BT-Drucksache 14/5683

Möglichkeiten für ein staatlich gefördertes nationales Agrarversicherungssystem

Vom 27. März 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5683
14. Wahlperiode 27. 03. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kersten Naumann, Uwe-Jens Rössel, Roland Claus
und der Fraktion der PDS

Möglichkeiten für ein staatlich gefördertes nationales Agrarversicherungssystem

Die Landwirtschaft ist als ein mit lebenden Organismen produzierendes „Ge-
werbe unter freiem Himmel“ in besonderem Maße mit Naturkatastrophen wie
Trockenheit und Überschwemmungen sowie Tierseuchen konfrontiert. Die
Folgen haben oftmals erhebliche Auswirkungen auf das wirtschaftliche Ergeb-
nis der Betriebe, die trotz Rücklagen aus guten Jahren zu erheblichen Liquidi-
tätsproblemen bis hin zur Existenzgefährdung führen können. Es kommt immer
wieder zu Situationen, in denen der Staat finanziell helfen muss. Da solche Hil-
fen von politischen Entscheidungen und der Haushaltslage abhängig sind, ist
das mit nicht wenigen Problemen verbunden. Diese Unterstützungspraxis ist
weder für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe noch die Länder bzw. den
Bund befriedigend.

Im Unterschied zu Deutschland gibt es in einigen Mitgliedsländern der EU
(z. B. Spanien, Griechenland, Portugal, Italien, Frankreich, Österreich, Luxem-
burg) und in anderen Staaten (z. B. Japan, Kanada, USA) staatlich geförderte
Agrarversicherungssysteme.

Auch in Deutschland wird darüber seit Jahren diskutiert, wobei das sächsische
Modell einer Mehrgefahrenabsicherung konzeptionell am weitesten gediehen
scheint. Seine Realisierung scheiterte bisher an der Frage der staatlichen Mit-
finanzierung, da die Landesregierung des Freistaates Sachsen auf einer Betei-
ligung des Bundes besteht. Grundsätzlich ist mit dem „Gemeinschaftsrahmen
für staatliche Beihilfen im Agrarsektor“, Ziffer 11.5 „Beihilfen zur Zahlung
von Versicherungsprämien“ (2000/C 28/02), die EU-rechtliche Grundlage für
staatliche Beihilfen gegeben. Seitens des früheren Bundesministeriums für Er-
nährung, Landwirtschaft und Forsten gab es im Vorjahr die öffentliche Zusage,
die Problematik der Schaffung eines staatlich geförderten Agrarversicherungs-
systems zu prüfen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie steht die Bundesregierung grundsätzlich zur Einführung eines staatlich
geförderten Agrarversicherungssystems in Deutschland?

2. Aus welchen Gründen machte Deutschland bisher keinen Gebrauch von der
Möglichkeit der Installation eines staatlich geförderten Versicherungssys-
tems für Landwirtschaftsbetriebe?

3. Sieht die Bundesregierung im Nichtvorhandensein eines staatlich geförder-
ten nationalen Agrarversicherungssystems zur Risikoabsicherung gegenüber
Naturkatastrophen und Seuchen einen Wettbewerbsnachteil der deutschen
Landwirtschaftsbetriebe?

Drucksache 14/5683 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
4. Was ist der Inhalt des ministeriellen Prüfauftrages zum Problemkreis
Schaffung eines staatlich geförderten Agrarversicherungssystems?

5. Bis wann soll die Prüfung einer evtl. staatlich geförderten Versicherungs-
lösung abgeschlossen werden?

6. Wie viele staatliche Mittel wurden in den letzten zehn Jahren zur Unter-
stützung von Landwirtschaftsbetrieben aufgrund von Witterungsunbilden
und Seuchen insgesamt und unterteilt nach EU, Bund, Ländern sowie Un-
terstützungsarten (verlorene Zuschüsse, Zinsausfallerstattungen an Banken
zur Zinsverbilligung etc.) verausgabt?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung das sächsische Modell einer Mehrgefah-
renabsicherung (freiwillige Teilnahme der Landwirtschaftsbetriebe, Ver-
sicherungsverein auf Gegenseitigkeit, Pool-Lösung, keine Gewinnorientie-
rung, allfällige Überschussbeteiligung, Nachschusspflicht etc.) und seine
bundesweite Realisierbarkeit?

8. Welche Position hat die Bundesregierung zum sächsischen Vorschlag der
Kostenteilung der Mehrgefahrenabsicherung zwischen Staat und Landwirt-
schaftsbetrieben im Verhältnis von 60 zu 40 in der Pflanzenproduktion und
50 zu 50 in der Tierproduktion?

9. Teilt die Bundesregierung den Standpunkt der sächsischen Landesregie-
rung, dass auch eine Beteiligung des Bundes an der Finanzierung des Pools
einer Mehrgefahrenabsicherung erforderlich ist?

10. In welchem Umfang müssten nach dem derzeitigen Stand der ministeriel-
len Prüfung für eine Versicherungslösung Mittel durch die Landwirt-
schaftsbetriebe und durch den Staat aufgebracht werden?

11. Welche Finanzierungsquellen und Umschichtungsmöglichkeiten sieht die
Bundesregierung im Einzelplan 10 des Bundeshaushaltes für die Mitfinan-
zierung einer Agrarversicherung durch den Bund?

12. Hält die Bundesregierung es für möglich, dass im Falle der Anwendung
des Instruments der Modulation im Ergebnis der Halbzeitbewertung der
Agenda 2000 ein Teil der durch lineare Kürzungen der Direktzahlungen
frei werdenden Mittel zur Finanzierung der staatlichen Beihilfen in einem
künftigen Agrarversicherungssystem herangezogen wird und falls ja, in
welcher Höhe?

Berlin, den 27. März 2001

Kersten Naumann
Uwe-Jens Rössel
Roland Claus und Fraktion

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