BT-Drucksache 14/5224

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung ehrenamtlicher Tätigkeiten in Vereinen und Organisationen

Vom 6. Februar 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5224
14. Wahlperiode 06. 02. 2001

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Klaus Riegert, Ilse Aigner, Marie-Luise Dött, Norbert Barthle,
Friedrich Bohl, Klaus Brähmig, Georg Brunnhuber, Dirk Fischer (Hamburg),
Jochen-Konrad Fromme, Dr. Reinhard Göhner, Klaus Holetschek, Eva-Maria Kors,
Hartmut Koschyk, Dr. Norbert Lammert, Peter Letzgus, Walter Link (Diepholz),
Erwin Marschewski (Recklinghausen), Bernd Neumann (Bremen), Dr. Klaus Rose,
Heinz Schemken, Wilhelm Josef Sebastian, Margarete Späte, Erika Steinbach,
Benno Zierer und der Fraktion der CDU/CSU.

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung ehrenamtlicher Tätigkeiten in Vereinen
und Organisationen

A. Problem

Durch geeignete Maßnahmen soll die Situation ehrenamtlich Tätiger verbessert
und weitere ehrenamtliche Tätigkeiten durch steuerliche Erleichterungen ge-
würdigt werden.

B. Lösung

– Ausdehnung der steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26 EStG auf ehren-
amtliche Vorstandsmitglieder, Funktionsträger und Helfer

– Erhöhung der steuerfreien Einnahmen (§ 3 Nr. 26 EStG) von 3 600 DM auf
4 800 DM

C. Alternativen

Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

Die eventuell anfallenden Steuermindereinnahmen können nicht genau bezif-
fert werden. Sie liegen im Rahmen vergleichbarer steuerlicher Änderungen der
letzten beiden Jahre.

Drucksache 14/5224 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung ehrenamtlicher Tätigkeiten in Vereinen und
Organisationen

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Einkommensteuergesetzes

Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 16. April 1997, zuletzt geändert durch
..., wird wie folgt geändert:

1. § 3 Nr. 26 lautet wie folgt:

„Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als
Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder ver-
gleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenbe-
ruflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenbe-
ruflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Men-
schen, aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Vorstands-
mitglied, Funktionsträger und als Helfer im Dienst oder

Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffent-
lichen Rechts oder einer unter § 5 Abs.1 Nr. 9 des Körper-
schaftssteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förde-
rung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke
(§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) sind bis zur Höhe von
insgesamt 4 800 DM im Jahr; überschreiten die Einnah-
men für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuer-
freien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätig-
keiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang
stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit
als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen
werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen
übersteigen;“.

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom … in Kraft.

Berlin, den 6. Februar 2001

Klaus Riegert
Ilse Aigner
Marie-Luise Dött
Norbert Barthle
Friedrich Bohl
Klaus Brähmig
Georg Brunnhuber
Dirk Fischer (Hamburg)
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Reinhard Göhner
Klaus Holetschek
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Dr. Norbert Lammert
Peter Letzgus
Walter Link (Diepholz)
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Bernd Neumann (Bremen)
Dr. Klaus Rose
Heinz Schemken
Wilhelm Josef Sebastian
Margarete Späte
Erika Steinbach
Benno Zierer
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5224

Begründung

Gemeinnützige Organisationen, Verbände und Vereine in
den Bereichen Sport, Kultur, Caritas, Feuerwehr sowie
weiteren steuerbegünstigten Bereichen nehmen vielfältige
gesellschaftliche Aufgaben wahr und leisten somit einen
wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl: u. a. in der Kinder-
und Jugendarbeit, in der gesundheitlichen Prävention, bei
der Entwicklung gemeinschaftlichen Verständnisses, bei der
Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürgern
und behinderter Menschen; sie leisten tatkräftige Hilfe für
alte Menschen. Sie unterstützen durch ihr Engagement
wirkungsvoll staatliche und kommunale Träger. Diese Leis-
tungen werden fast ausschließlich von ehrenamtlich tätigen
Mitgliedern erbracht, von Vorständen, die Verantwortung
übernehmen, und von Helfern, ohne deren Mithilfe die
Funktionsfähigkeit vieler gemeinnütziger Organisationen
nicht gegeben wäre. Dieses hohe Engagement erfordert
große zeitliche und teilweise auch finanzielle Opfer.

