BT-Drucksache 14/399

Gesetz über eine ökologisch wirklich wirksame Umstellung der Besteuerung ohne Mehrbelastung für Bürger und Wirtschaft

Vom 23. Februar 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/399 vom 23.02.1999

Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. Gesetz über eine ökologisch
wirklich wirksame Umstellung der Besteuerung =

23.02.1999 - 399

14/399

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Hildebrecht Braun (Augsburg),
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff,
Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus
Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Klaus
Kinkel, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Jürgen W. Möllemann, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef
Parr, Cornelia Pieper, Dr. Günter Rexrodt, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Gerhard Schüßler, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter
Thomae, Jürgen Türk,
Dr. Guido Westerwelle, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der
F.D.P.
Gesetz über eine ökologisch wirklich wirksame Umstellung der
Besteuerung
ohne Mehrbelastung für Bürger und Wirtschaft

A. Problem
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2005
den CO2-Ausstoß um 25 % zu senken. Dieses ehrgeizige Ziel ist nur zu
erreichen, wenn alle vertretbaren Möglichkeiten und
gesetzlichen Rahmenbedingungen zur CO2-Einsparung ausgenutzt werden.
Im Bereich der Besteuerung des Verkehrs bestehen noch Möglichkeiten,
durch intelligentes Umsteuern Anreize zum sparsamen Umgang mit
Kraftstoff und zur Benutzung anderer Verkehrsmittel als den Pkw zu
schaffen, ohne die Wirtschaft und die Privathaushalte durch
Energieverteuerung zusätzlich zu belasten und Arbeitsplätze zu
gefährden.
- Die steuerliche Berücksichtigung der Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte enthält keine ausreichenden Anreize zur Benutzung
anderer Verkehrsmittel als den Pkw.
- Die Besteuerung des Haltens von Kraftfahrzeugen durch die Kfz-
Steuer ist ohne ausreichende ökologische Wirkung, weil weder für die
Modernisierung des Kraftfahrzeugbestandes noch für eine wirksame
Veringerung des Schadstoffausstoßes eine spürbare Lenkungswirkung
erzielt wird.
B. Lösung
1. Umwandlung der Kilometerpauschale in eine vom Verkehrsmittel
unabhängige Entfernungspauschale. Die Umwandlung erfolgt
aufkommensneutral.


2. Abschaffung der Kfz-Steuer und Umlegung des Aufkommens auf die
Mineralölsteuer in zwei Stufen.
- Mit der vorliegenden ersten Stufe wird die Kfz-Steuer für alle
Kraftfahrzeuge mit Dieselantrieb erhalten und für alle anderen
Fahrzeuge abgeschafft und auf die Mineralölsteuer für Ottokraftstoff
umgelegt.
- In der zweiten Stufe wird auch die Kraftfahrzeugsteuer auch für
Diesel-Fahrzeuge abgeschafft und auf die Mineralölsteuer umgelegt. Die
zweite Stufe kann erst dann umgesetzt werden, wenn die europaweite
Wettbewerbssituation des Güterkraftverkehrsgewerbes dies zuläßt.
Beide Maßnahmen schaffen Anreize zum sparsamen Umgang mit Kraftstoff
und zum Wechsel des Verkehrsmittels, ohne insgesamt zu Mehrbelastungen
zu führen.
C. Alternativen
Keine
D. Kosten
Die Umwandlung der Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige
Entfernungspauschale und die Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer und
ihre Umlegung auf die Mineralölsteuer erfolgen insgesamt
aufkommensneutral.
Den Ländern entstehen mit dem vorliegenden ersten Schritt zur
Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer Mindereinnahmen in Höhe von 6,5
Mrd. DM pro Jahr.
Dem stehen Mehreinnahmen des Bundes durch die Anhebung der
Mineralölsteuer auf Ottokraftstoff Mehreinnahmen in Höhe von
5,6 Mrd. DM pro Jahr sowie höhere Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von
insgesamt 0,9 Mrd. DM pro Jahr gegenüber.
Den Bundesländern ist für ihre Mindereinnahmen eine entsprechende
Kompensation über die Aufteilung der Mehrwertsteuer zu gewähren.
E. Sonstige Kosten
Verringerung der Bürokratiekosten durch die Abschaffung der
Kraftfahrzeugsteuer.

