BT-Drucksache 14/336

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Stiftungsrechts (StiftRReformG)

Vom 28. Januar 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/336 vom 28.01.1999

Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. Entwurf eines Gesetzes zur
Reform des Stiftungsrechts (StiftRReformG) =

28.01.1999 - 336

14/336

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Rainer Funke, Dr. Klaus
Kinkel,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Hermann Otto Solms, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Wolfgang Gerhardt, Hans-Michael Goldmann, Klaus Haupt, Walter
Hirche,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting,
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Günter Rexrodt, Marita Sehn, Dr. Max
tadler,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der F.D.P.
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Stiftungsrechts (StiftRReformG)

A. Problem
Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert kommt der Stiftung als indivi-
dueller Form bürgerlichen Engagements wachsende Bedeutung zu. Das Ende
staatlicher Vollversorgungsmentalität in den westlichen
Industrieländern ist eingeläutet. Der Staat ist nicht zuletzt aus
ökonomischen Gründen nicht mehr in der Lage, alles und jedes für den
einzelnen zu regeln. Er darf daher privates finanzielles Engagement für
die Allgemeinheit nicht mehr allein als Ausdruck individueller
Lebensgestaltung begreifen und als willkommene finanzielle Entlastung
akzeptieren. Er muß sich darüber klar werden, daß er auf dieses private
Engagement mehr und mehr angewiesen ist. Seine Funktionsfähigkeit und
damit die Akzeptanz seiner Autorität durch die Bevölkerung wird
zumindest teilweise abhängig werden vom Einsatz seiner Bürger.
Die Art dieses Einsatzes kann vielfältig sein. Sie reicht vom
ehrenamtlichen Engagement über den Grundwehr- und Zivildienst und das
freiwillige "soziale Jahr" bis hin zu Mäzenatentum und privaten
Stiftungen. In diesem Reigen privaten Engagements für die Allgemeinheit
und damit zur finanziellen Entlastung des Staates führt vor allem das
Stiftungswesen seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit ein
Schattendasein. Doch gerade gemeinnützige Stiftungen können einen
großen Beitrag zur Förderung kultureller, sozialer und
wissenschaftlicher Projekte und des Sports leisten.
Trotz der dauernd angespannten Haushaltslage des Bundes und der Länder
muß der Staat seinen grundgesetzlichen Verpflichtungen für den
kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Bereich gerecht werden.
Daneben ist es allerdings unumgänglich, in wachsendem Umfang privates
Engagement zu erschließen. Die Neugestaltung des Stiftungs- und
Stiftungssteuerrechts soll dieser Notwendigkeit Rechnung tragen.

Das private Geldvermögen in Deutschland beläuft sich auf insgesamt 5