Die Aufgaben der gemeinnützigen Organisationen, Verbände
und Vereine sind in den vergangenen Jahren durch Verände-
rung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ständig ange-
wachsen – und damit verbunden die Anforderungen und
Belastungen der ehrenamtlich tätigen Mitglieder. Neben den
Veränderungen des gesellschaftlichen Umfeldes haben die
Gesetze zur Öko-Steuer, zur Neuregelung der geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse und der Scheinselbständigkeit
und die Einbehaltung von Sozialversicherungsbeiträgen auf
Aufwandsentschädigungen zu enormen bürokratischen und
zu finanziellen Belastungen geführt, die ehrenamtlich tätige
Mitglieder ohne jeden Ausgleich tragen müssen. Darüber
hinaus haben sich die Haftungsrisiken für ehrenamtlich
tätige Vorstandsmitglieder durch die gesetzlichen Neurege-
lungen beträchtlich erhöht.

Die Anhebung des steuerfreien Übungsleiterpauschbe-
trages auf 3 600 DM jährlich sowie die Ausweitung des
Bezugskreises durch den unbestimmten Begriff „Betreuer“
kann weder die finanziellen noch die bürokratischen Belas-
tungen der durch diese Bundesregierung zu verantwortenden
gesetzlichen Neuregelungen auch nur annähernd ausglei-
chen. Sie berücksichtigt nicht die erhöhten Anforderungen
an ehrenamtliches Engagement und lässt Kostensteigerun-
gen außer Betracht.

In einer aktiven Bürgergesellschaft darf es keine Privile-
gierung ehrenamtlichen Engagements einzelner Gruppen

geben. Ehrenamtliches Engagement von Vorständen, Orga-
nisationsleitern, Helferinnen und Helfern aus dem sport-
lichen, dem karitativen, dem kulturellen Bereich, dem
Feuerschutzbereich und sonstigen steuerbegünstigten Be-
reichen ist durch deren Einbeziehung in den Kreis der nach
§ 3 Nr. 26 EStG Begünstigten zu würdigen. Ohne ehrenamt-
liches Engagement eines Vereinsvorsitzenden könnten
Übungsleiter nicht tätig werden, ohne ehrenamtliches Enga-
gement von Organisationsleitern nicht Chorleiter, ohne
ehrenamtliches Engagement von Platzwarten fänden keine
Spiele statt, ohne ehrenamtliches Engagement der Ver-
sichertenältesten in der Rentenversicherung keine Beratung
älterer Menschen über ihre zu erwartende Rente.

Die personelle Erweiterung des Anwendungsbereiches des
§ 3 Nr. 26 EStG dürfte sich in der Praxis verwaltungsverein-
fachend auswirken. Erstattungen bis zu 4 800 DM erfordern
künftig von dem erweiterten Personenkreis keine Einzel-
nachweise des erbrachten Aufwandes für Fahrtkosten, Ver-
pflegungsaufwendungen, Reisekosten, Telefon- und Porto-
kosten, um steuerliche Freistellung in Anspruch nehmen zu
können. Dies wäre eine spürbare Entlastung ehrenamtlichen
Engagements.

Neben der Erweiterung der Bestimmung ist der Betrag für
steuerfreie Einnahmen auf 4 800 DM jährlich zu erhöhen.
Dies ist zeitgemäß und bringt weitere Verwaltungsverein-
fachung mit sich.

Die Steuermindereinnahmen des Bundes und der Länder
dürften sich angesichts der enormen gesellschaftlichen Leis-
tung ehrenamtlichen Engagements in vertretbarem Rahmen
bewegen. Bundesminister der Finanzen Hans Eichel hat
dies als ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen er-
kannt und in einer Gesetzesinitiative des Landes Hessen
beim Bundesrat (Bundesratsdrucksache 950/98) dokumen-
tiert, dass „messbare Steuerausfälle mit der Erweiterung der
Bestimmung nicht verbunden wären, da die Funktionsträger
der Organisationen ihre Auslagen bereits jetzt steuerfrei er-
setzt erhalten können und hiervon – eben gegen Einzelnach-
weis – auch Gebrauch machen“.

Die breite Entlastung ehrenamtlicher Tätigkeit von bürokra-
tischen Lasten und deren Anerkennung durch Erhöhung des
Steuerfreibetrages erhöht die Leistungsbereitschaft bereits
ehrenamtlich Tätiger und dürfte mehr Bürgerinnen und Bür-
ger ermutigen, sich ehrenamtlich zu engagieren.

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