BT-Drucksache 14/3555

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie über das Folgerecht des Urhebers des Orginals eines Kunstwerkes (Folgerechtsanpassungsgesetz)

Vom 7. Juni 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

3555

14. Wahlperiode

07. 06. 2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Rainer Funke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Klaus Haupt, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Gerhard
Schüßler, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion F.D.P.

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie über das Folgerecht
des Urhebers des Originals eines Kunstwerkes (Folgerechtsanpassungsgesetz)

A. Problem

Nach geltendem Recht ist der deutsche gegenüber dem internationalen Kunst-
markt unter Wettbewerbsgesichtspunkten extrem benachteiligt. Aus diesem
Grund hat die EU-Kommission nach jahrelangen Verhandlungen trotz des an-
fänglichen Widerstands einiger Mitgliedstaaten das Folgerecht harmonisiert.
Im März 2000 wurde im zuständigen EU-Ausschuss die „Richtlinie über das
Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerkes“ (Folgerechtsricht-
linie) beschlossen. Zwar verändern sich die Bedingungen für die deutschen
Künstler, da die Abgabesätze auf durchschnittlich 3 Prozent gesenkt werden.
Ihnen wird dafür aber die Möglichkeit eröffnet, auf allen Märkten der Europäi-
schen Union – insbesondere in London und Wien – an den Weiterverkäufen ih-
rer Werke beteiligt zu werden. Die Richtlinie sieht lange Fristen für die Umset-
zung in nationales Recht vor. So soll ds neue Folgerecht für die Erben von
Künstlern erst nach einer Frist von 15 Jahren europaweit gelten. Die EU-Rege-
lung greift allerdings bestehende Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung des
geltenden Rechts nicht auf. Damit wird die gegenwärtige Benachteiligung des
Kunstmarkts in Deutschland perpetuiert.

B. Lösung

Die Folgerechtsrichtlinie wird ohne Übergangsfristen in nationales Recht um-
gesetzt. § 26 UrhG ist unter Berücksichtigung der Beseitigung der gegenwärti-
gen Wettbewerbsnachteile für den Kunstmarkt in Deutschland zu ändern.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie über das Folgerecht
des Urhebers des Originals eines Kunstwerkes (Folgerechtsanpassungsgesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutz-
rechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965
(BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Gesetz vom
16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1827), wird wie folgt geändert:

§ 26 erhält folgende Fassung:

㤠26
Folgerecht

(1) Wird das Original eines Werkes der bildenden Künste
nach der ersten Veräußerung mit Gewinn weiterveräußert
und ist hieran ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwer-
ber, Veräußerer oder Vermittler beteiligt, so hat der Veräu-
ßerer an den Urheber vom Verkaufspreis abzuführen,

ab 4 000



bis 50 000



: 4 %

ab 50 001



bis 200 000



: 3 %

ab 200 001



bis 350 000



: 1 %

ab 350 001



bis 500 000



: 0,5 %

ab 500 001



: 0,25 %,

höchstens aber 12 500



. Wird ein Original eines Werkes
der bildenden Künste von einer Galerie erstmals weiterver-
äußert, die dieses direkt vom Urheber erworben hat, entfällt
das Folgerecht.

(2) Als Verkaufspreis im Sinne des Absatzes 1 gilt der
Verkaufspreis ohne Steuern.

(3) Der Urheber oder sein Vertreter kann von jedem
Kunsthändler, Verkaufsdirektor oder Veranstalter einer Ver-
steigerung alle Auskünfte einholen, die für die Geltendma-
chung des Folgerechts aus Veräußerungen von Originalen
von Kunstwerken im abgelaufenen Jahr erforderlich sind.

(4) Der Anspruch nach den Absätzen 1 und 3 können
durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht wer-
den.

(5) Bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder
Vollständigkeit einer Auskunft nach Absatz 3, so kann die
Verwertungsgesellschaft verlangen, dass nach Wahl des
Auskunftspflichtigen ihr oder einem von ihm zu bestim-
menden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer Ein-
sicht in die Geschäftsbücher oder sonstige Urkunden soweit
gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder
Vollständigkeit der Auskunft erforderlich ist. Erweist sich
die Auskunft als unrichtig oder unvollständig, so hat der
Auskunftspflichtige die Kosten der Prüfung zu erstatten.

(6) Der Anspruch des Urhebers verjährt in einem Jahr
von dem Zeitpunkt an, in dem er von den folgerechtsbe-
gründenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Im Übrigen ver-
jährt der Anspruch in fünf Jahren.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 6. Juni 2000

Rainer Funke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Walter Hirche

Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Gerhard Schüßler
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhard und Fraktion
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

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Begründung

A. Allgemeines

Die geltende Regelung des Folgerechts, die in das Urheber-
recht eingebunden ist, sieht vor, dass Galerien, Kunsthänd-
ler und Auktionshäuser bei Wiederverkäufen von ab 1900
entstandenen Kunstwerken fünf Prozent des Verkaufserlö-
ses an den Künstler (Urheber) bzw. seine Erben bis zu
70 Jahren nach dem Tod des Künstlers zahlen müssen.

