BT-Drucksache 14/4893

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes

Vom 6. Dezember 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4893

14. Wahlperiode

06. 12. 2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Dr. Max Stadler, Rainer Brüderle, Jörg van Essen, Ina Albowitz, Hildebrecht
Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth),
Rainer Funke, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Dr. Helmut Haussmann,
Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Ulrich
Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt am Main), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D P.

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes

A. Problem

Das geltende Ausländerrecht sieht bislang keine Möglichkeit vor, Ausländern,
die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung oder nur mit einer Aufenthaltsbewilli-
gung in Deutschland aufhalten, aber legal in einem Arbeitsverhältnis stehen,
eine Aufenthaltsgenehmigung zum Zwecke einer unselbständigen Erwerbs-
tätigkeit zu erteilen und damit eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsver-
hältnisses zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn an der Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses ein dringendes betriebliches Bedürfnis besteht.

In solchen Fällen kommt es deshalb regelmäßig zu aufenthaltsbeendenden
Maßnahmen, durch die Aufenthalt und Arbeitsverhältnis beendet werden, ohne
dass damit ein sichtbarer Nutzen für einen der Beteiligten oder die Allgemein-
heit gestiftet würde.

Durch eine Änderung des Ausländergesetzes soll die Möglichkeit gegeben wer-
den, ausländischen Arbeitnehmern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, an
deren Fortsetzung ein dringendes betriebliches Bedürfnis besteht, eine Aufent-
haltsgenehmigung zu erteilen. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufent-
haltsgenehmigung soll nicht entstehen.

B. Lösung

Durch eine Ergänzung des § 10 Ausländergesetz soll die Möglichkeit geschaf-
fen werden, ausländischen Arbeitnehmern ein Aufenthaltsrecht zu geben und
damit den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse aufenthaltsrechtlich zu ermög-
lichen.
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Ob die Aufenthaltsgenehmigung als Aufenthaltserlaubnis oder als Aufenthalts-
bewilligung erteilt wird, bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften.
Maßgeblich kann insbesondere sein, ob das dringende betriebliche Bedürfnis
auf Dauer oder nur auf eine absehbare Zeit gegeben ist.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand werden durch die Neuregelung
nicht verursacht. Durch die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse werden Steuern
und Sozialversicherungsbeiträge erwirtschaftet.

Vollzugsaufwand

Durch die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an die betroffenen Arbeitnehmer
entsteht ein zusätzlicher Vollzugsaufwand. Andererseits entfällt bei dem betrof-
fenen Personenkreis die Notwendigkeit, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu
ergreifen. Die damit verbundene Ersparnis gleicht den Zusatzaufwand aus.
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Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Ausländergesetzes

§ 10 des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (BGBl. I
S. 1354, 1356), zuletzt geändert durch … wird wie folgt ge-
ändert:

Vor Absatz 1 wird folgender neuer Absatz 1 eingefügt:

„(1) Ausländern, die seit mehr als drei Monaten im
Bundesgebiet einer unselbständigen Erwerbstätigkeit
nachgehen und die dafür erforderliche Arbeitsgenehmi-
gung besitzen, kann abweichend von § 8 Abs. 1 Nr. 1
und 2 eine Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer
unselbständigen Erwerbstätigkeit erteilt werden, wenn
ein dringendes betriebliches Bedürfnis an der Weiter-
beschäftigung des Ausländers besteht und die für die

Weiterbeschäftigung erforderliche Arbeitsgenehmigung
erteilt ist oder in Aussicht gestellt ist. § 28 Abs. 3 Satz 2
und § 30 Abs. 5 finden keine Anwendung. Ein Rechts-
anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung
nach Satz 1 besteht nicht.“

2. Der bisherige Absatz 1 wird Absatz 2 und erhält fol-
gende Fassung:

„(2) Im Übrigen wird Ausländern, die sich länger als
drei Monate im Bundesgebiet aufhalten wollen, um
darin eine unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben,
eine Aufenthaltsgenehmigung nur nach Maßgabe einer
Rechtsverordnung nach Absatz 3 erteilt.“

3. Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze 3
und 4.

Artikel 2

Das Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 6. Dezember 2000

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
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Begründung

A. Allgemeines

Das geltende Ausländerrecht sieht vor, dass Aufenthalts-
genehmigungen zur Ausübung einer unselbständigen Er-
werbstätigkeit an Ausländer, die von außerhalb der Europä-
ischen Union kommen, nur nach Maßgabe der aufgrund von
§ 10 Abs. 1 AuslG erlassenen Rechtsverordnung (Arbeits-
aufenthalteverordnung) erteilt werden dürfen.

Außerdem ergibt sich aus der in § 8 AuslG angeordneten
Sperrwirkung, dass eine solche Aufenthaltsgenehmigung
vom Ausland aus beantragt werden muss. Ein Ausländer,
der sich als Bürgerkriegsflüchtling oder als Asylbewerber
nach Deutschland begeben hat, muss deshalb zunächst das
Land verlassen und dann von dort aus eine Aufenthaltsge-
nehmigung beantragen.

Das geltende Arbeitsgenehmigungsrecht erlaubt jedoch,
Asylbewerbern und geduldeten Ausländern unter bestimm-
ten Voraussetzungen eine Arbeitsgenehmigung zu erteilen.
Von dieser Möglichkeit haben in der Vergangenheit zahlrei-
che Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber Gebrauch
gemacht. In vielen Fällen handelt es sich bei ihnen um be-
währte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nunmehr
seit mehreren Jahren im Betrieb ihres Arbeitgebers tätig
sind.

