sind bei der Freisetzung
und Inverkehrbringung von bestrahlten Pflanzen notwendig?

5. Welche Pflanzen wurden bzw. werden bestrahlt?

6. Zu welchen Zwecken und Zielen wurde oder wird Bestrahlung praktiziert?

7. Geschah oder geschieht Mutationszüchtung nur in staatlich kontrollierten
Forschungsexperimenten oder wurde bzw. wird sie auch von privaten
Züchtern angewandt?

8. Werden in Deutschland Pflanzen angebaut, geerntet und verkauft, die aus
bestrahltem Saatgut entstanden sind?

9. Was ist der Bundesregierung über die Folgen von gezielter radioaktiver
(bzw. Gamma-/Röntgen-) Bestrahlung von Saatgut und Pflanzen für
Mensch, Flora und Fauna bekannt und wie bewertet sie das?

10. Was ist über Nebenwirkungen von bestrahlten Pflanzen bekannt?

11. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die möglichen Auskreuzungen
von bestrahlten Pflanzen eine Gefahr für die biologische Vielfalt darstellen?

12. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Bestrahlung von Pflanzen als
Risikotechnologie einzuschätzen ist?

13. Sind durch Bestrahlung mutierte Produkte in Deutschland und der EU
kennzeichnungspflichtig und sieht die Bundesregierung weiteren gesetz-
lichen Handlungsbedarf?

Wenn ja, in welcher Form und welche Schritte hat bzw. will die Bundes-
regierung unternehmen?

14. Werden Produkte, die aus bestrahlten Pflanzen hergestellt wurden, in
Deutschland verkauft, ohne dies dem Verbraucher durch Kennzeichnung
anzuzeigen?

15. Ist der Bundesregierung bekannt, ob risikobehaftete Lebensmittel in den
Handel gelangt sind und wenn ja, welche?

16. Ist der Bundesregierung bekannt, welche genetischen Eigenschaften von
„ökologischen Naturprodukten“ in den vergangenen Jahren durch Bestrah-
lung verändert wurden?

17. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass gerade Biobau-
ern auf Grund ihrer Produktionsweise auf Resistenzen von Pflanzen ange-
wiesen seien, die mit Hilfe von Bestrahlung gezüchtet wurden?

18. Sieht die Bundesregierung eine besondere Notwendigkeit, Verbraucher, die
sich durch den Kauf und Verzehr so genannter Ökoprodukte besonders
gesund ernähren möchten, auf eine Bestrahlung hinzuweisen?

Berlin, den 26. Juni 2001

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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