BT-Drucksache 14/4576

Diuroneinsatz auf Bahngleisen der Deutschen Bahn AG

Vom 8. November 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4576
14. Wahlperiode 08. 11. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, Ulrike Flach, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Rainer Funke, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt am Main), Cornelia Pieper, Gerhard Schüßler, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P

Diuroneinsatz auf Bahngleisen der Deutschen Bahn AG

Aufgrund eines 1996 von der Deutschen Bahn AG (DB AG) in Auftrag gege-
benen Gutachtens des Öko-Instituts hatte die Bahn erklärt, diuronhaltige Herbi-
zide nicht mehr zur Bewuchsbekämpfung auf Bahngleisen einzusetzen. Laut
Öko-Institut seien Pflanzenschutzmittel nur noch für Hochgeschwindigkeits-
strecken erforderlich, wobei empfohlen wurde, anstelle von Diuron ein weniger
grundwassergefährdendes Blattherbizid einzusetzen.

Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft entzog als zustän-
dige Bundesbehörde im April 1996 die Zulassung für den Einsatz von Diuron
auf Gleisanlagen.

Derzeit wird diskutiert, Diuron wieder zur Bewuchsbekämpfung auf den Glei-
sen der DB AG einzusetzen. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und
Forstwirtschaft und das Umweltbundesamt haben der Bundesregierung vorge-
schlagen, sich dafür einzusetzen, das Unkrautbekämpfungsmittel Diuron für die
Anwendung auf Gleisanlagen wieder zuzulassen. Grundlage des Vorschlags ist
eine wissenschaftliche Studie des Instituts Fresenius, wonach die Risiken der
Anwendung von Diuron auf Gleisanlagen geringer seien als befürchtet.

Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zum bisherigen Kenntnisstand, der
sich über Jahre hinweg auf der Grundlage vielfältiger Untersuchungen verfes-
tigt hat. Danach gehört Diuron zu den Harnstoffherbiziden und wird als sog.
Totalherbizid auf Nichtkulturland eingesetzt. Außerdem besteht nach anderen
neueren Untersuchungen bei Diuron der Verdacht, hormonell wirksam zu sein
und die Fortpflanzung zu beeinträchtigen.

Wir fragen daher die Bundesregierung:

1. Worauf beruhen die neuen Erkenntnisse des Fresenius-Instituts im Vergleich
zum Gutachten des Öko-Instituts von 1996?

2. Trifft es zu, dass bei der Studie des Fresenius-Instituts an fünf Standorten in
Deutschland untersucht wurde, ob Diuron in das Grundwasser gelangt, wenn
es auf Gleisanlagen angewendet wird?

Drucksache 14/4576 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Welche Standorte waren dies im Einzelnen?

4. Nach welchen Kriterien wurden die Standorte ausgewählt?

5. Wiesen die Standorte Besonderheiten im Hinblick auf mögliche Auswir-
kungen des Diuroneinsatzes auf?

6. Trifft es zu, dass sich dabei an einem Standort Belastungen des Grundwas-
sers gezeigt haben?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Messstellen je Standort vorhan-
den waren und wie viele Proben jeweils genommen wurden, und wenn ja,
wie viele waren es?

8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Herbizid bei allen
hydrologischen Gegebenheiten sicher anwendbar sein muss?

9. Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Empfehlung des
Öko-Instituts von 1996, dass nur Herbizide zum Einsatz kommen sollten,
die hinsichtlich ihres Verlagerungsverhaltens bessere Eigenschaften als
Diuron aufweisen?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, welche möglichen Auswirkungen der
Einsatz von Diuron bei der Bewuchsbekämpfung auf Gleisanlagen der DB
AG auf das Grundwasser haben kann und kann die Bundesregierung die
Möglichkeit einer Grundwassergefährdung bei der Diuronaufbringung auf
Gleisanlagen ausschließen?

11. Welche Auswirkungen könnte der Einsatz von Diuron zur Bewuchsbe-
kämpfung auf Bahngleisen auf die Trinkwassergewinnung haben?

12. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass zur Entfernung von
Diuron aus dem Trinkwasser aufwendige Filtrationsstufen mit Aktivkohle
eingesetzt werden müssen und deutsche Trinkwasserwerke jährlich dreistel-
lige Millionenbeträge ausgeben, um Diuron aus dem Rohwasser zu filtern?

13. Haben die Prüfungen des Umweltbundesamtes zur hormonellen Wirkung
von Diuron schon zu Ergebnissen oder Teilergebnissen geführt, und wenn
ja, wie sehen die Ergebnisse aus?

14. Trifft es zu, dass die Gleisbeschädigung durch Wurzeln ein besonderes Pro-
blem für die DB AG darstellt, und wenn ja, ist das Problem durch den Ein-
satz von Diuron zu lösen?

15. Bis zu welcher Pflanzengröße/welchem (Wurzel-)umfang ist Diuron wirk-
sam?

16. Wie und wo würde das Mittel konkret eingesetzt und aufgebracht?

17. In welchen Dosierungen würde das Mittel eingesetzt?

18. Welche Gründe sprechen für den Einsatz speziell von Diuron?

19. Gibt es nach Auffassung der Bundesregierung Alternativen zum Einsatz
von Diuron, und wenn ja, welche?

20. Trifft es zu, dass die Bahngesellschaften in Österreich und der Schweiz
bereits seit 1992 erfolgreich diuronfreie Verfahren auf ihren Gleisen ein-
setzen, und wenn ja, welche Verfahren sind das?

21. Können diese Verfahren erfolgreich auch auf den Gleisen der DB AG ein-
gesetzt werden?

22. Ist der Bundesregierung bekannt, wie oft die DB AG Vegetationskontrollen
durchführt, und wenn ja, erachtet die Bundesregierung diese Anzahl als
ausreichend, um den sicheren Bahnbetrieb zu gewährleisten?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/4576

23. Wie genau werden Vegetationskontrollen durch die DB AG durchgeführt?

24. Gibt es über die durchgeführten Vegetationskontrollen Aufzeichnungen
seitens der DB AG?

25. Gibt es repräsentative Studien zur Wirksamkeit von Diuron im Vergleich
zu anderen Methoden zur Vegetationsbekämpfung?

26. Wie kann sichergestellt werden, dass diuronhaltige Pflanzenschutzmittel
auf bestimmten sensiblen Abschnitten sowie Teilstrecken des Schienen-
netzes (z. B. geringer Grundwasserabstand, Wasserschutzgebiete) unter
Berücksichtigung von Verdichtungsräumen (z. B. Bahnhöfe, städtische
Bereiche) und Versickerungsgräben aufgrund der bestehenden Gefahr der
Kontamination des Grundwassers nicht angewandt werden?

27. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und wenn ja, wie sich der Zustand der
Gleisanlagen der DB AG während des Zeitraums des Verzichts auf Diuron
gegenüber dem Zeitraum veränderte, in dem das Mittel eingesetzt wurde?

28. Wenn ja, sind diese Veränderungen des Zustandes der Gleisanlagen nur auf
den Verzicht von Diuron zurückzuführen oder sind teilweise oder aus-
schließlich andere Faktoren dafür ausschlaggebend?

Berlin, den 7. November 2000

Birgit Homburger
Marita Sehn
Ulrike Flach
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Rainer Funke
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt am Main)
Cornelia Pieper
Gerhard Schüßler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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