BT-Drucksache 14/3054

Harmonisierung der Zulassungspraxis von Pflanzenschutzmitteln auf europäischer Ebene

Vom 23. März 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3054
14. Wahlperiode 23. 03. 2000

Große Anfrage
der Abgeordneten Marita Sehn, Ulrich Heinrich, Ulrike Flach, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Birgit
Homburger, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Harmonisierung der Zulassungspraxis von Pflanzenschutzmitteln auf
europäischer Ebene

Die angestrebte Harmonisierung, ein einheitliches Zulassungsverfahren für
Pflanzenschutzmittel und damit vergleichbare Bedingungen im Binnenmarkt
der EU zu schaffen, ist ganz offensichtlich in ihren Anfängen stecken geblie-
ben.

Weder die EU-einheitliche Bewertung neuer Wirkstoffe noch die Überprüfung
und Neubewertung der bereits länger im Handel befindlichen Wirkstoffe – ge-
schweige denn eine Länder übergreifende Zulassung gängiger Handelsprodukte
(formulierte Pflanzenschutzmittel) ist bisher zufriedenstellend gelöst.

Für die forschende Pflanzenschutzmittel-Industrie bedeutet das Ineffizienz
durch Überregulierung und Doppelarbeiten auf EU-Ebene und in den Mit-
gliedsländern. Hinzu kommen schwer kalkulierbare Unwägbarkeiten, die sich
dadurch ergeben, dass in den einzelnen Ländern und Behörden unterschiedliche
Messlatten an die nach einheitlichen Vorgaben erstellten Daten und Fakten ge-
legt werden. Unterschiedliche Bewertungen der gleichen Datenlage führen zu
unterschiedlichen Ergebnissen und damit wieder zu sehr abweichenden wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen.

Für die Landwirtschaft ergeben sich gravierende Wettbewerbsnachteile da-
durch, dass in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich gut ausgestattete Pro-
duktpaletten zur Verfügung stehen. Insbesondere im Bereich der Sonderkultu-
ren sind Engpässe bei der Versorgung mit national zugelassenen Pflanzen-
schutzmitteln entstanden.

Neben den unterschiedlichen Forschungs-, Entwicklungs- und Zulassungskos-
ten für Pflanzenschutzmittel werden die Wettbewerbsbedingungen der Land-
wirtschaft in den Mitgliedsländern der EU durch zusätzliche unterschiedliche
staatliche Belastungen des Pflanzenschutzmarktes verzerrt.

Das Fehlen notwendiger Pflanzenschutzmittel für einen umweltverträglichen
Anbau ist nach wie vor für viele Landwirte, Gemüse- und Obstbauern ein großes

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Ärgernis. Das sehr unterschiedliche Harmonisierungstempo in Europa wirkt
sich dabei immer mehr zum Nachteil der heimischen Produzenten aus. Während
die Landwirte in den europäischen Mitgliedstaaten noch eine große Palette an
Mitteln einsetzen dürfen, ist das den deutschen Landwirten nicht möglich. Dies
liegt insbesondere daran, dass die Bundesrepublik Deutschland die so genannte
EU-Altwirkstoffprüfung vorwegnimmt. Das führt zwangsläufig zu einer deutli-
chen Wettbewerbsverzerrung innerhalb Europas. In dieser Frage sind die Bun-
desregierung und die EU-Kommission in gleicher Weise gefordert, um diese
Missstände bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln endlich zu beheben.

Außerdem hat die Vorgehensweise des Umweltbundesamtes bei der Zulassung
von Pflanzenschutzmitteln in der Vergangenheit zu weiteren nationalen Ein-
schränkungen zu Lasten der deutschen Landwirtschaft geführt. So forderte das
Umweltbundesamt die Anwendung von Prüfkriterien, die mit den übrigen EU-
Mitgliedstaaten nicht abgestimmt sind bzw. keine Rechtsgrundlage in den von
der EG-Richtlinie 91/414/EWG „Über das Inverkehrbringen von Pflanzen-
schutzmitteln“ vorgegebenen Prüfkriterien haben. Weil andere Mitgliedstaaten
dem deutschen Sonderweg nicht gefolgt sind, entstanden massive Wettbe-
werbsnachteile für die Landwirte und die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln.