Entwurf eines Gesetzes über eine wirklich wirksame ökologische
Umstellung
der Besteuerung ohne Mehrbelastung für Bürger und Wirtschaft

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG)
Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.
April 1997 (BGBl. I S. 821), zuletzt geändert durch Artikel 6 des
Gesetzes vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2860), wird wie folgt
geändert:
1. § 9 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 Nr. 4 wird wie folgt gefaßt:
"4. Aufwendungen des Arbeitnehmers für die
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, soweit die Entfernung zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte 10 Kilometer übersteigt. Zur
Abgeltung der Aufwendung ist für jeden Arbeitstag, an dem der
Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale von
0,70 Deutsche Mark für jeden vollen Kilometer anzusetzen, um den die
Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 10 Kilometer übersteigt.
Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung
maßgebend; eine zumutbare Fährverbindung ist einzubeziehen. Hat der
Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die
nicht der Arbeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn
sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und
nicht nur gelegentlich aufgesucht wird;".
Artikel 2
Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG)
Das Kraftfahrzeugsteuergesetz vom 21. Dezember 1927 (RGBl. I 1927 S.
509 in der Neufassung der Bekanntmachung vom 24. Mai 1994 BGBl. I S.
1102), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. August 1998
(BGBl. I S. 1998) wird wie folgt geändert:
1. § 1 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 1 werden nach dem Wort "Fahrzeugen" die Worte "mit
Selbstzündungsmotor" eingefügt.
b) In Nummer 2 werden nach dem Wort "Fahrzeugen" die Worte "mit
Selbstzündungsmotor" eingefügt.
c) In Nummer 3 werden nach dem Wort "Fahrzeugen" die Worte "mit
Selbstzündungsmotor" eingefügt.
d) In Nummer 4 werden nach den Worten "Oldtimer-Kennzeichen" sowie
"Kennzeichen" jeweils die Worte "mit Selbstzündungsmotor" eingefügt.
2. § 2 Abs. 1 wird wie folgt gefaßt:
"(1) Unter den Begriff Fahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes fallen
Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor."
3. § 3 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 6 wird wie folgt gefaßt:
"6. Kraftomnibussen und Personenkraftwagen mit acht oder neun
Sitzplätzen einschließlich Führersitz, wenn das Fahrzeug während des
Zeitraums, für den die Steuer zu entrichten wäre, mehr als 50 vom
Hundert der insgesamt gefahrenen Strecke im Linienverkehr verwendet
wird. Die Verwendung des Fahrzeugs ist, ausgenommen bei
Oberleitungsomnibussen, buch-mäßig nachzuweisen;".
b) In Nummer 7 Satz 1 werden die Worte "Kraftfahrzeuganhängern hinter
Zugmaschinen oder Sonderfahrzeugen und einachsigen
Kraftfahrzeuganhängern (ausgenommen Sattelanhänger, aber einschließlich
der zweiachsigen Anhänger mit einem Achsabstand von weniger als einem
Meter)" gestrichen.
c) Nummer 8 wird wie folgt gefaßt:
"8. Zugmaschinen, solange sie ausschließlich für den Betrieb eines
Schaustellergewerbes verwendet werden;".
4. § 3b Abs. 1 wird wie folgt gefaßt:
(1) Das Halten von Personenkraftwagen ist ab dem Tag der
erstmaligen Zulassung vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 bis zum 31.
Dezember 2005 von der Steuer
befreit, wenn sie nach Feststellung der Zulassungsbehörde ab dem Tag
der erstmaligen Zulassung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die
Verunreinigung der Luft durch Emmissionen von Kraftfahrzeugen (ABl. EG
Nr. L 76 S. 1) in der Fassung der Richtlinie 94/12/EG (ABl. EG Nr. L
100 S. 42), entsprechen und zunächst über die dort festgelegten
Grenzwerte hinaus folgende Grenzwerte einhalten:
- Kohlenstoffmonoxidmasse 0,60g/km
- Stickoxidmasse 0,50g/km
- Summe der Massen der Kohlen-
wasserstoffe und Stickoxide 0,56g/km
- Partikelmasse 0,05g/km
Liegt in den Fällen der Nummer 1 der Tag der erstmaligen Zulassung
vor dem 1. Juli 1997, beginnt die Steuerbefreiung am 1. Juli 1997. Die
Steuerbefreiung wird nur gewährt, wenn der Personenkraftwagen vor dem
1. Januar 2001 erstmals zum Verkehr zugelas-
sen wird. Sie endet abweichend von Satz 1, sobald
die Steuerersparnis vor dem 1. Januar 2006 auf
der Grundlage der Steuersätze nach § 9 Abs. 1 Nr. 1
Buchstabe a den Betrag von 1 200 Deutsche Mark
erreicht hat; die Dauer einer vorübergehenden Stilllegung wird bei der
Berechnung dieser Beträge berücksichtigt."
5. § 3d wird gestrichen.
6. § 8 wird wie folgt gefaßt:
"§ 8