Durch die rigorose Regelung in den §§ 8 bis 10 AuslG ist es
heute ausgeschlossen, bewährten ausländischen Arbeitneh-
mern, die zu diesem Personenkreis gehören, eine Aufent-
haltsgenehmigung mit dem Ziel der dauerhaften oder auch
nur vorübergehenden Fortsetzung dieses Arbeitsverhältnis-
ses zu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn ein dringendes be-
triebliches Bedürfnis an der Weiterbeschäftigung des betref-
fenden ausländischen Arbeitnehmers besteht.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen müssen in diesen Fällen
ohne Rücksicht darauf ergehen, dass die Beendigung des
Aufenthalts keinem der Beteiligten nützt und auch nicht im
öffentlichen Interesse liegt.

Der neue § 10 Abs. 1 AuslG soll den Ausländerbehörden
das erforderliche Ermessen geben, dem dringenden betrieb-
lichen Bedürfnis an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnis-
ses durch die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung
Rechnung zu tragen und damit die Fortsetzung des Arbeits-
verhältnisses zu ermöglichen. Da die Erteilung in das Er-
messen der Behörde gestellt ist, bleibt genügend Raum, um
auch einwanderungspolitische Gesichtspunkte einzubezie-
hen und die Zahl der Genehmigungen, die nach der neuen
Vorschrift erteilt werden, zu steuern.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1

(§ 10 Abs. 1 neu)

Die neue Vorschrift ermächtigt die Ausländerbehörde, eine
Aufenthaltsgenehmigung zum Zwecke der Ausübung einer

unselbständigen Erwerbstätigkeit zu erteilen, ohne dass die
wesentlich engeren Voraussetzungen der Arbeitsaufenthal-
teverordnung erfüllt sein müssen. Es handelt sich um eine
Vorschrift, die der Ausländerbehörde Ermessen einräumt,
wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.

Durch die Beschränkung der Vorschrift auf Arbeitsverhält-
nisse, die seit mehr als drei Monaten bestehen, sollen die
Ernsthaftigkeit des betrieblichen Bedürfnisses gesichert und
Saisonarbeiter aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift
ausgeschlossen werden.

Durch die Bestimmung, dass der Arbeitnehmer die dafür
erforderliche Arbeitsgenehmigung besitzen muss, wird
gesichert, dass illegale Arbeitnehmer nicht in den An-
wendungsbereich dieser Vorschrift fallen.

Durch die Bestimmung „abweichend von § 8 Abs. 1 Nr. 1
und 2“ wird vermieden, dass der Ausländer, der ohne Visum
oder zu anderen Zwecken eingereist ist und auf den die neue
Vorschrift angewendet werden soll, zunächst ausreisen und
dann wieder einreisen muss. Da die Erteilungsverfahren bei
den deutschen Auslandsvertretungen in der Regel mehrere
Wochen oder Monate in Anspruch nehmen, würde die An-
wendung des § 8 AuslG zu einer Unterbrechung des Ar-
beitsverhältnisses führen, die durch die Novelle gerade ver-
hindert werden soll.

Durch das Tatbestandsmerkmal „dringendes betriebliches
Bedürfnis an der Weiterbeschäftigung des Ausländers“ wird
deutlich, dass allein das betriebliche Interesse am Fortbe-
stand des Arbeitsverhältnisses, nicht aber das Interesse des
Ausländers maßgebliches Kriterium für die Anwendung der
Vorschrift sein soll.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines be-
trieblichen Bedürfnisses ergibt nur dann einen Sinn, wenn
der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses keine rechtlichen
Hindernisse entgegenstehen. Deshalb wird die Erteilung der
Aufenthaltserlaubnis davon abhängig gemacht, dass die not-
wendige Arbeitsgenehmigung erteilt ist oder in Aussicht ge-
stellt ist. Dies entspricht den Voraussetzungen, unter denen
nach § 1 der Arbeitsaufenthalteverordnung eine Aufent-
haltsgenehmigung erteilt werden kann.

Durch die Möglichkeit, von § 28 Abs. 3 Satz 2 und § 30
Abs. 5 des Ausländergesetzes abzuweichen, können auch
Ausländer mit einer Aufenthaltsbewilligung und abgelehnte
Asylbewerber in den Anwendungsbereich der Vorschrift
einbezogen werden.

Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis soll auch bei Vorlie-
gen der Tatbestandsmerkmale im Ermessen der Ausländer-
behörde liegen, die bei der Entscheidung über die Erteilung
insbesondere auch einwanderungspolitische und arbeits-
marktpolitische Erwägungen in die Abwägung einstellen
kann. Weder für den Arbeitgeber, noch für den Arbeitneh-
mer soll ein einklagbarer Rechtsanspruch geschaffen wer-
den. Ziel der Vorschrift ist es vielmehr nur, den erforder-
lichen Spielraum für die Ausländerbehörden zu schaffen.
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Zu Nummer 2

(§ 10 Abs. 2 neu)

Da die Möglichkeit, nach Maßgabe des neuen Absatzes 1
eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, neben die Möglich-
keiten des bisherigen Absatzes 1 treten, muss dieser um die
Formulierung „im Übrigen“ ergänzt werden. Aus dem bis-
herigen Absatz 1 wird in der Neufassung Absatz 2.

Zu Nummer 3

(§ 10 Abs. 3 und 4 neu)

Es handelt sich um die redaktionelle Konsequenz aus Nr. 1
und 2.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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