BT-Drucksache 14/6201

zu einem Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Berufung eines Listennachfolgers gemäß § 48 Bundeswahlgesetz (BWG)

Vom 31. Mai 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6201
14. Wahlperiode 31. 05. 2001

Beschlussempfehlung
des Wahlprüfungsausschusses

zu einem Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Berufung eines
Listennachfolgers gemäß § 48 Bundeswahlgesetz (BWG)

A. Problem

Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ist die Wahlprüfung Sache
des Deutschen Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmungen des Wahlprü-
fungsgesetzes (WPG) auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Wahl-
prüfungsausschusses über einen Einspruch gegen die Gültigkeit der Berufung
eines Listennachfolgers gemäß § 48 BWG zu entscheiden.

Der Einspruch sieht § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG als verfassungswidrig an, wonach
bei der Berufung von Listennachfolgern diejenigen Listenbewerber unberück-
sichtigt bleiben, die seit Aufstellung der Liste aus ihrer Partei ausgeschieden
sind.

B. Lösung

Zurückweisung des Wahleinspruchs ohne öffentliche mündliche Verhandlung
wegen offensichtlicher Unbegründetheit im Sinne des § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPG.

Offensichtlich unbegründet sind Einsprüche u. a. dann, wenn sie sich gegen die
Verfassungsmäßigkeit einer Wahlrechtsvorschrift richten. Im Rahmen des
Wahlprüfungsverfahrens sieht sich der Deutsche Bundestag nicht als berufen
an, die Verfassungswidrigkeit einer Wahlrechtvorschrift festzustellen; dies
bleibt dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Aber auch in der Sache wer-
den die Bedenken gegen die Vorschrift nicht geteilt.

C. Alternativen

Keine hinsichtlich des Ergebnisses der Entscheidung.

D. Kosten

Keine

Drucksache 14/6201 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

die aus der Anlage ersichtliche Entscheidung zu treffen.

Berlin, den 31. Mai 2001

Der Wahlprüfungsausschuss

Erika Simm
Vorsitzende

Dr. Wolfgang Bötsch
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6201

Anlage

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 1/01 –
des Herrn Prof. Dr. Erich Röper,

Hagenauer Straße 24, 28211 Bremen

gegen den Erwerb der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag
durch Herrn Gerald Häfner

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung
am . . beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 10. April 2001 hat der Einspruchsführer
gegen den Erwerb der Mitgliedschaft im Deutschen Bun-
destag durch Herrn Gerald Häfner Einspruch eingelegt.

Der Abgeordnete Gerald Häfner erwarb sein Mandat mit
Wirkung zum 1. April 2001 als Listennachfolger der am
31. März 2001 ausgeschiedenen Abgeordneten Claudia
Roth (Augsburg), die bei der Bundestagswahl am 27. Sep-
tember 1998 ihre Mitgliedschaft über die Landesliste
Bayern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erworben hatte.
Der an 8. Stelle der bereits bis einschließlich der 6. Stelle
berücksichtigten Landesliste stehende Abgeordnete Gerald
Häfner wurde gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 des Bundeswahlge-
setzes (BWG), wonach im Nachrückfall diejenigen Listen-
bewerber unberücksichtigt bleiben, die nach Listenauf-
stellung aus ihrer Partei ausgeschieden sind, als Listennach-
folger berufen, da die an 7. Stelle stehende Frau Halo
Saibold 1999 aus der Partei ausgetreten ist.

Der Einspruchsführer hatte bereits nach Bekanntwerden der
möglichen Wahl der Abgeordneten Claudia Roth zur Bun-
desvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
dem hiernach erwarteten Mandatsverzicht vorsorglich mit
Schreiben vom 22. Januar 2001 die Berufung des Listen-
nachfolgers unter Anwendung von § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG
angefochten. Vom Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität
und Geschäftsordnung war ihm mitgeteilt worden, dass
auch die Entscheidung eines Landeswahlleiters über die
Berufung eines Listennachfolgers im Wahlprüfungsverfah-
ren nachgeprüft werden könne. Ein Einspruch müsse binnen
einer Frist von zwei Monaten beim Deutschen Bundestag
eingehen, wobei die Frist mit dem Erwerb der Mitglied-
schaft zu laufen beginne. Vor Fristbeginn eingehende Ein-
sprüche würden in ständiger Praxis als fristgemäß eingelegt
behandelt, sofern der Einspruch innerhalb der Einspruchs-
frist schriftlich bestätigt werde.

