BT-Drucksache 14/3810

Förderung von Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft/Vergabe eines Preises für Unternehmerinnen und Unternehmer

Vom 5. Juli 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

3810

14. Wahlperiode

05. 07. 2000

Antrag

der Abgeordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Brigitte Adler, Ingrid Becker-
Inglau, Dr. Axel Berg, Rudolf Bindig, Detlef Dzembritzki, Reinhold Hemker,
Frank Hempel, Rolf Hempelmann, Jelena Hoffmann (Chemnitz), Ingrid Holzhüter,
Hubertus Heil, Dr. Uwe Jens, Volker Jung (Düsseldorf), Karin Kortmann,
Werner Labsch, Christian Lange (Backnang), Tobias Marhold, Christian Müller
(Zittau), Birgit Roth (Speyer), Thomas Sauer, Wilhelm Schmidt (Salzgitter),
Dr. R. Werner Schuster, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Wieland Sorge, Dr. Ditmar
Staffelt, Adelheid Tröscher, Wolfgang Weiermann, Dr. Rainer Wend, Dr. Margit
Wetzel, Klaus Wiesehügel, Engelbert Clemens Wistuba, Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Förderung von Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft / Vergabe
eines Preises für Unternehmerinnen und Unternehmer

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Weltwirtschaft wächst immer enger zusammen. Grenzüberschreitende wirt-
schaftliche Kooperation wird immer selbstverständlicher. Dies gilt nicht allein
für große transnationale Konzerne, sondern auch zunehmend für mittelständi-
sche Unternehmen. Die Globalisierung erhöht für alle den Druck, neue Ein-
kaufs- und Absatzmärkte sowie Produktionsstandorte zu erschließen und sich
den Wachstumsmärkten im Süden, insbesondere den Schwellenländern, zuzu-
wenden.

Darin liegen neue Chancen für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit, die-
sen Prozess positiv zu beeinflussen und aktiv zu gestalten. Sie kann die aus wirt-
schaftlichen Eigeninteressen heraus erbrachten Leistungen der Unternehmen
durch Entwicklungsbeiträge ergänzen und erweitern. Gleichzeitig eröffnet die
Förderung privatwirtschaftlicher Initiativen den Partnerländern neue Möglich-
keiten, ihre entwicklungspolitischen Interessen und Ziele schneller zu erreichen.

Das privatwirtschaftliche deutsche Engagement ist heute um ein Vielfaches hö-
her als die öffentliche Entwicklungsfinanzierung. Über die Hälfte des Außen-
handels außerhalb der Europäischen Union wird inzwischen mit Entwicklungs-
und Transformationsländern abgewickelt. Dabei finden die Transformations-
länder überproportional das größere Interesse. Deutsche Unternehmen sind an
der Durchführung von Projekten und Programmen der bi- und multilateralen
Drucksache

14/

3810

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zusammenarbeit beteiligt oder investieren direkt in einem Entwicklungsland.
Sie können somit einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur ökonomischen
und sozialen Entwicklung in den Partnerländern leisten.

Der Deutsche Bundestag begrüßt den neuen Ansatz der Bundesregierung durch
Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft (Public Private Partnership –
PPP) eine entwicklungspolitisch sinnvolle Zusammenarbeit von Staat und pri-
vater Wirtschaft, entsprechend den Zielen der Agenda 21, einer nachhaltigen
Entwicklung, zu entwickeln und umzusetzen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich das Engagement kleiner und
mittlerer Unternehmen in Entwicklungs- und Transformationsländern, die mit
geringeren finanziellen Mitteln als multinationale Konzerne signifikante und
breitenwirksame Ergebnisse erzielen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung in Fortführung und
Verstärkung ihrer bisherigen Politik auf, nach weiteren Möglichkeiten zu su-
chen, die Zielgruppe Wirtschaft in die globale Verantwortung einzubeziehen.
Die Bundesrepublik Deutschland sollte die zunehmenden unternehmerischen
Aktivitäten in Partnerländern als Herausforderung und Chance sehen und durch
konkrete Maßnahmen unterstützen.

