BT-Drucksache 14/2769

zu der Beratung der GA der Abg Klaus Riegert, Friedrich Bohl, Peter Letzgus, weiterer Abg und der Fraktion der CDU/CSU - 14/1032, 14/1867 - Doping im Spitzensport und Fitnessbereich

Vom 22. Februar 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

22. 02. 2000

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Riegert, Friedrich Bohl, Peter Letzgus, Walter Link
(Diepholz), Kurt J. Rossmanith, Dr. Klaus Rose, Norbert Barthle, Georg
Brunnhuber, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Reinhard Göhner, Erwin Marschewski
(Recklinghausen), Wilhelm Josef Sebastian, Benno Zierer und der Fraktion der
CDU/CSU

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Klaus Riegert, Friedrich
Bohl, Peter Letzgus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksachen 14/1032, 14/1867 –

Doping im Spitzensport und Fitnessbereich

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Spektakuläre Einzelfälle von Dopingmissbrauch im Spitzensport aufgrund
eines wirksamen Doping-Kontrollsystems haben die Aufmerksamkeit der
Öffentlichkeit, der Politik und der Medien auf ein Phänomen gelenkt, das
nicht auf den Spitzensport eingegrenzt werden darf. Die medienwirksame
Diskussion von Dopingmissbrauch wird der Gesamtproblematik der miss-
bräuchlichen Verwendung unerlaubter Dopingsubstanzen nicht gerecht.
Diese Art der öffentlichen Behandlung lenkt vielmehr von einem sich weit-
gehend der öffentlichen Diskussion verschließenden Phänomen ab, dass im-
mer häufiger Menschen zu unerlaubten Dopingsubstanzen greifen. Sie glau-
ben, möglichst schnell und mit wenig eigenem Aufwand ihre körperlichen
und mentalen Leistungen steigern, einem erhöhten Körperbewusstsein hul-
digen und leistungsfähiger als andere sein zu können.
Bewusst oder unbewusst der möglichen Folgewirkungen, in der Regel ohne
ärztliche Verordnung und Kontrolle, greifen sie zu verbotenen Substanzen in
Form von Pillen, Nahrungsersatzstoffen oder Spritzen. Untersuchungen, vor
allem in den USA, haben ergeben, dass nur bei 25 % das Wissen um die ge-
fährlichen Nebenwirkungen der vereinnahmten Substanzen vorhanden war.
Missbräuchliche Einnahme leistungssteigernder Substanzen ist ein gesell-
schaftliches Problem, deren Bekämpfung politisches Handeln erforderlich
macht.

2. Dennoch muss dem Spitzensport bei der Bekämpfung des Dopings eine be-
sondere Bedeutung und höhere Verantwortung zugemessen werden. Spit-
zensport übt eine hohe Vorbildfunktion in unserer Gesellschaft aus, insbe-
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sondere für junge Menschen. Der Spitzensport setzt entscheidende Impulse
für die Verbreitung und Entwicklung des gesamten Sports, ist Zeichen für
Leistungswillen, für Leistungsbereitschaft, für Fairness und Chancengleich-
heit. Sport, insbesondere Spitzensport, vermittelt somit idealtypisch gesell-
schaftliche Werte. Diese dem Sport zugrunde liegenden ethischen-morali-
schen Werte dürfen nicht dem sportlichen Erfolg nachgeordnet werden. Nur
ein humaner, von Manipulation freier Spitzensport kann den in ihn gesetzten
hohen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden.
Der deutsche Sport stellt sich dieser Verantwortung und wird dieser gerecht.
Das deutsche Kontrollsystem hat sich bewährt. Die vorhandenen rechtlichen
Rahmenbedingungen und die subsidiäre Hilfe des Bundes sind gute Voraus-
setzungen, damit der Sport in eigener Verantwortung Doping wirkungsvoll
bekämpfen kann. Es ist zu prüfen, inwieweit die Schiedsgerichtsbarkeit über
eine rechtlich selbständige und unabhängige Anti-Doping-Agentur gestärkt
werden sollte. Ein Anti-Doping-Gesetz ist nicht notwendig.
Die Bemühungen des deutschen Sports, sich bei der Errichtung der internati-
onalen Anti-Doping-Agentur WADA ein für alle internationalen Spitzenver-
bände verbindliches, stringentes und gleiches Regelwerk einzusetzen, sind
richtig. Dopingmissbrauch im Spitzensport ist nur national und international
erfolgreich zu bekämpfen.

