BT-Drucksache 14/3214

Nutzung von Geoinformationen in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 12. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3214
14. Wahlperiode 12. 04. 2000

Große Anfrage
der Abgeordneten Dr.-Ing. Rainer Jork, Ilse Aigner, Günter Baumann, Hans-Dirk
Bierling, Klaus Brähmig, Wolfgang Dehnel, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Gottfried Haschke (Großhennersdorf), Norbert
Hauser (Bonn), Georg Janovsky, Steffen Kampeter, Ulrich Klinkert, Manfred Kolbe,
Werner Lensing, Dr. Michael Luther, Erich Maaß (Wilhelmshaven), Dr. Martin Mayer
(Siegertsbrunn), Thomas Rachel, Christa Reichard (Dresden), Katherina Reiche,
Hans-Peter Repnik, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Dr. Erika Schuchardt,
Bärbel Sothmann, Arnold Vaatz, Angelika Volquartz, Heinz Wiese (Ehingen) und
der Fraktion der CDU/CSU

Nutzung von Geoinformationen in der Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesregierung hat am 17. Juni 1998 den „Bericht zur Verbesserung auf
dem Gebiet des Geoinformations- und Kommunikationswesens in Deutsch-
land“ beschlossen. Darin heißt es: „Geoinformationen (orts- und raumbezogene
Daten zur Beschreibung von Gegebenheiten eines Landes) bilden einen we-
sentlichen Teil des in der modernen Informations- und Kommunikationsgesell-
schaft vorhandenen Wissens. Sie werden auf allen Ebenen in Verwaltung, Wirt-
schaft, Wissenschaft und vom Bürger benötigt; sie sind Grundlage des
planerischen Handelns und ihre Verfügbarkeit maßgebliche Vorraussetzung für
Standort- und Investitionsentscheidungen. Wichtige Bereiche sind die Raum-
planung, Telematik/Verkehrslenkung, Umwelt- und Naturschutz, Landesvertei-
digung, innere Sicherheit, Zivilschutz, Versicherungswesen, Gesundheitsvor-
sorge, Land- und Forstwirtschaft, Bodenordnung, Versorgung und Entsorgung
sowie Bürgerbeteiligung an Verwaltungsentscheidungen. Geoinformationen
bilden weltweit ein Wirtschaftsgut ersten Ranges mit zunehmender Bedeu-
tung“.

Zum Handlungsbedarf heißt es in dem Bericht:

„Gegenwärtig ist ein effizienter und ressourcenschonender Umgang mit Geoin-
formationen nicht gewährleistet. Ursache ist zum einen eine unübersehbare
Vielfalt an Datenquellen: Geodaten werden durch mangelnde Koordination oft
mehrfach erhoben; andererseits bleiben vorhandene Datenquellen vielfach un-
genutzt. Die Kenntnis von Datennutzern über Umfang, Qualität, Aktualität und
Verfügbarkeit vorhandener Geodaten ist unzureichend. Auch die unterschiedli-
che Entgeltpolitik erschwert die Datennutzung auf Bundesseite: bundes- oder
ländereinheitliche Preise gibt es in Deutschland nicht …“

Drucksache 14/3214 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Bundesregierung hat daher 1998 zur Verbesserung der Koordinierung des
Geoinformationswesens einen ständigen „Interministeriellen Ausschuss für
Geoinformationswesen“ (IMAGI) unter Federführung des Bundesministeriums
des Innern eingerichtet. Der IMAGI soll insbesondere

– die Konzeption eines effizienten Datenmanagements für Geodaten auf
Bundesebene als prioritäre Aufgabe entwickeln,

– die Bund/Länder-Abstimmung über Kompatibilität, Entgeltfragen und
ähnliche Fragen intensivieren,

– Normungs- und Standardisierungskonzeptionen durchsetzen und

– die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Prüfung von Marketing-Elementen für
die Vermarktung öffentlicher Daten verbessern.

Schließlich hat die Bundesregierung beschlossen:

„Zur besseren Vertretung der deutschen Interessen im Ausland, insbesondere
gegenüber der EU, soll ein hochrangiger Vertreter auf Bundesebene in Fragen
der Geoinformation nach außen eingesetzt werden.“

Seit dem Beschluss der Bundesregierung zur Einrichtung des IMAGI sind jetzt
bald zwei Jahre vergangen.

Verbesserungen im Geoinformationswesen sind kaum festzustellen. Nach wie
vor werden im Bundesgebiet Geodaten nach unterschiedlichen Maßstäben er-
hoben, angeboten und gehandelt. Einen nationalen Markt für Geoinformationen
gibt es nicht. Eine Öffentlichkeitsarbeit findet nicht statt. Existenz und Arbeit
des IMAGI sind einer breiteren Öffentlichkeit unbekannt geblieben. Die Proto-
kolle des IMAGI sind vertraulich, über seine Arbeit wird nicht berichtet. Ein
hochrangiger Vertreter auf Bundesebene zur besseren Vertretung der deutschen
Interessen im Ausland, insbesondere gegenüber der EU, ist nicht berufen wor-
den. Deutschland ist also in Sachen Geoinformation in Brüssel nicht vertreten.

