BT-Drucksache 14/6399

Konsequenzen der Hennenhaltungsverordnung für Produzenten

Vom 20. Juni 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

6399

14. Wahlperiode

20. 06. 2001

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Marita Sehn, Gudrun Kopp, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Walter Hirche,
Birgit Homburger, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der F.D.P.

Konsequenzen der Hennenhaltungsverordnung für Produzenten

Die Bundesregierung hat mit Datum vom 10. April 2001 einen neuen Entwurf
einer Hennenhaltungsverordnung vorgelegt. Damit soll die von der Bundes-
regierung selbst eingebrachte EU-Richtlinie zum Schutz von Legehennen in
deutsches Recht umgesetzt werden. Ziel der EU-Richtlinie ist die Festlegung von
gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Legehennenhaltung. Der „herkömm-
liche Käfig“ soll danach ab 2012 in der EU verboten werden. Gleichzeitig enthält
die EU-Richtlinie ausdrücklich Bestimmungen für die Haltung von Legehennen
in „ausgestalteten Käfigen“. Das sind Käfige, die mit Nest, Sitzstange und
Scharrmöglichkeiten auszustatten sind (Kleingruppenhaltung).

Mit der Hennenhaltungsverordnung der Bundesregierung soll ein auf die Bun-
desrepublik Deutschland beschränktes und vorgezogenes generelles Verbot der
Käfighaltung von Legehennen durchgesetzt werden. Die Verordnung wird zu
einem Kostenanstieg in der Haltung von Legehennen führen, da ab sofort keine
neuen Käfiganlagen, die lediglich der Anforderung der Artikel 5 und 6 der Richt-
linie 1999/74/EG entsprechen, mehr zulässig sind. Auch so genannte ausgestal-
tete Käfige mit Nest, Einstreu und Sitzstange, wie sie im Artikel 6 der Richtlinie
geregelt sind, werden in dem neuen Verordnungsentwurf der Bundesregierung
nur noch befristet akzeptiert.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen Punkten geht der Entwurf der Bundesregierung mit Datum vom
10. April 2001 einer neuen Hennenhaltungsverordnung über eine richtlini-
enkonforme Hennenhaltungsverordnung hinaus?

2. Mit welcher Begründung weicht die Bundesregierung von der von ihr selbst
eingebrachten EU-Richtlinie zum Schutz von Legehennen ab, während sie
sich beim Öko-Prüfzeichen für ein EU-einheitliches Vorgehen und damit für
niedrigere Standards entschieden hat?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Feststellung, dass die vom Bundes-
verfassungsgericht geforderte Einhaltung der Empfehlungen des Europa-
rates bereits durch die EU-Richtlinie zum Schutz von Legehennen sicher-
gestellt sei und damit keine Notwendigkeit für Zusatzanforderungen im
nationalen Alleingang notwendig seien, zumal eine Überprüfung der in der
EU-Richtlinie vorgesehenen Haltungssysteme ohnehin für das Jahr 2005
vorgesehen sei?
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4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass für ein faktisches Verbot
jeglicher Haltung von Legehennen in Käfigen keine ausreichende gesetzliche
Rechtsgrundlage im Wege einer Rechtsverordnung nach Artikel 80 Grundge-
setz (GG) gegeben sei und wenn ja, auf welcher gesetzlicher Rechtsgrundlage
basiert der Verordnungsentwurf der Bundesregierung?

5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass mit dem faktischen Verbot der
Legehennenhaltung in die Grundrechte der Legehennenhalter nach Berufs-
freiheit (Artikel 12 Abs. 1 GG) und Eigentumsgarantie (Artikel 14 Abs. 1
GG) eingegriffen würde und ein solcher Eingriff überhaupt nur dann zulässig
sei, wenn die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gewahrt und die Lebensdauer
der Anlage in der Festlegung der Übergangsregelung berücksichtigt sei?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Feststellung, dass kürzere Übergangs-
zeiten durch Entschädigungszahlungen der Bundesländer auszugleichen seien
und Entschädigungsleistungen im Durchschnitt bei etwa 100 DM/Hennen-
platz lägen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung Aussagen, die auf einen drastischen Rück-
gang der heimischen Erzeugung und von einem Absinken des deutschen
Marktanteils um etwa die Hälfte auf rund 35 Prozent durch das von der Bun-
desregierung vorgesehene Verbot der Käfighaltung in Deutschland hinwei-
sen?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die mit einem Verbot der Käfighaltung in
Deutschland möglicherweise verbundene Verdopplung der Einfuhr von aus-
ländischen Eiern in von der Bundesregierung nicht kontrollierbare Bereiche
insbesondere unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes, da sich die Kon-
trolle in Deutschland künftig im Wesentlichen auf eine Dokumentenkontrolle
beschränken würde?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Feststellung, dass eine deutliche Ein-
schränkung des Angebots von Eiern aus deutscher Erzeugung eindeutig im
Widerspruch zum Wunsch der Verbraucher stünde, deutsche Eier aus streng
kontrollierter, regionaler Erzeugung zu kaufen?

10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass gerade die kleineren
Erzeuger, die agrarpolitisch im Rahmen der so genannten Agrarwende beson-
ders gefördert werden sollten, in der Regel nicht über die notwendigen Flä-
chen oder das notwendige Kapital verfügten, um auf alternative Haltungssys-
teme umzurüsten und das dazu eher größere Betriebe in der Lage seien?

11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass sich durch das Verbot der Kä-
fighaltung die Produktion ins Ausland und zwar vorzugsweise in die neuen
Beitrittsländer Osteuropas verlagern könnte?

Wenn ja, mit welchen agrar-, verbraucher- und tierschutzpolitischen Kon-
sequenzen rechnet die Bundesregierung und wie will sie gegebenenfalls
einer Produktionsverlagerung aus Deutschland in außereuropäische Länder
entgegenwirken?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine schnelle Aus-
dehnung der „alternativen Hennenhaltung“ in Deutschland nicht zu realisieren
sei, da einerseits die erforderlichen Genehmigungen kaum noch erteilt wür-
den, andererseits der Handel ausländische Anbieter bevorzugen würde, weil
diese sowohl die preisgünstigeren Eier aus dem „ausgestalteten Käfig“ als
auch „Alternativeier“ aus einer Hand anbieten könnten?

13. Rechnet die Bundesregierung mittel- bis langfristig mit dem „Aus“ für die
deutsche Legehennenhaltung?

Berlin, den 19. Juni 2001

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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