Damit ist die Verfügbarkeit und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für
die heimischen Landwirte durch nationale und europäische Versäumnisse deut-
lich eingeschränkt. Weil für eine zunehmende Anzahl von Anwendungsgebie-
ten entweder keine oder in nicht ausreichendem Umfang zugelassene Pflanzen-
schutzmittel zur Verfügung stehen (Lückenindikationen) ist ein Pflanzenschutz
nach guter fachlicher Praxis und im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes in
Frage gestellt. Im Gartenbau und in Spezialkulturen (Obst, Gemüse, Reben,
Hopfen, Heil- und Gewürzpflanzen etc.) ist die Lage besonders dramatisch. Be-
sondere landwirtschaftlich und regional geprägte Strukturen, wie z. B. das
„Alte Land“ mit seiner hohen Gewässerdichte, erfordern schnelle, unbürokrati-
sche und regional angepasste Lösungsansätze.

Aus praktischer Sicht besteht kein Anlass für die angesprochenen Restriktio-
nen. So hat sich der Wirkstoffaufwand je Hektar nach Berechnungen der Biolo-
gischen Bundesanstalt in Braunschweig von 1988 bis 1998 von 3,1 kg auf
1,9 kg verringert. Diese Reduzierung ist auf die immer konsequenter angewen-
deten Prinzipien des Integrierten Pflanzenschutzes zurückzuführen, bei dem die
Landwirte das Ziel verfolgen, die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf
das notwendige Maß zu beschränken. Hinzu kommen die enormen Fortschritte
in der Gerätetechnik sowie die Erfolge der Resistenzzüchtungen und neue von
der Industrie entwickelte Pflanzenschutzmittel. Moderne Pflanzenschutzmittel
entfalten ihre Wirksamkeit in erheblich geringeren Mengen und sind außerdem
biologisch besser abbaubar. Da für verschiedene Krankheiten und Schaderreger
entweder keine oder in nicht ausreichendem Maße alternative Bekämpfungs-
möglichkeiten von Schaderregern zur Verfügung stehen, ist der Integrierte
Pflanzenschutz auf die Verfügbarkeit von chemischen Pflanzenschutzmitteln
angewiesen. Wichtig ist zudem, dass Pflanzenschutzmittel vorhanden sind, die
möglichst spezifisch gegen den jeweiligen Schadorganismus wirken, jedoch
Nützlinge, die wesentlich zur Regulierung der Schädlinge beitragen, geschont
werden. So konnte durch den Einsatz von Raubmilben im Obstbau der Insekti-
zid- und Akarizideinsatz im Jahr deutlich verringert werden. Deshalb ist die
Verfügbarkeit selektiver und nützlingsschonender Pflanzenschutzmittel für den
Bestand und die Weiterentwicklung des Integrierten Pflanzenschutzes unab-
dingbar. Schließlich muss zur Verhinderung von Resistenzen eine gewisse Pa-
lette von Mitteln mit unterschiedlichen Wirkstoffen verfügbar sein.

Die restriktive Vorgehensweise bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln
steht in völligem Gegensatz zu der Behandlung von Pflanzenschutzmittelim-

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porten aus EU-Mitgliedstaaten bzw. aus so genannten Drittstaaten. Ausweislich
der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten (BML) über die Einfuhr und das Inverkehrbringen von Pflanzen-
schutzmitteln, die mit in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pflan-
zenschutzmitteln identisch sind (BAnz. vom 31. Dezember 1993, S. 11154),
bedürfen Importe keiner obligatorischen behördlichen Genehmigung/Zulas-
sung vor ihrem Inverkehrbringen in Deutschland. Letztlich entscheidet der Im-
porteur über die Identität des Produkts. Zwar können durch diese Verfahrens-
weise der deutschen Landwirtschaft unter Umständen sehr kostengünstige
Mittel zur Verfügung gestellt werden. Mit dem bei der Zulassung von Pflanzen-
schutzmitteln in Deutschland bestehenden Schutzniveau für Mensch, Tier und
Umwelt ist dieser Zweck allerdings nicht zu vereinbaren.