Die Steuer bemißt sich
1. bei Personenkraftwagen nach dem Hubraum, den Schadstoffemissionen
und den Kohlendioxidemissionen;
2. bei anderen Fahrzeugen nach dem verkehrsrechtlich zulässigen
Gesamtgewicht, bei Kraftfahrzeugen mit einem verkehrsrechtlich
zulässigen Gesamtgewicht über 3 500 kg zusätzlich nach Schadstoff- und
Geräuschemissionen."
7. § 9 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 Nr. 1 wird gestrichen.
b) Absatz 1 Nr. 2 wird Nummer 1 und wie folgt gefaßt:
"1. Personenkraftwagen mit Hubkolbenmotoren für
je 100 Kubikzentimeter oder einen Teil davon, wenn sie durch
Selbstzündungsmotoren angetrieben werden und
a) als schadstoffarm anerkannt sind, der Richtlinie 70/220/EWG zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen
gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen
(ABl. EG Nr. L 76 S. 1) in der Fassung der Richtlinie 94/12/EG (ABl.
EG Nr. L 100
S. 42) entsprechen und über die dort
genannten Grenzwerte hinaus die in § 3b Abs. 1 Satz 1 bezeichneten
Grenzwerte einhalten oder wenn die Kohlendioxidemissionen, ermittelt
nach der Richtlinie 80/1268/EWG des Rates über den Kraftstoffverbrauch
von Kraftfahrzeugen an den technischen Fortschritt (ABl. EG Nr. L 329
S. 39), 90 g/km nicht übersteigen
aa) bis zum 31. Dezember 2003 27,00 DM
bb) ab dem 1. Januar 2004 30,20 DM
b) als schadstoffarm anerkannt sind, der Richtlinie 70/220/EWG zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen
gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen
(ABl. EG Nr. L 76 S. 1) in der Fassung der Richtlinie 94/12/EG (ABl. EG
Nr. L 100
S. 42) entsprechen und die in der Richtlinie 94/12/EG unter Nummer
5.3.1.4 für die Fahrzeugklasse M genannten Schadstoffgrenzwerte
einhalten
aa) bis zum 31. Dezember 2003 29,00 DM
bb) ab dem 1. Januar 2004 31,40 DM
c) als schadstoffarm oder bedingt schadstoffarm Stufe C anerkannt
sind und für sie ein Verkehrsverbot bei erhöhten Ozonkonzentrationen
nach § 40c des Bundes-Immis-sionsschutzgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880), zuletzt geändert
durch Artikel 2
des Gestzes vom 18. April 1997 (BGBl. I S. 805), nicht gilt
aa) bis zum 31. Dezember 2000 37,10 DM
bb) ab dem 1. Januar 2001 45,10 DM
cc) ab dem 1. Januar 2005 53,50 DM
d) nicht als schadstoffarm oder bedingt schadstoffarm anerkannt sind
und für sie ein Verkehrsverbot bei erhöhten Ozonkonzentra-
tionen nach § 40c des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht gilt
aa) bis zum 31. Dezember 2000 45,50 DM
bb) ab dem 1. Januar 2001 53,50 DM
cc) ab dem 1. Januar 2005 65,10 DM
e) als schadstoffarm oder bedingt schadstoffarm Stufe C anerkannt
oder als bedingt schadstoffarm Stufe A anerkannt sind, soweit sie vor
dem 1. Oktober 1986 erstmalig zum Verkehr zugelassen und vor dem 1.
Januar 1988 als bedingt schadstoffarm Stufe A anerkannt wurden, und für
sie ein Verkehrsverbot bei erhöhten Ozonkonzentrationen nach § 40c des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt
aa) bis zum 31. Dezember 2000 57,10 DM
bb) ab dem 1. Januar 2001 65,10 DM
cc) ab dem 1. Januar 2005 73,50 DM
f) nicht die Voraussetzungen für die Anwendung der Steuersätze nach
den Buchstaben a bis e erfüllen,
aa) bis zum 31. Dezember 2000 65,50 DM;".
bb) ab dem 1. Januar 2001 73,50 DM;".
c) Nummer 3 wird Nummer 2;
Nummer 4 wird Nummer 3.
d) Nummer 5 wird gestrichen.
e) Absatz 2 wird gestrichen.
f) Absatz 3 Nr. 1 wird wie folgt gefaßt:
"1. Bei Dreiradkraftfahrzeugen (ausgenommen Zug-maschinen) sowie bei
Personenkraftwagen 1,00 DM,".
g) Absatz 3 Nr. 3 wird gestrichen.
h) Absatz 4 wird wie folgt gefaßt:
"(4) Für Kennzeichen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 beträgt
die Jahressteuer 375 DM."
8. § 10 wird gestrichen.
Artikel 3
Änderung des Mineralölsteuergesetzes
(MinÖStG)
Das Mineralölsteuergesetz vom 21.Dezember 1992 (BGBl. I S. 2150, 1993
I S. 169), zuletzt geändert
durch Artikel 15 des Gesetzes vom 20 Dezember 1996 (BGBl. I S. 2049),
wird wie folgt geändert:
§ 2 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 1 wird die Angabe "980 DM" durch die Angabe "1 130 DM"
ersetzt.
b) In Nummer 2 wird die Angabe "1 080 DM" durch die Angabe "1 230 DM
" ersetzt.
Artikel 4
Übergangsregelung
Halter von Kraftfahrzeugen, die steuerbefreit gemäß
§ 3b KraftStG in der bis zum 31. Dezember 1999 gültigen Fassung sind,
erhalten einen Betrag in Höhe der Steuerbefreiung, die ohne dieses
Änderungsgesetz entstanden wäre. Der Antrag muß bis zum 30. Juni 2000
gestellt sein. Erstattungsbeträge unter 20 Deutsche Mark bleiben
unberücksichtigt.
Artikel 5
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2000 in Kraft.