Das in Deutschland geltende Folgerecht existiert europa-
weit so nur noch in Schweden. Ein Teil der Staaten, z. B.
Frankreich, kennt das Folgerecht nur für Kunstversteigerer,
andere Länder, insbesondere Großbritannien, gar nicht. Der
daraus geltende Wettbewerbsnachteil für die mit dem Folge-
recht belasteten Kunstmärkte führte dazu, dass sich dieser in
den EU-Staaten auf London konzentriert. Rund 80 % des
gesamten Kunsthandels innerhalb der EU-Staaten werden
dort abgewickelt. Durch die im März 2000 verabschiedete
„Richtlinie über das Folgerecht des Urhebers des Originals
eines Kunstwerkes“ (Folgerechtsrichtlinie) sollen das Fol-
gerecht europaweit harmonisiert, die bestehenden wettbe-
werbsrechtlichen Ungleichheiten im europäischen Kunst-
handel beseitigt werden.

Die vorgesehenen langen Übergangsfristen machen aber aus
dem Harmonisierungsbeschluss ein stumpfes Schwert. Fai-
rer Wettbewerb wird dadurch nicht hergestellt, vielmehr der
gegenwärtige den Kunstmarkt in Deutschland benachteili-
gende Rechtszustand aufrechterhalten.

Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Beseitigung
der Wettbewerbsnachteile für den Kunstmarkt in Deutsch-
land. § 26 UrhG (Folgerecht) ist deshalb zu ändern. Zum ei-
nen muss die Folgerechtsrichtlinie der EU umgehend und
ohne Übergangsfristen in nationales Recht umgesetzt wer-
den. Zum anderen müssen weitere den Wettbewerb im
Kunsthandel beeinträchtigende Regelungen geändert wer-
den.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

(Änderung des Urheberrechtsgesetzes)

Zu § 26

(Folgerecht)

Zu Absatz 1

Mit Absatz 1 Satz 1 werden die in der EU-Richtlinie festge-
legten Abgabesätze in das deutsche Recht übernommen.
Die Abgabe beträgt aber höchstens 12 500



. Die Sätze gel-
ten bei Weiterverkauf von Originalen von Kunstwerken.
Originale nach der EU-Richtlinie sind Handschriften und
Werke der bildenden Künste wie Gemälde, Collagen, Zeich-
nungen, Bilddrucke, Stiche, Lithographien, Plastiken, Ta-
pisserien, Keramiken und Lichtbildwerke, soweit sie voll-
ständig vom Künstler geschaffen worden sind oder es sich
um Exemplare handelt, die nach der Verkehrssitte als Origi-
nale von Kunstwerken angesehen werden.

Absatz 1 Satz 1 bestimmt des Weiteren, dass das Folgerecht
erst nach der ersten Veräußerung durch den Urheber anfällt.
Der bisherige Rechtszustand, nach dem bereits der erste
Verkauf durch den Künstler selbst folgerechtspflichtig war,
wird damit beendet. Zudem nimmt Absatz 1 Satz 2 den sog.
Galerieerstverkauf ausdrücklich aus. Die bisherige Praxis,
nach der Erstverkauf in Galerien das Folgerecht auslöste,
hat sich nicht bewährt.

Schließlich wird in Absatz 1 Satz 1 festgelegt, dass ledig-
lich die Veräußerung mit Gewinn, also der Differenzbetrag
zwischen Erstankauf und Weiterverkauf, die Abgabepflicht
auslöst. Eine Abgabepflicht auf Weiterveräußerungen, die
keinen Gewinn für den Weiterveräußerer enthalten, belastet
Verwerter ohne erkennbare Gründe wirtschaftlich einseitig
und hemmt die Weiterveräußerung am Markt noch nicht
etablierter und damit riskanter Kunstwerke.

Zu Absatz 2

Absatz 2 statuiert die Bemessungsgrundlage für die Folge-
rechtsabgabe.

Zu Absatz 3

Die Möglichkeit der Geltendmachung des Folgerechts er-
leichtert Absatz 3 durch die Festschreibung eines Aus-
kunftsrechts des Urhebers oder seines Vertreters, das gegen-
über jedem Kunsthändler, Verkaufsdirektor oder Veranstal-
ter einer Versteigerung erhoben werden kann.

Zu Absatz 4

Gemäß Absatz 4 kann der Auskunftsanspruch des
Absatzes 3 auch von einer Verwertungsgesellschaft wahrge-
nommen werden.

Zu Absatz 5

Absatz 5 legt die Rechte der Verwertungsgesellschaft ge-
genüber den Auskunftspflichtigen fest und bestimmt zu-
gleich deren Prüfungskostenerstattungspflicht bei unrichti-
ger oder unvollständiger Auskunft.

Zu Absatz 6

Die Verjährungsfristen regelt Absatz 6. In Satz 1 wird die
einjährige Frist ab Kenntnis der das Abgaberecht auslösen-
den Tatsachen für die Geltendmachung des Folgerechts fi-
xiert. Satz 2 bestimmt, dass der Folgerechtsanspruch gene-
rell nach fünf Jahren verjährt. Die bisherige zehnjährige
Verjährungsfrist führte schon in Deutschland zu erheblicher
Rechtsunsicherheit, gerade wenn viele Künstler ihr Folge-
recht nicht wahrnehmen. Im europäischen Maßstab ist diese
Rechtsunsicherheit wirtschaftlich nicht vertretbar.

Zu Artikel 2

(Inkrafttreten)

Artikel 2 legt den Tag des Inkrafttretens des Gesetzes fest.

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