BT-Drucksache 14/5825

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierugn -14/5066, 14/5792- Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze

Vom 3. April 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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5825

14. Wahlperiode

03. 04. 2001

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Dr. Norbert Lammert, Ilse Aigner, Norbert
Barthle, Brigitte Baumeister, Renate Blank, Marie-Luise Dött, Rainer Eppelmann,
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Norbert Hauser (Bonn), Klaus Holetschek,
Eva-Maria Kors, Hartmut Koschyk, Julius Louven, Wolfgang Meckelburg,
Bernd Neumann (Bremen), Claudia Nolte, Anton Pfeifer, Hans-Peter Repnik,
Klaus Riegert, Franz-Xaver Romer, Dr. Wolfgang Schäuble, Heinz Schemken,
Johannes Singhammer, Margarete Späte, Erika Steinbach, Dorothea Störr-Ritter,
Andreas Storm, Matthäus Strebl, Dr. Rita Süssmuth, Gerald Weiß (Groß-Gerau),
Peter Weiß (Emmendingen), Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/5066, 14/5792 –

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungs-
gesetzes und anderer Gesetze

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Das Künstlersozialversicherungsgesetz gehört zu den wichtigsten kultur-
und sozialpolitischen Errungenschaften in unserem Land. Das Künstler-
sozialversicherungsgesetz ist die gesetzliche Grundlage für die Vorsorge für
Krankheit und Alter und damit das Fundament der sozialen Absicherung der
Künstler. Zur Sicherung und Fortentwicklung des kulturellen Lebens ist die
soziale Absicherung der Künstler und Publizisten unabdingbar.

2. Durch die seit Anfang der Legislaturperiode vor genommenen Maßnahmen
hat die Bundesregierung das f nanzielle Fundament und die Stabilität des
Systems der Künstlersozialversicherung beschädigt. Der gravierendste
Einschnitt war die Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozial-
versicherung von 25 % auf 20 % der Ausgaben durch das Haushaltssanie-
rungsgesetz vom 22. Dezember 1999. Die im Rahmen der V erabschiedung
des Haushaltssanierungsgesetzes versprochenen Verbesserungen für die so-
ziale Absicherung der Künstler sind in diesem Maße nicht erfolgt. Auch in
dem jetzt vor gelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Künstlersozialversicherungsgesetzes sind Einschnitte für die soziale Ab-
sicherung von Künstlern enthalten.

3. Mit der Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialversicherung
von 25 % auf 20 % der Ausgaben der Künstlersozialversicherung hat sich
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der Bund zum Teil aus seiner sozialpolitischen Verantwortung für die Künst-
ler zurückgezogen. Für den Bundeszuschuss muss neben dem Selbstver-
marktungsanteil und den vom Gesetzgeber geschaf fenen Ausnahmen von
der Abgabepflicht für bestimmte erwerter auch die besondere soziale
Schutzbedürftigkeit der Künstler maßgeblich sein. Bei der Festsetzung des
Bundeszuschusses ist daher ausdrücklich zu berücksichtigen, dass das
durchschnittliche in der Künstlersozialversicherung versicherte Jahresein-
kommen lediglich bei 21 852 DM (im Jahr 2000) liegt und damit etwa 40 %
des Durchschnittsverdienstes der V ersicherten in der Arbeiter - und Ange-
stellten-Rentenversicherung beträgt.

4. Begrüßt wird der vom Deutschen Kulturrat eingebrachte Vorschlag hinsicht-
lich eines „Korridors des Bundeszuschusses“. Die V erwerter zahlen danach
die Künstlersozialabgabe nach einem festen, für alle Unternehmen einheitli-
chen Abgabesatz. Der Abgabesatz für V erwerter künstlerischer und publi-
zistischer Leistungen wird mit einem Prozentsatz von 3,3 der an Künstler
und Publizisten gezahlten Entgelte festgelegt und ändert sich nur unter Be-
rücksichtigung der allgemeinen Sozialversicherungssätze oder den im wei-
teren genannten Bedingungen. Die daraus resultierende Abgabe wird durch
den Bundeszuschuss auf 50 % der Beitragsausgaben der Künstlersozial-
kasse aufgefüllt. Der Bundeszuschuss darf nicht unter die Höhe sinken, die
den vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zum 8. April 1987
dargestellten Anforderungen entspricht. In einem solchen Fall wird der
Künstlersozialabgabesatz gesenkt. Steigt der Bundeszuschuss auf einen Pro-
zentsatz von über 25 % der Beitragsausgaben der Künstlersozialversiche-
rung, wird der Abgabesatz der V erwerter angehoben, um eine zu hohe Be-
lastung des Bundes zu vermeiden. Sinkt der Bundeszuschuss auf unter
17 %, wird der Abgabesatz der Verwerter abgesenkt, damit eine zu hohe Be-
lastung der V erwerter vermieden wird. Dieser „Korridor des Bundeszu-
schusses“ gewährleistet, dass beide Seiten, die gemeinsam den so genannten
Arbeitgeberanteil zur Künstlersozialkasse aufbringen, nicht über Gebühr be-
lastet werden. Damit wird eine gleichmäßige und ausgewogene Belastung
der Verwerter einerseits und des Bundes andererseits erreicht, die f exibel an
Änderungen im Finanzierungsbedarf der KSK angepasst werden kann und
das streitanfällige Kriterium des Selbstvermarktungsanteils entbehrlich
macht. Zugleich würde der Bund durch dieses Korridormodell dazu ange-
halten werden, sich intensiver als bisher um die lückenlose Erfassung der
abgabepflichtigen erwerter zu kümmern und die „T rittbrettfahrer“ in die
Pflicht zu nehmen, etwa durch eine bessere Personalausstattung der Künst
lersozialversicherung. Gelingt ihm dies, kann der Bundeszuschuss unmittel-
bar verringert werden, weil das Aufkommen aus der Künstlersozialabgabe
bei gleichbleibendem Abgabesatz ansteigt.

