BT-Drucksache 14/6512

Wirksamkeit der strafbefreienden Selbstanzeige - Rückführung von Kapital in den legalen Wirtschaftskreislauf - Einführung einer Zinsabgeltungsteuer

Vom 27. Juni 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6512
14. Wahlperiode 27. 06. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Gisela Frick, Rainer Funke,
Gerhard Schüßler, Ina Albowitz, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael
Goldmann, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit Homburger,
Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der F.D.P.

Wirksamkeit der strafbefreienden Selbstanzeige – Rückführung von Kapital in
den legalen Wirtschaftskreislauf – Einführung einer Zinsabgeltungsteuer

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung Schätzungen, nach denen zwischen
500 Mrd. DM und 1 Billion DM auf ausländischen Konten liegen?

2. Sind der Bundesregierung Schätzungen darüber bekannt, wie viel Kapital
seit Einführung der Zinsabschlagsteuer zum 1. Januar 1993 aus Deutsch-
land abgeflossen ist, um der deutschen Besteuerung zu entgehen?

3. Hat die Bundesregierung Angaben darüber, in welchem Umfang im Aus-
land erzielte Kapitalerträge im Inland versteuert werden?

4. Gibt es Schätzungen darüber, wie viel DM-Bargeld im Ausland in Umlauf
ist?

5. Sind der Bundesregierung Schätzungen bekannt, wie viel Geld im Inland
nicht auf Konten eingezahlt ist, sondern bar vorgehalten wird?

6. Welche Rechtsfolgen können eintreten, wenn beim Umtausch einer Summe
von mehr als 30 000 DM keine Hinweise auf eine Straftat im Sinne von
§ 261 des Strafgesetzbuches (StGB) vorliegen?

7. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, nach wie vielen Erbfällen
es zur Nachversteuerung im Sinne von § 371 der Abgabenordnung (AO)
kommt?

8. Hält es die Bundesregierung aus volkswirtschaftlichen bzw. fiskalischen
Gründen für sinnvoll, dass im Ausland befindliches Fluchtkapital nach
Deutschland zurückfließt?

9. Falls ja, welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder ge-
plant, um diesen Rückfluss zu erreichen?

10. Welche steuer- und kriminalpolitischen, strafrechtlichen und fiskalischen
Gründe rechtfertigen Straffreiheit infolge einer Selbstanzeige nach § 371
AO?

Drucksache 14/6512 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

11. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viele Fälle von Selbst-
anzeigen es in den Jahren 1998, 1999 und 2000 gab und wie hoch in diesen
Jahren der Betrag der nachentrichteten Steuern war?

12. Hält die Bundesregierung die strafbefreiende Selbstanzeige in ihrer heuti-
gen Form für ein wirksames Mittel, um dem Fiskus bisher nicht entrichtete
Steuern zuzuführen?

13. Falls nein, wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung?

14. Trifft es zu, dass die Finanzverwaltung u. U. die Möglichkeit hat, Veranla-
gungszeiträume nachzuprüfen, die länger als 10 Jahre zurückliegen, nach-
dem für spätere Veranlagungszeiträume Straffreiheit nach § 371 AO einge-
treten ist?

15. Falls ja, hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob von dieser Mög-
lichkeit Gebrauch gemacht wird?

16. Welche Steuer- (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer,
Vermögenssteuer) und Zinsbeträge hat ein Bürger im Sinne von § 371 AO
nachzuentrichten, wenn er zu versteuerndes Einkommen aus dem Jahr
1992 in Höhe von 20 000/50 000/100 000/500 000/1 000 000 DM nach-
erklärt?

17. Welche Steuer- (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchen-, Körper-
schafts-, Gewerbe-, Vermögens-, Umsatzsteuer) und Zinsbeträge hat ein
Unternehmer bzw. eine Körperschaft nachzuzahlen, wenn er Gewinn-
beträge in der genannten Größenordnung nacherklärt?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung unter volkswirtschaftlichen, fiskalischen
und rechtsbefriedenden Gesichtspunkten den Vorschlag, die Straffreiheit in
§ 371 AO nicht an die Berichtigung oder Ergänzung unvollständiger Anga-
ben über steuerlich erhebliche Tatsachen sowie die Nachentrichtung nicht
entrichteter Steuern anzuknüpfen, sondern stattdessen eine Pauschalver-
steuerung – ohne Berücksichtigung jeglicher Steuerabzugsbeträge – des
steuerlich bisher nicht erfassten Kapitals vorzusehen?

19. Sind der Bundesregierung Maßnahmen anderer EU-Mitgliedstaaten be-
kannt, mit denen es den Bürgern anlässlich des Bargeldumtauschs in Euro
ermöglicht wird, bisher nicht versteuertes Kapital strafbefreiend in den
legalen Wirtschaftskreislauf zurückzubringen?

20. Sind der Bundesregierung strafbefreiende Maßnahmen der Schweiz be-
kannt, mit denen es den Bürgern ermöglicht wurde, bisher nicht versteuer-
tes Kapital in den legalen Wirtschaftskreislauf zurückzubringen?

21. Welche Betrugsgefahren sieht die Bundesregierung für die Bürger ange-
sichts des anstehenden Umtauschs von DM-Bargeld in Euro-Bargeld?

22. Trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, dass die Entscheidung
des Europäischen Rates in Feira, in der EU mittelfristig ein gegenseitiges
Kontrollmitteilungssystem einzuführen, nicht umgesetzt werden kann,
sollte die Schweiz bei ihrer Entscheidung bleiben, ihr Bankgeheimnis bei-
zubehalten und eine Zinssteuer für EU-Bürger einzuführen?

23. Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesregierung die
Entscheidung des amerikanischen Finanzministers Paul O’Neill, das Vor-
gehen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung (OECD) gegen Steuerparadiese nicht weiter zu unterstützen, auf die
Umsetzung der angesprochenen Entscheidung des Europäischen Rates in
Feira?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6512

24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine an der Quelle erho-
bene Abgeltungsteuer mit einem maßvollen Steuersatz dazu führen kann,
dass weniger Kapital aus Deutschland abfließt bzw. nicht in Deutschland
angelegtes Kapital zurückfließt?

25. Ist der Bundesregierung bekannt, welche Erfahrungen Österreich in dieser
Hinsicht gemacht hat?

Berlin, den 26. Juni 2001

Dr. Hermann Otto Solms
Gisela Frick
Rainer Funke
Gerhard Schüßler
Ina Albowitz
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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