BT-Drucksache 14/5855

zu dem Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und F.D.P. -14/5243- Die Vereinten Nationen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend

Vom 6. April 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5855
14. Wahlperiode 06. 04. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und F.D.P.
– Drucksache 14/5243 –

Die Vereinten Nationen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend

A. Problem

Den Vereinten Nationen kommt im neuen Jahrtausend eine führende Rolle bei
der Bewältigung der Herausforderungen der Globalisierung zu. Um ihrer Ver-
antwortung gerecht zu werden, bedarf die Weltorganisation jedoch dringend
einer Stärkung und Verbesserung ihrer Handlungsmöglichkeiten. Die Bundes-
regierung wird daher aufgefordert, sich gemeinsam mit ihren europäischen
Partnern dafür einzusetzen, dass die Arbeit der Vereinten Nationen auf eine
sichere finanzielle Grundlage gestellt und der innere Reformprozess, einschließ-
lich der Reform des Sicherheitsrates, weiter vorangetrieben wird. Außerdem
soll die Bundesregierung auf die Umsetzung des vom Generalsekretär anläss-
lich der Millenniumsversammlung vorgelegten Berichts zur Verbesserung der
VN-Friedenseinsätze sowie eine weitere Stärkung des Völkerrechts und des
Menschenrechtsschutzes hinwirken. Schließlich wird die Bundesregierung auf-
gefordert, das politische Engagement Deutschlands und sein Bekenntnis zum
Multilateralismus nicht zuletzt durch Überprüfung seiner an die Vereinten Nati-
onen geleisteten Beiträge deutlich zu machen sowie den Einsatz der Vereinten
Nationen in den Bereichen Umwelt und Entwicklung nachhaltig zu unterstüt-
zen.

B. Lösung

Der Antrag auf Drucksache 14/5243 wird mit den Stimmen der Fraktio-
nen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. bei Abwe-
senheit der Fraktion der PDS in leicht geänderter Fassung angenommen

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Drucksache 14/5855 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 14/5243 in anliegender Fassung anzunehmen.

Berlin, den 28. März 2001

Der Auswärtige Auschuss

Hans-Ulrich Klose
Vorsitzender

Dr. Eberhard Brecht
Berichterstatter

Clemens Schwalbe
Berichterstatter

Dr. Helmut Lippelt
Berichterstatter

Ulrich Irmer
Berichterstatter

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5855

Bericht der Abgeordneten Dr. Eberhard Brecht, Clemens Schwalbe,
Dr. Helmut Lippelt, Ulrich Irmer und Wolfgang Gehrcke

I.

Der Deutsche Bundestag hat den vorliegenden Antrag auf
Bundestagsdrucksache 14/5243 in seiner 155. Sitzung am
8. März 2001 beraten und an den Auswärtigen Ausschuss
federführend sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit, den Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe sowie den Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung zur Mitberatung überwie-
sen.

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Bundestags-
drucksache 14/5243 in seiner 63. Sitzung am 14. März 2001
an den Unterausschuss Vereinte Nationen zur gutachtlichen
Stellungnahme überwiesen.

II.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage auf Bundestagsdrucksache 14/5243 in seiner 50. Sit-
zung am 28. März 2001 beraten. Er empfiehlt dem feder-
führenden Auswärtigen Ausschuss mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der PDS die An-
nahme des Antrags.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit hat die Vorlage auf Bundestagsdrucksache 14/5243
in seiner 55. Sitzung am 28. März 2001 beraten. Er empfiehlt
dem federführenden Auswärtigen Ausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der
PDS die Annahme des Antrags.

Der Auschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat die Vorlage auf Bundestagsdrucksache 14/5243 in seiner
56. Sitzung am 7. März 2001 beraten. Er empfiehlt dem fe-
derführenen Auswärtigen Ausschuss mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der PDS die An-
nahme des Antrags.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Vorlage auf Bundestagsdrucksache
14/5243 in seiner 50. Sitzung am 7. März 2001 beraten. Er
empfiehlt dem federführenen Auswärtigen Ausschuss mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimmen der Frak-
tion der PDS die Annahme des Antrags.

