BT-Drucksache 14/3814

Novellierung der Verpackungsordnung und Flexibilisierung der Mehrwegquote

Vom 5. Juli 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3814
14. Wahlperiode 05. 07. 2000

Antrag
der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt,
Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Dr. Heinrich Leonhard Kolb, Jürgen Koppelin,
Günther Friedrich Nolting, Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Dr. Irmgard Schwaetzer, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Novellierung der Verpackungsverordnung und Flexibilisierung der Mehrwegquote

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit der Verpackungsverordnung wurde im Jahre 1991 der Mehrweganteil bei
Getränkeverpackungen auf eine Quote von 72 % festgelegt und grundsätzlich
die Erhebung eines Pfandes von mindestens 0,50 DM auf bestimmte Einwegver-
packungen vorgeschrieben. Die Wirksamkeit dieser Regelung ist ausgesetzt, so-
lange die Mehrwegquote nicht wiederholt unter 72 % absinkt. Aktuellen Erhe-
bungen zufolge ist dies nunmehr der Fall: der Anteil der Mehrwegverpackungen
lag im Jahre 1997 unter 72 %. Die Ergebnisse der Nacherhebung für das Jahr
1997 stehen noch aus. Sollte sich bestätigen, dass der Mehrweganteil unter 72 %
liegt, tritt sechs Monate nach Bekanntmachung der Nacherhebungszahlen die
Zwangspfandregelung in Kraft. Nachdem ein Gespräch zwischen Wirtschaft,
Umweltverbänden und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit keine Einigung hervorgebracht hat, wird nach den Bestim-
mungen der Verpackungsverordnung zur Mitte des Jahres 2001 eine Rücknah-
mepflicht mit Zwangspfand für Einwegverpackungen von Mineralwasser und
Bier eingeführt.

Im Vergleich zu den Gegebenheiten bei Erlass der Verpackungsverordnung ha-
ben sich die Verhältnisse grundlegend geändert.

– Zum einen hat der mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie mit
der Verpackungsverordnung erreichte Einstieg in die ökologische Produktver-
antwortung die befürchtete Abfalllawine gestoppt. Die in Mehrwegver-
packungen gehandelte Getränkemenge hat sich seit 1991 um rd. 2,5 Mrd. Liter
erhöht, der Anteil der verwerteten Einwegverpackungen ist deutlich gestie-
gen.

– Zum anderen hat sich die ökologische Bewertung von Einwegverpackungen
aufgrund neuer Erkenntnisse maßgeblich geändert. Der Grundsatz „Mehr-
weg ist besser als Einweg“ ist deshalb heute ökologisch nicht mehr generell
haltbar.

Drucksache 14/3814 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Überdies wäre die Zwangspfandregelung ökologisch kontraproduktiv und öko-
nomisch belastend, weil sie im Handel die Anschaffung von Automaten zur
Rücknahme der Pfanddosen und -flaschen erzwingt. Unter Verweis auf die
betriebliche Logistik und die Personalintensität zugehöriger Systeme hat der
Handel deshalb wiederholt angekündigt, sich deshalb auf die Nutzung von Ein-
wegsystemen beschränken zu wollen. Das Zwangspfand würde das Mehrweg-
system auch in jenen Bereichen verdrängen, in denen seine Nutzung aus öko-
logischer Sicht vorteilhaft ist und damit seinen Anteil am Getränkemarkt
vermindern.

Jenseits dessen rechnet die Wirtschaft mit Blick auf eine Einrichtung von Rück-
nahmeautomaten mit einem Investitionsaufwand von vier bis sechs Mrd. DM,
was insbesondere den Mittelstand treffen würde. Der Handel wird dabei nach
Möglichkeit bemüht sein, die mit der Einführung einer Pfandpflicht verbunde-
nen Kosten an den Verbraucher weiterzugeben.

Insgesamt ist ein Festhalten an der Verpackungsverordnung mit einer starren
Mehrwegquote demnach ökologisch kontraproduktiv, vor dem Hintergrund
technischer Entwicklungen unzeitgemäß und wirtschaftlich unvertretbar.

Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

– eine ökologisch zweckdienliche und ökonomisch verantwortliche Novellie-
rung der Verpackungsverordnung in die Wege zu leiten,

– in diesem Zusammenhang die Mehrwegquote entsprechend neuen ökologi-
schen Erkenntnissen zu flexibilisieren,

– die entsprechenden Instrumente in der Verpackungsverordnung den neuen
Erkenntnissen anzupassen.

Berlin, den 4. Juli 2000

Birgit Homburger Gudrun Kopp
Ulrike Flach Dr. Heinrich Leonhard Kolb
Horst Friedrich (Bayreuth) Jürgen Koppelin
Hildebrecht Braun (Augsburg) Günther Friedrich Nolting
Rainer Brüderle Cornelia Pieper
Ernst Burgbacher Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Jörg van Essen Dr. Irmgard Schwaetzer
Hans-Michael Goldmann Marita Sehn
Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Hermann Otto Solms
Klaus Haupt Carl-Ludwig Thiele
Dr. Werner Hoyer Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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