BT-Drucksache 14/6406

Seeunfalluntersuchungsgesetz

Vom 20. Juni 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6406
14. Wahlperiode 20. 06. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, Jürgen Koppelin, Dr. Edzard Schmidt-
Jortzig, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner
Hoyer, Ulrich Irmer, Gudrun Kopp, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Seeunfalluntersuchungsgesetz

Auf der Vollversammlung der Internationalen Seefahrtorganisation (IMO) am
27. November 1997 wurde ein Verhaltenskodex angenommen, der das Ziel hat,
ein einheitliches Vorgehen der Staaten bei der Untersuchung von Unfällen auf
See, sowie die Zusammenarbeit der Staaten bei der Ermittlung von Unfallursa-
chen zu fördern. Daraufhin erließ der Europäische Rat am 29. April 1999 die
Richtlinie 1999/35 EG, in der eine Umsetzung des IMO-Codes für RoRo-Fahr-
gastschiffe und Fahrgasthochgeschwindigkeitsfahrzeuge in nationales Recht
innerhalb der Gemeinschaft vorgeschrieben wurde. Durch Mitteilung der Bun-
desregierung vom 23. Juli 1999 erweckte die Bundesregierung bei der EU-
Kommission offensichtlich den Eindruck, als ob die Richtlinie mit Wirkung
zum 1. Dezember 2000 vollständig umgesetzt sei. Darum erklärte die EU-
Kommission auf eine Anfrage eines deutschen Mitgliedes des Europäischen
Parlaments (EP) im April 2001, dass die Bundesrepublik Deutschland zu den
Staaten zähle, die die Richtlinie 1999/35 EG umgesetzt habe. Erst durch Inter-
vention des EP-Mitgliedes erfuhr die EU-Kommission davon, dass in der Bun-
desrepublik Deutschland die Richtlinie noch nicht umgesetzt sei. Daraufhin
sendete die EU-Kommission am 5. April 2001 ein Telefax an das Bundesminis-
terium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) in dem die Bitte ge-
äußert wurde, die EU-Kommission zu informieren, wann und wie die Richtlinie
komplett umgesetzt würde.

Das BMVBW hat erstmals am 21. Juli 2000 einen Referentenentwurf vorge-
stellt, nach dem das Seeunfalluntersuchungsgesetz (SeeUG) gemäß der EU-
Richtlinie geändert werden sollte, und auf die wegen EG-Recht besondere Eil-
bedürftigkeit hingewiesen. Vertreter des BMVBW wiesen in den Folgemonaten
immer wieder auf diese Eilbedürftigkeit hin, obwohl die Bundesrepublik
Deutschland nicht zu den Staaten gehörte, die am 15. Februar 2001 an die Um-
setzung der Richtlinie 1999/35 EG erinnert wurden.

Drucksache 14/6406 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Deshalb fragen wir die Bundesregierung:

1. Auf welche Weise (mündlich oder schriftlich) und falls schriftlich mit wel-
chem Schreiben hat die EU-Kommission die Bundesrepublik Deutschland
ultimativ zur Umsetzung der Richtlinie 1999/35 EG angemahnt, sowie ein
Vertragsverletzungsverfahren angekündigt?

2. Von welchem Beamten der EU-Kommission stammt diese Mahnung?

3. Ist es richtig, dass zum 15. April 2001 erst vier Staaten die Richtlinie
1999/35 EG umgesetzt hatten?

4. Auf welche Art und Weise wurden die EU-Staaten, die die Richtlinie am
15. April 2001 nach Erinnerung vom 15. Februar 2001 noch nicht umge-
setzt hatten, zur Umsetzung angemahnt?

5. Was unterscheidet das Verfahren zur Umsetzung der Richtlinie 1999/35 EG
von der Umsetzung der Richtlinie 94/56 EG durch das Flugunfalluntersu-
chungsgesetz mit 2 Jahren Verspätung, sodass die EU-Kommission angeb-
lich angedroht hat, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten?

6. Ist es richtig, dass sich die gegenüber dem Referentenentwurf vom 21. Juli
2000 geäußerte Kritik aller Beteiligter (z. B. Der Deutsche Nautische Ver-
ein, die Bundeslotsenkammer, der Verband Deutscher Reeder, der Deut-
sche Verein für internationales Seerecht, die Schutzgemeinschaft Deutsche
Nordseeküste, die Wasserschutzpolizeien der Küstenländer) auch nach
Vorlage des Regierungsentwurfs im Frühjahr 2001 im Wesentlichen nicht
verändert hat?

7. Ist es richtig, dass es seit Inkrafttreten des SeeUG von 1985 856 Seeamts-
entscheidungen und 110 Widerspruchsverfahren gegeben hat?

8. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung angesichts der Zahlen zu
Frage 7 aus dem Beschluss des Bundesrates vom 1. Juni 2001 (Bundesrats-
drucksache 248/01 – Beschluss), wonach der Regierungsentwurf so geän-
dert werden müsse, dass insbesondere ein Antragsrecht der Seeämter auf
Untersuchungen, sowie eine Widerspruchsmöglichkeit beibehalten werden
müsse?

9. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass das Interesse an schnellen Un-
tersuchungsergebnissen höherwertig ist, als das Interesse an umfassenden
Untersuchungsergebnissen?

10. Da das BMVBW in der Vergangenheit immer wieder die Eilbedürftigkeit
des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der Richtlinie 1999/35 EG
betont hat, wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit durch eine
Lösung, analog zur Umsetzung im Königreich Großbritannien oder im Kö-
nigreich Dänemark, durch die Ergänzung des bestehenden SeeUG in § 2
Abs. 1 mit einem Satz, wonach das Seeamt bei der Untersuchung im
Rahmen der von ihm zu beachtenden Rechtsordnung die Regeln des IMO-
Codes A.849(20) für die Untersuchung von Unfällen und Vorkommnissen
auf See zu berücksichtigen hat?

11. Ist das Schreiben des BMVBW vom 23. April 2001 an die EU-Kommis-
sion, wonach § 24a SeeUG im Prinzip die Anforderungen der Richtlinie
1999/35 EG erfülle, im Sinne der Frage 10 zu verstehen, dass die Bundes-
regierung die Umsetzung als erfolgt ansehe?

12. In welchen Seeämtern sind die Positionen der Ständigen Beisitzer nicht be-
setzt und seit wann?

13. Für wann plant die Bundesregierung die Ausschreibung der vakanten Posi-
tionen der Ständigen Beisitzer?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6406

14. Welche Kosten sieht der Bundeshaushalt 2001 und der Haushaltsentwurf
2002 für die Seeämter und das Oberseeamt vor, getrennt nach Personal und
sonstigen Kosten?

15. Welche Kosten sieht der Bundeshaushalt 2001 und der Haushaltsentwurf
2002 für die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung vor, getrennt nach
Personal und sonstigen Kosten?

Berlin, den 19. Juni 2001

Hans-Michael Goldmann
Rainer Funke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Jürgen Koppelin
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Cornelia Pieper
Dr. Irmgard Schwaetzer
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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