Der Unterausschuss Vereinte Nationen des Auswärtigen
Ausschusses hat die Vorlage auf Bundestagsdrucksache
14/5243 in seiner 19. Sitzung am 14. März 2001 beraten.
Er empfiehlt dem federführenden Auswärtigen Ausschuss
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stim-
men der Fraktion der PDS die Annahme des Antrags in
leicht geänderter Fassung (s. Anlage).

III.

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 63. Sitzung am
28. März 2001 den Antrag auf Bundestagsdrucksache 1/5243
beraten. Er empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
F.D.P. bei Abwesenheit der Fraktion der PDS die Annahme
des Antrags in geänderter Fassung.

Berlin, den 28. März 2001

Dr. Eberhard Brecht
Berichterstatter

Clemens Schwalbe
Berichterstatter

Dr. Helmut Lippelt
Berichterstatter

Ulrich Irmer
Berichterstatter

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

Drucksache 14/5855 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Anlage

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest

1. Die Vereinten Nationen im neuen Millennium

An der Schwelle zum 21. Jahrhundert benötigen die Völker
der Erde qualitativ neue Formen globalen Handelns, um den
Herausforderungen der Zukunft in gemeinsamer Verantwor-
tung gegenübertreten zu können. Regierungen, internatio-
nale Institutionen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssen
mehr denn je netzwerkartig und kooperativ zusammenarbei-
ten, um die Achtung der Menschenrechte, soziale Gerech-
tigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Demokratie voran-
zubringen.

Innerhalb dieser globalen Kooperationsformen werden die
Vereinten Nationen auch künftig eine zentrale Rolle spielen
müssen. Mit der Gründung der Vereinten Nationen schuf
sich die Staatengemeinschaft eine einzigartige universale
Organisation, die es ermöglicht, die Beziehungen der Staa-
ten untereinander besser zu gestalten. Eine Verbesserung
der Handlungsmöglichkeiten der Vereinten Nationen ist
auch ein Beitrag zur Lösung globaler Probleme.

Die Weltorganisation kann auf eine Reihe von Erfolgen zu-
rückblicken. Dazu gehören der Entkolonialisierungspro-
zess, die Bekämpfung von Krankheiten, die Fortentwick-
lung und Durchsetzung der Menschenrechte sowie die
Stärkung des Völkerrechts, die Verbesserung der Welter-
nährungssituation, die Hilfe für Millionen von Kindern und
Flüchtlingen, der Ausbau multilateraler Entwicklungszu-
sammenarbeit, die Verbesserung des internationalen Um-
weltschutzes und ihre Rolle als Friedensvermittler und Kri-
senmanager in einigen Konflikten. Dennoch haben die
Vereinten Nationen in den zurückliegenden Jahrzehnten die
ihnen zugewiesenen Aufgaben nur bedingt erfüllen können.
Zur Zeit des Kalten Krieges war die Organisation durch die
Konfrontation der Blöcke gelähmt. Seit 1989 steht sie nicht
nur vor der Herausforderung, dass sich das Koordinatensys-
tem in der Weltpolitik grundlegend verändert hat. Gleich-
zeitig steht sie vor einer beispiellosen technologisch-ökono-
mischen Entwicklung in den lndustrieländern, einigen
Schwellenländern, aber ebenso vor einer Verschärfung öko-
logischer und sozialer Krisen in vielen Teilen der Welt. Die
Organisation der Vereinten Nationen leidet heute oft unter
einem Missverhältnis zwischen Anspruch und Handlungs-
fähigkeit. Die zurückliegenden Reformen haben es nicht
vermocht, die Unzulänglichkeiten der Organisation zu be-
heben. Grundvoraussetzung für eine effiziente Reform der
Vereinten Nationen ist der gemeinsame politische Wille der
Mitgliedstaaten, den notwendigen Erneuerungsprozess vor-
anzutreiben.

