BT-Drucksache 14/4032

Möglichkeiten zur Gründung einer Stiftung zur Förderung der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und im Alter mit Mitteln aus der Zinsersparnis für den Bund im Zusammenhang mit der Versteigerung der UMTS-Lizenzen

Vom 1. September 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4032
14. Wahlperiode 01. 09. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Monika Balt, Heidemarie Ehlert,
Dr. Heidi Knake-Werner, Dr. Uwe-Jens Rössel und der Fraktion der PDS

Möglichkeiten zur Gründung einer Stiftung zur Förderung der Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderungen und im Alter mit Mitteln aus der Zinsersparnis
für den Bund im Zusammenhang mit der Versteigerung der UMTS-Lizenzen

In der Bundesrepublik Deutschland leisten Selbsthilfeorganisationen einen be-
trächtlichen Teil gesellschaftlich notwendiger Arbeit im sozialen Bereich. Sie
sind ein unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Sicherungsnetzes. Ihre – vor-
wiegend ehrenamtliche – Arbeit umfasst praktische Hilfe genauso wie emotio-
nale Zuwendung, fachkundige Beratung und politische Interessenvertretung.
Der Kaffeenachmittag, das Weihnachts- oder Sommerfest, der Gruppenausflug
sind genauso wichtige Bestandteile dieser Arbeit wie Erfahrungsaustausch, Öf-
fentlichkeitsarbeit, Verbesserungsvorschläge für die kommunale Infrastruktur,
die Beseitigung baulicher und/oder kommunikativer Barrieren oder die Unter-
stützung bei der Suche nach geeigneten Wohnungen, Freizeitangeboten, Ur-
laubsmöglichkeiten oder Arbeitsplätzen. Die eigene, finanzielle Basis für diese
Arbeit der Selbsthilfeorganisationen ist hingegen meist äußerst labil.

Seit Jahren versuchen engagierte Selbsthilfeorganisationen behinderter Frauen
und Männer und von Menschen im höheren Lebensalter, diese finanzielle
Schieflage zu verändern.

Immerhin sind von einem Konkurs solcher Selbsthilfegruppen oder mit der
Einschränkung ihres Leistungsangebots jedes Mal dutzende oder hunderte von
Menschen betroffen. Ihre Lebensqualität verschlechtert sich – unverschuldet –
von einem Tag auf den anderen. Ersatzangebote können häufig nicht, nur mit
großen Abstrichen und/oder nur mit erheblicher Verzögerung geschaffen wer-
den. Auf diejenigen, durch deren Engagement solche Angebote in den Kom-
munen oder überregional erst möglich wurden, wirken derartige Leistungsein-
schränkungen stark demotivierend.

Als ein Weg, diese praktisch permanente Existenzbedrohung der Selbsthilfe-
arbeit zu verringern oder gar zu beseitigen, wird seit langem die Gründung
einer entsprechenden Stiftung angesehen. Obwohl die steuerlichen Bedingun-
gen für Stiftungen jüngst verbessert wurden, fehlte der Realisierung dieses Vor-
habens bisher die finanzielle Grundlage.

Nunmehr brachte die Versteigerung der UMTS-Lizenzen jedoch die Summe
von nahezu 100 Mrd. DM in die Bundeskasse. Wenngleich dieser Betrag zum
Schuldenabbau des Bundes verwandt werden soll, entwickelt sich bei Selbst-
hilfeorganisationen die Hoffnung, mit einem Teil aus der sich ergebenden Zins-

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ersparnis in Höhe von vier bis fünf Mrd. DM – gedacht ist z. B. an einen Betrag
von 100 Mio. DM, also einen Anteil 2,5 bis 2 Prozent – die sehr sinnvolle
Gründung einer Stiftung im o. g. Sinne anschieben zu können. Es würde sich
um eine einmalige Ausgabe handeln, die der Bund tätigen müsste. Die Arbeit
der Stiftung, die den Selbsthilfegruppen unmittelbar zugute käme, wäre dann
aus den Zinsen aus dem Stiftungskapital und sonstigen Erträgen (ggf. auch zu-
sätzlichen Einnahmen) zu finanzieren. Die Initatorinnen und Initiatoren dieser
Stiftung brauchen also eine Starthilfe, eine einmalige Investition.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie steht die Bundesregierung zu dem Gedanken, durch die Gründung einer
finanziell solide ausgestatteten Stiftung die Tätigkeit der Selbsthilfeorgani-
sationen behinderter und alter Menschen zu unterstützen und deren bisheri-
gen finanziellen Gratwanderungen somit wirksam abzubauen?

2. Wie bewertet die Bundesregierung das Engagement etlicher betroffener
Frauen und Männer, nunmehr die Chance zu nutzen, endlich eine solche
Stiftung zu schaffen, um zukünftig die wichtige Selbsthilfearbeit mit gerin-
geren Risiken betreiben zu können?

3. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, eine solche Stiftung mit
einem Startkapital von rund 100 Mio. DM aus der Zinsersparnis aus-
zustatten, die sich aus dem Einsatz der bei der Versteigerung der UMTS-
Lizenzen erzielten Erlöse von ca. 100 Mrd. DM für den Abbau der Schulden
des Bundes ergibt?

4. Welche anderen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, eine solche Stif-
tungs-Initiative finanziell zu unterstützen, falls sie nicht beabsichtigt, die
Gründung dieser Stiftung mit einem einmaligen Betrag von 100 Mio. DM
aus der Zinsersparnis zu fördern, die sich aus dem Einsatz der bei der Ver-
steigerung der UMTS-Lizenzen erzielten Erlöse von ca. 100 Mrd. DM für
den Abbau der Schulden des Bundes ergibt?

Berlin, den 1. September 2000

Dr. Ilja Seifert
Monika Balt
Heidemarie Ehlert
Dr. Heidi Knake-Werner
Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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