5. Nach dem Gesetzentwurf soll die sogenannte Berufsanfängerzeit von 5 auf
3 Jahre verkürzt werden. Während dieser Berufsanfängerzeit kann der Versi-
cherungsschutz auch dann aufrecht erhalten werden, wenn das Mindestein-
kommen (künftig 630,– DM) nicht überschritten wird. Die vorgesehene Ver-
kürzung der Berufsanfängerfrist ist unverständlich. Die Finanzämter räumen
den Künstlern mindestens 5 Jahre ein, bis sie die ersten Gewinne aus ihrer
künstlerischen Tätigkeit erzielt haben müssen. W ieso dieselben Künstler
schon nach 3 erfolgsarmen Jahren ihren Sozialversicherungsschutz verlieren
sollen, ist nicht nachzuvollziehen. W enn die Berufsanfängerzeit von 5 auf
3 Jahre verkürzt wird, ist damit zu rechnen, dass gerade in künstlerischen
Berufen mit typischen Einstiegsschwierigkeiten die V ersicherungspflich
nach 3 Jahren wieder beendet wird. Bestimmte künstlerische Berufe wie die
der Autoren, bildenden Künstler oder Komponisten werden damit aus der
Sozialversicherung herausgedrängt.
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6. Sollte der Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozial-
versicherungsgesetzes in der jetzt vorliegenden Form beschlossen werden,
so birgt dies große finanzielle Gefahren für die Laienmusikvereine. Wäh
rend der Gesetzgeber in der Begründung einer Änderung des KSVG (Bun-
destagsdrucksache 13/5108) im Jahre 1996 für gemeinnützige V ereine wie
z. B. Laienmusikvereine keine Abgabenpf icht zur Künstlersozialabgabe
vorsieht, bejahen die Gerichte zumeist eine solche Abgabepf icht. Zudem
herrscht seit der Einführung der Sozialversicherungspf icht für Scheinselb-
ständige und arbeitnehmerähnliche Selbständige eine große Unsicherheit
hinsichtlich der Frage, ob nebenberuf ich für Musikvereine tätige Dirigenten
Selbständige oder abhängig Beschäftigte sind. Viele Vereine sehen sich der-
zeit Beitragsnachforderungen in fünfstelliger Höhe gegenüber . Eine volle
Abgabepflicht der ereine würde dazu führen, dass rund 18 000 Dirigenten-
stellen in der Bundesrepublik auf den Prüfstand kommen würden. Zahlrei-
che Stellen in diesem Bereich müssten wegen der notwendigen Honorar-
kürzung gestrichen und zu neuen Bedingungen wiederbesetzt werden. Dies
würde zu einem deutlichen Einbruch der Vereinsarbeit in der Bundesrepub-
lik führen. Zur Unterstützung der ehrenamtlichen und gemeinnützigen Ar-
beit von Vereinen sollten Vereine daher generell nur mit dem kommerziellen
Teil ihrer Aktivitäten zur Abgabepf icht herangezogen werden. Für die ide-
elle Tätigkeit von als gemeinnützig anerkannten Vereinen sollte die Abgabe-
pflicht zur Künstlersozialversicherung entfallen

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. die im Haushaltssanierungsgesetz beschlossene Absenkung des Bundeszu-
schusses von 25 % auf 20 % der Ausgaben der Künstlersozialversicherung
zurückzunehmen,

2. den vom Deutschen Kulturrat vor geschlagenen „Korridor des Bundeszu-
schusses“ in den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstler-
sozialversicherungsgesetzes zu übernehmen,

3. die im Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversi-
cherungsgesetzes vor gesehene Verkürzung der Berufsanfängerfrist von 5
auf 3 Jahre nicht in Kraft zu setzen,

4. vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannte V ereine, die die kulturelle
Betätigung zum Zweck haben, von der Abgabepf icht nach § 24 Künstler-
sozialversicherungsgesetz auszunehmen, soweit keine kommerzielle Tätig-
keit vorliegt.

Berlin, den 3. April 2001

Karl-Josef Laumann
Dr. Norbert Lammert
Ilse Aigner
Norbert Barthle
Brigitte Baumeister
Renate Blank
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Norbert Hauser (Bonn)
Klaus Holetschek
Eva-Maria Kors

Hartmut Koschyk
Julius Louven
Wolfgang Meckelburg
Bernd Neumann (Bremen)
Claudia Nolte
Anton Pfeifer
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Franz-Xaver Romer
Dr. Wolfgang Schäuble
Heinz Schemken
Johannes Singhammer

Margarete Späte
Erika Steinbach
Dorothea Störr-Ritter
Andreas Storm
Matthäus Strebl
Dr. Rita Süssmuth
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Peter Weiß (Emmendingen)
Wolfgang Zöller
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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