Neben der Landwirtschaft ist aber auch der Haus- und Kleingärtner von der
derzeitigen Zulassungspraxis betroffen. Ein Pflanzenschutzmittel darf im Haus-
und Kleingarten nur zum Einsatz gelangen, wenn es speziell dafür geprüft und
dessen Eignung im Zulassungsbescheid ausgewiesen ist. Spezielle Eignungs-
kriterien sind entwickelt und im Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzen-
schutzdienstes Nr. 51, 1999, S. 23 veröffentlicht worden. Derzeit behindern die
am Zulassungsverfahren beteiligten Behörden durch Anwendung nicht veröf-
fentlichter Eignungskriterien die Zulassung von Haus- und Kleingartenproduk-
ten in wesentlichem Umfang. So soll eine positive Eignungsprüfung nicht ab-
gelegt werden können, wenn folgende Merkmale erfüllt sind:

– Abstandsauflage zu Oberflächengewässern beim Hauptprodukt

– Nach Gefahrstoffverordnung mit Xn, O, Xi gekennzeichnetes Hauptprodukt

– Kombiprodukt, d.h. Düngemittel mit Moosvernichter oder Unkrautvernich-
ter.

Nach Angaben des Industrieverbandes Agrar e.V., Frankfurt am Main, sind mit
diesen Beschränkungen 70 % des Umsatzes seiner Mitgliedsfirmen im Haus-
und Kleingarten betroffen. Existenzgefährdende Auswirkungen für einen Groß-
teil der mittelständischen Pflanzenschutzindustrie sind zu erwarten.

Es ist zu begrüßen, dass der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten diese Problematik ganz offensichtlich erkannt und verschiedentlich öf-
fentlich versprochen hat, sich für den Abbau dieser Harmonisierungsdefizite
auf EU-Ebene einzusetzen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Mengen an Pflanzenschutzmitteln bzw. Wirkstoffen werden nach
Kenntnis der Bundesregierung insgesamt – getrennt nach Insektiziden, Fun-
giziden und Herbiziden – in Deutschland heute eingesetzt?

2. Wie hat sich die eingesetzte Menge an Pflanzenschutzmitteln bzw. Wirkstof-
fen in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland entwickelt?

3. Wie viele Pflanzenschutzmittel stehen derzeit in Deutschland bzw. in der
Europäischen Union – getrennt nach Herbiziden, Insektiziden und Fungizi-
den – der Landwirtschaft zur Verfügung?

4. Wie viele Wirkstoffe befinden sich derzeit in Deutschland bzw. in der Euro-
päischen Union im Markt?

5. Wie viele Pflanzenschutzmittel werden nach dem 26. Juli 2003 nach derzei-
tiger Rechtslage der Landwirtschaft in Deutschland bzw. in der Europäi-
schen Union – getrennt nach Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden – vor-
aussichtlich noch zur Verfügung stehen?

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6. Wie viele Wirkstoffe werden sich nach dem 26. Juli 2003 nach derzeitiger
Rechtslage in Deutschland bzw. in der Europäischen Union voraussichtlich
noch im Markt befinden?

7. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem chemischen Pflanzen-
schutz in Zukunft zu, vor dem Hintergrund, dass die Erforschung und Ent-
wicklung eines neuen Pflanzenschutzwirkstoffes heute etwa zehn Jahre
dauert und Kosten in Höhe von rund 300 Mio. DM verschlingt und die for-
schende Industrie angesichts dieser Investitionen klare und langfristige
Rahmenbedingungen benötigt?