200 Mrd. DM. In den kommenden Jahren werden jährlich etwa
250 Mrd. DM vererbt werden. Ziel des Stiftungsrechts muß es sein, einen
zunehmenden Anteil dieser Mittel für gemeinnütziges Engagement - auch
im Kulturbereich - nutzbar zu machen.
Stiftungsinitiativen sind in den vergangenen Jahren etwas zahlreicher
geworden. Im Vergleich zur Situation noch Ende des 19. Jahrhunderts und
zur derzeitigen Lage in den USA oder auch in England
besteht aber in Deutschland noch immer starker Nachholbedarf.
Ursachen hierfür sind zum einen der mit der Errichtung einer Stiftung
bisher verbundene übermäßige bürokratische Aufwand, zum anderen die
nicht ausreichenden steuerlichen Anreize.
B. Lösung
Zweck des Gesetzes ist es, die Rahmenbedingungen für Stiftungen zu
verbessern, um die Errichtung neuer bzw. die Erweiterung be-
stehender Stiftungen anzuregen. Um die Errichtung von Stiftungen
attraktiver zu gestalten, werden zum einen die zivilrechtlichen
Vorschriften der §§ 80 bis 88 BGB umfassend reformiert. Die Errichtung
einer Stiftung soll zukünftig so schnell und so einfach wie möglich
erfolgen können. Die staatliche Genehmigung, das sog. Konzes-
sionssystem, entfällt. Zur Errichtung einer Stiftung genügt zukünftig
ausschließlich die notarielle Beurkundung der Stiftungserrichtung. Die
Rechtsaufsicht der Länder beginnt erst mit der Anzeige der
Errichtung. Die Voraussetzungen für die Errichtung der Stiftung werden
bundeseinheitlich und abschließend im BGB geregelt. Ferner werden die
steuerlichen Bedingungen für die Errichtung und Förderung
gemeinnütziger Stiftungen im Sinne der §§ 52 bis 54 AO deutlich
verbessert. Die Erhöhung der Rücklagemöglichkeiten dient der
dauerhaften Erhaltung des Stiftungskapitals und damit der nachhal-
tigen Erfüllung des Stiftungszwecks.
C. Alternativen
Es wurde erwogen, die Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung abhängig
zu machen von ihrer Eintragung in ein bundeseinheitliches
Stiftungsregister. Gegen eine solche Abhängigkeit sprechen jedoch nicht
nur der erhöhte bürokratische Aufwand, sondern auch die Tatsache, daß
die Regelungen über die Stiftungsaufsicht und das Register Ländersache
sind und bleiben sollen.
D. Kosten
Die Änderungen des BGB sind kostenneutral. Durch den Wegfall der
Errichtungsgenehmigung wird es auf Länderebene voraussichtlich zu
geringfügigen Kosteneinsparungen kommen.
Den durch die Erweiterung steuerlicher Anrechnungsmöglichkeiten für
Stiftungen verursachten Mindereinnahmen des Staates stehen
finanzielle Entlastungen durch die verstärkte Übernahme bisher vom
Staat finanzierter Maßnahmen durch gemeinnützige Stiftungen gegenüber.
Der präzise Umfang von Mindereinnahmen und Entlastungen läßt sich
naturgemäß schwer beziffern, da Gründung und Aufgabenstellung von
Stiftungen auf individuellen Entscheidungen beruhen.