Die Bereitstellung notwendiger Ressourcen durch die Mit-
gliedstaaten ist – neben angemessenen Strukturen – eine
zentrale Voraussetzung für die effektive Arbeit aller Institu-
tionen der Vereinten Nationen. Das Missverhältnis zwi-
schen den weitreichenden Zielen und Aufgaben einerseits
und den dafür zur Verfügung stehenden Mitteln andererseits
ist Ausdruck der permanenten Finanzkrise des Systems der
Vereinten Nationen. Die Beseitigung dieses Missstandes
wäre ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Vereinten
Nationen.

Die großen Weltkonferenzen der 90er Jahre – der Erdgipfel
in Rio von 1992, die Wiener Weltmenschenrechtskonferenz
von 1993, die Internationale Konferenz über Bevölkerung
und Entwicklung in Kairo von 1994, der Kopenhagener
Weltsozialgipfel, die Weltfrauenkonferenz in Peking von
1995, der Habitat-II-Gipfel in Istanbul und der Welternäh-
rungsgipfel in Rom von 1996 – haben eindrucksvoll deut-
lich gemacht, vor welchen Herausforderungen die Staaten-
gemeinschaft steht. Für ihre Bewältigung sind die Vereinten
Nationen unverzichtbar.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die jüngste General-
versammlung als „Millennium-Versammlung“ stattgefun-
den hat. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen ist
eine Diskussion über die Zuständigkeiten und Grenzen der
Organisation notwendig. Dies muss eine Klärung zukünfti-
ger Aufgaben der Vereinten Nationen und der Mittel zu de-
ren Umsetzung beinhalten.

Das Treffen aller Parlamentspräsidenten der Interparlamen-
tarischen Union, die sich zum Millenniumsgipfel in New
York versammelt hatten, hat deutlich dokumentiert, welche
Bedeutung die parlamentarische Diplomatie für die inter-
nationalen Beziehungen hat.

2. Deutschland und die Vereinten Nationen

Der Deutsche Bundestag sieht in der Charta der Vereinten
Nationen nach wie vor einen universellen Ansatz zur Ver-
wirklichung eines friedlichen Zusammenlebens der Völker,
einer nachhaltigen Entwicklung und einer gemeinsamen
Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit. Er
bekräftigt die feierliche Verpflichtung der Bundesrepublik
Deutschland, die in der Charta enthaltenen Verpflichtungen
zu erfüllen und anerkennt und würdigt die Leistungen der
Vereinten Nationen seit ihrer Gründung, sowie die enga-
gierte Tätigkeit aller, die sich im Dienste der Vereinten Na-
tionen für Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und Menschen-
rechte eingesetzt haben.

Der Deutsche Bundestag ist mehr denn je von der Notwen-
digkeit überzeugt, die Vereinten Nationen als globale Orga-
nisation zur Herstellung und Wahrung des Friedens, sowie
zur Bewältigung globaler Herausforderungen zu nutzen.
Hierzu müssen sowohl die finanziellen Grundlagen als auch
die administrativen und politischen Strukturen gestärkt wer-
den.

In Deutschland wächst das Bewusstsein für die globalen
Herausforderungen, denen sich die Welt zu Beginn des 21.
Jahrhunderts gegenübersieht. Immer deutlicher tritt zu Tage,
dass Deutschland von Ereignissen und Entscheidungen in
anderen Teilen der Welt direkt betroffen ist. Aufgrund sei-
ner Geschichte und seinen vielfältigen internationalen poli-
tischen und wirtschaftlichen Verflechtungen hat Deutsch-
land ein starkes nationales Interesse an einer stabilen
Weltordnung und an einer handlungsfähigen Weltorganisa-
tion. Trotz der unabweisbaren Notwendigkeit der Konsoli-
dierung des Bundeshaushaltes treten die Bundesregierung
und der Deutsche Bundestag für eine aktive Mitgestaltung
multilateraler Politik und insbesondere für die Stärkung der
Vereinten Nationen ein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/5855

Der Deutsche Bundestag begrüßt die aktive Rolle Deutsch-
lands in zahlreichen Bereichen der UN-Politik; dazu gehö-
ren z. B. die finanziellen Leistungen als drittgrößter Bei-
tragszahler, die Unterstützung des Anti-Minen-Abkommens
von Ottawa, der Kampf gegen Proliferation von Kleinwaf-
fen, die Beteiligung am Stand-by-System für friedenserhal-
tende Maßnahmen, die Ausbildung von Fachkräften für zi-
vile Friedensmissionen, die wichtige Rolle, die die
Bundesregierung bei den Verhandlungen über die Einrich-
tung des Internationalen Strafgerichtshofs eingenommen
hat sowie der Einsatz für zielgenaue Sanktionen bei Waffen-
und Reisebeschränkungen.

II. Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:

1. Deutsche VN-Politik

Die Bundesrepublik Deutschland muss ihren Einfluss in Zu-
kunft noch stärker geltend machen, damit die Vereinten Na-
tionen ihre Aufgaben bei der Bewahrung oder Wiederher-
stellung von Frieden, Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und
ökologischem Gleichgewicht noch besser erfüllen. Dazu
sollte die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen zur
Verbesserung der deutschen VN-Politik beschließen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

 geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die personelle
Repräsentanz Deutschlands in den Vereinten Nationen
zu verbessern,

 eine verbindliche Abstimmung aller Fachressorts sicher-
zustellen, um eine einheitliche deutsche Politik in der
Weltorganisation, ihren Fonds und Programmen sowie
ihren Sonderorganisationen zu gewährleisten; insbeson-
dere sollte, unbeschadet der sachlichen Zuständigkeit,
die Koordinierung und die Delegationsleitung bei inter-
nationalen Organisationen in einer Hand liegen,

 den VN-Standort Bonn, z. B. durch Schaffung eines VN-
Campus mit Konferenzzentrum im früheren Plenar-/Par-
lamentsbereich, weiter auszubauen und die Ansiedlung
weiterer VN-Organisationen in Deutschland aktiv zu
fördern,

 ab 2001 im Zwei-Jahres-Rhythmus einen Bericht über
die VN-Politik der Regierung zu erstellen und im Deut-
schen Bundestag zur Diskussion zu stellen,

 sich dafür einzusetzen, dass die Vereinten Nationen um
eine parlamentarische Dimension erweitert werden und
die nationalen Parlamente regelmäßig und eingehend
unterrichtet werden,

 Nichtregierungsorganisationen in die Willensbildungs-
prozesse der deutschen VN-Politik weiterhin einzube-
ziehen und den dort vorhandenen Sachverstand im Sinne
des Berichts des Generalsekretärs an die 54. Generalver-
sammlung zu nutzen.

2. Finanzen

Zur Lösung der seit Jahren schwelenden finanziellen Krise
der Vereinten Nationen ist es notwendig, dass die Mitglied-
staaten, die Rückstände haben, ihre enormen Beitragsschul-
den abbauen und die Beitragserhebung logischer, gerechter
und transparenter gestaltet wird. Hierfür sollte sich
Deutschland gemeinsam mit den europäischen Partnern
weiterhin mit Nachdruck einsetzen. Deutschland wird mit
dem drittgrößten Beitragsanteil zum regulären VN-Haushalt

veranlagt und ist daher ein wichtiger Ansprechpartner in
allen Fragen der VN-Finanzierung einschließlich einer
Finanzreform.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich mit ihren
Möglichkeiten dafür einsetzen, dass

 eine Reform der Beitragserhebung vorangetrieben wird,

 Deutschland mittelfristig wieder der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit unseres Landes entsprechend freiwil-
lige Beiträge an VN-Fonds und -Programme entrichtet,

 die restlichen Außenstände der DDR zu FEM UNIFIL
mittelfristig abschließend beglichen werden,

 die aktuelle Schuldenkrise der Vereinten Nationen gelöst
wird; hierzu bedarf es entsprechender Einflussnahme auf
den US-Kongress und auf die amerikanische Administ-
ration,

 zu prüfen, ob die VN auch durch die Erschließung eige-
ner Finanzquellen gestärkt werden können.

3. Weiterentwickung des Völkerrechts

Für die Erhaltung des Friedens und die Förderung von Ge-
rechtigkeit, Entwicklung und Demokratie ist die weltweite
Achtung und die verbesserte Durchsetzung der Menschen-
rechte sowie eine Stärkung des Völkerrechts unabdingbar.