8. Wie steht die Bundesregierung zu der Aussage, dass eine sowohl qualitativ
hochwertige als auch ausreichende Nahrungsmittelproduktion ohne chemi-
schen Pflanzenschutz nicht möglich ist, Europa zudem mit seinen guten
Böden und optimalen klimatischen Bedingungen vor der großen Heraus-
forderung steht, einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung der stetig stei-
genden Weltbevölkerung zu leisten und die Wettbewerbsfähigkeit – damit
verbunden der Einsatz ertragssichernder und -steigernder Betriebsmittel –
für die europäische und deutsche Landwirtschaft hierzu eine wesentliche
Grundlage bildet?

9. Warum gibt es für Pflanzenschutzmittel, die vor der Novellierung (1. Juli
1998) des Pflanzenschutzgesetzes (EU-Richtlinie 91/414) angemeldet wur-
den, keine Übergangsfristen wie in anderen Ländern, so dass ein Zulas-
sungsstau vermieden wird?

10. Warum werden in Deutschland für die Zulassung von Pflanzenschutzmit-
teln immer neue bzw. andere oder verschärfte Bewertungskriterien heran-
gezogen, bevor es eine Harmonisierung in der EU gibt?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Praxis insbesondere des Umwelt-
bundesamtes, Zulassungsanforderungen zu stellen, die über die in den
„Einheitlichen Grundsätzen“ des Anhangs VI der Richtlinie 91/414/EWG
definierten Anforderungen hinausgehen (z. B. Prüfung der Auswirkungen
auf terrestrische Nichtzielorganismen)?

12. Sind nationale Zulassungsanforderungen, welche über die in den „Einheit-
lichen Grundsätzen“ des Anhangs VI der Richtlinie 91/414/EWG definier-
ten Anforderungen hinausgehen, seitens der Bundesrepublik Deutschland
in der Europäischen Union zu notifizieren (vgl. Richtlinie 98/34/EG)?

13. Welche Pläne bestehen, um bestimmte bürokratische Hemmnisse im Zulas-
sungsverfahren, wie z. B. die fehlende Anerkennung der Vollzähligkeits-
prüfungen neuer Wirkstoffdossiers – soweit sie von anderen EU-Mitglied-
staaten durchgeführt und von der EU-Kommission anerkannt und
veröffentlicht wurden – zu beseitigen?

14. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung im Hinblick auf die Ein-
führung eines sog. Fast-Track-Verfahrens bei Produkten mit neuen Wirk-
stoffen entsprechend den USA unter Berücksichtigung des § 15c PflSchG
i.V.m. Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EWG?

15. Welche Fortschritte macht die zentrale Neubewertung der EU? – Bis wann
ist damit zu rechnen, dass die Dossiers bearbeitet und die Anträge beschie-
den sein werden?

16. Sind der Bundesregierung die Gründe dafür bekannt, warum die Bearbei-
tung ins Stocken geraten ist?

17. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit dieses Problem zum Nut-
zen der eigenen Industrie und der deutschen Landwirtschaft zügig behoben
wird?

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18. Was gedenkt die Bundesregierung auf EU-Ebene zu unternehmen, um das
Zulassungsverfahren für neue Wirkstoffe zu straffen?

19. Welche konkreten De-Regulierungsmaßnahmen vertritt die Bundesregie-
rung darüber hinaus in Brüssel?

20. Welche Lösung schwebt der Bundesregierung vor, Handelsprodukte (formu-
lierte Pflanzenschutzmittel) in der EU Grenzen überschreitend vertreiben und
anwenden zu können, ohne dass in jedem benachbarten Mitgliedsland ein ei-
genes, aufwendiges Zulassungsverfahren in Gang gesetzt werden muss?

21. Wann rechnet die Bundesregierung damit, dass Handelsprodukte (formu-
lierte Pflanzenschutzmittel) eine einheitliche EU-Zulassung bekommen
und somit Handel und Anwendern im Binnenmarkt zur Verfügung stehen?

22. Was unternimmt die Bundesregierung, um dieses Ziel zu erreichen?

23. Denkt die Bundesregierung daran, die gegenseitige Anerkennung von nati-
onalen Zulassungen unabhängig von den Anforderungen des Wirkstoffs im
Anhang 1 der EU-Richtlinie 91/414 zu forcieren?