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Stiftungsrechts (StiftRReformG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Das Bürgerliche Gesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III,
Gliederungsnummer 400-2, veröffent-
lichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 11 des
Gesetzes vom 18. Juni 1997 (BGBl. I S. 1430), wird wie folgt geändert:
1. Die §§ 80 bis 86 erhalten folgende Fassung:
"§ 80
Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung
Die Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung bedarf der
notariellen Beurkundung des Stiftungsgeschäfts.
§ 81
Stiftungszweck
Eine Stiftung darf jeden erlaubten Zweck verfolgen. Sie hat das
Recht, Unternehmen zu betreiben oder an solchen beteiligt zu sein,
sofern sich ihre
Tätigkeit nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes erschöpft und soweit
sie nicht persönlich haftende Gesellschafterin einer
Personenhandelsgesellschaft ist.
§ 82
Stiftungsgeschäft
(1) Das Stiftungsgeschäft kann unter Lebenden und von Todes wegen
errichtet werden. Die Unterzeichnung des Stiftungsgeschäfts unter
Lebenden durch Bevollmächtigte ist nur auf Grund einer notariell
errichteten oder beglaubigten Vollmacht zulässig.
(2) Die Verfassung einer Stiftung (Stiftungssatzung) wird, soweit
sie nicht auf Bundesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft
bestimmt. Die Stiftungssatzung soll Regelungen enthalten über
1. den Stiftungszweck,
2. die Vermögensausstattung der Stiftung,
3. den Sitz der Stiftung,
4. einen Vorstand und etwaige weitere Organe der Stiftung,
5. die Aufgaben und Befugnisse der Organe der Stiftung, sofern
nicht lediglich ein Vorstand gebildet werden soll,
6. die Zahl, Berufung, Abberufung und Berufungszeit der
Mitglieder der Organe der Stiftung,
7. den Anfall des Vermögens bei Aufhebung oder in den sonstigen
Fällen der Beendigung der Stiftung.
§ 83
Stiftungsaufsicht
(1) Stiftungen unterstehen der Rechtsaufsicht nach näherer
Maßgabe der Stiftungsgesetze der Länder.
(2) Die Stiftungsaufsicht führt ein Register, das Angaben über
den Namen der Stiftung, den Vorstand und den Zweck der Stiftung
enthalten muß.
§ 84
Stiftungsorgane
(1) Die Vorschriften der §§ 26 und 27 Abs. 3 und
der §§ 28 bis 31 und 42 finden auf Stiftungen entsprechende Anwendung,
die Vorschriften des § 27 Abs. 3 und des § 28 Abs. 1 jedoch nur
insoweit, als sich nicht aus der Stiftungssatzung, insbesondere daraus,
daß die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt
wird, etwas anderes ergibt. Die Vorschriften des § 28 Abs. 2 und des §
29 finden auf Stiftungen,
deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine
Anwendung. Die Stiftung kann sich weitere Organe, insbesondere einen
Stiftungsrat, geben.
(2) Der Vorstand der Stiftung hat für den Schluß eines jeden
Geschäftsjahres einen Jahresabschluß zu erstellen. Die Vorschriften des
Ersten Abschnitts des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches finden
entsprechende Anwendung. Die landesrechtlichen Vorschriften über die
Erstellung eines Berichts über die Erfüllung des Stiftungszweckes
bleiben unberührt.
§ 85
Zweckänderung, Aufhebung
(1) Ist die Erfüllung des Stiftungszweckes unmöglich geworden
oder verstößt sie gegen das Gesetz, so kann die zuständige Behörde der
Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben.
(2) Bei der Umwandlung des Zweckes ist der Stifterwille zu
berücksichtigen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die Erträge
des Stiftungsvermögens dem Personenkreise, dem sie zustatten kommen
sollten, im Sinne des Stifters erhalten bleiben. Die Behörde kann die
Stiftungssatzung ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es
erfordert.
(3) Die Stiftungssatzung kann die Organe zu Maßnahmen nach Absatz
1 unter im einzelnen zu bestimmenden Voraussetzungen ermächtigen. Zu
Maßnahmen nach Absatz 1 sind die Organe der Stiftung auch befugt, wenn
dies auf Grund einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse
notwendig ist. Vorbehaltlich abweichender Regelung in der
Stiftungssatzung bedürfen die Beschlüsse der Zustimmung aller Or-
gane. Die Beschlüsse sind im Einvernehmen mit der Stiftungsaufsicht zu
treffen und bedürfen notarieller Beurkundung.
§ 86
Vermögensanfall
Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an die in der
Satzung bestimmten Personen. Die Vorschriften der §§ 46 bis 53 finden
entsprechende Anwendung."
2. Die §§ 87 und 88 werden aufgehoben.
Artikel 2
Änderung der Abgabenordnung
Die Abgabenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III,
Gliederungsnummer 610-1-3, veröffentlichten bereinigten Fassung,
zuletzt geändert durch ... (BGBl. I S. ...) wird wie folgt geändert:
§ 58 wird wie folgt geändert:
1. Nummer 2 wird wie folgt gefaßt:
"2. eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen,
ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts als Kapitalausstattung oder zur Verwendung zu
steuerbegünstigten Zwecken zugewendet."
2. Nummer 7 wird wie folgt geändert:
a) In Buchstabe a wird das Wort "Viertel" durch das Wort
"Drittel" ersetzt.
b) Nach Buchstabe b wird folgender neuer Buch-
stabe c angefügt:
"c) eine rechtsfähige Stiftung des Privatrechts innerhalb der
ersten drei Jahre nach ihrer Entstehung ihre Überschüsse einbehält,
sofern ihr dieses nach ihrer Verfassung gestattet ist."
Artikel 3
Änderung des Einkommensteuergesetzes
Das Einkommensteuergesetz 1990 in der im Bundesgesetzblatt Teil III,
Gliederungsnummer 611-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt
geändert durch ... (BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:
1. In § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 werden nach den Worten "für
steuerbegünstigte Zwecke im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 1" die Worte
"und im Falle einer Stiftung des Privatrechts für steuerbegünstigte
Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung" eingefügt.
2. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 wird folgende neue Num-
mer 10 eingefügt:
"10. unbeschadet § 10b Abs. 1 Zuwendungen an eine nach den §§
52 bis 54 der Abgabenordnung steuerbegünstigte Stiftung des
Privatrechts in Höhe von 20 vom Hundert. Zuwendung im Sinne dieser
Vorschrift ist auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme
von Nutzungen und Leistungen. Ist das Wirtschaftsgut unmittelbar vor
seiner Zuwendung einem Betriebsvermögen entnommen worden, so darf bei
Ermittlung der Zuwendungshöhe der bei der Entnahme angesetzte Wert
nicht überschritten werden. In allen übrigen Fällen bestimmt sich die
Höhe der Zuwendung nach dem gemeinen Wert des zugewendeten
Wirtschaftsguts."
3. Nach § 16 Abs. 4 wird ein neuer Absatz 5 angefügt:
"(5) Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nicht Gewinne
im Sinne der Absätze eins bis drei, die zur Gründung oder Förderung
einer Stiftung verwendet werden, die gemeinnützige Zwecke im Sinne der
§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung verfolgt."
4. In § 18 Abs. 1 wird nach dem Wort "künstlerische," das Wort
"kulturwirtschaftliche," eingefügt.
Artikel 4
Änderung des Körperschaftsteuergesetzes
Das Körperschaftsteuergesetz 1996 in der im Bundesgesetzblatt Teil
III, Gliederungsnummer 611-4-4, veröffentlichten bereinigten Fassung,
zuletzt geändert durch ... (BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 wird folgende Nummer 3 eingefügt:
"3. unbeschadet der Nummer 2 Zuwendungen an eine nach den §§ 52 bis 54
der Abgabenordnung steuerbegünstigte Stiftung des Privatrechts in Höhe
von
20 vom Hundert,".
Artikel 5
Änderung des Gewerbesteuergesetzes
Das Gewerbesteuergesetz 1991 in der im Bundesgesetzblatt Teil III,
Gliederungsnummer 611-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt
geändert durch ... (BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:
§ 9 Nr. 5 wird wie folgt geändert:
1. Satz 1 wird wie folgt gefaßt:
"die aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleisteten Ausgaben zur
Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne des § 10 Nr. 9, § 10b des
Einkommen-
steuergesetzes oder des § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes
bis zur Höhe von insgesamt
5 vom Hundert des um die Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 9 erhöhten
Gewinns aus Gewerbebetrieb (§ 7) oder 2 vom Tausend der Summe der
gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten
Löhne und Gehälter."
2. Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:
"Der Kürzungsbetrag beläuft sich auf 20 vom Hundert, wenn die
nach den §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung steuerbegünstigte Stiftung des
Privatrechts die Zuwendung erhält;".
Artikel 6
Änderung des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes
Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der im
Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 611-8-2-2,
veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ... (BGBl.
I S. ...), wird wie folgt ge-
ändert:
§ 29 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 erhält folgende Fassung:
"soweit Vermögensgegenstände, die von Todes wegen
(§ 3) oder durch Schenkung unter Lebenden (§ 7) erworben worden sind,
innerhalb von 24 Monaten nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer
(§ 9) dem Bund, einem Land, einer inländischen Gemeinde
(Gemeindeverband) oder einer inländischen Stiftung zugewendet werden,
die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen
Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich
und unmittelbar steuer-
begünstigten Zwecken im Sinne der §§ 52 bis 54 der
Abgabenordnung dient. Das gilt nicht, wenn die Stiftung Leistungen im
Sinne des § 58 Nr. 5 der Abgabenordnung an den Erwerber oder seine
nächsten Angehörigen zu

