BT-Drucksache 14/4349

Transparenz und parlamentarische Kontrolle bei Rüstungsexporten

Vom 12. Oktober 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4349
14. Wahlperiode 19. 10. 2000

Antrag
der Abgeordneten Heidi Lippmann, Wolfgang Gehrcke, Dr. Gregor Gysi, Uwe
Hiksch, Carsten Hübner, Ulla Jelpke, Manfred Müller (Berlin), Dr. Winfried Wolf,
Roland Claus und der Fraktion der PDS

Transparenz und parlamentarische Kontrolle bei Rüstungsexporten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich durch das Grundgesetz und die Un-
terzeichnung der Charta der Vereinten Nationen und zahlreicher internationaler
Konventionen verpflichtet, dem Frieden der Welt zu dienen. Die Bundesrepub-
lik Deutschland hat im 2+4-Vertrag bekräftigt, dass „von deutschem Boden nur
Frieden ausgehen“ soll.

Ausfluss dieser Staatsräson war Artikel 26 GG, der die Ausfuhr von Kriegswaf-
fen untersagt bzw. unter den strikten Genehmigungsvorbehalt der Bundesregie-
rung stellt.

In den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom Januar dieses Jahres wird
eine restriktive Rüstungsexportpolitik betont. Durch die Begrenzung und Kon-
trolle der Waffenausfuhren solle ein Beitrag zur Sicherung des Friedens, der
Gewaltprävention, der Menschenrechte und einer nachhaltigen Entwicklung in
der Welt geleistet werden, heißt es dort.

Trotz dieser Verpflichtung wurden und werden aus der Bundesrepublik
Deutschland in großem Umfang Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter ex-
portiert, die für den Frieden und die internationale Sicherheit, für Menschen-
rechte und nachhaltige Entwicklung weitreichende Folgen haben können. In
der Liste der weltweiten Waffenexporteure liegt die Bundesrepublik Deutsch-
land nach den Berechnungen des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI ge-
genwärtig auf Platz 4 in der Welt.

Parlament und Öffentlichkeit erfahren in vielen Fällen erst von der Ausfuhr von
Kriegswaffen oder Rüstungsgütern, nachdem die Entscheidungen längst getrof-
fen sind. Dieser Zustand bedarf der Veränderung.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, eine Regelung zu treffen, wo-
nach vor der Entscheidung der Bundesregierung bzw. des Bundessicherheits-
rates über die Ausfuhr von Kriegswaffen und anderen Rüstungsgütern die Auf-
fassung der Ausschüsse für Auswärtiges, Menschenrechte und humanitäre
Hilfe, Verteidigung, Wirtschaft, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung einzuholen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist. Darüber
hinaus sollten den betreffenden Ausschüssen kontinuierliche Informationen

Drucksache 14/4349 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
über Voranfragen und über den jeweiligen Verfahrensstand zur Verfügung
gestellt werden.

Berlin, den 15. September 2000

Heidi Lippmann
Wolfgang Gehrcke
Dr. Gregor Gysi
Uwe Hiksch
Carsten Hübner
Ulla Jelpke
Manfred Müller (Berlin)
Dr. Winfried Wolf
Roland Claus und Fraktion

Begründung

Zu den Pflichten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages gehört die parla-
mentarische Kontrolle der Exekutive. Angesichts des Status des Bundessicher-
heitsrates, dessen Beratungen und Entscheidungender strikten Geheimhaltungun-
terliegen, wird die parlamentarische Kontrolle bei allen Entscheidungen, die von
diesem Gremium getroffen werden, unmöglich gemacht. Die Bundesregierung hat
dazu grundsätzlich erklärt: „Entscheidungen über Rüstungsexporte sind Ausdruck
der außen- und sicherheitspolitischen Eigenverantwortung der Bundesregierung.
Eine Einbeziehungdes Deutschen Bundestages in solche Entscheidungender Exe-
kutive ist aus diesem Grunde nicht vorgesehen“ (Bundestagsdrucksache 14/2470).
Aus der Verantwortungder Exekutive folgt jedoch keineswegs, dass die jeweiligen
Entscheidungen hinter verschlossenen Türen und ohne Konsultation des Parla-
ments getroffen werden müssen. Die Praxis in anderen Ländern, nicht zuletzt in
den USA, belegt, dass das Parlament bzw. seine Fachausschüsse mit den Entschei-
dungen über die Bewilligung bzw. Ablehnung von Waffenausfuhren befasst wer-
den. Gerade weil durch diese Entscheidungen in nicht wenigen Fällen außen- und
sicherheitspolitische Grundsatzfragen berührt sind, würden ansonsten demokra-
tische und parlamentarische Grundrechte beeinträchtigt.

Der Artikel 26 Abs. 2 Grundgesetz (Verbot des Angriffkrieges) sieht vor, dass zur
Kriegsführung bestimmte Waffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung
hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden dürfen. Dies schließt eine
Konsultation der zuständigen Ausschüsse des Parlaments nicht aus. Die Auswahl
der künftig mit zu befassenden Ausschüsse orientiert sich an der Zusammenset-
zung des Bundessicherheitsrates und den von den Politischen Grundsätzen ge-
nannten inhaltlichen Kriterien der Entscheidungsfindung.

Die Bundesregierung hat anlässlich der am 19. Januar 2000 vorgelegten „Politi-
schen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und
sonstigen Rüstungsgütern“ die Vorlage eines jährlichen Rüstungsexportberichts
angekündigt und dies auch in den Grundsätzen festgehalten. Darin sollen auch die
von der Bundesregierung erteilten Genehmigungen für Kriegswaffen und sons-
tige Rüstungsgüter im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen aufgeschlüsselt
werden. Diese nachträgliche Unterrichtung des Parlaments und der Öffentlichkeit
ist angesichts der Brisanz der hier in Rede stehenden Entscheidungen völlig un-
zureichend. Eine rechtliche Verbindlichkeit ist zudem nicht gegeben.

Mit dem vorliegenden Antrag sollen dagegen die Rechte des Parlaments zur Kon-
trolle der Exekutive gestärkt werden.

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