BT-Drucksache 14/4882

Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen

Vom 5. Dezember 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4882
14. Wahlperiode 05. 12. 2000

Antrag
der Abgeordneten Heidemarie Ehlert, Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft,
Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Uwe-Jens Rössel und der Fraktion der PDS

Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Änderung der
Abgabenordnung vorzulegen, mit dem § 30a Abs. 3 der Abgabenordnung zum
1. April 2001 aufgehoben wird.

Berlin, den 5. Dezember 2000

Heidemarie Ehlert
Dr. Barbara Höll
Dr. Christa Luft
Dr. Dietmar Bartsch
Dr. Uwe-Jens Rössel
Roland Claus und Fraktion

Begründung

Die Streichung des § 30a Abs. 3 der Abgabenordnung: „Die Guthabenkonten
oder Depots, bei deren Errichtung einer Legitimationsprüfung vorgenommen
worden ist, dürfen anlässlich der Außenprüfung bei einem Kreditinstitut nicht
zwecks Nachprüfung der ordnungsgemäßen Versteuerung abgeschrieben wer-
den. Die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen soll insoweit unterbleiben.“
ist seit langem überfällig.

Die Finanzämter haben auch bisher im Einzelfall das Recht zu einer Kontroll-
mitteilung, wenn es einen gewichtigen Anlass gibt. Ein Vertrauensverhältnis
zwischen Bank und Kunden, welches steuerrechtlich beachtenswert zu begrün-
den ist, gibt es nicht. Außerdem gilt der § 30a nur für Guthabenkonten oder
Depots, bei deren Errichtung eine Legitimationsprüfung vorgenommen wird.
CpD-Konten, Kreditkonten oder technische Konten der Bank, wenn sie einen
Kundenbezug haben, können geprüft werden. Beim Tod eines Kunden besteht
die Anzeigepflicht der Kreditinstitute gemäß § 33 ErbstG, um eine korrekte
Ermittlung der Erbschaftssteuer zu erleichtern. Die bestehende Regelung des
§ 30a Abs. 3 AO bedeutet also bereits jetzt in weiten Bereichen keinen wirk-
samen Schutz von Bankkunden vor den Finanzbehörden. Die Aufhebung der

Drucksache 14/4882 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Vorschrift wäre ein sinnvoller Beitrag zur Entschlackung und Klarheit im
Steuerrecht.

Auf dem EU-Gipfel in Feira im Juni 2000 wurde eine Kompromissformel be-
züglich EU-Zinsbesteuerung und Kontrollmitteilungen erzielt. In Zukunft soll
ein weitgehender Informationsaustausch eingeführt werden, bis dahin werden
die Mitgliedstaaten entweder Informationen über Sparbeträge austauschen oder
eine Quellensteuer erheben. Mit der Umsetzung der EU-Beschlüsse wird die
Regelung des § 30a AO ihre Europatauglichkeit verlieren. Bislang verlangte
die Vorschrift gerade eine Art Einzelverdacht der Finanzbehörden. Dies wäre
mit Umsetzung der EU-Richtlinie dann nicht mehr notwendig. Eine Streichung
des § 30a Abs. 3 AO käme der Feststellung der Verletzung von EU-Recht somit
voraus.

Ein Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, der mit dem § 30a Abs. 3
AO gewährleistet werden soll, gilt nicht für Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfe-
empfänger. Sie sind zur Aufdeckung ihrer Konten verpflichtet, um nachzuwei-
sen, dass sie bedürftig sind. Geplant ist jetzt in diesem Bereich sogar eine Ver-
netzung der Ämter, um Missbrauch durch Sozialhilfeempfänger zu verhindern.
Und dabei steht der in diesem Bereich anzutreffende Missbrauch in keinem
Verhältnis zu Steuerflucht und Steuerhinterziehung.

Die unbewusste oder bewusste Verschleierung von steuerrechtlich relevanten
Tatbeständen darf nicht geschützt werden. Die derzeit laufenden Ermittlungen
der Steuerfahndung wegen Nichtversteuerung von Kapitalerträgen zeigen, dass
unter dem Schutz des § 30a Abs. 3 AO Steuerhinterziehung in großem Umfang
möglich ist. Mit der Streichung des § 30a Abs. 3 AO und der Anfertigung von
Kontrollmitteilungen anlässlich von Außenprüfungen hat die Finanzbehörde
ein effektives Instrument zur Verhinderung von Steuerverkürzungen.

Die Behörden sind verpflichtet, zur Feststellung der Besteuerungsgrundlage
von einzelnen Fällen im Rahmen des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes
(§ 88 Abs. 1 AO) ohne Bindung an das Vorbringen der Beteiligten aufzuklären.
Hierbei kann sich die Verwaltung, neben den Auskünften durch den Steuer-
pflichtigen selbst, auch der Heranziehung der Banken bedienen (§§ 92, 93 ff.
AO). Zu diesen Dritten zählen auch Kreditinstitute.

Die Aufhebung des § 30a Abs. 3 AO wäre letztlich ein Schritt zu größerer Ge-
rechtigkeit im Sinne auch der geforderten Gleichbehandlung des Artikels 3 des
Grundgesetzes und sollte deshalb so schnell wie möglich umgesetzt werden.

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