BT-Drucksache 14/5250

Bessere Rahmenbedingungen für ausländische Studierende in Deutschland

Vom 7. Februar 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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5250

14. Wahlperiode

07. 02. 2001

Antrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Cornelia Pieper, Hildebrecht
Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke,
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Detlef Parr,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Bessere Rahmenbedingungen für ausländische Studierende in Deutschland

Einem Land, das wie Deutschland maßgeblich vom Außenhandel lebt, kann es
nicht gleichgültig sein, dass seine Universitäten für ausländische Studierende in
zunehmendem Maße unattraktiv werden. Viele ausländische Studierende, die –
wie z. B. die Japaner, Inder oder Chinesen, die noch in den sechziger und sieb-
ziger Jahren vorzugsweise zum Studium nach Deutschland gekommen waren –
gehen heute nach Amerika. So studieren zurzeit 43 000 Japaner in den USA,
während es bei uns gerade noch 1 500 sind. Ähnliches gilt für die Anzahl der
Studierenden aus den wirtschaftlich erfolgreichen Ländern Südostasiens. Dies
ist bedauerlich, denn wenn die zukünftigen Führungseliten der aufstrebenden
Wachstumsregionen kein Interesse mehr an einem Studium in Deutschland ha-
ben, werden sie sich als zukünftige Handelspartner bald auch anderswo enga-
gieren und investieren. Der internationale Standortwettbewerb hat also neben
der wirtschaftlichen auch eine bildungspolitische Dimension. Die Fraktion der
F.D.P. erneuert daher ihren bereits im Antrag „Verbesserung der internationalen
Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulstandortes Deutschland“,
Bundestagsdrucksache 14/3339, zum Ausdruck gebrachten Appell an die Bun-
desregierung, einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedin-
gungen für ausländische Studierende in Deutschland zu leisten. Die Verbesse-
rung des „Studienstandortes Deutschland“ ist nicht nur eine Aufgabe für die
Bildungspolitik von Bund und Ländern, sondern sollte auch mehr und mehr in
den Mittelpunkt der außenkulturpolitischen Arbeit gerückt werden. Es geht um
das Exportgut Bildung und die deutsche Leistungsfähigkeit auf dem globalen
Bildungsmarkt.

Trotz des international rückläufigen Interesses haben deutsche Hochschulen und
Forschungsinstitute zwar nach wie vor einen vergleichsweise hohen Standard.
Unser Bildungsangebot muss sich jedoch aktiver auf die internationale Nach-
frage einstellen. Hierzu gehört u. a. auch der Ausbau von IT-gestützten Online-
Studiengängen für ausländische Studierende. Gut sein allein genügt nicht. Des-
halb müssen sich Bund und Länder stärker für die Förderung der Internationali-
tät unserer Hochschulen engagieren. Auch die Betreuung ausländischer Studie-
render muss erheblich verbessert werden. Wir brauchen eine neue „Campus-
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Kultur“ an den Universitäten. Trotz einiger Fortschritte in einigen Fachrichtun-
gen ist es noch ein weiter Weg, unsere Bildungsangebote kompatibel mit der
vom anglo-amerikanischen System geprägten internationalen Hochschulland-
schaft zu machen. Die zahlreichen deutschen Institutionen einschließlich der
Ausländerbehörden, der Hochschulen und der Mittlerorganisationen der Außen-
politik, aber auch die Wirtschaft müssen mit mehr Engagement an der Verbesse-
rung und Ausweitung des Studienangebotes für Ausländer mitwirken.

Die aktuelle Diskussion über die bildungspolitischen Defizite, insbesondere im
Bereich der neuen Informationstechnologien, hat auch gezeigt, dass es drin-
gend erforderlich ist, zusätzlich Energien darauf zu verwenden, ausländischen
Studierenden optimale Studienmöglichkeiten in Deutschland zu ermöglichen
und sie langfristig für eine Tätigkeit bei uns zu gewinnen.

Die Mittel, die für Wissenschaftsaustausch, für Sprachförderung und Stipen-
dien ausgegeben werden, sind auch Investitionen in den Wirtschaftsstandort
Deutschland. Kultur, Bildung und Wirtschaft verhalten sich so gesehen in mo-
dernen Gesellschaften wie kommunizierende Röhren. Jeder Bereich hat seine
Eigenständigkeit, seine speziellen Anliegen und die zu ihrer Durchsetzung er-
forderlichen Instrumente. Die zwischen Wirtschaft und Kultur bei uns noch
weitgehend vorhandenen Berührungsängste sollten dringend abgebaut werden.
Es sollte beispielsweise möglich sein, im Rahmen der Sprachförderung und Sti-
pendienvergabepolitik berechtigte Anliegen unserer Exportwirtschaft zu be-
rücksichtigen. Industrie und Wirtschaft könnten Patenschaften für Stipendien
übernehmen und im Zusammenwirken mit den offiziellen Kulturmittlern ver-
stärkt als Sponsoren auftreten. Ferner wäre es zu begrüßen, wenn unsere export-
orientierten Unternehmen sich verstärkt an der Finanzierung und Unterstützung
auch der deutschen Auslandsschulen sowie von deutschen Fakultäten im Aus-
land beteiligten. Zwar überwiegt die Nachfrage nach Stipendien in Deutschland
immer noch das Angebot. Die Nachfrage und damit auch die Qualität der Be-
werber könnte jedoch durch gezielte Informationskampagnen und Public-Rela-
tions-Maßnahmen der Trägerorganisationen, aber auch der deutschen Unter-
nehmen und Auslandskammern sowie der Universitäten selbst deutlich
verbessert werden.

