BT-Drucksache 14/3518

Bildungsschecks für mehr Qualität und Wettbewerb an Hochschulen in Deutschland

Vom 7. Juni 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3518
14. Wahlperiode 07. 06. 2000

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Pieper, Birgit Homburger, Ulrike Flach, Horst Friedrich
(Bayreuth), Rainer Funke, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt,
Dr. Helmut Haussmann, Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Detlef Parr, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Bildungsschecks für mehr Qualität und Wettbewerb an Hochschulen
in Deutschland

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Erhöhung der Attraktivität des Studienstandortes Deutschland ist eine zen-
trale Aufgabe des Bundes und der Länder mit hoher Priorität.

Um das Ziel in absehbarer Zeit zu erreichen, bedarf es sehr großer Anstrengun-
gen und der Bündelung zielführender Maßnahmen zu deren konsequenter Um-
setzung.

Eine Qualitätsverbesserung an Hochschulen in Deutschland kann nur durch
mehr Wettbewerb erreicht werden.

Elemente des gegenwärtigen Hochschulfinanzierungssystems behindern die
Autonomie der und den Wettbewerb zwischen den Hochschulen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

– Das Bildungsscheckmodell ist in die Bund-Länder-Kommission für Bil-
dungsplanung und Forschungsförderung (BLK) mit dem Ziel einzubringen,
dass im Rahmen eines bundesweiten Modellversuchs die Bildungsschecks
auf ihre Wirkungen auf ein modernes, wettbewerblich orientiertes Hoch-
schulsystem untersucht werden. Dabei sind insbesondere die Wanderungs-
bewegungen zwischen den Bundesländern zu berücksichtigen.

– Zur Durchsetzung der Autonomie der deutschen Hochschulen, zur Stärkung
ihrer materiell-technischen Basis und zur Sicherung einer Studiengeldfrei-
heit für eine erste, bei konsekutiven Studiengängen auch für eine zweite be-
rufsqualifizierende Ausbildung sind alle Bundesländer aufzufordern, Bil-
dungsschecksysteme einzuführen.

– Der Bildungsscheck ist ein Wertpapier, welches dem Studierenden seinen
persönlichen Anspruch auf die staatliche Finanzierung seines Rechts auf

Drucksache 14/3518 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bildung verbrieft. Er kann, im Rahmen seiner Gültigkeit auch für Zweitstu-
diengänge und eine spätere Weiterbildung an Hochschulen genutzt werden.
Er gilt für Duale Studiengänge ebenso wie für das Fernstudium an Hoch-
schulen. Mit dem Bildungsscheck erhält jeder entsprechend qualifizierte Ju-
gendliche von dem Bundesland, das ihm die Hochschulzugangsberechti-
gung verliehen hat, für die angestrebte Hochschulausbildung staatliches
Geld treuhänderisch übereignet. Mit der Ausgabe von Bildungsschecks ver-
bürgen sich die Bundesländer den deutschen Hochschulen gegenüber, einen
bestimmten Geldbetrag, der die durchschnittlichen Kosten eines Studieren-
den in vergleichbaren Bildungsgängen decken kann, zu zahlen. So kann sich
das Lehrangebot quantitativ an der Lehrnachfrage der Studierenden ausrich-
ten.

– Durch die Einführung der Bildungsschecks werden die Voraussetzungen für
eine wirkliche Selbstverwaltung der deutschen Hochschulen und den Wett-
bewerb auf einem freien Bildungsmarkt geschaffen. Der Bildungsscheck si-
chert den Hochschulen die Mittel für eine qualitative und quantitative Ver-
besserung der Lehre.

– Bund und Länder enthalten sich mit dem Bildungsschecksystem weitgehend
der Qualitätsbeurteilung der einzelnen Hochschulen. Die Verantwortung
wird direkt an die Studierenden abgegeben, die mit ihren Ausbildungserwar-
tungen und ihrer persönlichen Lebensplanung als Kunden gegenüber der
Hochschule auftreten.

– Mit der Annahme der Bildungsschecks gehen die Hochschulen einen Bil-
dungsvertrag mit dem Studierenden ein, in dem Art, Umfang, Zeitablauf und
das Ziel der Ausbildung festgelegt sind. Die Studierenden bezahlen diese
Leistungen nach Semesterwochenstunden mit dem Bildungsscheck.

– Durch das Bildungsschecksystem wird den Studierenden die volle Wahlfrei-
heit zwischen allen vom Staat zugelassenen Hochschulen, unabhängig von
ihrer Trägerschaft, garantiert.

– Der staatliche Finanzierungsstrom wird durch die Bildungsschecks künftig
an wettbewerblich definierte Qualitätskriterien gebunden werden, welche
vom eigentlichen Bezieher der Leistung, den Studierenden, ständig evaluiert
werden. Angebot und Nachfrage werden das bestimmende Element für ei-
nen Teil des Hochschulhaushalts.

Berlin, den 7. Juni 2000

Cornelia Pieper
Birgit Homburger
Ulrike Flach
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann

Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3518

Begründung

Die Kultusministerkonferenz hat sich in ihrem Beschluss vom 25. Mai 2000
u. a. für die Schaffung von Anreizen für die Hochschulen, den Abschluss eines
grundständigen Studiums in der Regelstudienzeit zu ermöglichen, ausgespro-
chen. Eine bloße Einführung von Studiengebühren gefährdet nicht nur die
Chancengleichheit für Studierende aus einkommensschwächeren Verhältnis-
sen, sondern gefährdet vor allem den Beginn einer umfassenden Hochschul-
strukturreform, in der die autonome Hochschule das Maß aller Dinge ist.

Bund und Länder haben, entsprechend ihrer jeweiligen Verantwortung, den ih-
nen im Hochschulrahmengesetz (HRG) gegebenen Raum für eigene politische
Gestaltungsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundfinanzierung der Hochschu-
len sowie von Lehre und Forschung auszugestalten.

Mit der bundesweiten Einführung von Bildungsschecks für Studierende wird
der staatliche Anteil der Kosten für die Lehre an den Hochschulen bis zu einem
ersten berufsqualifizierenden Abschluss in einer Regelstudienzeit und bei kon-
sekutiven Studiengängen auch darüber hinaus garantiert.

Die Bildungsschecks geben den Hochschulen einen materiellen Anreiz, ihr An-
gebot an der Nachfrage auszurichten und nicht ausgelastete Lehrkapazitäten in
die Bereiche mit einer hohen Nachfrage umzuschichten.

So kann der Numerus clausus, ohne zusätzliche Kosten für den Staat, spürbar
abgebaut werden und die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen
AdöR (ZVS) schrittweise ihre Arbeit einstellen.

Die Einführung der Bildungsschecks schafft die Voraussetzung für eine wirkli-
che Selbstverwaltung der deutschen Hochschulen, den Wettbewerb auf einem
freien Bildungsmarkt und eine Studiengeldfreiheit für Studierende bis zu einem
ersten, bei konsekutiven Studiengängen bis zu einem zweiten, berufsqualifizie-
renden Abschluss.

Der Bildungsscheck ist ein Baustein auf dem Weg zu einem freiheitlichen Bil-
dungssystem.

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