24. Liegen der Bundesregierung Zahlen vor, wie sich die Entwicklung eines
Produktes für eine in Deutschland vergleichsweise kleine Kultur (z. B. Ge-
müse) rechnet, wenn es für vergleichbare Anbaugebiete Länder übergrei-
fend zugelassen wird oder für jedes Land (z. B. Deutschland) das ganze
Prozedere extra durchgeführt werden muss?

25. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Erfahrungen, die
mit der zentralen Zulassung von Arzneimitteln in der EU gemacht werden?

26. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, eine solche zentrale Zu-
lassungsagentur auch für Pflanzenschutzmittel in Europa – unter Beteili-
gung der nationalen Fachbehörden – zu schaffen, insbesondere weil vor
dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen davon ausgegangen werden
muss, dass das Programm zur Altwirkstoffbewertung vor allem wegen des
zeitaufwendigen Abstimmungsprozesses zwischen den Mitgliedsländern
nicht im vorgegebenen Rahmen abgeschlossen werden kann?

27. Mit welchen konkreten Vorschlägen/Maßnahmen setzt sich die Bundesre-
gierung dafür ein?

28. Wie kann das bisherige dezentrale Zulassungsverfahren für Pflanzen-
schutzmittel nach Meinung der Bundesregierung vereinfacht werden, ohne
dass darunter die Sicherheit für Anwender, Verbraucher und Umwelt einge-
schränkt wird?

29. Auf welche Weise ist im gegenwärtigen Zulassungsverfahren das aus dem
sog. Paraquat-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1988
und den „Einheitlichen Grundsätzen“ des Anhangs VI der Richtlinie 91/
414/EWG abzuleitende Erfordernis einer umfassenden Nutzen-/Risiko-Ab-
wägung des zuzulassenden Pflanzenschutzmittels gewährleistet?

30. Wie ist mit einer per Gesetz und Rechtsprechung geforderten umfassenden
Nutzen-/Risiko-Abwägung als Gesamtschau des Produkts in Einklang zu
bringen, dass sich Einvernehmensrechte von am Zulassungsverfahren be-
teiligten Behörden zu Teilbereichen der Zulassungsprüfung faktisch wie
Vetorechte gegen die Zulassung insgesamt auswirken?

31. Sind bei der Nutzenbetrachtung des Produkts auch Gesichtspunkte des
wirtschaftlichen Nutzens des Produkts einzubeziehen?

32. Welcher Stand von Wissenschaft und Technik ist nach Auffassung der
Bundesregierung der Zulassungsentscheidung zu Grunde zu legen?

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33. Wie beurteilt die Bundesregierung die sich aus der Richtlinie 99/45/EG
vom 31. Mai 1999 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschrif-
ten der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeich-
nung gefährlicher Zubereitungen ergebende Problematik der Kennzeich-
nung, welche sich nicht mehr nach der tatsächlichen Exposition des
Anwenders richtet und wodurch sich nachteilige Kennzeichnungsänderun-
gen ergeben werden könnten?

34. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um die amtliche Prüfung
von importierten Pflanzenschutzmitteln auf ihre Identität mit dem im In-
land zugelassenen Pflanzenschutzmittel, wie vom Europäischen Gerichts-
hof in seiner Entscheidung vom 11. März 1999 (Rs. C-100/96) gefordert,
sicherzustellen?

35. Wird bei der Beurteilung von Pflanzenschutzmittelimporten nach solchen
aus dem EU-Raum bzw. aus Drittländern differenziert, wie es der Europäi-
sche Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. März 1999 (Rs. C-100/
96) fordert?

36. Wie wird der vom Europäischen Gerichtshof gestellten Anforderung, dass
das importierte Mittel auf den gleichen Hersteller zurückzuführen sein
müsse wie das im Inland zugelassene, um „identisch“ zu sein, Rechnung
getragen?