Bonn, den 22. Februar 1999

Dr. Hermann Otto Solms
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Wolfgang Gerhard
und Fraktion


Begründung

A. Allgemeiner Teil
I. Konzept des intelligenten ökologischen
Umsteuerns
Das Konzept des intelligenten ökologischen Umsteuerns setzt auf die
aufkommensneutrale Umgestaltung bestehender Regelungen zur Verbesserung
ihrer ökologischen Wirkung. Die ökologische Lenkungswirkung wird durch
bessere steuerliche Anreize erzielt, sich umweltbewußter zu verhalten,
sparsamer mit dem Kraftstoff umzugehen und möglicherweise auf andere
Verkehrsmittel als den Pkw umzusteigen. Maßnahmen zum intelligenten
ökologischen Umsteuern sind allen anderen, die Energie verteuernden und
Arbeitsplätze vernichtenden Maßnahmen vorzuziehen.
Die Umwandlung der Kilometerpauschale in eine vom Verkehrsmittel
unabhängige Entfernungspauschale gibt vor allem Anreize zur Bildung von
Fahrgemeinschaften und zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel
Die mit der Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer und deren Umlegung auf
die Mineralölsteuer zu erwartenden Steigerungen der Kraftstoffpreise
lösen eine Anreizwirkung aus, die zu sparsamerem Umgang mit dem
Kraftstoff führt. Gleichzeitig entstehen Anreize zu wünschenswerten
Verkehrsverlagerungen z. B. auf den öffentlichen Personennahverkehr
sowie zu einer verstärkten Nachfrage nach verbrauchsärmeren
Kraftfahrzeugen.
II. Änderung des Einkommensteuergesetzes
Die Umwandlung der Kilometerpauschale in eine vom Verkehrsmittel
unabhängige Entfernungspauschale sorgt für die steuerliche
Gleichbehandlung aller Verkehrsmittel, die auf dem Weg zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte benutzt werden. Damit wird ein Anreiz geschaffen, auf
andere Verkehrsmittel umzusteigen, vornehmlich des öffentlichen
Personennahverkehrs.
III. Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes
Die Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer trägt zur notwendigen
Vereinfachung des Steuersystems bei. Die Kfz-Steuer ist
verwaltungsaufwendig und für die Bürger nicht mehr durchschaubar. Sie
ist sowohl finanzpolitisch wie auch unter ökologischen Gesichtspunkten
nur noch von geringer Bedeutung. Ihre Abschaffung befreit die
Bundesländer von erheblichem und teilweise unwirtschaftlichem
Erhebungsaufwand. Gleichzeitig werden Privathaushalte und Wirtschaft
von Bürokratiekosten entlastet.
Mit dem vorliegenden Artikel 2 wird die erste Stufe zur Abschaffung der
Kraftfahrzeugsteuer vollzogen. Zunächst wird die Kraftfahrzeugsteuer
für nicht dieselgetriebene Fahrzeuge abgeschafft.
In der zweiten Stufe ist die Kfz-Steuer auch für Dieselfahrzeuge
abzuschaffen. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die
Wettbewerbsbedingungen für das Güterkraftverkehrsgewerbe dies zulassen.
Vor allem muß die europäische Mindeststeuer für Dieselkraftstoff
deutlich angehoben werden. Die mit der Abschaffung der
Kraftfahrzeugsteuer auf Dieselfahrzeuge verbundene deutliche Anhebung
der Mineralölsteuer auf Dieselkraftstoff würde sonst zu erheblichen