Staatliche Souveränität und der Schutz der Menschenrechte
werden als zwei fundamentale Prinzipien in der internatio-
nalen Staatengemeinschaft fortlaufend neu gewichtet. Völ-
kerrechtlich wie politisch wurden dabei die individuellen
Menschenrechte und die Anerkennung von Minderheiten-
rechten in den letzten Jahrzehnten stetig ausgebaut. Die da-
mit entwickelten Standards haben mit dazu beigetragen,
dass die Arbeit der Menschenrechtskommission in Genf im-
mer größeres Gewicht erhält. Dem Generalsekretär der VN
ist zuzustimmen, dass kein Staat das Recht hat, das Prinzip
der staatlichen Souveränität zum Vorwand zu nehmen, um
die Menschenrechte zu verletzen.

Die Politik der Bundesrepublik Deutschland zielt auf eine
Stärkung der Rolle des Rechts in den internationalen Bezie-
hungen und in den VN. Der Deutsche Bundestag begrüßt
die politische und materielle Unterstützung, die die Bundes-
regierung dem Strafgerichtshof für das ehemalige Jugo-
slawien und dem Internationalen Strafgerichtshof Ruanda
gewährt. Er würdigt, dass sich die Bundesregierung zusam-
men mit der Gruppe „gleichgesinnter Staaten“ kontinuier-
lich für einen effektiven, funktionsfähigen, unabhängigen
und damit glaubwürdigen Internationalen Strafgerichtshof
eingesetzt hat. Er bestärkt sie darin, auf eine rasche Auf-
nahme der Arbeit des Internationalen Strafgerichtshof hin-
zuwirken.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher
auf,

 sich verstärkt dafür einzusetzen, dass die Beschlüsse der
Weltkonferenz für Menschenrechte von Wien, die den
Schutz der Menschenrechte zu einem legitimen Anlie-
gen der Weltgemeinschaft erklärt hat, umgesetzt werden,

 sich dafür zu engagieren, dass eine größere Gewichtung
der Programme der VN-Hochkommissarin für Men-
schenrechte und der humanitären Hilfe erfolgt sowie ein

Drucksache 14/5855 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

größerer Anteil der Haushaltsmittel der Vereinten Natio-
nen dafür verwendet wird,

 sich dafür einzusetzen, dass die Koordinationsrolle von
UNHCR und OCHA gestärkt wird,

 die Rolle des Rechts in den internationalen Beziehungen
und in den VN zu stärken, indem sich die Bundesrepub-
lik Deutschland, wie die Mehrheit der EU-Staaten, der
Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes gemäß
Artikel 36 Abs. 2 des IGH-Status unterwirft,

 an der Vorbereitung der Weltkonferenz gegen Rassis-
mus im September 2001 konstruktiv mitzuwirken.

4. Friedenssicherung der Vereinten Nationen

Die Hauptaufgabe der Vereinten Nationen besteht unverän-
dert darin, eine zentrale Rolle bei der Herbeiführung und
Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicher-
heit zu spielen. Dies erfordert eine größere Bereitschaft der
Mitgliedstaaten, Abrüstungsinitiativen der Vereinten Natio-
nen, krisenpräventive, friedensschaffende und friedenser-
haltende Maßnahmen zu unterstützen.

Abrüstung, Rüstungskontrolle und die Stärkung der Nicht-
verbreitungsregime sind unverzichtbare Elemente der Kon-
fliktprävention, -beilegung und der Friedenskonsolidierung
und Bestandteil kooperativer Sicherheitspolitik. Daher gilt
es insbesondere, bestehende internationale Rüstungskont-
rollregime zu festigen und weiter auszubauen.

