BT-Drucksache 14/3855

Fachkräfte im Bereich Reaktorsicherheit und der Beschluss zum Ausstieg aus der Kernkraft

Vom 5. Juli 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

3855

14. Wahlperiode

05. 07. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, Horst Friedrich
(Bayreuth), Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche,
Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Günther
Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt am Main), Detlef Parr, Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Fachkräfte im Bereich Reaktorsicherheit und der Beschluss zum Ausstieg aus
der Kernkraft

Schon seit einigen Jahren sinkt die Zahl der Lehrstühle an Universitäten und
Fachhochschulen, die sich mit Fragen der Reaktortechnik, Reaktorphysik, Re-
aktorsicherheit, Radiochemie und Strahlentechnik beschäftigen. Heute gibt es
noch ca. 30 Professorenstellen in Deutschland für diese Fächer; bis zum Jahr
2005 werden etwa die Hälfte davon wegen Emeritierung wegfallen, bis zum
Jahr 2010 acht weitere. Die Anzahl der Studierenden in diesen Fächern geht ra-
pide zurück. Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft, den die Bundesregie-
rung beschlossen hat, wird kaum dazu führen, diese Fächer für Studierende at-
traktiver zu machen.

Wir fragen deshalb die Bundesregierung:

1. Wie viele Studierende und Absolventen gab es nach Kenntnis der Bundesre-
gierung 1999 in den Fächern Reaktortechnik, Reaktorphysik, Strahlentech-
nik, Radiochemie und anderen für die Bedienung, Reparatur und Wartung
von Kernkraftwerken wichtigen Fächern an deutschen Universitäten und
Fachhochschulen?

2. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass pro Jahr eine Absolventenzahl
von 100 bis 150 Personen benötigt wird, um die aus Altersgründen ausschei-
denden Fachkräfte zu ersetzen?

3. Wie wird sich nach Meinung der Bundesregierung der Personalbedarf vor
dem Hintergrund des Beschlusses zum Ausstieg aus der Nutzung der Kern-
kraft bis zum Jahr 2021 entwickeln?

4. Gedenkt die Bundesregierung, z. B. im Rahmen von Bund-Länderreferen-
tenbesprechungen, gegenüber den Bundesländern anzuregen, Neubesetzun-
gen von Lehrstühlen in den genannten Fachbereichen vorzunehmen?
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5. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass bei Unfällen in Kernkraftwer-
ken, z. B. Harrisburg, Tschernobyl oder Tokai-Mura, gerade das Fehlen
von Führungskräften mit wissenschaftlichem Hintergrund zu einem höhe-
ren Schaden geführt hat?

6. Was wird die Bundesregierung unternehmen, um die Zahl der Ausbil-
dungsreaktoren (1995 14 Reaktoren, im Jahr 2005 voraussichtlich vier Re-
aktoren) auf einem für eine sinnvolle Ausbildung von Wissenschaflern not-
wendigen Niveau zu halten?

7. Plant die Bundesregierung eine weitere Absenkung der Mittel für die Kern-
forschung, z. B. bei den Forschungszentren in Karlsruhe und Jülich?

8. Welche Konsequenzen hat der Rückgang des Wissenschaftlerpotentials für
die deutsche Forschung zur physikalischen Verwandlung (Transmutation)
von hochgiftigem Atommüll?

9. Geht die Bundesregierung davon aus, dass das gegenwärtig hohe Sicher-
heitsniveau in deutschen Kernkraftwerken trotz des sich abzeichnenden
Mangels an Fachkräften gehalten werden kann?

10. Plant die Bundesregierung, ausländische Reaktorexperten mittels Green
Card nach Deutschland zu holen?

11. Wenn ja, wie kann sichergestellt werden, dass diese Experten mit Typ,
Bauart und spezifischen Merkmalen deutscher Kernkraftwerke vertraut
sind?

12. Wie gedenkt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Bauses und
des Betriebes von 35 Kernkraftwerken in Russland die bisherige Technolo-
gieführerschaft deutscher Unternehmen in Entwicklung, Bau, Betrieb und
Reaktorsicherheit zu wahren?

13. Wie wird sich der Mangel an deutschen Experten auf den Einfluss der Bun-
desregierung bei der Durchsetzung internationaler Sicherheitsstandards bei
Kernkraftwerken auswirken?

14. Welchen Einfluss hat der sich abzeichnende Mangel an deutschen Experten
für die deutsche Position innerhalb der EU-Zusammenarbeit im Hinblick
auf das 6. EU-Rahmenprogramm zur Forschungspolitik?

Berlin, den 4. Juli 2000

Ulrike Flach
Cornelia Pieper
Birgit Homburger
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich

Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt am Main)
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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