37. Wie begründet die Bundesregierung die unterschiedliche Behandlung von
importierten Arzneimitteln (für diese ist bei EU-Importen ein vereinfachtes
obligatorisches behördliches Überprüfungsverfahren vorgeschrieben) und
von importierten Pflanzenschutzmitteln, bei denen es allein dem Importeur
obliegt, über den (zulässigen) Import zu entscheiden?

38. Wird die Bundesregierung die Eignungskriterien für den Haus- und Klein-
garten in der Europäischen Union notifizieren, da diese Begutachtung in
der Bundesrepublik Deutschland ein Verfahren ist, welches die übrigen
Mitgliedstaaten nicht kennen und wodurch der freie Warenverkehr behin-
dert sein könnte?

39. Sind nach Auffassung der Bundesregierung die bekannt gemachten Eig-
nungskriterien für den Haus- und Kleingartenbereich abschließend bzw.
welches Verfahren ist zu beachten bei der Ergänzung derselben im Hin-
blick auf die Gewährleistung der planerischen Sicherheit der Antragsteller?

40. Was wird die Bundesregierung unternehmen, damit sich die Eignungsprü-
fung für den Haus- und Kleingarten ausschließlich nach den bekannt ge-
machten Eignungskriterien richtet?

41. Ist der Bundesregierung bewusst, welche wirtschaftlichen Auswirkungen
die unterschiedlichen Steuern und Abgaben auf die Landwirtschaft in Eu-
ropa haben?

42. Hat die Bundesregierung einen Überblick darüber, wie unterschiedlich
z. B. Pflanzenschutzmittel in Europa steuerlich belastet werden (unter-
schiedliche Mehrwertsteuersätze, nationale Sondersteuern auf Pflanzen-
schutzmittel, ….usw.)?

43. Rechnet die Bundesregierung nach dem 26. Juli 2003 mit einer Verschär-
fung der Lückenindikationssituation?

44. Wie beurteilt die Bundesregierung die Lückenindikationssituation nach
dem 1. Juli 2001?

45. Bis wann und wie sollen nach den Vorstellungen der Bundesregierung die
dringlichsten Indikationslücken geschlossen sein?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/3054

46. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die vom Bundesrat verabschiedete
Änderung der Pflanzenschutzmittelverordnung zu behandeln?

47. Kann die über den Bundesrat angeregte Änderung der Pflanzenschutzmit-
telverordnung die Rechtssicherheit für Lückenindikationen für den Haupt-
zulassungsantrag gewährleisten?

48. Wie ist der Stand der Diskussion und die Meinung zum Schutz der Nicht-
zielarthropoden und Nichtzielpflanzen?

49. Was gedenkt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Probleme zu
unternehmen, die dadurch entstehen, dass das Umweltbundesamt als Ein-
vernehmensbehörde unabgestimmt mit der für die Zulassung von Pflanzen-
schutzmitteln zuständigen Biologischen Bundesanstalt immer wieder neue
Anforderungen für die Zulassung von Pflanzenschutzmittel stellt (z. B.
Studien zu Nichtzielpflanzen/-arthropoden), was zu Verzögerungen (bei
Neuzulassungen) bzw. Aufhebungen von Zulassungen (bei Altzulassun-
gen) führen kann?

50. Wie ist der Stand der Verfügbarkeit nützlingsschonender Insektizide, die
für den kontrollierten Integrierten Anbau unabdingbar sind (z. B. Dimilin,
Insegar, Mitac, Kiron)?

51. Wie ist kurzfristig eine wirkungsvolle Bekämpfung von Feuerbrand bei
Kernobst in Deutschland vorstellbar, wenn die Erarbeitung von alternati-
ven Bekämpfungsmethoden mindestens 4 Jahre dauern wird?

52. Welche Chancen sieht die Bundesregierung für die Praxis, die derzeit gel-
tende Anwendungsbestimmung „nur mit verlustmindernden Geräten“ be-
fristet auszusetzen, bis eine praxisgeeignete Technik verfügbar ist?

53. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Abdriftmin-
derungsklassen oder -kategorien?