Aber auch die bisherige Praxis friedensschaffender und frie-
denserhaltender Operationen hat dringlichen Reformbedarf
gezeigt, um dem Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust
der Vereinten Nationen wirksam entgegenzutreten. Der
Rückzug vor dem Völkermord in Ruanda 1994, die mangel-
hafte Unterstützung der Schutzzone im Fall von Srebrenica
1995 und die nicht eingelösten Versprechungen der perma-
nenten VN-Präsenz gegenüber den Menschen in Ost-Timor
sind Beispiele für schwere politische Fehler der Staatenge-
meinschaft, die sich nicht wiederholen dürfen. Der Deut-
sche Bundestag begrüßt, dass die Bundesregierung den Ver-
einten Nationen ein ziviles und militärisches Stand-by-
Angebot unterbreitet hat. Entscheidungen über die Mitwir-
kung deutscher Soldaten an einer Friedensmission der VN
auf Grund einer Anfrage des Generalsekretärs im Rahmen
des Stand-by-Systems unterliegen gemäß dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes vom 12. Juli 1994 der konstitu-
tiven Zustimmung des Deutschen Bundestages.

Der rechtzeitig vor der Millenniums-Versammlung vorge-
legte Bericht der Beratungsgruppe zur Verbesserung der
VN-Friedenseinsätze enthält eine Vielzahl von konkreten
Anregungen, die zur Behebung der strukturbedingten
Schwächen geeignet sind.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher
auf,

 aktiv zur Umsetzung der im Brahimi-Bericht zur Verbes-
serung der VN-Friedenseinsätze unterbreiteten Vor-
schläge beizutragen und insbesondere durch robuste
Mandatierung die Sicherheit von VN-Kontingenten zu
erhöhen,

 die Präventionsstrategien der VN mit eigenen Mitteln
weiterhin zu unterstützen,

 das für die Leitung von Friedensmissionen zuständige
Department of Peacekeeping Operations (DPKO) in der
Entwicklung und Umsetzung neuer Konzepte zu unter-
stützen,

 den Beitritt bzw. die Teilnahme an einer „Stand-by High
Readyness Brigade“ zu prüfen,

 dazu beizutragen, dass der Generalsekretär in die Lage
versetzt wird, die ihm von der UN-Charta eingeräumten
Befugnisse auch tatsächlich ausüben zu können,

 die Zusammenarbeit der VN mit den Regionalorganisati-
onen zu vertiefen,

 die Aufstockung des „Peace Keeping Reserve Fund“ zu
unterstützen.

5. Reform des Sicherheitsrates

Der einzelne Mensch und seine Rechte müssen im 21. Jahr-
hundert neben den Rechten der Staaten stärker in das Zen-
trum des Sicherheitsbegriffes der internationalen Staatenge-
meinschaft rücken. Hierauf muss die Reform des zentralen
Gremiums zur Sicherung des Weltfriedens, des VN-Sicher-
heitsrats, ausgerichtet werden.

Die nicht mehr zeitgemäße Zusammensetzung des Sicher-
heitsrates ist zu aktualisieren, damit die weltpolitischen Ver-
änderungen der letzten 50 Jahre berücksichtigt werden und
seine Handlungsfähigkeit verbessert wird. Der Deutsche
Bundestag begrüßt die Erklärung des Bundeskanzlers vor
der Millenniumversammlung, dass die Bundesrepublik
Deutschland bereit ist, im Falle einer Einigung über die Re-
form des Sicherheitsrates als ständiges Mitglied Verantwor-
tung für Frieden und internationale Sicherheit zu überneh-
men.

Der Deutsche Bundestag bestärkt die Bundesregierung da-
rin,

 ihren Einfluss geltend zu machen, damit der Sicherheits-
rat der Vereinten Nationen bei friedensbedrohenden Kri-
sen schneller, entschlossener und mit besseren Informa-
tionen ausgestattet auch effizienter handelt,

 sich dafür einzusetzen, dass die Politik der europäischen
Sicherheitsratsmitglieder mehr und mehr durch den
Geist einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspoli-
tik, wie im Vertrag von Amsterdam niedergelegt, be-
stimmt wird,

 sich dafür einzusetzen, den Sicherheitsrat den politi-
schen Realitäten anzupassen und dem legitimen Anlie-
gen vieler Staaten auf größere Repräsentanz gerecht zu
werden,

 sich für die Verbesserung der 1996 geschaffenen Arran-
gements einzusetzen, um die Koordination zwischen Si-
cherheitsrat und den truppenstellenden Staaten zu opti-
mieren,