In Deutschland stehen für den Aufbau einer Geodateninfrastruktur kaum öf-
fentliche Finanzmittel zur Verfügung. Die USA fördern den Aufbau einer Geo-
dateninfrastruktur mit jährlich 7 Mrd. US-Dollar. Dort ist die wirtschaftliche
Bedeutung des Geoinformationswesens voll anerkannt.

Das Volumen des deutschen Marktes für Geoinformation erreicht 220 Mio. DM
und sichert 7 000 Arbeitsplätze. Das geschätzte Wachstum liegt zwischen 10
und 30 % jährlich.

Wir fragen daher die Bundesregierung:

1. Welche Bedeutung misst diese Bundesregierung der Geoinformation bei?

Welche Anwendungsgebiete für Geoinformation haben aus der Sicht der
Bundesregierung besondere Bedeutung?

Wie steht die Bundesregierung zum Kabinettsbeschluss vom 17. Juni 1998?

2. Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um

– den Zugang zu den amtlichen Geodaten der Bundesländer zu erleichtern,

– die Bundesländer zu einer einheitlichen marktgerechten Preispolitik zu
bewegen,

– eine Zusammenführung bereits erfasster inhomogener Datenbestände der
amtlichen Geodaten der Bundesländer und fortan einheitliche Erfassung
und Führung von Geodaten durch die Bundesländer zu erreichen?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3214

3. Warum weist die Bundesregierung in ihrer Öffentlichkeitsarbeit nicht auf
die Bedeutung von Geoinformation hin?

4. Aus welchem Grunde verlautbart die Bundesregierung nichts über die Ar-
beit des IMAGI?

5. In welcher Weise fördert die Bundesregierung auch finanziell den Aufbau
des Geoinformationswesens?

6. Welche Politik verfolgt die Bundesregierung innerhalb der EU in Bezug
auf das Geoinformationswesen?

Warum hat die Bundesregierung bisher keinen hochrangigen Vertreter auf
Bundesebene zur besseren Vertretung der deutschen Interessen im Aus-
land, insbesondere gegenüber der EU, berufen?

7. Welche Stellung hat Deutschland im Geoinformationsmarkt im europäi-
schen und außereuropäischen Vergleich?

8. Teilt die Bundesregierung die Meinung, dass eine Zentralstelle für Geo-
informationswesen auf Bundesebene nach dem Muster des in den USA seit
1995 existierenden National Geospatial Data Clearinghouse, das durch
eine „Executive Order“ des Präsidenten ins Leben gerufen wurde, in
Deutschland viele Schwierigkeiten beim Zugang zu Daten der Geoinfor-
mation beseitigen könnte?

9. Kann die Bundesregierung sich vorstellen, ein „Freedom of Geographic In-
formation“-Gesetz nach amerikanischem Muster zu verabschieden und
wenn nein, warum nicht?

10. Beabsichtigt die Bundesregierung eine stärkere Förderung beim Aufbau
von Fernerkundungssystemen auf europäischer Ebene?

11. Inwieweit beeinträchtigen Urheber-, Nutzungsrechts- und Datenschutzfra-
gen die Verwertung von Geodaten?

12. Inwieweit plant die Bundesregierung eine gezielte Förderung beim Aufbau
von Forschungs- und Pilotprojekten, um innovative Umsetzungen von
Geoinformationen in der Anlaufphase zu unterstützen?

13. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Entwicklung systemof-
fener Lösungen bei den Geoinformationssystemen (OPEN-GIS) bei?

14. Welche Maßnamen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um den
Fachkräftemangel auf dem Gebiet der Geoinformation zu beheben?

15. Sieht die Bundesregierung angesichts des Fachkräftebedarfs auf dem Ge-
biet der Geoinformationstechnik die Notwendigkeit, einen entsprechenden
Facharbeiterberuf einzurichten?

16. Welche Ergebnisse hat die Bundesregierung von der dreidimensionalen
Erdvermessung durch den deutschen Astronauten Gerhard Thiele an Bord
des Space Shuttle Endeavour erwartet, und welche Schlussfolgerungen
zieht sie nun?

Drucksache 14/3214 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
17. Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, im Zuge der Wirtschaftsför-
derung Ost besonders ostdeutsche Unternehmen, die sich mit Geoinforma-
tion beschäftigen, zu unterstützen?

Wenn ja, auf welchem Wege könnte eine solche Förderung erfolgen?

Berlin, den 12. April 2000

Dr.-Ing. Rainer Jork
Ilse Aigner
Günter Baumann
Hans-Dirk Bierling
Klaus Brähmig
Wolfgang Dehnel
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)
Gottfried Haschke (Großhennersdorf)
Norbert Hauser (Bonn)
Georg Janovsky
Steffen Kampeter
Ulrich Klinkert
Manfred Kolbe
Werner Lensing
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Thomas Rachel
Christa Reichard (Dresden)
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Dr. Erika Schuchardt
Bärbel Sothmann
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Heinz Wiese (Ehingen)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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