erbringen hat oder soweit für die Zuwendung die Begünstigung nach den
§§ 10, 10b des EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des
Körperschaftsteuergesetzes oder § 9 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes in
der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1991 (BGBl. I S. 814),
zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 20. Dezember 1996
(BGBl. I S. 2049), in Anspruch genommen wird."
Artikel 7
Übergangs- und Schlußvorschriften
Die §§ 83 bis 86 in der Fassung des Artikels 1 finden auf die zur Zeit
des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden rechtsfähigen Stiftungen
des bürgerlichen Rechts Anwendung.
Artikel 8
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Bonn, den 28. Januar 1999

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Rainer Funke
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Hermann Otto Solms
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Klaus Haupt
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion


Begründung

I. Einführung
Schon der 44. Deutsche Juristentag im Jahre 1962 beschäftigte sich mit
einer Reform des Stiftungsrechts. Seither hat es aus den Reihen der
Politik und der Wissenschaft die verschiedensten Vorstöße im Hinblick
auf eine umfassende Novellierung des Stiftungs-, aber auch des
Stiftungssteuerrechts gegeben.
Mit dem Entwurf des Gesetzes zur Reform des Stiftungsrechts
(Stiftungsrechtsreformgesetz) wird das Stiftungsrecht vereinheitlicht
und modernisiert, werden Steuer-
erleichterungen bei der Stiftungsgründung geschaffen und die
Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Stiftungen vergrößert.
Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht die Ersetzung des aus dem 19.
Jahrhundert stammenden Konzessionssystems, das die Errichtung einer
Stiftung staatlicher Genehmigung unterwirft, durch ein sog. Normativ-
system. Zwar soll den Ländern weiterhin die Aufsicht über die
Stiftungen zustehen. Diese soll aber erst nach der Errichtung einer
Stiftung und deren Anmeldung bei der zuständigen Stiftungsbehörde
erfolgen. Als Korrelat des Wegfalls der Genehmigungsbedürftigkeit
bedarf das Stiftungsgeschäft - wie es bereits schon heute regel-
mäßig geschieht - der notariellen Beurkundung. Die Modernisierung des
Stiftungsrechts darf nicht zu einer Einschränkung zulässiger
Stiftungszwecke führen. Deshalb sollen weiterhin Familienstiftungen und
unternehmensgebundene Stiftungen zulässig bleiben.
Die für die Einkommen- und Körperschaftsteuer anzuwendenden Sätze über
die Abzugsfähigkeit von Spenden für gemeinnützige Zwecke sollen auf 20%
erhöht werden. Eine Differenzierung der Sätze nach Skalen der
Sozialwertigkeit der gemeinnützigen Zwecke darf nicht mehr vorgenommen
werden.
Die Aufdeckung stiller Reserven, die bei der Dotierung gemeinnütziger
Stiftungen durch Betriebsvermögen als "Entnahmegewinn" bisher dem
steuerlichen Zugriff ausgesetzt ist, muß entfallen. Das kann erreicht
werden durch eine Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 des
Einkommensteuergesetzes mit dem Inhalt, daß für Entnahmen, die auf
gemeinnützige Einrichtungen übergehen, nicht der Teilwert, sondern der
Buchwert anzusetzen ist. Zwar ist damit der Wertzuwachs des
Betriebsvermögens endgültig aus der steuerbaren Sphäre entnommen; da
aber eine Verwendung zugunsten allgemeiner gesellschaft-
licher Zwecke erfolgt, wird der Sinn der Einkommensbesteuerung, nämlich
die individuelle Leistungsfähigkeit von Privaten für öffentliche Zwecke
nutzbar zu machen, nicht verfehlt, sondern gerade erreicht, wenn auch
in anderer Form als durch die Besteuerung. Wird Betriebsvermögen für
die Dotation gemeinnütziger Einrichtungen verwandt, so sollte dieser
Vorgang künftig auch nicht mehr als Eigenverbrauch der Umsatzsteuer
unterworfen werden. Zudem wird dadurch, daß die durch die Veräußerung
eines Betriebs erzielten Gewinne im Sinne des § 16 EStG künftig nicht
mehr zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, wenn sie zur
Gründung oder Förderung einer gemeinnützigen Stiftung verwandt werden,
ein weiterer steuerlicher Anreiz geschaffen.
Die Erweiterung des § 29 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz bildet
einen weiteren Schwerpunkt des Gesetzentwurfs. Erstmals wird die
