Vom 5. April 2001
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
5830
14. Wahlperiode
05. 04. 2001
Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Monika Balt, Dr. Ruth Fuchs, Dr. Klaus Grehn,
Dr. Heidi Knake-Werner, Heidemarie Lüth, Pia Maier, Rosel Neuhäuser,
Christina Schenk und der Fraktion der PDS
zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 14/5074, 14/5786 –
Entwurf eines Sozialgesetzbuchs – Neuntes Buch – (SGB IX)
Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
Der Bundestag wolle beschließen:
Nach Artikel 56 wird ein Artikel 56a „Leistungsgesetz“ mit folgendem W ort-
laut eingefügt:
„Artikel 56a
Leistungsgesetz
Die Bundesregierung legt bis zum 1. Januar 2004 ein Leistungsgesetz für
Menschen mit Behinderungen vor.“
Berlin, den 5. April 2001
Dr. Ilja Seifert
Monika Balt
Dr. Ruth Fuchs
Dr. Klaus Grehn
Dr. Heidi Knake-Werner
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Rosel Neuhäuser
Christina Schenk
Roland Claus und Fraktion
Drucksache
14/
5830
– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung
Es ist grundsätzlich nicht angemessen, behinderte Menschen ein Leben lang
auf Leistungen der öf fentlichen Fürsorge zu verweisen. Dies wurde mehrfach
in der Anhörung zum Gesetzentwurf eines SGB IX im Ausschuss für Arbeit
und Sozialordnung am 19. und 20. Februar 2001 betont, so z. B. in der
Stellungnahme des „Deutschen V ereins für öf fentliche und private Fürsor ge“
(s. Ausschussdrucksache 14/1342 des Ausschusses für Arbeit und Sozial-
ordnung).
Das SGB IX – so von Spitzenverbänden der Freien W ohlfahrtspflege, eine
Vielzahl von Behindertenor ganisationen und Kostenträgern hervor gehoben –
ist ein Schritt zur langfristigen Entwicklung eines Leistungsgesetzes für Men-
schen mit Behinderung in der Zuständigkeit eines einzigen Rehabilitations-
oder Leistungsträgers.
Der vorliegende Antrag folgt auch einer Forderung des Deutschen Behinder-
tenrates. Dieser hat anlässlich des Weltbehindertentages am 3. Dezember 2000
im Rahmen von zwölf Grundsatzthesen unter anderem die Beseitigung der
Nachrangigkeit der Eingliederungshilfe im Sozialrecht gefordert.
Ein eigenständiges Leistungsgesetz für Menschen mit Behinderungen sollte
folgenden Grundlinien folgen:
– Die Eingliederungshilfe für Behinderte wird aus dem BSHG herausgelöst
und bei Aufhebung des Nachranggrundsatzes und Abschaffung der damit
verbundenen Einkommens- und V ermögens- bzw. Bedürftigkeitsprüfungen
behinderter Menschen und ihrer Angehörigen (Regelfall) in das neue Leis-
tungsgesetz überführt.
– Stufenweise wird eine soziale Grundsicherung für behinderte und chronisch
kranke Menschen eingeführt, die durch einen pauschalierten Mehrbetrag
zum Ausgleich von Nachteilen auf Grund der jeweiligen Schädigung oder
Beeinträchtigung des betroffenen Menschen ergänzt wird.
– Ein einheitlicher Leistungsträger der Behindertenhilfe ersetzt das bisher ge-
gliederte System unterschiedlicher Rehabilitationsträger.
– Die Finanzierung der Leistungen erfolgt überwiegend aus Mitteln des Bun-
des.
Mit dieser Ergänzung würde auch den Intensionen der gemeinsamen Entschlie-
ßung aller Fraktionen „Die Integration von Menschen mit Behinderungen ist
eine dringliche politische und gesellschaftliche Aufgabe“ unter II.1. und 4. ge-
folgt (s. Bundestagsdrucksache 14/2913 vom 15. März 2000).