BT-Drucksache 14/3670

Den jenseits von Oder und Neiße Verschleppten wirksam und dauerhaft helfen

Vom 27. Juni 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3670
14. Wahlperiode 27. 06. 2000

Antrag
der Abgeordneten Günter Nooke, Ulrich Adam, Hartmut Büttner (Schönebeck),
Kurt-Dieter Grill, Manfred Grund, Josef Hollerith, Dr.-Ing. Rainer Jork, Manfred
Kolbe, Hartmut Koschyk, Dr. Paul Krüger, Dr. Angela Merkel, Hans Michelbach,
Christa Reichard (Dresden), Katherina Reiche, Kurt J. Rossmanith, Anita Schäfer,
Dr. Rupert Scholz, Margarete Späte, Michael Stübgen und der Fraktion der CDU/
CSU

Den jenseits von Oder und Neiße Verschleppten wirksam und dauerhaft helfen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Schicksal der jenseits von Oder und Neiße verschleppten deutschen Staats-
bürger hat den Deutschen Bundestag wiederholt beschäftigt.

Bereits im Zusammenhang mit der Beratung des Ersten SED-Unrechtsbereini-
gungsgesetzes (1. SED-UnBerG) in der 12. Wahlperiode hatte der Rechtsaus-
schuss die Frage geprüft, „ob in die Regelungen dieses Gesetzes … auch dieje-
nigen Deutschen einbezogen werden können, die östlich von Oder und Neiße
kommunistischen Verfolgungsmaßnahmen zum Opfer gefallen sind und die
vielfach ein ebenso schweres Schicksal zu erleiden hatten wie die Opfer der
kommunistischen Gewaltherrschaft in der früheren SBZ und in der DDR“.
Hierzu hatte der Rechtsausschuss einstimmig festgestellt: „Dem Schicksal die-
ser Deutschen Rechnung zu tragen, überschreitet … den Rahmen des Ersten
SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes. Der Ausschuss hält es für dringend erfor-
derlich, im Rahmen eines künftigen Gesetzes zur Bereinigung von Kriegs-
folgengesetzen Lösungen zu finden, die auch den Opfern kommunistischer
Unrechtsmaßnahmen die Hilfen und Unterstützungen gewähren, die Personen-
gruppen mit vergleichbarem Schicksal nach dem geltenden Recht erhalten“
(vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 16. Juni
1992 – Drucksache 12/2820).

Dieser Aufgabenstellung ist der Gesetzgeber zunächst durch das Kriegsfolgen-
bereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 nachgekommen. Auch im
Schlussbericht der Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-
Diktatur im Prozess der Deutschen Einheit“, in dem die Petita der Betroffenen
und ihrer Organisationen nochmals zusammengefasst werden, wird – seinerzeit
unter Hinweis auf den aus Haushaltsgründen begrenzten Handlungsspielraum
des Gesetzgebers – u. a. empfohlen, im Rahmen freiwerdender Haushaltsmittel
für soziale Leistungen … zukünftig insbesondere auch der Stiftung für ehema-
lige politische Häftlinge zusätzliche Mittel zufließen (zu lassen), um gemäß den
gesetzlichen Vorgaben nach § 18 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) möglichst

Drucksache 14/3670 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
vielen Opfern Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen für die erlittenen
Nachteile zu gewähren. Ferner sollten Möglichkeiten „einer verbesserten Ein-
beziehung der aus dem östlichen Reichsgebiet jenseits von Oder und Neiße (in
den Grenzen von 1937) in die Sowjetunion verschleppten Zivilisten (Zivilde-
portierten) in die Leistungsgewährung des Häftlingshilfegesetzes“ geprüft wer-
den.

Die gegenwärtige Bundesregierung hat an diesen Rechtspositionen festgehal-
ten und im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungs-
rechtlicher Vorschriften für die Opfer der politischen Verfolgung in der DDR
vom 17. Dezember 1999 eine Aufstockung des Stiftungsfonds der Häftlingshil-
festiftung, aus dem diese auf Antrag Unterstützungsleistungen nach § 18 HHG
gewährt, beschlossen.

Anträge nach § 18 HHG können jährlich neu gestellt werden, soweit weiterhin
eine Notlage besteht. Dieses Verfahren ist für die inzwischen lebensälteren Be-
troffenen eine schwere Belastung. In nahezu allen Fällen, in denen in zwei auf-
einander folgenden Jahren eine Notlage anerkannt wurde und dementspre-
chende Unterstützungen gewährt wurden, kann von einer dauerhaften Notlage
der betroffenen Menschen ausgegangen werden. Eine Prüfung erübrigt sich
daher.

Zehn Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung erscheint es dringend not-
wendig, die Leiden der Menschen, die in den Gebieten des Deutschen Reiches
in den Grenzen von 1937 jenseits von Oder und Neiße verschleppt und gefan-
gen gehalten wurden, zu würdigen und ihre Lage endlich nachhaltig zu verbes-
sern. Dazu erscheint es vor allem erforderlich, Möglichkeiten zu finden, ihnen
dauerhaft Hilfe zukommen zu lassen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

1. unverzüglich das Verfahren für diese Menschen dahingehend zu erleichtern,
dass angesichts ihrer anzunehmenden dauerhaften Notlage, ein jährlicher
Antrag nicht länger notwendig ist und regelmäßig und dauerhaft Hilfe ge-
leistet wird,

2. den Satz der Unterstützungsleistungen auf 12 000 Deutsche Mark jährlich
anzuheben,

3. dem Deutschen Bundestag über die ergriffenen Maßnahmen kurzfristig zu
berichten.

Berlin, den 27. Juni 2000

Günter Nooke
Ulrich Adam
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Kurt-Dieter Grill
Manfred Grund
Josef Hollerith
Dr.-Ing. Rainer Jork
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Dr. Paul Krüger

Dr. Angela Merkel
Hans Michelbach
Christa Reichard (Dresden)
Katherina Reiche
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer
Dr. Rupert Scholz
Margarete Späte
Michael Stübgen
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.