BT-Drucksache 14/5084

zu der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den Ergebnissen des Europäischen Rates Nizza

Vom 16. Januar 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

5084

14. Wahlperiode

16. 01. 2001

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Ina Albowitz, Hildebrecht Braun
(Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff,
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit Homburger, Ulrich
Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Günther
Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig
Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

zu der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den Ergebnissen des
Europäischen Rates in Nizza

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Europäische Rat von Nizza hat die Vorgabe des Europäischen Rates von
Helsinki, mit Abschluss der Regierungskonferenz über die institutionelle Re-
form die Europäische Union in die Lage zu versetzen, ab Ende 2002 neue Mit-
gliedstaaten aufzunehmen, nicht erfüllt. Nizza sollte die Entscheidungsfähig-
keit und Effizienz der EU verbessern und die demokratische Legitimation ihrer
Organe stärken. In allen diesen Zielen ist Nizza gescheitert.

Entscheidend wäre es gewesen, die Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im
Rat zum Prinzip zu erheben. Das kleinliche Beharren auf dem Vetorecht zum
Schutz vermeintlicher nationaler Interessen hat in Wirklichkeit nur bescheidene
Fortschritte erlaubt, die durch Einführung eines dreifachen Mehrheitsmecha-
nismus zum Teil konterkariert werden. Dadurch wird die Handlungsfähigkeit
der Union nicht nur nicht verbessert, sondern gegenüber dem bisherigen Ver-
fahren sogar verschlechtert. Das Mitentscheidungsrecht des Europäischen Par-
laments wird geschwächt, das demokratische Defizit der EU verstärkt sich.
Wenn der Vertrag von Amsterdam keine ausreichende Grundlage für die Erwei-
terung der EU gewesen ist, so ist es der Vertragsentwurf von Nizza erst recht
nicht.

Mit diesem Ergebnis ist, wenn es nicht noch korrigiert wird, eine weitgehende
Lähmung der EU vorgezeichnet. Damit wird die Gefahr, dass sie immer mehr
ins Intergouvernementale übergeht und damit letztlich auseinander läuft, immer
konkreter. Antieuropäische Kräfte in den derzeitigen und zukünftigen Mit-
gliedsländern werden ermuntert, über das Vetorecht ihrer Regierungen Ent-
scheidungen zu blockieren und die Handlungsfähigkeit der EU immer weiter
auszuhebeln.

Weil der Deutsche Bundestag die zeitgerechte Erweiterung der EU will, wird er
dem Vertragsentwurf von Nizza in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Er
fordert daher die Bundesregierung auf, auf die sofortige Einberufung einer er-
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
neuten Regierungskonferenz zur Nachbesserung der Ergebnisse von Nizza hin-
zuwirken. Ziel der Regierungskonferenz ist es vor allem,

– das Prinzip der Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Rat durchzu-
setzen, vor allem in den Bereichen der Handels-, Sozial- und Strukturpolitik,
aber auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik,

– das damit einhergehende Mitentscheidungsrecht des Europäischen Parla-
ments zu stärken,

– dies bei einem europäischen Sondergipfel unter belgischer Präsidentschaft
im zweiten Halbjahr 2001 fest in die europäischen Verträge zu verankern
und

– die Vertragstexte erst dann dem Ratifikationsverfahren zuzuleiten.

Nur so kann die EU im vorgesehenen Zeitplan erfolgreich erweitert werden.

Berlin, den 16. Januar 2001

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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