Wettbewerbsverzerrungen führen, die das deutsche Transportgewerbe
einseitig belasten würden.
Mit dem vorliegenden Entwurf werden mehrere Ausnahmen und
Sondertatbestände beseitigt. Insbesondere wird die Besteuerung von
- motorisierten Zweirädern,
- Anhängern und
- Fahrzeugen mit Elektro- oder Gasantrieb
abgeschafft.
IV. Änderung des Mineralölsteuergesetzes
Die erste Stufe der Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer wird mit der
aufkommensneutralen Anhebung der Steuersätze auf unverbleiten und
verbleiten Ottokraftstoff ausgeglichen. Die Mineralölsteuer wirkt als
wesentlicher Preisbestandteil unmittelbar auf die Höhe des
Kraftstoffpreises.
Aus ökologischer Sicht entstehen insgesamt aufkommensneutrale Anreize
für die Verbraucher, mit dem Kraftstoff sparsamer umzugehen, andere
Verkehrsmittel als den Pkw sowie generell verbrauchsärmere
Kraftfahrzeuge zu benutzen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Einkommensteuergesetz)
Nach geltendem Recht sind die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs
grundsätzlich mit einer Kilometerpauschale von 0,70 DM je
Entfernungskilometer zu berücksichtigen. Bei der Benutzung anderer
Verkehrsmittel sind die tatsächlichen Fahrtkosten als Werbungskosten
anzusetzen.
Bei der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 1996 hat der Deutsche
Bundestag die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob die allein auf
den Individualver-
kehr abgestellte Kilometerpauschale in eine Entfernungspauschale
umgewandelt werden kann, wobei den Belangen der Fernpendler weiterhin
Rechnung getragen werden soll. Zu dieser Umwandlung ist es bisher nicht
gekommen.
Die aufkommensneutrale Umwandlung der Kilometerpauschale in eine
Entfernungspauschale ist möglich, wenn diese auch weiterhin 0,70
DM/Kilometer beträgt und Entfernungen zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte bis zu 10 Kilometer unberücksichtigt bleiben.
Die neue Entfernungspauschale berücksichtigt die Aufwendungen bei allen
Arbeitnehmern gleichermaßen unab-
hängig vom benutzten Verkehrsmittel. Diese Gleichbehandlung entspricht
ökologischen Gesichtspunkten.
Für Behinderte, die in ihrer körperlichen Bewegungs-
fähigkeit derart eingeschränkt sind, daß sie auf die Benutzung eines
Kraftfahrzeugs angewiesen sind, bleibt es bei der bisherigen
Sonderregelung.
Zu Artikel 2 (Kraftfahrzeugsteuergesetz)
I. Allgemeines
Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Tatbestände zur Besteuerung von
Kraftfahrzeugen mit Ottomotor, Zweirädern, Anhängern, Kraftfahrzeugen
mit anderem Antrieb sowie dazugehörige Sonder- und Ausnahmeregelungen
abzuschaffen. Es bleibt vorerst bei der Steuerpflicht für
dieselgetriebene Pkw und Lkw nach Maßgabe der bislang gültigen
Regelungen und Steuersätze.
II. Im einzelnen
Zu Nummer 1
Durch das jeweilige Hinzufügen der Worte "mit Selbstzündungsmotor" wird
der Steuergegenstand auf Pkw und Lkw mit Dieselmotor begrenzt.
Zu Nummer 2
Die Neufassung des Absatzes 1 dient der klaren Begriffsbestimmung,
wonach ausschließlich Dieselfahrzeuge als (steuerpflichtige) Fahrzeuge