Errichtung gemeinnütziger Stiftungen von Todes wegen generell von der
Steuer freigestellt. Der Gesetzentwurf trägt damit der Tatsache
Rechnung, daß aus den in den kommenden Jahren prognostizierten jährlich
vererbten 250 Mrd. DM neue Kräfte für das Gemeinwohl gewonnen werden
können.
Die Steuerbefreiung bei der laufenden Stiftungstätigkeit muß für alle
Steuerarten einheitlich gemäß dem Krite-
rium der Gemeinnützigkeit erfolgen. Der vorliegende Gesetzentwurf kann
und soll nicht eine umfassende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts, die
dringend geboten erscheint, ersetzen. Er soll aber einen Einstieg in
eine solche Reform durch Novellierung des wirtschaftlich vordringlichen
Stiftungsrechts bilden.
II. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
Zu § 80 (Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung)
Mit § 80 wird die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung einzig und
allein abhängig gemacht von deren notarieller Beurkundung. Die
staatliche Genehmigung, das sog. Konzessionssystem, entfällt.
Zu § 81 (Stiftungszweck)
§ 81 normiert das Prinzip der Allzweckstiftung. Der Stifter darf einer
Stiftung jeden rechtlich erlaubten und tatsächlich möglichen Zweck
geben.
§ 81 Satz 2 läßt ausdrücklich auch den auf einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb gerichteten Zweck zu. Somit sind insbesondere auch
sog. unternehmensverbundene Stiftungen und Familienstiftungen zulässig.
Allerdings darf sich die Tätigkeit nicht im Betrieb eines
Handelsgewerbes oder der Funktion einer persönlich handelnden
Gesellschafterin einer Personengesellschaft erschöpfen, weil dies dem
gemeinnützigen Charakter von Stiftungen und der Sicherung des
Stiftungskapitals nicht in ausreichendem Maße entspricht.
Zu § 82 (Stiftungsgeschäft)
§ 82 fixiert die rechtlichen Voraussetzungen des Stiftungsgeschäfts.
Der historische Gesetzgeber hatte ursprünglich die notarielle
Beurkundung des Stiftungsgeschäfts geplant. Im Zuge der Beratungen zum
BGB ging man jedoch von dieser Lösung ab. Der Wegfall der staatlichen
Genehmigung erfordert nun jedoch die Schaffung eindeutiger rechtlicher
Vorgaben. Abschließend zählt daher § 82 Abs. 2 die Regelungen auf, die
das Stiftungsgeschäft zwingend mindestens enthalten muß.
Zu § 83 (Stiftungsaufsicht)
§ 83 Abs. 1 stellt klar, daß rechtsfähige Stiftungen des Privatrechts
der Rechtsaufsicht nach Maßgabe der Stiftungsgesetze der Länder
unterstehen. § 81 Abs. 2 bestimmt, daß die zuständigen
Aufsichtsbehörden ein
Register zu führen haben. Die Stiftungen haben gegenüber diesen
Behörden die Aufnahme ihrer Tätigkeit anzuzeigen und Angaben über den
Namen der Stiftung, den Vorstand und den Zweck der Stiftung zu machen.
Um so wenig wie möglich in die Verwaltungshoheit der Länder
einzugreifen, soll es den Ländern überlassen sein, wie diese Register
zu führen sind. Die in diese Register aufzunehmenden Angaben sind
ausreichend, um Dritten Auskunft über eine bestimmte Stiftung zu geben.
Die Anmeldung der Stiftung zum Register hat durch den Stifter zu
erfolgen. Bei der Stiftung von Todes wegen ist sie vom Nachlaßgericht
vorzunehmen, sofern sie nicht vom Erben oder dem Testamentsvollstrecker
beantragt wird. Die Anmeldung zum Register hat auf die Ent-
stehung der Stiftung rein deklaratorische Wirkung.
Zu § 84 (Stiftungsorgane)
Die Regelung des § 84 Abs. 1 entspricht weitgehend denjenigen des
bisherigen § 86. § 84 Abs. 1 Satz 3 stellt zudem klar, daß sich die
Stiftung neben den gesetzlich vorgeschriebenen noch weitere Organe,
etwa einen Stiftungsrat oder ein Kuratorium, geben kann. Mit dem
Verweis auf § 29 BGB wird klargestellt, daß die Notbestellung durch
dasjenige Amtsgericht vorzunehmen ist, in dessen Bezirk die Stiftung
ihren Sitz hat.
§ 84 Abs. 2 ist Ausdruck des Transparenz- und Rechts-
sicherheitsprinzips. Stiftungen müssen wie alle Kaufleute nach den
geltenden Vorschriften des HGB
(§§ 238 ff. HGB) Rechnung legen. Stiftungen sind daher ausdrücklich
verpflichtet, Bücher nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung
zu führen. Damit wird zugleich die heute oftmals bestehende
Rechtsunsicherheit für Stiftungsorgane und Prüfungsinstanzen beseitigt.
Zu § 85 (Zweckänderung, Aufhebung)