Der Einspruchsführer hält § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG, wonach
im Nachrückfall diejenigen Listenbewerber unberücksich-
tigt bleiben, die nach Aufstellung der Landesliste aus ihrer
Partei ausgeschieden sind, für verfassungswidrig. Nach sei-
ner auch in einer Fachzeitschrift veröffentlichten Auffas-
sung (vgl. Erich Röper, Mandatsnachfolgeregelungen ver-
ändert, Zeitschrift für Rechtspolitik 1999, S. 48 f.) verstößt
§ 48 Abs. 1 Satz 2 BWG gegen den in Artikel 38 Abs. 1 GG

verankerten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl. Zur
Begründung zieht der Einspruchsführer Ausführungen in
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
26. Februar 1998 (2 BvC 28/96) zur Frage heran, inwieweit
auch in solchen Bundesländern ein Nachrücken über die je-
weilige Landesliste möglich ist, in denen eine Partei Über-
hangmandate errungen hat. (BVerfGE 97, 317 ff.). Laut
Bundesverfassungsgericht verlange Artikel 38 Abs. 1 GG,
dass die Abgeordneten gewählt würden und eine bloße Par-
teiwahl ausgeschlossen sei. Am Wahltag würden in der Aus-
gestaltung des Systems der personalisierten Verhältniswahl
und der Nachfolgeregelung des § 48 Abs. 1 BWG nicht nur
die Abgeordneten, sondern auch deren Ersatzleute gewählt.
Dabei bedeute die Stimmabgabe für eine Liste zugleich die
Zustimmung zu sämtlichen auf der Liste enthaltenen Kandi-
datenvorschlägen. Während der Wahlperiode könne die
Liste weder ergänzt noch in anderer Weise verändert wer-
den. Scheide ein Abgeordneter aus, der sein Mandat über
die Liste erhalten habe, so seien die bei der Wahl zunächst
nicht zum Zuge gekommenen Listenbewerber in der Rei-
henfolge ihrer Listenplätze als Ersatzleute gewählt. Die
Wahl vermittele den Nachrückern also eine verfassungs-
rechtlich abgesicherte Wahlposition. Während unstreitig
Abgeordnete, die nach Mandatserwerb aus ihrer Partei aus-
schieden, weiterhin dem Deutschen Bundestag angehörten
und ein Wahlverschlag gültig bleibe, wenn sich nach der
Wahl eine Partei oder Wählervereinigung auflöse, trifft nach
Auffassung des Einspruchsführers § 48 Abs. 1 BWG eine
hiermit nicht vereinbare Regelung, indem diejenigen Lis-
tenbewerber unberücksichtigt blieben, die zwischenzeitlich
aus ihrer Partei ausgeschieden seien. Zwar scheine das Bun-
desverfassungsgericht diese Regelung 1957 gebilligt zu ha-
ben (BVerfGE 7, 63 ff.). Doch mache das Bundesverfas-
sungsgericht in seiner neueren Entscheidung unbeschadet
eines Hinweises auf die Entscheidung im 7. Band keine Ein-
schränkung des Inhalts, dass im Zeitpunkt der Berufung
eines Listennachfolgers die Parteizugehörigkeit des Nachrü-
ckers fortzudauern habe. Vielmehr werde nur darauf
abgestellt, dass der Wahlvorgang nicht korrigiert werden
dürfe.

Abgesehen von der Frage, wie heute die frühere Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts zu bewerten sei, ver-
stoße § 48 Abs. 1 BWG aber gegen den Gleichheitssatz des
Artikels 3 Abs. 1 GG, da die aus ihrer Partei Ausgeschiede-
nen im Falle einer Listennachfolge unberücksichtigt bleiben

Drucksache 14/6201 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

sollten, während es andererseits gesetzlich zulässig und
auch in der Staatspraxis zu beobachten sei, dass nicht alle
auf einer Liste befindlichen Kandidaten derselben oder gar
keiner Partei angehörten. Es dürfe nicht vom zuständigen
Landeswahlleiter geprüft werden, ob die Partei die politi-
sche Richtung gewechselt habe oder ob dies – wie im An-
lassfall – die Bewerberin durch ihren Parteiaustritt getan
habe. Ebenso wenig könne eine veränderte Führung der Par-
tei, die die Liste vorgeschlagen habe, unter veränderten
politischen Rahmenbedingungen auf die Parteimitglied-
schaft rekurrieren, die bei der Kandidatenaufstellung be-
wusst außer Acht gelassen worden sei, da dadurch die ad
personam erfolgte ursprüngliche Nominierung leer laufen
würde.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 Wahl-
prüfungsgesetz (WPG) von der Anberaumung einer münd-
lichen Verhandlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Das Wahlprüfungsgesetz (WPG) regelt in erster Linie die
Anfechtung der Wahlen zum Deutschen Bundestag. Gemäß
§ 2 Abs. 5 WPG sind die Vorschriften über die Zulässigkeit
von Wahleinsprüchen auch beim späteren Erwerb einer Mit-
gliedschaft im Deutschen Bundestag entsprechend anwend-
bar. Demgemäß unterliegt die Entscheidung des Landes-
wahlleiters gemäß § 48 Abs. 1 BWG über die Berufung
eines Listennachfolgers in ständiger Praxis der Nachprü-
fung im Wahlprüfungsverfahren (vgl. zuletzt Beschluss-
empfehlung und Bericht des Wahlprüfungsausschusses vom
30. April 1998 – Drucksache 13/10578).

