BT-Drucksache 14/3188

Anti-Stau-Programm für Europas Luftverkehr

Vom 12. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3188
14. Wahlperiode 12. 04. 2000

Antrag
der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann,
Dr. Karlheinz Guttmacher, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Joachim Günther (Plauen),
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Gerhard Schüßler, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Anti-Stau-Programm für Europas Luftverkehr

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Liberalisierung des Ordnungsrahmens im Luftverkehr hat zu einer Erhö-
hung der Leistungsfähigkeit dieses Verkehrsträgers und zu einer Verbesserung
seiner Attraktivität geführt. Auch in den kommenden Jahren sind in Europa ein
steigendes Passagier- und Frachtaufkommen und bei den Flugbewegungen
jährliche Wachstumsraten von 5 % zu erwarten, an denen auch der Privatreise-
verkehr erheblichen Anteil hat.

In den vergangenen zwei Jahren sind die Verspätungen im Luftverkehr stark
angestiegen. Mehr als ein Drittel aller Flüge in Europa startet inzwischen un-
pünktlich. Damit ist ein Maß erreicht, das weder für Luftfrachtkunden noch für
Geschäfts- oder Privatreisende hinzunehmen ist. Auch aus umweltpolitischer
Sicht bedeuten die unnötigen Flugverlängerungen eine zusätzliche Belastung
der Atmosphäre durch den erhöhten Treibstoffverbrauch.

Die Ursachen für die Verspätungen in Europa sind vielfältig. Größte Einzelur-
sache für die Verspätungen ist allerdings die in Teilen Europas unzureichende
Leistungsfähigkeit der Flugsicherung. Ein Teil der insgesamt 68 Kontrollzen-
tralen in Europa hat Kapazitätsprobleme, die sich auf den gesamten europäi-
schen Flugverkehr auswirken. Allerdings tragen auch die europäischen Flughä-
fen und die Fluggesellschaften in nicht unerheblichem Umfang zur aktuellen
Unpünktlichkeit im Flugverkehr bei.

Drucksache 14/3188 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Aktionsplan zum Abbau der Verspätungen und Engpässe im europäi-
schen Luftverkehr vorzulegen. Die Kernpunkte dieser Initiative sind

– die Schaffung eines europaweit gültigen Rahmens für leistungsorientierte
und nach Wettbewerbsgrundsätzen arbeitende Flugsicherungsdienste, vor-
zugsweise in privatwirtschaftlich geführter Organisationsform.

– die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Luftraumplanung mit einer
Organisation des Luftraums in Europa, die sich an den Erfordernissen des
europäischen Zivilflugverkehrs orientiert. Die Ausrichtung an nationale
Grenzen führt ebenso zu Kapazitätsbeschränkungen wie eine unflexible
Trennung von Luftraum für zivile und militärische Nutzung.

– die Umsetzung der Kernforderungen der Länderverkehrsministerkonferenz
zum Luftverkehr mit der Forderung nach einem dezentralen Flughafenkon-
zept und der zügigen Realisierung von vier zusätzlichen Start- und Lande-
bahnen in Deutschland.

– die zügige Fortführung der Privatisierung von Flughafenbeteiligungen des
Bundes.

Berlin, den 12. April 2000

Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Joachim Günther (Plauen)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3188

Begründung

Die bisherigen Aktivitäten der Bundesregierung reichen für den Erhalt eines
wettbewerbsfähigen Luftverkehrsstandorts Deutschland nicht aus. Sie werden
insbesondere den eingetretenen und prognostizierten massiven Zuwächsen im
Luftverkehr nicht gerecht. Während die Deutschland umgebenden Flughäfen
gemessen am europäischen Luftverkehrsaufkommen überproportional stark
wachsen, ist der Zuwachs auf den deutschen Flughäfen moderat bis hin zur Sta-
gnation beim an der Kapazitätsgrenze angelangten Flughafen Frankfurt/Main.
Wenn die Entwicklung anhält, verliert der Luftverkehrsstandort Deutschland
massiv an Bedeutung.

Die an der Luftfahrt beteiligten und interessierten Unternehmen, Verbände und
Gremien haben diese Gefahr seit längerem erkannt. Der Verkehrspolitik des
Bundes und der Länder liegt eine ausreichende Zahl von Beschlüssen und
Handlungsempfehlungen vor, die keiner Ergänzung bedürfen. Trotzdem bleibt
die Luftverkehrspolitik der Bundesregierung ohne spürbare Ergebnisse:

– Die Forderung der Länderverkehrsminister nach einem integrierten dezent-
ralen Flughafenkonzept bleibt bis auf weiteres genauso unerfüllt wie die
Forderungen nach vier zusätzlichen Start- und Landebahnen in Deutschland,
die erforderlich wären, um den prognostizierten Zuwachs in den kommen-
den Jahren aufzufangen.

– Bei allem Respekt vor den Schwierigkeiten, die nationale Egoismen und
militärische Gepflogenheiten im Zusammenhang mit der Flugsicherung auf
europäischer Ebene gebieten, lässt die Bundesregierung jede kraftvolle Ini-
tiative vermissen, um die für den Stau in Europas Luftraum hauptverant-
wortliche europäische Flugsicherung wie auch den Luftraum neu zu organi-
sieren und leistungsfähiger zu machen.

– Seit der Regierungsübernahme ist die Privatisierung von Flughafenbeteili-
gungen des Bundes massiv ins Stocken geraten.

– Entgegen den Äußerungen in Festreden wird die Substitution des Kurz-
und Mittelstreckenflugverkehrs durch ein europäisches Schienen-Hochge-
schwindigkeitsnetz blockiert statt vorangetrieben. Beispielhaft ist der vor-
läufige Baustopp für die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürnberg
und Erfurt, die der wesentliche Baustein für die Substitution des Flugver-
kehrs zwischen München und Berlin gewesen wäre.

Der Luftraum ist überfüllt, die deutschen Flughäfen sind überfüllt oder nahe an
ihrer Kapazitätsgrenze, die notwendige Verkehrsverlagerung findet mangels at-
traktiver Alternativen nicht statt. Wenn die Bundesregierung nicht zügig han-
delt, erstickt der Luftverkehr in Deutschland am eigenen Aufkommen. In der
Folge drohen Abwanderungen und der massive Verlust von Arbeitsplätzen in
das umliegende Ausland.

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