BT-Drucksache 14/3966

Maßnahmen zur Demokratisierung der Internet-Domainverwaltung und die Tätigkeit der Internet Corporation for Assigned Namens and Numbers (ICANN)

Vom 1. August 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3966
14. Wahlperiode 01. 08. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt/Main), Rainer Funke,
Jörg van Essen, Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion der F.D.P.

Maßnahmen zur Demokratisierung der Internet-Domainverwaltung und die
Tätigkeit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN)

Die Verwaltung von Top-Level-Domains (TLD), d. h. der höchsten Hierarchie-
stufen von Internet-„Adressen“, sowie des A-Root-Servers, d. h. des wichtigs-
ten Zentralrechners im Netz, lag bis 1999 in den Händen des Unternehmens
NSI sowie des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Nach Auslaufen
des Vertrages zwischen den genannten Parteien wurde die ICANN gegründet –
die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers.

Mit der Errichtung der ICANN wurde der erste Schritt getan, um die Aufsicht
über die Domainverwaltung im Internet in die Hände einer unabhängigen, in-
ternationalen Institution zu legen. Weiterhin hat jedoch die amerikanische Re-
gierung starke Kontrollbefugnisse.

Zurzeit werden die Wahlen zur Besetzung von (zunächst) fünf Direktorenpos-
ten im Vorstand der ICANN vorbereitet. Es ist eines der ersten Experimente,
wie Wahlen über das Internet stattfinden können, noch dazu über alle Konti-
nente hinweg. Der Legitimationsprozess entspricht zwar nicht den Anforderun-
gen einer demokratischen Wahl, dies ist aber auch nicht das primäre Ziel von
ICANN. ICANN ist keine Regierung, sondern will sich zunächst um techni-
sches Management bemühen. Doch wie z. B. an der Vergabe einer „nationalen“
TLD (generic TLD) an Palästina deutlich wird, hat diese Aufgabe z.T. hochpo-
litische Dimensionen. Hinzu kommt, dass die Verwaltung des A-Root-Servers
auch aus ökonomischer Sicht ein höchst sensibles Politikum ist.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zur ICANN ein?

Welche Bedeutung misst die Bundesregierung den erhobenen Vorwürfen zu,
die ICANN sei nur unzureichend demokratisch legitimiert, und welche Fol-
gerungen zieht sie hieraus?

2. In welcher Form engagiert sich die Bundesregierung, um eine weitere De-
mokratisierung der Domainverwaltung und -kontrolle, insbesondere bezüg-
lich der Top-Level-Domains und des A-Root-Servers, zu erreichen?

Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die Nummernzuteilung und
die Organisation des Domain Name Systems in verschiedene Hände zu
legen?

Drucksache 14/3966 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
3. Hat sich die Bundesregierung für eine stärkere Internationalisierung der In-
ternet-Organisation eingesetzt?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, warum ohne Erfolg?

4. Warum wird das Internet im Ergebnis von einer Körperschaft kalifornischen
Rechts organisiert und nicht z. B. von der International Telecommunication
Union (ITU), der Welthandelsorganisation (WTO) oder der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)?

5. In welcher Form unterstützt die Bundesregierung den gegenwärtig laufen-
den Prozess der Wahl zur Besetzung von fünf Direktorenposten im Board
der ICANN?

Was tut die Bundesregierung, um sich für einen fairen Zugang zur Kandida-
tur einzusetzen, die aufgrund der derzeitigen Regelungen de facto nur zeit-
lich und finanziell unabhängigen Persönlichkeiten offen steht?

6. Hat die Bundesregierung rechtzeitig vor Ende Juli deutsche Internet-Nutzer
zur Registrierung bei ICANN aufgerufen, die Voraussetzung für die Wahl-
berechtigung ist?

Wenn ja, wie schätzt die Bundesregierung den Erfolg ihrer Maßnahmen ein?

Wenn nein, warum nicht?

7. Unterstützt die Bundesregierung im Zusammenhang mit Domainstreitigkei-
ten die Einrichtung und Entwicklung transnationaler Schiedsgerichte und
Schiedsgerichtsverfahren?

8. Welche Rolle spielt für die Bundesregierung das Governmental Advisory
Committee?

Welche Ergebnisse sind aufgrund der Aktivitäten der Bundesregierung in
diesem Gremium erzielt worden?

9. Welche Mitglieder der Bundesregierung haben sich bisher als ICANN at
large-Mitglied registrieren lassen?

Berlin, den 1. August 2000

Hans-Joachim Otto (Frankfurt/Main)
Rainer Funke
Jörg van Essen
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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