Obwohl es mittelfristig sicherlich sinnvoll ist, das Interesse an einem Studium
in Deutschland durch Stipendienangebote zu unterfüttern, muss es langfristiges
Ziel bleiben, die Attraktivität des Studienstandortes Deutschland auch unab-
hängig von Stipendien zu erhöhen. Ziel muss sein, das Studium in Deutschland
wieder so attraktiv zu machen, dass ausländische Studierende – analog etwa der
Situation in den USA – bereit sind, für den Vorteil einer Ausbildung in
Deutschland auch finanzielle Opfer in Kauf zu nehmen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
– die den Kulturmittlerorganisationen zur Verfügung stehenden Mittel für die

Öffentlichkeitsarbeit zielgerichteter für die Werbung für den Studienstandort
Deutschland einzusetzen;

– in Abstimmung mit den Dachverbänden der Deutschen Außenhandelswirt-
schaft und der Deutschen Industrie, dem Deutschen Industrie- und Handels-
tag und dem Bundesverband der Deutschen Industie und den staatlichen
Trägerorganisationen mögliche Formen zukünftiger gemeinsamer Werbeak-
tionen im Ausland zu prüfen;

– sich gegenüber der Kultusministerkonferenz für ein stärkeres Engagement
auch der Bundesländer in der Öffentlichkeitsarbeit im Ausland einzusetzen;

– die gezielte Werbung für den Studienstandort Deutschland gegenüber bil-
dungspolitischen Institutionen und Multiplikatoren des Gastlandes stärker in
den Mittelpunkt der Tätigkeit der Kulturreferenten deutscher Auslandsver-
tretungen zu rücken;
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– gemeinsam mit den Dachverbänden der deutschen Wirtschaft, aber auch mit
privaten Stiftungen die Möglichkeit kofinanzierter Stipendienangebote zu
prüfen;

– gegenüber dem Goethe-Institut auf eine stärkere Ausrichtung seiner Pro-
grammarbeit im Ausland auf die Vermittlung der deutschen Sprache mit
dem Ziel hinzuwirken, hierdurch das Interesse ausländischer Studierender
für einen Studienaufenthalt in Deutschland zu erhöhen;

– gegenüber dem Goethe-Institut und dem Deutschen Akademischen Aus-
tauschdienst auf eine Vereinfachung der Stipendienauswahlverfahren hinzu-
wirken;

– die in den Haushalten 2000 und 2001 vorgesehenen erheblichen Kürzungen
der Fördermittel für deutsche Schulen umgehend rückgängig zu machen und
aufzustocken, um hierdurch einen Beitrag zur Erhöhung der Attraktivität der
deutschen Sprache und damit auch des Studienplatzes Deutschland zu leisten;

– im Zusammenwirken mit den Bundesländern den Aufbau fremdsprachiger
Studiengänge an deutschen Hochschulen voranzutreiben, um die Attraktivi-
tät für ausländische Studierende zu erhöhen;

– gegenüber der Hochschulrektorenkonferenz eine Initiative mit dem Ziel zu
ergreifen, die Eigenverantwortlichkeit der deutschen Hochschulen und Uni-
versitäten für die Rekrutierung ausländischer Studierender zu erhöhen;

– in diesem Sinne gegenüber der Hochschulrektorenkonferenz ebenfalls dar-
auf hinzuwirken, die Rahmenbedingungen für studienbegleitende Betreuung
ausländischer Studierender in Deutschland zu verbessern;

– sich gegenüber der Kultusministerkonferenz nachdrücklich für eine Auswei-
tung der Möglichkeit einzusetzen, an deutschen Schulen international kom-
patible Studienabschlüsse zu erhalten;

– einen deutlichen Schwerpunkt beim Aufbau von Online-Studiengängen und
der „virtuellen Hochschule“ zu setzen. Studiengänge, die über das Internet
absolviert werden können, bieten auch für Studierende, die sich einen Auf-
enthalt in Deutschland nicht leisten können, einen Anreiz, an einer deut-
schen Hochschule zu studieren. Vereinzelte deutsche Pilotprojekte reichen
angesichts der massiven Investitionen von Briten und Amerikanern in die-
sen wachsenden Markt nicht aus;

– auf eine Vereinfachung und Erleichterung des Verfahrens zur Erteilung von
Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Studierende hinzuwirken.

Berlin, den 6. Februar 2001

Dr. Helmut Haussmann
Cornelia Pieper
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich

Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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