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

– Instrumente zu entwickeln, die das Interesse der Wirtschaft an einer Koope-
ration mit staatlichen Entwicklungseinrichtungen, insbesondere der Deut-
schen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit der Kreditanstalt für
Wiederaufbau und der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesell-
schaft bei Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) steigern;

– dafür Sorge zu tragen, dass sich PPP-Vorhaben vorrangig an den Bedürfnis-
sen der Bevölkerung in den Entwicklungsländern orientieren und somit die
Gewinnerzielung der Wirtschaft in Einklang mit den entwicklungspoliti-
schen Zielen bleibt;

– transparent zu machen, dass öffentliche finanzielle Mittel des PPP-Pro-
gramms nicht als Subventionierung deutscher Exporte sowie von Rohstoff-,
Industrie- oder Infrastrukturprojekten missbraucht werden;

– mehr Projekte der produzierenden Wirtschaft in das Konzept der Entwick-
lungspartnerschaften einbezogen werden. Um die Einbindung entwicklungs-
politisch sinnvoller Ideen von Unternehmen besser zu ermöglichen, sollten
die Abläufe im Projektzyklus angepasst werden und alle Neuvorhaben hin-
sichtlich ihrer Eignung als PPP-Maßnahmen überprüft werden;

– auch Partnerschaften zwischen kleinen und mittleren Unternehmen zu unter-
stützen, deren Unternehmenspolitiken in Einklang mit entwicklungspoliti-
schen Zielsetzungen stehen. Gefördert werden sollten Unternehmen, die sich
um die Einhaltung und Verbesserung sozialer und ökologischer Standards in
den Partnerunternehmen kümmern;

– die Verankerung von PPP in der regulären bilateralen EZ zu verbessern und
sie so weit wie möglich für eine Kooperation mit der Wirtschaft zu öffnen;

– durch PPP-Maßnahmen und ständige Öffentlichkeitsarbeit die Einsicht in
die Notwendigkeit entwicklungspolitischen Handelns in der Wirtschaft zu
erhöhen;

– die Förderung von Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft konse-
quent an den fünf Kriterien zu orientieren:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

3810

1.

Kompatibilität

mit den entwicklungspolitischen Leitlinien der Bundes-
regierung sowie den Länder- und Sektorenkonzepten des Bundesministe-
riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung;

2.

Komplementarität

zwischen öffentlichen und privaten Beiträgen, um si-
cherzustellen, dass beide Seiten durch die Kooperation ihre Ziele kosten-
günstiger, wirksamer und schneller erreichen;

3.

Subsidiarität

des öffentlichen Mitteleinsatzes, die nur eine Beteiligung
an solchen Maßnahmen zulässt, die ohne öffentlichen Beitrag nicht oder
mit geringerer entwicklungspolitischer Wirkung von einem Unternehmen
erbracht würden;

4.

Wettbewerbsneutralität

der PPP-Maßnahmen, die für alle Unternehmen
offen sein müssen. Das Auswahlverfahren für die Unternehmenspartner
soll transparent sein und auf Basis einheitlicher Kriterien stattfinden;

5.

Eigenbeitrag

des Unternehmens, der so substanziell sein soll, dass mit
möglichst geringen öffentlichen Mitteln ein möglichst großer Beitrag zur
Lösung der Probleme im Partnerland geleistet wird;

– die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft an den Kriterien einer nachhaltigen
Entwicklung – entsprechend den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit
und der Agenda 21 – zu orientieren;

– den Handel mit „fairen“ Produkten sowie den Export von umweltfreund-
lichen Technologien, Wind- und Solarenergien und anderen regenerative
Energien unter besonderer Berücksichtigung der mittelständischen Wirt-
schaft

angemessen im Konzept der Entwicklungspartnerschaften zu be-
rücksichtigen;

– analog zum Medienpreis Entwicklungspolitik für Journalistinnen und Jour-
nalisten gemeinsam mit der Wirtschaft einen Preis für bemerkenswertes un-
ternehmerisches Handeln im Bereich der Entwicklungspolitik zu initiieren.

Berlin, den 5. Juli 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.