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deutschen
Bundestag eingegangen. Die Einspruchsfrist gemäß § 2
Abs. 4 WPG ist durch das am 17. April 2001 eingegangene
Schreiben vom 10. April 2001 gewahrt worden.

Der Einspruch ist jedoch offensichtlich unbegründet.

Die Berufung des Abgeordneten Gerald Häfner als Nachfol-
ger der ausgeschiedenen Abgeordneten Claudia Roth ent-
spricht, wie aus der obigen Darstellung ersichtlich, dem gel-
tenden § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG. Dies stellt auch der
Einspruchsführer nicht in Abrede; vielmehr wird nur die
Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestritten.

Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
sehen sich in ständiger Praxis jedoch nicht berufen, im
Wahlprüfungsverfahren die Verfassungswidrigkeit von
Wahlrechtsvorschriften festzustellen, sondern haben diese
Kontrolle stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
(vgl. zuletzt Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsaus-
schusses vom 9. September 1999 – Drucksache 14/1560,
Anlage 61 [S. 157 f.] sowie Anlage 67 [S. 177]). Unbescha-
det dessen werden aber auch die verfassungsrechtlichen Be-
denken des Einspruchsführers nicht geteilt. So hat das Bun-
desverfassungsgericht bereits 1957 § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG
als verfassungsmäßig erachtet. (BVerfGE 7, 63, 72f.). Zum
Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl wurde damals zu-
nächst ausgeführt, dass dadurch nicht ausgeschlossen sei,
im Wahlgesetz allgemeine, sachlich bestimmte Vorausset-

zungen für die Übernahme des Abgeordnetenmandats, wie
z. B. Mindestalter, Geschäftsfähigkeit, Besitz der bürger-
lichen Ehrenrechte u. a., vorzusehen. Im Anschluss hieran
ist das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich davon ausge-
gangen, dass das Gleiche auch für die Fortdauer der Partei-
zugehörigkeit eines für eine bestimmte Partei aufgetretenen
Bewerbers gelten müsse. § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG sei dane-
ben auch mit dem aus Artikel 38 Abs. 1 GG abgeleiteten
Prinzips der Personenwahl vereinbar, da die Abgeordneten
zugleich, zumindest soweit sie auf der starren Liste gewählt
würden, auch Exponenten ihrer Parteien seien. Soweit dies
der Fall sei, sei die Parteizugehörigkeit deshalb den anderen
objektiven Eigenschaften gleichzustellen, die ein Bewerber
erfüllen müsse, um in das Parlament einrücken zu können.

Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung und angesichts
der überkommenen Praxis, nicht selbst zu einer Normprü-
fung befugt zu sein, ist der Deutsche Bundestag 1976 in
einem Wahlprüfungsverfahren von der Verfassungsmäßig-
keit des § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG ausgegangen (vgl. Antrag
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung – Drucksache 7/5185 –, angenommen in der
245. Plenarsitzung der 7. Wahlperiode am 13. Mai 1976).
Dabei wurde als „Ausscheiden“ aus der Partei i. S. d. § 48
Abs. 1 Satz 2 BWG nicht nur – wie im jetzigen Wahlprü-
fungsverfahren maßgeblich – ein Austritt des Bewerbers aus
seiner Partei, sondern auch dessen Ausschluss aus der Partei
verstanden.