 sich bei den Beratungen des Sicherheitsrates für die Prä-
senz im Rat von denjenigen Staaten einzusetzen, die im
Auftrag der Vereinten Nationen wesentlich zur Friedens-
sicherung beitragen,

 ihren Vorschlag, dass in Zukunft ein Veto vor der Voll-
versammlung der Vereinten Nationen begründet werden
soll, weiter zu verfolgen. Das kann dazu beitragen, die
Transparenz der Entscheidungen im SR und ihre lang-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/5855

fristige Verrechtlichung über normative Bezüge des Völ-
kerrechts zu fördern,

 sich dafür einzusetzen, dass militärische Interventionen
nur im Einklang mit den Regeln des Völkerrechts, insbe-
sondere mit den Bestimmungen der VN-Charta, erfol-
gen,

 sich dafür einzusetzen, dass Sanktionen mit einem ge-
nauen Mandat ausgestattet und an überprüfbare und zu
überprüfende Bedingungen geknüpft werden; Sanktio-
nen und Embargos dürfen nur zeitlich begrenzt, wenn
auch verlängerbar, verhängt werden und müssen ständig
auf ihre Auswirkungen überprüft werden.

6. Wirtschaft und Soziales

Die Aktivitäten der VN in den Bereichen Wirtschaft, Um-
welt und Entwicklung stellen eine zentrale Aufgabe der
Vereinten Nationen dar. Rund 80 % der VN-Fonds und
-Programme dienen der nachhaltigen wirtschaftlichen und
sozialen Entwicklung. Die Beteiligung der Bundesregierung
an diesen Aktivitäten hat daher unmittelbare Auswirkungen
auf die Spielräume der deutschen VN-Politik. Das Engage-
ment für diese Programme und insbesondere die finanzielle
Stärkung der operativen Entwicklungstätigkeit entscheiden
letztlich über die Glaubwürdigkeit der Bekundungen der In-
dustrienationen, die Vereinten Nationen stärken zu wollen.

Der deutsche Beitrag zu den multilateralen Wirtschafts- und
Entwicklungstätigkeiten ist ein Eckstein des politischen
VN-Engagements Deutschlands, das auf den Erhalt der
Weltorganisation als einzigem globalen Forum zur Bewälti-
gung der aktuellen und künftigen Probleme zielt. Deshalb
bedürfen die deutschen Beiträge einer Überprüfung, um das
politische Engagement Deutschlands und sein Bekenntnis
zum Multilateralismus deutlicher zu markieren.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
im Sinne ihrer bisherigen Anstrengungen

 sich dafür einzusetzen, dass die Vereinten Nationen ihre
globale Verantwortung für Entwicklung und Umwelt
verstärkt wahrnehmen,

 dafür einzutreten, dass sich die WTO an Grundsätzen
nachhaltiger Entwicklung und sozialer Standards orien-
tiert,

 die Initiativen für die Stärkung und Straffung multilate-
raler Entwicklungszusammenarbeit sowie für Reform,
Effizienzsteigerung und Kohärenz der Entwicklungspro-
gramme der Vereinten Nationen zu intensivieren. Die bi-
laterale Entwicklungspolitik der einzelnen EU-Mitglied-
staaten sollte noch besser untereinander sowie mit der
europäischen und der multilateralen Entwicklungspolitik
koordiniert werden,

 die Orientierung von Projekten und Programmen der
Entwicklungszusammenarbeit am Ziel der Armutsbe-
kämpfung, die die Umsetzung der 20-zu-20-Initiative
einschließt, zu fördern,

 die Arbeit von UNAids und UNFPA viel stärker als bis-
her zu unterstützen,

 aktiv den laufenden Reformprozess von IWF und Welt-
bank mitzugestalten und dabei insbesondere auf eine
stärkere Ausrichtung der Strukturanpassungspro-

gramme von IWF und Weltbank auf Armutsbekämp-
fung, Umwelt und Sozialverträglichkeit hinzuwirken,