im Sinne des Gesetzes gelten.
Zu Nummer 3
Zu Buchstabe a
Die Neufassung streicht nicht mehr notwendige Ausnahmetatbestände für
Kraftfahrzeuganhänger.
Zu Buchstabe b
Siehe Begründung zu Buchstabe a.
Zu Buchstabe c
Mit der Änderung wird der nicht mehr notwendige
Steuerbefreiungstatbestand für Wohnwagen und Packwagen im
Schaustellergewerbe gestrichen.
Zu Nummer 4
Die Neufassung des § 3b übernimmt die bislang gültigen Grenzwerte für
Dieselmotoren, die zu einer begrenzten Steuerbefreiung führen.
Gleichzeitig wird die bereits bestehende Fassung des § 3b gestrichen,
die eine zusätzliche Steuerbefreiung vorsieht, sobald die EU-Richtlinie
mit den Euro-IV-Grenzwerten beschlossen wird.
Zu Nummer 5
Streichung der nicht mehr erforderlichen Steuerbefreiung für bestimmte
Elektrofahrzeuge.
Zu Nummer 6
Die Neufassung der Bemessungsgrundlage mußte auf die ausschließliche
Besteuerung von Diesel-Pkw und Lkw zugeschnitten werden.
Zu Nummer 7
Zu Buchstabe a
Die Streichung schafft die Steuerpflicht für Krafträder ab (Mofas,
Kleinkrafträder und Motorräder).
Zu Buchstabe b
Die Neufassung enthält die bisher gültigen Steuersätze für Diesel-Pkw.
Die bisherigen Steuersätze für Otto-Pkw entfallen.
Zu Buchstabe c
Wegfall der Steuerpflicht für Kraftfahrzeuganhänger.
Zu Buchstabe d
Redaktionelle Änderungen.
Zu Buchstabe e
Abschaffung der nicht mehr notwendigen Steuerermäßigung für
Elektrofahrzeuge.
Zu Buchstabe f
Wegfall der Tagessteuer für ausländische Zweiräder.
Zu Buchstabe g
Abschaffung der Kfz-Steuer für ausländische Kraftfahrzeuganhänger.
Zu Buchstabe h
Streichung des nicht mehr notwendigen besonderen Steuersatzes für
Oldtimer-Motorräder.
Zu Nummer 8
Streichung der überflüssigen Sonderregelungen für nach dem Entwurf
nicht mehr steuerpflichtige Kraftfahrzeuganhänger.
Zu Artikel 3 (Mineralölsteuergesetz)
I. Allgemeines
Mit den Änderungen werden die Mineralölsteuersätze für Ottokraftstoff
angehoben. Die Anhebung entspricht der Höhe nach dem bisher durch die
Besteuerung von Otto-Pkw, Motorrädern, Anhängern und sonstigen
Fahrzeugen erzielten Einnahmen durch die Kraftfahrzeugsteuer.
II. Im einzelnen
Zu Buchstabe a
Der Mineralölsteuersatz für unverbleiten Ottokraftstoff wird von bisher
0,98 DM pro Liter auf 1,13 DM pro Liter angehoben.

Zu Buchstabe b
Der Mineralölsteuersatz für verbleiten Ottokraftstoff wird von 1,08 DM
pro Liter auf 1,23 DM pro Liter angehoben.
Zu Artikel 4 (Übergangsregelung)
Die Halter von Euro-3-Pkw und von sog. 3- und 5-Liter-Autos, die ihr
Fahrzeug bis zum 31. Dezember 1999 zulassen, erwerben eine befristete
und der Höhe nach beschränkte Steuerbefreiung. Diese Steuerbefreiung
muß aus rechtlichen Gründen erhalten bleiben. Deshalb sieht die
Übergangsregelung eine Möglichkeit der Erstattung der Steuerbefreiung
vor, wenn der Antrag bis zum
30. Juni 2000 gestellt wird und die Erstattung die auch für die
Erhebung der Kfz-Steuer bestehende Bagatellgrenze von 20 DM nicht
unterschreitet.
Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1. Januar
2000.

23.02.1999 nnnn

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