Auch den vom Einspruchsführer gegen § 48 Abs. 1 Satz 2
BWG erhobenen verfassungsrechtlichen Einwänden ver-
mag der Wahlprüfungsausschuss nicht zu folgen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
26. Februar 1998 (BVerfGE 97, 317 ff.) lässt sich nicht als
Abkehr von den verfassungsgerichtlichen Aussagen von
1957 verstehen. Die jetzige Entscheidung schließt bei un-
veränderter Rechtslage ab der 14. Wahlperiode ein Nach-
rücken über eine Landesliste solange aus, wie die jeweilige
Partei im betreffenden Bundesland über Überhangmandate
verfügt; sie betrifft somit zunächst einen anderen Sachver-
halt als den des jetzigen Wahlprüfungsverfahrens. Auch die
Ausführungen zum Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl
lassen keine Änderung in der Auffassung des Bundesverfas-
sungsgerichts erkennen. Vielmehr wird an zwei Stellen der
Begründung die damalige Entscheidung zitiert, ohne einen
Vorbehalt anzumelden. Zum einen wird gegenüber dem
Einwand, § 48 Abs. 1 BWG sei bereits 1957 für verfas-
sungsgemäß erachtet worden, so dass einer Listennachfolge
auch im „Überhangfall“ nichts entgegenstehe, hervorgeho-
ben, dass damals das § 48 BWG zugrunde liegende Prinzip
der Listennachfolge auf dem verfassungsrechtlichen Prüf-
stand gestanden, es aber keine Veranlassung gegeben habe,
die Sonderkonstellation einer Mandatsnachfolge in „Über-
hangländern“ in den Blick zu nehmen (BVerfGE 97, 317,
329). Hätte das Bundesverfassungsgericht zugleich die frü-
heren Ausführungen zur Listennachfolge ganz oder teil-
weise in Frage stellen wollen, hätte – auch angesichts der im
verfassungs- und wahlrechtlichen Schrifttum unterschied-
lich beurteilten Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 48
Abs. 1 Satz 2 BWG (vgl. nur den Überblick bei Schreiber,
Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag,
6. Auflage 1998, § 48 Rn. 5) – ein Vorbehalt nahe gelegen.
Zum anderen zitiert das Bundesverfassungsgericht für seine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/6201

Aussage, dass für den Fall des Ausscheidens eines Abge-
ordneten „die bei der Wahl zunächst nicht zum Zuge ge-
kommenen Listenbewerber in der Reihenfolge ihrer Listen-
plätze als Ersatzleute gewählt“ sind, ausdrücklich die
entsprechende Fundstelle im 7. Band. Dort folgt unmittelbar
anschließend die oben wiedergegebene Aussage, dass der
Gesetzgeber allgemeine, sachlich bestimmte Voraussetzun-
gen für die Übernahme eines Abgeordnetenmandats aufstel-
len dürfe, die Fortdauer der Parteizugehörigkeit einge-
schlossen. Dass diese Einschränkungen nunmehr nicht
wiederholt werden, erklärt sich daraus, dass der Gegenstand
der jetzt zu entscheidenden Frage es nicht erforderlich
machte, auf die Zulässigkeit derartiger Einschränkungen
einzugehen. Auch soweit laut Bundesverfassungsgericht
Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, „dass die Abgeordne-
ten gewählt werden; eine bloße Parteiwahl schließt die Ver-
fassung aus“ (BVerfGE 97, 323 und Hinweis auf BVerfGE
95, 335, 349), steht dies im Zusammenhang mit dem dem
Gesetzgeber zuerkannten Regelungsauftrag, das Wahlver-
fahren als Mehrheits- oder Verhältniswahl oder als Verbin-
dung beider Systeme zu gestalten.

Auch die vom Einspruchsführer als gleichheitswidrig ange-
griffene Differenzierung in § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG ist
sachlich gerechtfertigt. Zunächst ist von Bedeutung, ob je-
mand bereits den Abgeordnetenstatus und damit den aus
Artikel 38 Grundgesetz folgenden Schutz des freien Man-
dats erworben hat oder diesen Schutz noch nicht genießt, da

er zwar auf einer Liste stehend mitgewählt, aber noch nicht
zum Zuge gekommen ist. Auch der Hinweis, dass die Par-
teien auf ihren Listen auch solche Personen platzieren kön-
nen, die ihnen nicht angehören, zwingt nicht zu einer ande-
ren Bewertung. Eine derartige Platzierung erfolgt gerade in
Kenntnis einer wie auch immer begründeten Nichtzugehö-
rigkeit. Hiermit ist eine spätere Trennung von der Partei, sei
es durch Austritt oder Ausschluss, nicht vergleichbar. Auch
die sonstigen vom Einspruchsführer herangezogenen, auf
der Ebene der Partei angesiedelten Konstellationen, insbe-
sondere ein politischer Richtungswechsel, betreffen andere
Sachverhalte und lassen die unterschiedliche Behandlung
im Falle eines Parteiaustritts nicht als willkürlich erschei-
nen.

Der Einspruch ist daher gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPG als
offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 48 des Gesetzes über
das Bundesverfassungsgericht (in der Fassung der Bekannt-
machung vom 11. August 1993), der als Anlage beigefügt
ist, unter den dort genannten Voraussetzungen Beschwerde
beim Bundesverfassungsgericht erhoben werden. Sie muss
binnen einer Frist von 2 Monaten seit der Beschlussfassung
des Deutschen Bundestages – – beim
Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

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