BT-Drucksache 14/3298

Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Zulassungspraxis von Pflanzenschutzmitteln in Europa zügig abbauen

Vom 10. Mai 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

3298

14. Wahlperiode

10. 05. 2000

Antrag

der Abgeordneten Marita Sehn, Ulrich Heinrich, Ulrike Flach, Dirk Niebel,
Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van
Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher,
Klaus Haupt, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L.
Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Jürgen W. Möllemann, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard
Schüßler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Zulassungspraxis von Pflanzen-
schutzmitteln in Europa zügig abbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die bestehenden nationalen Wettbewerbsnachteile im Pflanzenschutz für die
heimischen Produzenten zu beseitigen;

2. sich in Europa für faire Wettbewerbsbedingungen im Pflanzenschutz durch
eine konsequente und schnelle Harmonisierung einzusetzen;

3. sich für einen breiten Einsatz von innovativen Pflanzenschutzmitteln im in-
tegrierten und umweltschonenden Pflanzenschutz einzusetzen, um die viel-
fältigen Lücken in der Praxis zu schließen;

4. noch vor dem Auslaufen des so genannten „Altwirkstoffprogramms“ für
Pflanzenschutzmittel im Jahr 2003 im EU-Ministerrat auf einen Beschluss
zur Änderung der entsprechenden EU-Richtlinie hinzuwirken, damit die
Frist für die Zulassung von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen von 2003 auf
das Jahr 2006 verlängert wird;

5. sich für den Erfolg der IMO-Regelung zum Ausstieg aus der Verwendung
von Tributylzinn (TBT) einzusetzen;

6. auf europäischer Ebene die Bestrebungen von Sozialdemokraten und Grü-
nen zu stoppen, die im Rahmen der EU-Wasserrahmen-Richtlinie über die
Forderung nach einer „Nullemission“ den Einsatz von Pflanzenschutzmit-
teln und jegliches menschliches Handeln praktisch unmöglich machen
wollen.

Berlin, den 5. Mai 2000

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
Drucksache

14/

3298

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung

Eine unterschiedliche Auslegung der Zulassungskriterien in den Mitgliedstaa-
ten der EU verhindert zurzeit gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Land-
wirte beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Das geschieht zum Nachteil der
deutschen Landwirte. Vor allem in Deutschland sind die für den umweltscho-
nenden integrierten Pflanzen-, Obst-, Gemüse-, Wein- und Hopfenanbau unver-
zichtbaren Pflanzenschutzmittel vielfach von einer zügigen Zulassung ausge-
schlossen und stehen damit den Produzenten nicht zur Verfügung. Das hat
negative Auswirkungen für die Umwelt und Landwirtschaft.
Auf EU-Ebene ist eine Harmonisierung der Alt-Wirkstoffe bis zum Jahr 2003
unmöglich. Bisher sind von den über 800 auf dem Prüfstand stehenden Sub-
stanzen lediglich zwei abschließend beurteilt worden. Das ist aus agrar-, um-
welt- und europapolitischer Sicht ein glatter Fehlschlag mit verheerenden Fol-
gen für die Produzenten. Hinzu kommt, dass sich die Problematik der
Lückenindikation durch die schleppende Harmonisierung verschärft. Das ist
insbesondere vor dem Hintergrund Besorgnis erregend, dass ab dem 1. Juli
2001 in Deutschland und ganz Europa ausnahmslos die Indikationszulassung
gelten soll. Das heißt, Pflanzenschutzmittel dürfen ab dann nur noch in dem bei
der Zulassung festgesetzten Anwendungsbereich eingesetzt werden. Deshalb
müssen die vielen Lücken für den Einsatz von Pflanzenschutzmittel so schnell
wie möglich geschlossen werden.
Zudem entstehen für die Industrie Nachteile, da weder die EU-einheitliche Be-
wertung der Alt-Wirkstoffe noch die Überprüfung und Neubewertung der be-
reits länger im Handel befindlichen Wirkstoffe ausreichend gelöst sind. Für die
forschende Pflanzenschutzmittel-Industrie bedeutet das Doppelarbeit und unef-
fektives Arbeiten. Soweit in den EU-Staaten unterschiedliche Messlatten für
gleiche Daten und Fakten herangezogen werden, ist es praktisch unmöglich,
gleiche Datenlagen bei unterschiedlicher Bewertung auf einen gemeinsamen
Nenner zu bringen. Das führt schließlich zu unterschiedlichen Ergebnissen und
damit wieder zu sehr ungleichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Die in diesen Tagen erfolgte Zulassung des Wirkstoffs Plantomycin durch die
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Braun-
schweig ist sehr zu begrüßen. Weitere Schritte in diese Richtung müssen drin-
gend erfolgen, um insbesondere die dramatischen Lücken im Bereich der Son-
derkulturen zu schließen.
Die F.D.P. befürwortet einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Verwendung
von TBT. Versuche mit Ersatzanstrichen für Schiffe haben gute Erfolge gezeigt.
Deshalb muss die Bundesregierung sich für einen Erfolg der IMO-Regelung
zum Ausstieg aus der Verwendung von TBT einsetzen. Nur mit einer weltwei-
ten Regelung kann die Verwendung dieser gefährlichen Verbindungen beendet
werden. Allerdings lehnt die F.D.P. ein pauschales Verbot aller zinnorganischen
Verbindungen ohne wissenschaftlichen Nachweis der hormonellen Wirkungen
ab. Verbote sollen nur nach einer von unabhängigen Fachleuten durchgeführten
Stoffbewertung ausgesprochen werden. Das Schüren von Ängsten in der Be-
völkerung darf eine seriöse Risikoabschätzung nicht ersetzen.
Auf europäischer Ebene schießen SPD und GRÜNE bei der EU-Wasserrah-
men-Richtlinie weit über das Ziel hinaus. Das Vorsorgeprinzip darf auch beim
Gewässerschutz nicht dazu missbraucht werden, dass über die Einführung einer
"Null-Emission" jegliches menschliche Handeln praktisch unmöglich gemacht
wird. Wenn die SPD weiterhin an einer solch überzogenen Forderung beim
Grundwasser festhalten sollte, fordert sie letztendlich das Ende der konventio-
nellen Landwirtschaft und vieler wirtschaftlicher Aktivitäten. Auch beim Ge-
wässerschutz müssen alle politisch Verantwortlichen endlich wieder zu einer
ausgewogenen und praktikablen Politik zurückfinden.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.