Zweckänderungen und die Aufhebungen von Stiftungen sollen nach § 85
grundsätzlich sowohl durch die zuständige Aufsichtsbehörde (Absatz 1)
als auch durch die Stiftungsorgane (Absatz 3) vorgenommen werden
können, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist
oder gegen geltendes Recht verstößt.
Gemäß § 85 Abs. 2 ist allerdings in diesem Zusammenhang stets die
Umwandlung des Zwecks am Stifterwillen zu orientieren. Beschlüsse der
Stiftungsorgane zu Zweckänderung und Aufhebung bedürfen darüber hinaus
gemäß § 85 Abs. 3 Satz 4 der notariellen Beurkundung und sind im
Einvernehmen mit der Stiftungsaufsicht zu treffen.
Zu § 86 (Vermögensanfall)
§ 86 übernimmt unverändert die Regelung des bishe-
rigen § 88.
Zu Artikel 2 (Änderung der Abgabenordnung)
Schon seit langem weisen zahlreiche Beteiligte auf das Prinzip der
zeitnahen Mittelverwendung im deutschen Gemeinnützigkeitsrecht hin, das
verhindere, daß selbstlose gemeinnützige Stiftungen ihre Zwecke auch
durch Kapitalstiftungen (endowments) verfolgen und dadurch nicht - wie
im Ausland - für ein bestimmtes Vorhaben um Zustifter werben oder in
Kooperation mit anderen, vor allem auch ausländischen Stiftungen neue
der Gemeinnützigkeit gewidmete Vermögen bilden können. Die Neufassung
des § 58 Nr. 2 räumt den Stiftungen nunmehr die Möglichkeit des sog.
endowment ein.
Die Neufassung des § 58 Nr. 7 Buchstabe a ermöglicht gemeinnützigen
Körperschaften die Rücklagenbildung bis zu einem Drittel des
Überschusses der Einnahmen über die Posten der Vermögensverwaltung. Um
eine gesicherte Vermögensausstattung von Stiftungen zu gewährleisten,
wird dieser Forderung hiermit entsprochen.
Durch den neuen § 58 Nr. 7 Buchstabe c wird die Vermögensausstattung
von Stiftungen durch die Möglichkeit der Thesaurierung von Überschüssen
innerhalb der
ersten drei Jahre nach der Stiftungsentstehung zudem erweitert.
Zu Artikel 3 (Änderung des Einkommensteuer-
gesetzes)
Für Steuervergünstigungen wird nicht mehr nur auf die Art der
verfolgten Zwecke abgestellt. Um die Rolle der rechtsfähigen Stiftung
zu stärken, wird sie als Rechtsform privilegiert, soweit sie die
steuerbegünstigten Zwecke in den §§ 51 ff. AO verfolgt. Zuwendungen an
eine rechtsfähige Stiftung können bei Vorliegen der übrigen
Voraussetzungen bis zu einer Höhe von 20 v. H. des Gesamtbetrages der
Einkünfte als Sonderausgaben abgezogen werden. Entnahmegewinne aus der
Veräußerung von (Teil-)Betrieben gehören nicht zu den Einkünften aus
Gewerbebetrieb, wenn sie in eine Stiftung fließen.
Durch die Einfügung des Wortes "kulturwirtschaftliche" in die
Enumeration des § 18 Abs. 1 wird nunmehr unmißverständlich
klargestellt, daß Künstler, Kulturschaffende und Kunstvermittler keine
Gewerbetreibenden sind. Auch die den Künstlern verwandten Berufe von
Selbständigen in der Kulturwirtschaft wie Musiker, Darsteller und
Designer sind Selbständige im Sinne des
§ 18.
Zu Artikel 4 (Änderung des Körperschaftsteuer-
gesetzes)
Die Einfügung der neuen Nummer 3 in § 9 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes ergänzt die entsprechende Neuregelung im
Einkommensteuergesetz.
Zu Artikel 5 (Änderung des Gewerbesteuer-
gesetzes)
Die Neufassung des § 9 Nr. 5 Satz 1 und die Einfügung des neuen § 9 Nr.
5 Satz 2 korrespondieren mit den entsprechenden Änderungen des
Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes.
Zu Artikel 6 (Änderung des Erbschaft- und
Schenkungsteuergesetzes)
Die Erweiterung der von § 29 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz
vorgesehenen Möglichkeit einer steuerbegünstigten Weitergabe
ererbter Vermögensgegenstände an gemeinnützige Organisationen wird
nunmehr auf alle Tatbestände der §§ 52 bis 54 AO ausgedehnt, um eine
Gleichbehandlung aller dort erwähnter gemeinnütziger Zwecke zu
erreichen.
Zu Artikel 7 (Übergangs- und Schlußvorschriften)
Die Regelung stellt klar, daß die §§ 83 bis 86. n.F. auch für bereits
bestehende Stiftungen gelten. Dies bedeutet vor allem, daß zukünftig
alle Stiftungen ordnungsge-
mäße Bücher über ihren Geschäftsbetrieb zu führen haben. Ferner sind
auch bestehende Stiftungen bei der zuständigen Stiftungsbehörde unter
Angabe des Namens der Stiftung, des Vorstands und des Zwecks der
Stiftung anzumelden.

28.01.1999 nnnn

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