3. Die unkontrollierte Einnahme gesundheitsgefährdender Dopingsubstanzen
von Freizeitsportlern im Fitnessbereich hat in den letzten Jahren immense
Dimensionen angenommen, die ein Tätigwerden aller verantwortlichen
Kräfte erfordern. Gesteigertes Bewusstsein für Gesundheit, für die Ausstrah-
lung des eigenen Körpers, für mehr Leistung veranlassen vor allem junge
Menschen, zu leistungssteigernden Präparaten zu greifen. Untersuchungen
bei Freizeitsportlern im Fitnessbereich in den Bundesländern Schleswig-
Holstein, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen haben ergeben,
dass 22 % der Männer und 8 % der Frauen anabole Steroide eingenommen
haben. Mit 35 % hat der Missbrauch anaboler Steroide die höchste Präva-
lenz bei den 21 bis 25-Jährigen. Bei den unter 21-Jährigen lag der Konsum
bei 8 % mit zunehmender Tendenz. Besorgniserregend, dass die von Frei-
zeitsportlern im Fitnessbereich eingenommen Tagesrationen in Deutschland
die Messzahlen aus den USA um 76 bis 100 % überschritten.
Es ist weitgehend gesicherte Erkenntnis, dass die genannten Wirkstoffe in
einem immer größeren Maße illegal eingeführt, über den Schwarzhandel so-
wie über das Internet angeboten und vertrieben werden. Der Verkauf dieser
Substanzen hat sich zu einem schwunghaften und lukrativen Geschäft entwi-
ckelt.
Experten gehen davon aus, dass rd. 350 000 Freizeitsportler im Fitnessbe-
reich anabole Steroide einnehmen. Mediziner befürchten langfristige kör-
perliche und psychische Schädigungen, oft irreparabel.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. Durch empirische Untersuchungen den Dopingmissbrauch von Freizeit-
sportlern im Fitnessbereich zu erfassen und aufzuklären und mit den Län-
dern wirksame Maßnahmen einzuleiten, um die illegale Einfuhr und den
Vertrieb anaboler Wirkstoffe und weiterer Dopingsubstanzen zu unterbin-
den.

2. In Zusammenarbeit mit den Ländern zu prüfen, welche Maßnahmen zur Do-
pingprävention ergriffen werden sollten, um durch Information und Erzie-
hung dem gegenwärtigen Trend wirksam entgegentreten zu können.
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3. Mit den Ländern zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen oder geschaffen
werden sollten, um eine stärkere Einflussnahme auf Dopingkontrollen in
Fitnessstudios ausüben zu können.

4. Die Einrichtung einer rechtlich selbständigen und unabhängigen Anti-Do-
ping-Agentur im Spitzensport zu fördern und die erforderlichen Haushalts-
mittel bereitzustellen.

5. Auf internationaler Ebene die Bemühungen des deutschen Sports bei der
Anti-Doping-Agentur (WADA) zu unterstützen, ein einheitliches, für alle
internationalen Spitzensportverbände verbindliches Regelwerk zu erstellen,
damit Dopingmissbrauch international effektiv bekämpft werden kann.

6. Ein Forschungsprogramm für Dopingforschung und Dopinganalytik aufzu-
legen, damit neueste wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse um-
fassend und unmittelbar in die Dopingbekämpfung einfließen können.

7. Die erforderlichen Haushaltsmittel bereitzustellen, damit die Zahl der un-
angemeldeten Trainingskontrollen von zz. rd. 4 000 auf rd. 6 000 erhöht
werden kann. Das Kontrollsystem bleibt lückenhaft, wenn Kontrollen der
B-, C-, D-Kader und Nachwuchsathleten wegen fehlender Mittel nicht
durchgeführt werden können.

Der Deutsche Bundestag bittet die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit Ent-
schädigungen für Sportlerinnen und Sportler in Erwägung gezogen werden
können, die ohne Schuld Opfer des weit verbreiteten Dopings in der ehemali-
gen DDR wurden.

Die Bundesregierung möge über alle Punkte bis zur Sommerpause 2001 Be-
richt erstatten.

Berlin, den 22. Februar 2000

Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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