BT-Drucksache 14/5718

Nutzung von Visa-Einnahmen zur Verbesserung der Barbeitungskapazitäten deutscher Auslandsvertretungen

Vom 28. März 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5718
14. Wahlperiode 28. 03. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Irmer, Dr. Werner Hoyer,
Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Klaus Haupt, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Heinrich
L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der F.D.P.

Nutzung von Visa-Einnahmen zur Verbesserung der Bearbeitungskapazitäten
deutscher Auslandsvertretungen

Die weltweite Nachfrage nach Sichtvermerken für die Einreise in die Bundes-
republik Deutschland steigt stetig an. Obwohl für das Haushaltsjahr 2001 wei-
tere Stellenstreichungen bei dem in den Visa-Stellen der Deutschen Auslands-
vertretungen eingesetzten Personal vermieden werden konnten, gehören
personelle Unterbesetzung, lange Bearbeitungszeiten und Warteschlangen nach
wie vor zum dienstlichen Alltag vieler deutscher Generalkonsulate und Bot-
schaften. Diesem teilweise chronischen Bearbeitungsstau könnte durch eine
adäquate Aufstockung der so genannten PV-Kräfte (Pass- und Sichtvermerks-
kräfte) der Auslandsvertretungen entgegengewirkt werden. Wenn einem
derartigen Personalausbau in der Vergangenheit fiskalische Gründe entgegen-
standen, so sind diese spätestens seit der Einführung des Einreisesichtvermer-
kes für den Geltungsbereich des Vertrages von Schengen hinfällig geworden,
denn mit den Gebühren von ca. 60 DM für ein reguläres Schengen-Touristenvi-
sum können erhebliche Einnahmen erwirtschaftet werden. In vielen Auslands-
vertretungen liegen diese Einnahmen bereits jetzt deutlich höher als die Perso-
nalausgaben für die PV-Kräfte.

Das vom Auswärtigen Amt durchgeführte Controlling-Verfahren hat den Be-
reich der Visa-Stellen als eine der wenigen ausbaufähigen Einnahmequellen für
den Auswärtigen Dienst identifiziert. Ferner haben die Auslandsvertretungen
im Rahmen neuer Richtlinien für die Eigenmittelbewirtschaftung mehr Flexibi-
lität erhalten. Bei dieser Ausgangslage müsste es möglich sein, den Auslands-
vertretungen ebenfalls einen erweiterten Spielraum bei der Personalbewirt-
schaftung hinsichtlich der im PV-Bereich einzustellenden Ortskräfte
einzuräumen. Eine derartige Kompetenzerweiterung wäre auch im Einklang
mit dem jüngst vom Auswärtigen Amt verabschiedeten Personalkonzept, wo-
nach dort, wo möglich, verstärkt Ortskräfte eingesetzt werden sollen. Der Ein-
satz von Ortskräften erscheint auch insofern sinnvoll, als sie besonders geeignet

Drucksache 14/5718 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

sind, ihre Landsleute im Vorfeld der Antragstellung zu beraten und so zu einer
Verkürzung der Bearbeitungszeit beizutragen.

Eine nachfrageorientierte Bearbeitung der Visa-Anträge wäre nicht nur wegen
der zu erwartenden Mehreinnahmen unter Haushaltsgesichtspunkten sinnvoll.
Durch die Auflösung der Warteschlangen vor deutschen Botschaften und Gene-
ralkonsulaten würde nicht zuletzt auch ein willkommener Beitrag zur Verbesse-
rung des deutschen Ansehens im Ausland geleistet werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass an vielen deutschen Auslands-
vertretungen einer steigenden Nachfrage nach Einreisesichtvermerken
nicht die erforderlichen Bearbeitungskapazitäten gegenüber stehen?

2. Welche deutschen Auslandsvertretungen sind besonders von Engpässen bei
der Bearbeitung von Visa-Anträgen betroffen?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass mit der Einstellung zusätz-
lichen PV-Personals ein maßgeblicher Beitrag zur Lösung dieses Problems
geleistet werden könnte?

4. Ist im Rahmen des vom Auswärtigen Amt durchgeführten Controllings die
Frage des Verhältnisses zwischen Personalaufwand für PV-Kräfte und den
durch die Ausstellung von Sichtvermerken erzielten Einnahmen überprüft
worden und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

5. Wie hoch ist der Anteil von Ortskräften des in den Visa-Stellen deutscher
Auslandsvertretungen tätigen Personals?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dieser Anteil zukünftig er-
höht werden sollte?

7. Kann die Bundesregierung die Annahme bestätigen, dass eine bedarfs-
gerechtere und zügigere Bearbeitung von Visa-Anträgen zu einer Erhöhung
der Antragszahl insgesamt und damit auch der Einnahmen führen würde?

8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine Auflösung des An-
tragstaus an den betroffenen Auslandsvertretungen auch zu einer Verbesse-
rung der Kontrolle der Anträge und damit zur Vermeidung des Visums-
missbrauchs führen könnte?

9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die besonders betroffenen
Auslandsvertretungen im Rahmen ihrer Eigenmittelbewirtschaftung er-
mächtigt werden sollten, die mit der Visa-Erteilung erwirtschafteten Ein-
nahmen zumindest teilweise für eine bedarfsgerechte Aufstockung ihrer
Personalkapazitäten zur Bearbeitung von Visa-Anträgen durch die zusätzli-
che Einstellung von Ortskräften einzusetzen?

10. Wäre es nach Auffassung der Bundesregierung sinnvoll, den Nachfrage-
überhang nach Reisesichtvermerken dort wo vorhanden u. a. durch Verlän-
gerung der Geschäftszeiten der Visa-Stellen auch über die regulären
Dienstzeiten der jeweiligen Auslandsvertretung hinaus sowie durch Rota-
tion der Mitarbeiter abzubauen?

11. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Um-
fange Staatsangehörige der jeweiligen Gastländer aus Sorge vor den langen
Bearbeitungszeiten deutscher Auslandsvertretungen ihre Anträge auf Ein-
reisesichtvermerke bei den Auslandsvertretungen anderer Schengen-Ver-
tragsstaaten stellen?

12. Falls ja: Ergibt sich hieraus aus der Sicht der Bundesregierung insofern
– auch im Hinblick auf entgangene Einnahmen – eine Konkurrenzsituation
zwischen den Auslandsvertretungen der Schengen-Vertragsstaaten?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5718

13. Kann die Bundesregierung ferner bestätigen, dass der verstärkte Einsatz
von Ortskräften ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der interkulturellen
Kompetenz bei der Wahrnehmung der für die Außenwirkung Deutschlands
sensiblen Arbeit der Visa-Stellen wäre?

14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass mit einer Reduzierung der
Bearbeitungszeiten und einem Abbau der Warteschlangen vor deutschen
Auslandsvertretungen auch ein Beitrag zur Verbesserung des deutschen
Ansehens im Ausland geleistet werden kann?

Berlin, den 27. März 2001

Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Irmer
Dr. Werner Hoyer
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Klaus Haupt
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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