BT-Drucksache 14/4741

zu der zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2001 -14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4516, 14/4521, 14/4522, 14/4523- hier: Einzelplan 17- Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Vom 27. November 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4741
14. Wahlperiode 27. 11. 2000

Änderungsantrag
der Abgeordneten Sabine Jünger, Roland Claus und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2001
– Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4516, 14/4521, 14/4522, 14/4523 –

hier: Einzelplan 17
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend

Der Bundestag wolle beschließen:

Im Kapitel 17 02 ist im Rahmen des Kinder- und Jugendplanes (Titel 68 411)
ein Aktionsprogramm zur Implementierung einer Infrastruktur für emanzipato-
rische Jungenarbeit und speziell zur Qualifizierung von Fachkräften für die
emanzipatorische Jungenarbeit in Höhe von 15 Mio. DM mit einer Laufzeit von
drei Jahren einzufügen, davon 5 Mio. DM im Haushaltsjahr 2001.

Berlin, den 27. November 2000

Sabine Jünger
Roland Claus und Fraktion

Begründung

Die Kinder- und Jugendhilfe ist von einer geschlechterdifferenten Jugendarbeit
als Querschnittsaufgabe weit entfernt. Geschlechterverhältnisse werden weder
theoretisch noch praktisch ausreichend und grundlegend berücksichtigt. Mäd-
chenarbeit wird aus dem Rahmen allgemeiner Jugendarbeit in spezielle Ange-
bote für Mädchen delegiert, Jungenarbeit findet kaum statt, und wenn, dann im
Wesentlichen mit sozial auffälligen oder gewalttätigen jungen Männern. Wäh-
rend die traditionelle Frauenrolle vielfältig zur Disposition steht, bleibt der
Wandel tradierter Männlichkeit weitgehend unbeachtet.

Demonstrative Heterosexualität, Orientierung am beruflichen Erfolg und die
Fähigkeit eine Familie zu versorgen, zählen zu den klassischen Merkmalen
traditioneller Männlichkeit. Die politischen und sozialen Entwicklungen der
letzten 30 Jahre, vor allem in den Bereichen des Geschlechterverhältnisses oder
auch des Arbeitslebens, verlangen Jungen eine Orientierung und Identitätsfin-

Drucksache 14/4741 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
dung jenseits herkömmlicher Geschlechterrollen ab. Dieser Prozess stellt je-
doch persönliche Anforderungen an die Jungen und jungen Männer, die je nach
Alter, sozialer Herkunft bzw. Situation unterschiedlich hoch sein können.

Jungen und junge Männer müssen in diesem Prozess unterstützt werden. § 1
SGB VIII sowie die neuen Richtlinien zur Förderung nach Kinder- und Jugend-
plan stellen hierfür einen geeigneten Rahmen. Problematisch ist jedoch, dass
eine entsprechende Infrastruktur für Jungenarbeit nicht existiert und dass die
Fachkräfte der Jugendarbeit in ihrer Ausbildung und im Berufsleben für die be-
sondere Problematik von Jungen und jungen Männern im Allgemeinen nicht
sensibilisiert.

Eine theoretische und praxisorientierte Qualifizierung im Bereich Jungenarbeit
findet an Universitäten und Fachhochschulen nicht statt.

Dabei stellt Jungenarbeit hohe Anforderungen an Pädagogen und Pädagogin-
nen und Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, von denen reflektiertes Han-
deln, Wissen um Jungenwelten, Kompetenzförderung der Jungen und die Ver-
mittlung von geschlechterdemokratischen Werten ebenso verlangt wird wie die
Anwendung sozialpädagogischer Methoden.

Trotz einiger weniger Modellprojekte in den letzten Jahren mangelt es länder-
übergreifend an qualifizierten und motivierten Fachkräften. Zudem fehlen von
Seiten der Institutionen und Träger der Jugendarbeit häufig Einsicht, Bereit-
schaft oder Finanzmittel, um eine kontinuierliche, qualitätsorientierte emanzi-
patorische Jungenarbeit anzubieten.

Aufgabe der Politik ist es hier in den nächsten Jahren die Weichen zu stellen, zu
sensibilisieren und Initiativen auch in den Ländern anzustoßen. Notwendige
Schritte zur Schaffung einer Infrastruktur für emanzipatorische Jungenarbeit
sind zum Beispiel die Entwicklung von Leitfäden für die Einrichtungen der Ju-
gendhilfe und Träger der Jugendarbeit, die Qualifizierungen von Multiplikato-
ren und Multiplikaktorinnen, die Verankerung von Inhalten der Jungenarbeit in
den Hochschulgesetzen und Ausbildungsverordnungen, die Ausweitung der
politischen Bildung in Schulen und Hochschulen sowie die Entwicklung von
Qualitätsstandards.

Die Laufzeit des Programms sollte mindestens 3 Jahre dauern und aufgrund
seiner innovativen und bundesweiten Zielsetzung über einen Umfang von
15 Mio. DM verfügen.

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