BT-Drucksache 14/2988

Beschäftigung als Ziel der Wirtschaftspolitik herausstellen

Vom 21. März 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

2988

14. Wahlperiode

21. 03. 2000

Antrag

der Abgeordneten Gunnar Uldall, Birgit Schnieber-Jastram, Wolfgang Börnsen
(Bönstrup), Hansjürgen Doss, Albrecht Feibel, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof),
Erich G. Fritz, Dr. Jürgen Gehb, Kurt-Dieter Grill, Ernst Hinsken, Ulrich Klinkert,
Dr. Martina Krogmann, Dr. Norbert Lammert, Vera Lengsfeld, Dr. Martin Mayer
(Siegertsbrunn), Elmar Müller (Kirchheim), Bernd Neumann (Bremen),
Friedhelm Ost, Dr. Bernd Protzner, Thomas Rachel, Hans-Peter Repnik,
Dr. Heinz Riesenhuber, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Hartmut Schauerte,
Karl-Heinz Scherhag, Dietmar Schlee, Max Straubinger, Andrea Voßhoff,
Matthias Wissmann, Dagmar Wöhrl und der Fraktion der CDU/CSU

Beschäftigung als Ziel der Wirtschaftspolitik herausstellen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mehr Beschäftigung ist der Schlüssel zu mehr Wohlstand, sozialer Gerechtig-
keit und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Zu Recht wird deshalb ein „hoher
Beschäftigungsstand“ im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz als wesentliches
Ziel der Wirtschaftspolitik genannt. Wenn Beschäftigungschancen – so wie
derzeit – nicht genutzt werden, ist dies mit hohen sozialen, wirtschaftlichen und
budgetären Kosten verbunden.

Eine günstigere Beschäftigungsentwicklung hängt in erster Linie ab von der
Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, von der Be-
schäftigungsfähigkeit und Qualifikation der Arbeitnehmer, von funktionsfähi-
gen Arbeitsmärkten und von effizienten, wettbewerbsbestimmten Waren-,
Dienstleistungs- und Kapitalmärkten. Um hier Fortschritte zu erzielen und so-
mit eine dynamischere Wachstums- und Beschäftigungsentwicklung zu errei-
chen, ist eine wirtschaftspolitische Strategie erforderlich, die sowohl das
Wachstum steigert als auch die sog. Beschäftigungsschwelle senkt.

Eine solche wirtschaftspolitische Strategie muss durch eine entsprechende Sta-
tistik begleitet werden. Es ist notwendig, die Entwicklung der Beschäftigung
besser als bisher nachvollziehbar und übersichtlich darzustellen und zu kom-
munizieren. Deshalb brauchen wir eine umfassende und zeitnahe Beschäfti-
gungsstatistik, die als zentrale Größe die Beschäftigtenzahl insgesamt enthält.
Wichtig ist selbstverständlich nach wie vor die Arbeitslosenzahl, sind aber
auch Angaben zur sektoralen und regionalen Gliederung der Beschäftigung
und der Arbeitslosigkeit, zur Teilzeitbeschäftigung, zur geringfügigen Beschäf-
tigung und zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials. Dabei werden die
Schwierigkeiten, die genannten Zahlen regelmäßig, präzise und aktuell zu er-
Drucksache

14/

2988

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
bringen, durchaus erkannt. Dennoch zeigen Erfahrungen etwa aus den USA,
dass es durchaus möglich und sinnvoll ist, den verengten Blick auf die Arbeits-
losenzahlen durch eine eingehende Analyse der Beschäftigtenentwicklung zu
erweitern.

Eine solche Beschäftigungsstatistik ist als Maßstab erfolgreicher Wirtschafts-
und Beschäftigungspolitik wesentlich besser geeignet als die zurzeit fast aus-
schließliche Fokussierung auf die Arbeitslosenzahl bzw. -quote. Diese be-
schränkende Betrachtungsweise ist vor allem deshalb wenig hilfreich, weil sie
eine Zahl in den Mittelpunkt des Interesses rückt, die wesentlich leichter als die
Beschäftigtenzahl von politischen Einzelmaßnahmen oder statistischen Defini-
tionen beeinflussbar ist. Auch ist festzustellen, dass selbst eine erfolglose Wirt-
schafts- und Beschäftigungspolitik bei einer günstigen demographischen Ent-
wicklung Erfolge bei der Arbeitslosenstatistik vorzeigen kann. So ist z. B. trotz
einer um 150 000 gesunkenen Arbeitslosenzahl die Beschäftigtenzahl im De-
zember 1999 gegenüber dem Vorjahresmonat ebenfalls gesunken und zwar um
20 000 Personen.

Die derzeitige Praxis führt darüber hinaus dazu, dass defensive wirtschaftspoli-
tische Strategien gegenüber offensiven Konzepten relativ attraktiver werden.
Wer das Hauptaugenmerk auf die Arbeitslosenzahl richtet, wird Programme
bevorzugen, die mittels Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Frühpensionierungen
o. ä. versuchen, an den Symptomen zu kurieren. Der nur mittel- oder langfristig
wirksam werdende und dornenreiche Weg struktureller Reformen, der nötig ist,
um Beschäftigungserfolge zu erzielen, ist hingegen relativ unattraktiv, weil sta-
tistisch vorzeigbare Erfolge auch anders und leichter zu erreichen sind.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Beschäftigtenzahl mög-
lichst zeitnah zu der Arbeitslosenzahl veröffentlicht werden kann, ggf. in
Form einer Prognose, die später durch die tatsächlichen Zahlen ergänzt
wird.

2. über die Entwicklung der Beschäftigung in Deutschland regelmäßig umfas-
send Bericht zu erstatten. Dabei soll insbesondere dargestellt werden:

– die Beschäftigtenzahl insgesamt (monatlich)

– die sektorale und regionale Aufgliederung der Beschäftigung

– die Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung und der geringfügigen Be-
schäftigung

– die Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials

– die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in der üblichen Aufgliederung.

3. eine solche neukonzipierte Beschäftigungsstatistik mit geeigneten Maßnah-
men der Öffentlichkeitsarbeit in das Zentrum der Berichterstattung zu rü-
cken.

Berlin, den 21. März 2000

Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.