BT-Drucksache 14/2912

Besteuerung der Unternehmen nach deren Leistungsfähigkeit

Vom 15. März 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2912
14. Wahlperiode 15. 03. 2000

Antrag
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Rolf Kutzmutz, Heidemarie Ehlert, Dr. Christa
Luft, Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion
der PDS

Besteuerung der Unternehmen nach deren Leistungsfähigkeit

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die beabsichtigte Neuregelung der Unternehmensbesteuerung beseitigt Pro-
bleme und Schwierigkeiten der bisherigen Gewinnbesteuerung um den Preis
ihrer Neusetzung an anderer Stelle. So entfiele mit der Abschaffung des körper-
schaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens die komplizierte Gliederungsrech-
nung des zur Ausschüttung verwendbaren Eigenkapitals. Andererseits führte
die beabsichtigte Körperschaftsteueroption zu einer erheblichen Komplizierung
des Steuerrechts, die nicht nur mit höheren Anforderungen an die Finanzver-
waltung, sondern auch an kleine und mittlere Unternehmen verbunden wäre.

Vor allem aber würde mit der Reform die bisherige strukturelle Verknüpfung
von Unternehmens- bzw. Gewinnbesteuerung und Einkommensteuerrecht auf-
gegeben. Gewinne könnten zukünftig über einen sehr langen Zeitraum der pro-
gressiven Einkommensbesteuerung entzogen werden. Dadurch eröffnete die
geplante Reform neue Missbrauchs- und Gestaltungsmöglichkeiten und führte
tendenziell zu einer ungleichen und ungerechten Lastenverteilung.

Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,

statt der proportionalen Körperschaftsteuer von 25 % einen progressiven Kör-
perschaftsteuertarif einzuführen und damit die Vorraussetzungen für eine Un-
ternehmensbesteuerung zu schaffen, die alle Unternehmen entsprechend ihrer
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben
beteiligt.

Berlin, den 15. März 2000

Dr. Barbara Höll
Rolf Kutzmutz
Heidemarie Ehlert
Dr. Christa Luft
Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Dietmar Bartsch
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 14/2912 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung

Unternehmen werden bereits in verschiedenen Staaten mit gewinnabhängig
steigenden Steuersätzen besteuert. So kennt Belgien einen dreistufigen, die
USA einen vierstufigen Körperschaftsteuertarif.

Der im Rahmen der Unternehmensteuerreform einzuführende progressive Kör-
perschaftsteuertarif sollte im Eingangsbereich 15 % nicht übersteigen. Die Spit-
zenbelastung sollte nicht niedriger als 35 % betragen. Durch die Bundesregie-
rung ist auf der Grundlage exakter Berechnungen zu den Verteilungs- und
finanziellen Wirkungen eine Konkretisierung des Tarifverlaufs vorzunehmen.

Die Einführung eines progressiven Körperschaftsteuertarifs beseitigt nicht die
Probleme, die sich mit der Neuregelung der Unternehmensbesteuerung verbin-
den, verringert sie jedoch. Im Vergleich zur proportionalen Körperschaftsteuer
von 25 % kann dadurch eine deutlichere Entlastung kleiner und mittlerer Unter-
nehmen bewirkt werden. Zudem entsteht aufgrund der geringeren Vorbelastung
auf der Unternehmensebene für potentielle Kapitalgeber ein erhöhter Anreiz,
sich in diesen Unternehmen zu engagieren.

Der gewinnabhängig steigende Körperschaftsteuersatz ermöglicht darüber hin-
aus für ertragsstarke Unternehmen die Anwendung eines deutlich höheren
Steuersatzes. Somit wird gewährleistet, dass sich Konzerne, Banken und Versi-
cherungen nicht aus der finanziellen Verantwortung für das Gemeinwesen ent-
ziehen können.

Der progressive Körperschaftsteuertarif bildet nicht nur die Grundlage für eine
leistungsgerechtere Unternehmensbesteuerung. Aufgrund der Entlastung klei-
ner und mittlerer Unternehmen bereits im Rahmen des Tarifs besteht die Mög-
lichkeit, die Körperschaftsteuer auf alle Unternehmen auszudehnen. Dadurch
kann auf die Einführung der komplizierten Körperschaftsteueroption verzichtet
werden. Entfallen kann auch die systemwidrige Anrechnung des doppelten Ge-
werbesteuermessbetrags. Erst eine solche Unternehmensteuerreform bewirkt
somit die notwendige Vereinfachung des Steuerrechts.

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