BT-Drucksache 14/3398

Organisatorische Straffung und mehr Transparenz in der deutschen Außenwirtschaftsförderung

Vom 17. Mai 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3398
14. Wahlperiode 17. 05. 2000

Antrag
der Abgeordneten Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter
Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gerhard Schüßler, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Organisatorische Straffung und mehr Transparenz in der deutschen
Außenwirtschaftsförderung

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 14/3174 vom 11. April 2000)
hat ergeben, dass in der praktizierten staatlichen Außenwirtschaftsförderung in
Deutschland einiges im Argen liegt.

Die Bundesregierung hat offenbar Möglichkeiten, traditionelle Außenwirt-
schaftsförderaufgaben auf nicht staatliche Stellen zu übertragen, noch nicht
gründlich geprüft. Die Zusammenarbeit der „Drei-Säulen“ der Außenwirt-
schaftsförderung vor Ort ist noch oft unbefriedigend. Das Engagement von
Landesbanken einzelner Bundesländer stiftet zusätzlich Verwirrung, da diese
Aktivitäten offenbar nicht immer in eine gemeinsame Strategie eingebunden
werden können. Sie verzerren zudem den Wettbewerb. Die Außenwirtschafts-
förderaktivitäten einiger Landesbanken bedürfen nicht zuletzt vor dem Hinter-
grund der Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission ohnehin einer Über-
prüfung.

Nach Angaben der Bundesregierung ist es notwendig, gerade im Interesse des
Mittelstandes die Transparenz des Gesamtangebots zu erhöhen und das Ange-
bot zu straffen. Ein Konzept für einen elektronischen Service-Verbund Außen-
wirtschaft ist in Arbeit und wird demnächst vorliegen. Diese Ansätze sind
ausdrücklich zu begrüßen. Es bleibt dabei allerdings unklar, warum die Bun-
desstelle für Außenhandelsinformation (BfAI) hier als zentrale Anlaufstelle
fungieren soll. Es sollte in diesem Zusammenhang überlegt werden, ob korres-
pondierend zu dem elektronischen Verbund in enger Zusammenarbeit mit der
Wirtschaft auch ein Entscheidungsverbund der Ausschüsse, die sich mit der
Außenwirtschaftsförderung befassen, an die Stelle unkoordiniert nebeneinan-
der wirkender Gremien treten kann.

Bei der BfAI ist nach Angaben der Bundesregierung zu beobachten, dass die
Nachfrage nach allgemeinen Außenwirtschaftsinformationen stark zurückgeht,
während verstärkt Informationen verlangt werden, wenn ein konkreter Bedarf
der Unternehmen vorliegt. Außerdem war die BfAI bisher offensichtlich nicht
in der Lage, die neuen Informationstechniken angemessen einzusetzen und an-

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zubieten. So werden Geschäftsanfragen aus dem Ausland noch immer langwie-
rig und bürokratisch in Printform verbreitet und überflüssige Bescheide erstellt.
Insgesamt erhält die BfAI aus dem Bundeshaushalt immerhin pro Jahr
40 Mio. DM, wovon aber weniger als ein Prozent für die Förderung der Bereit-
stellung von Außenwirtschaftsinformationen über Neue Medien vorgesehen ist.
Hier stellt sich auch angesichts des steigenden Angebots allgemeiner Außen-
wirtschaftsinformationen in den Neuen Medien die Frage, ob die BfAI in ihrer
bisherigen Form dann noch eine geeignete Institution zur Bereitstellung von In-
formationen im Interesse der Außenwirtschaftsförderung sein kann. Denn mit
dem Informationsangebot im Internet wird die BfAI selbst nicht konkurrieren
können.

Die BfAI wird außerdem die Überprüfung von Internet-Adressen auf Seriösität
– wie von der Bundesregierung angestrebt – kaum leisten können. Internet-Re-
cherchen durch die BfAI würden zudem bedeuten, dass sie verstärkt in Konkur-
renz zu privaten Dienstanbietern treten müsste, was nicht ihre primäre Aufgabe
sein kann. Für auf den betrieblichen Einzelfall zugeschnittene und aufbereitete
Informationsbereitstellung ist die BfAI in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht
geeignet.

Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort ausführt, ist die Außenwirtschafts-
förderung in den meisten anderen Industrieländern zentralistischer organisiert
und liegt hier oft in der Hand einer einzigen Organisation. Vielfalt ist oft von
Vorteil, führt aber in der staatlichen Außenwirtschaftsförderung offenbar zu ho-
hen Reibungsverlusten, zu Intransparenz und benachteiligt im Ergebnis insbe-
sondere den exportinteressierten Mittelstand. Die Koordinierung im Ausland
selbst darf nicht allein dem guten Willen der verantwortlichen Personen über-
lassen bleiben, sondern muss systematisch angegangen und institutionell veran-
kert werden.

Eine konsequente Reform ist umso notwendiger, als der hohe Lebensstandard
in Deutschland weitgehend auf der engen Verflechtung mit der Weltwirtschaft
beruht. Die Exportquote der deutschen Industrie liegt bei etwa 35 %, so dass
ungefähr jeder dritte Arbeitsplatz vom Export abhängt. Der Festigung der inter-
nationalen Wettbewerbsposition müssen Wirtschaft und Politik ihre volle Auf-
merksamkeit widmen. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie hat
es hier bisher an dem notwendigen Engagement fehlen lassen. Dies ist umso
bedauerlicher, als sich mit der Globalisierung und der Verschärfung des inter-
nationalen Wettbewerbs neue Anforderungen an die Außenwirtschaftsförde-
rung entwickelt haben. Die Bundesregierung bestätigt diese Zusammenhänge
in ihrer Antwort auf die oben zitierte Kleine Anfrage deutlich.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf:

1. Die Arbeiten am Service-Verbund Außenwirtschaft engagiert voranzutrei-
ben und zu gegebener Zeit über die Ergebnisse und erreichten Fortschritte
zu berichten.

2. Zu prüfen, ob ein gemeinsamer Ausschuss für Außenwirtschaftsförderung
geschaffen werden kann, der an die Stelle des Interministeriellen Ausschus-
ses Außenwirtschaft und des entsprechenden Bund-Länder-Ausschusses
tritt, Bund, Länder und Spitzenverbände der Wirtschaft umfasst und als
Steuerungsinstrument für einen elektronischen Service-Verbund Außenwirt-
schaft dienen könnte.

3. Zu prüfen, inwieweit das allgemeine Außenwirtschaftsinformationsangebot
des BfAI durch das Informationsangebot im Internet entbehrlich geworden
ist.

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4. Zu prüfen, inwieweit eine stärker detailorientierte Aktivität der BfAI die
Konkurrenz zu den Auslandshandelskammern und zu privaten Dienstanbie-
tern verschärft.

5. Einen Bericht zu den Zukunftsperspektiven der BfAI vorzulegen, der auch
die Frage einer Auflösung dieser nachgeordneten Behörde behandelt.

6. Der Außenwirtschaftsförderung im Interesse des Mittelstandes mehr Auf-
merksamkeit zu widmen als bisher. Hierbei sollten verstärkt Erfahrungen
und Praktiken aus anderen Ländern im Sinne eines Benchmarking berück-
sichtigt werden.

Berlin, den 16. Mai 2000

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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