54. Wie ist die Auffassung zu abdriftmindernden Düsen?

55. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, so genannte low-risk-Wirkstoffe
– hierzu gehören z. B. Oktanol und Dekanol zur Geizhemmung im Tabak,
Gibberellin zur Förderung des Fruchtansatzes bei Birnen nach Spätfrösten,
Alpha-Naphtylsäureamid zur Fruchtausdünnung bei Äpfeln – in einem ver-
einfachten Verfahren über die Zulassungshürde zu bringen, weil sie in der
Praxis dringend gebraucht werden, aber keine Zulassung haben und ob-
wohl diese Mittel in anderen EU-Staaten zugelassen sind und die wirt-
schaftliche Bedeutung für Firmen sehr gering ist?

56. Wenn ja, wie soll das durchgesetzt werden?

57. Wie wird das Verfahren der konservierenden Bodenbearbeitung, dass nach-
weislich ein Umwelt- und Ressourcen schonendes Verfahren darstellt und
somit als Maßnahme des aktiven Umweltschutzes anzusehen ist, von der
Bundesregierung gefördert, und werden die entsprechenden Betriebsmittel
(hier besonders Herbizide) zur Verfügung stehen?

58. Wenn ja, ab wann können die Landwirte damit rechnen?

59. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den wirtschaftlichen Schaden für
die Landwirtschaft und die Industrie, weil für weit über 200 Produkte der-
zeit aus o.g. Gründen keine Zulassung vorliegt?

60. Wie bewertet die Bundesregierung mögliche Schadensersatzansprüche?

61. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch die bis dato Nichtzu-
lassung verschiedener Pflanzenschutzmittel die Landwirte in die Illegalität
gedrängt werden, weil das Produkt trotz erklärten Bedarfs seitens der

Drucksache 14/3054 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Landwirtschaft in Deutschland nicht zugelassen, es aber in Frankreich, der
Schweiz, der Tschechischen Republik und anderen Ländern zugelassen ist,
mit der Folge, dass ein Import und die ausgedehnte Anwendung dieses
Produktes mit allen Konsequenzen, wie z. B. Fehlanwendung aufgrund
fremdsprachiger Gebrauchsanleitungen oder Anwendungen in nicht vorge-
sehenen Kulturen mit potentiellen Schädigungen, wahrscheinlich sind, und
wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung?

62. Wird es ab dem 26. Juli 2003 für die landwirtschaftliche Praxis keine zuge-
lassenen Rodentizide und damit keine Bekämpfungsmöglichkeiten gegen
Ratten und Mäuse mehr geben, da die in diesen Produkten enthaltenen
Wirkstoffe nach der sog. Biozidrichtlinie (Richtlinie 98/8/EG) notifiziert
werden sollen, eine Listung derselben nach den Erfahrungen bei der Zulas-
sungsrichtlinie EWG 91/414 bis zu diesem Zeitpunkt aber nicht erfolgt
sein dürfte?

63. Wie ist das Schutzziel bei Oberflächenwasser definiert, und welche Sicher-
heitsfaktoren werden zur Festlegung des Schutzniveaus festgelegt?

64. Warum geht das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit in dem Verordnungsentwurf zur EU-Richtlinie 76/464 wieder zu-
rück zum Trinkwassergrenzwert und stellt damit eine Vielzahl wirtschaftli-
cher Tätigkeiten in Frage (Verkehr, Kläranlagen, Landwirtschaft), obwohl
die LAWA (Bund-Länder-Kommission Wasser) bei der Erarbeitung von
Zielvorgaben toxikologische Maßstäbe ansetzt, um die Umwelt zu schützen?

65. Welche neuen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur Bewertung
zinnorganischer Verbindungen in Pflanzenschutzmitteln vor, die die Anord-
nung der Biologischen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Forsten vom
8. März 2000 rechtfertigen, entsprechende Zulassungen ruhen zu lassen?

Berlin, den 22. März 2000

Marita Sehn
Ulrich Heinrich
Ulrike Flach
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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