BT-Drucksache 14/5518

Nationales Genomforschungsnetz

Vom 7. März 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5518
14. Wahlperiode 07. 03. 2001

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, Horst
Friedrich (Plauen), Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, Jörg van Essen, Rainer Funke, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus
Haupt, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Heinrich, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun
Kopp, Jürgen Koppelin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Detlef Parr, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard
Schwaetzer, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter
Thomae, Jürgen Türk, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Nationales Genomforschungsnetz

Die Bundesregierung hat angekündigt, in den kommenden drei Jahren zusätzlich
350 Mio. DM aus der UMTS-Zinsersparnis in die Genomforschung zu investie-
ren. Insgesamt soll dieser Forschungszweig dann mit mehr als 870 Mio. DM in
den nächsten drei Jahren gefördert werden. Die F.D.P.-Fraktion begrüßt aus-
drücklich, dass die Bundesregierung eine Mittelaufstockung vornehmen will,
was besonders im gegenwärtigen „Jahr der Lebenswissenschaften“ ein gutes
Signal darstellt.

Nach Presseinformationen (z. B. Tagesspiegel vom 12. Februar 2001, Frank-
furter Allgemeine Zeitung vom 13. Februar 2001) sollen 80 Prozent der bis
zum Jahr 2003 auszugebenden Mittel an das Deutsche Krebsforschungszent-
rum, das Max-Delbrück-Zentrum für molekulare Medizin, die Gesellschaft für
Biotechnologische Forschung mbH, das Forschungszentrum für Umwelt und
Gesundheit und das Ressourcenzentrum des deutschen Humangenomprojektes
vergeben werden.

Von mehreren Wissenschaftlern ist die unzureichende Einbindung der deut-
schen Universitäten in die Vergabe der UMTS-Mittel zur Genomforschung kri-
tisiert worden. So kritisierten Prof. Ulrich Dirnagl von der Berliner Charité und
der Genomforscher Prof. André Rosenthal von der Universität Jena, dass die
Mittel nicht über Antragsverfahren bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft
verteilt würden. Zudem hält Prof. André Rosenthal die Konzentration auf die
automatisierte Genom-Forschung für falsch und wirft der Bundesregierung vor,
die Verteilung der Mittel an die Großforschungseinrichtungen hinge damit zu-
sammen, dass diese zu 90 Prozent vom Bund finanziert werden und ihm da-
durch „unterstellt“ seien.

Die F.D.P.-Fraktion zieht die Qualifikation der Großforschungseinrichtungen
für die Forschungsaufgaben nicht in Zweifel, sieht aber gleichwohl an den

Drucksache 14/5518 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Hochschulen das wissenschaftliche Potenzial zur Mitwirkung am nationalen
Genomforschungsnetz. Die Entscheidung der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Edelgard Bulmahn, für den weitgehenden Ausschluss der
Hochschulen aus diesem wichtigen Forschungsprojekt ist deshalb erklärungs-
bedürftig.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Forschungsinstitute sollen bis zum Jahr 2003 Forschungsmittel für
die Genomforschung erhalten?

2. Wie werden diese Forschungsmittel unter die Institute aufgeteilt?

3. Welche Konzeption verfolgt die Bundesregierung bezüglich der weiteren
Komponenten des nationalen Genomforschungsnetzes, z. B. der krank-
heitsbezogenen medizinischen Kompetenznetze, der Proteomforschung
und des Forschungsprogramms „Querschnittstechnologie Bioinformatik“?

4. Welche wissenschaftlichen Kriterien werden bei der Vergabe der Mittel zu-
grunde gelegt?

5. Welche wissenschaftlichen Gründe sprechen dafür, den Schwerpunkt auf
die automatisierte Genomerforschung zu legen?

6. Welche Gründe sprechen dagegen, die Forschungsmittel über ein Antrags-
verfahren bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu vergeben?

7. Welche Konzeption verfolgt die Bundesregierung bezüglich der Einbezie-
hung von Hochschulen in den Aufbau eines nationalen Genomforschungs-
netzes?

8. Wie passt die eindeutige Schwerpunktsetzung der Mittelvergabe bei den
Großforschungseinrichtungen zu der immer wieder von allen Parteien und
dem Wissenschaftsrat geforderten Vernetzung und Kooperation zwischen
Hochschulen und Großforschungszentren?

9. Wie passt die Forschungskonzeption zur Genomforschung in das im letz-
ten Jahr vorgestellte Programm „Gesundheitsforschung“ der Bundesregie-
rung, das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam getragen
wird?

10. Ist der Bundesregierung die Kritik der Professoren Ulrich Dirnagl und
André Rosenthal bekannt und wie steht die Bundesregierung zu den erho-
benen Vorwürfen?

11. Wie steht die Bundesregierung insbesondere zu dem Vorwurf, die Hoch-
schulen würden zu „Lieferanten von Patientenmaterial und Gewebe für
Großforschungszentren degradiert“ (Prof. Ulrich Dirnagl laut Tagesspiegel
vom 12. Februar 2001)?

12. Haben vor der Entscheidung über die Strategie der Bundesregierung zur
Gründung eines nationalen Genomforschungsnetzes Gespräche mit den
Vertretern der Hochschulen stattgefunden, und was waren die Ergebnisse
dieser Gespräche im Hinblick auf die spätere Konzeption?

13. Spielt für die Vergabe der Bundesmittel die Tatsache eine Rolle, dass die
Großforschungseinrichtungen zu 90 Prozent vom Bund finanziert werden
und somit auf Länderinteressen weniger Rücksicht genommen werden
muss?

14. Erwägt die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard
Bulmahn, aufgrund der Kritik von Wissenschaftlern an Hochschulen, ihre
Forschungskonzeption zum nationalen Genomforschungsnetz noch einmal
zu überdenken?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5518

15. Beabsichtigt die Bundesregierung die Gründung eines nationalen Ethik-
rates, und welche Aufgaben soll dieser Rat haben?

16. Wenn ja, wie soll das nationale Genomforschungsnetz mit dem Ethikrat
kooperieren?

17. Bei welcher Institution (z. B. Bundeskanzleramt, BMG, Bundespräsident)
soll der zu gründende Ethikrat angebunden werden?

18. Würde die Bundesregierung es befürworten, wenn ein Vertreter der Insti-
tute des nationalen Genomforschungsnetzes dem Ethikrat angehören
würde?

19. In welcher Form sollen die bereits bestehenden Gremien, die mit der Be-
wertung ethisch-moralischer Grundfragen befasst sind (z. B. Ethikkom-
missionen der Ärztekammern) mit dem zu gründenden Ethikrat zusam-
menwirken?

Berlin, den 6. März 2001

Ulrike Flach
Cornelia Pieper
Birgit Homburger
Horst Friedrich (Plauen)
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Rainer Funke
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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