 die im Millenniumsbericht besonders akzentuierte Be-
deutung der Rechte der Kinder – vor allem der Mädchen
– beim Zugang zu Bildungs- und Entwicklungschancen
bei bilateralen und multilateralen Entwicklungsprogram-
men noch stärker zu berücksichtigen,

 die Reformbestrebungen zur weiteren Stärkung der In-
ternationalen Finanzinstitutionen als wichtige Instru-
mente globaler Politikgestaltung und ihre Anbindung an
das System der VN zu unterstützen,

 die Anregung Kofi Annans aufzugreifen, „den am we-
nigsten entwickelten Ländern zoll- und quotenfreien
Marktzugang zu gewähren“. Die UN-Konferenz über die
am wenigsten entwickelten Länder (März 2001) böte die
Gelegenheit, hier einen neuen Weg einzuschlagen,

 dazu beizutragen, die öffentlichen Schulden der hoch-
verschuldeten ärmsten Länder auf ein tragfähiges Maß
zu reduzieren, soweit deren Regierungen willens sind,
Armut im Lande zu vermindern, die Menschenrechte zu
respektieren und nach den Prinzipien der Demokratie zu
handeln,

 sich im Sinne der Erklärung von Bundeskanzler Gerhard
Schröder anlässlich des Milleniumsgipfels aktiv für das
Ziel einer Halbierung der Zahl der in extremer Armut
lebenden Menschen bis zum Jahr 2015 einzusetzen,

 den auf dem Kölner Weltwirtschaftsgipfel 1999 bekräfti-
gen Willen zur Erhöhung des deutschen Entwicklungs-
haushalts kontinuierlich umzusetzen.

7. Umwelt

Durch globale Umweltprobleme wird der Stellenwert inter-
nationaler Vereinbarungen zur Erhaltung der natürlichen
Lebensgrundlagen immer größer. Die Organisation der Ver-
einten Nationen hat die wichtige Aufgabe, bei allen Mit-
gliedstaaten stärker als bisher darauf zu drängen, dass dem
dringenden Handlungsbedarf zum Erhalt der Umweltres-
sourcen, vor allem bei Aufgaben des Klimaschutzes und in
Folge von Wasserknappheit und Wasserverschmutzung,
nachgekommen wird. In einigen Regionen ist die Ressource
Wasser Ausgangspunkt internationaler Konflikte. Durch die
bereits jetzt erkennbare Verknappung dieser Ressource wird
das Konfliktpotential erheblich zunehmen. Daher sind ins-
besondere regionale Kooperationen zur nachhaltigen Nut-
zung gemeinsamer Wasserressourcen von den Vereinten
Nationen zu fördern und generell zu unterstützen.

Der Deutsche Bundestag bestärkt die Bundesregierung da-
rin,

 sich dafür einzusetzen, dass zehn Jahre nach dem Gipfel
von Rio de Janeiro Umweltpolitik und wirtschaftliche
und soziale Entwicklung stärker integriert und die ein-
zelnen Umweltregime zum Schutz von Klima und Ozon-
schicht weiterentwickelt und umgesetzt werden,

 sich für eine verbesserte Kooperation des Entwicklungs-
und Umweltprogramms der Vereinten Nationen und der
internationalen Finanzinstitutionen (IWF/Weltbank) und
der Welthandelsorganisation einzusetzen,

 dazu beitragen, dass die Kompetenzen und Handlungs-
möglichkeiten des Umweltprogramms der Vereinten Na-

Drucksache 14/5855 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
tionen (UNEP) und der ECOSOC-Kommission zur
nachhaltigen Entwicklung (CSD) ausgebaut werden,

 sich dafür einzusetzen, dass das Protokoll von Kyoto zur
Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen sowie das
Protokoll von Cartagena zur biologischen Sicherheit ra-
tifiziert und umgesetzt werden,

die so genannte „Milleniums-Bewertung der Ökosysteme“
zu unterstützen,

zu prüfen, ob die Einrichtung einer Weltumweltorganisation
vorteilhafter ist als die separate Weiterentwicklung der ein-
zelnen Umweltregime zum Schutz von Klima, Ozonschicht,
biologischer Vielfalt, Böden und Ozeanen.

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