BT-Drucksache 14/2761

zu den gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen Wahleinsprüchen

Vom 22. Februar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2761
14. Wahlperiode 22. 02. 2000

Beschlussempfehlung
des Wahlprüfungsausschusses

zu den gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland
eingegangenen Wahleinsprüchen

A. Problem

Gemäß § 26 Abs. 2 des Europawahlgesetzes (EuWG) finden für das Wahlprü-
fungsverfahren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) ent-
sprechende Anwendung. Der Deutsche Bundestag hat danach auch über die Ein-
sprüche gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Europäischen
Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland vom 13. Juni 1999 auf der
Grundlage von Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsausschusses zu ent-
scheiden.

Die Gültigkeit der Wahl der deutschen Abgeordneten des Europäischen Parla-
ments wurde mit 41 Einsprüchen angefochten. In einem Fall hat der Ein-
spruchsführer innerhalb der Einspruchsfrist nicht eindeutig erklärt, ob er Ein-
spruch einlegen wollte. In einem weiteren Fall wurden innerhalb der
Einspruchsfrist keine Tatsachen vorgetragen, auf Grund deren geprüft werden
konnte, ob Verstöße gegen wahlrechtliche Vorschriften vorgekommen sind.

Somit ist über 39 Wahleinsprüche zu entscheiden.

B. Lösung

Zurückweisung der 39 Wahleinsprüche wegen offensichtlicher Unbegründet-
heit im Sinne des § 26 Abs. 2 EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG.

Offensichtlich unbegründet sind Wahleinsprüche,

a) die einen Sachverhalt vortragen, der einen Fehler bei der Vorbereitung und
Durchführung der Wahl nicht erkennen lässt,

b) die einen Verstoß von Wahlrechtsvorschriften gegen vorrangiges Verfas-
sungsrecht oder Europarecht behaupten; im Rahmen des Wahlprüfungsver-
fahrens sieht der Bundestag in ständiger Praxis davon ab, die Unvereinbarkeit
von Wahlrechtsvorschriften mit der deutschen Verfassung oder mit europäi-
schem Recht festzustellen,

c) die mangels ausreichender Angabe von Tatsachen nicht erkennen lassen, auf
welchen Tatbestand der Einspruch gestützt wird (BVerfGE 40, 11 [30]),

d) bei denen zwar ein Wahlfehler bei der Vorbereitung oder Durchführung der
Wahl festgestellt worden ist, welcher jedoch angesichts des Stimmenverhält-
nisses keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung gehabt hat bzw. hätte haben
können (BVerfGE 4, 370 [372 f.]).

Drucksache 14/2761 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der Wahlprüfungsausschuss ist jedoch allen behaupteten Wahlmängeln nach-
gegangen, auch wenn sie keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung hatten.
Diese Art der Behandlung soll dafür Sorge tragen, dass sich festgestellte Wahl-
mängel bei künftigen Wahlen soweit wie möglich nicht wiederholen.

C. Alternativen

Keine hinsichtlich der Ergebnisse der Entscheidungen.

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2761

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. die Verfahren zu den Wahleinsprüchen EuWP 15/99 und EuWP 31/99 einzu-
stellen,

2. die aus den Anlagen 1 bis 39 ersichtlichen Entscheidungen zu treffen,

3. die Bundesregierung auf Grund der Erfahrungen in Wahlprüfungsangelegen-
heiten um Prüfung zu bitten,

a) ob die Wahlrechtsvorschriften dahin gehend zu ändern sind, dass:

– die Teilnahme von im Ausland lebenden deutschen Wahlberechtigten
an der Europawahl durch bessere Information und Verlängerung der
Fristen erleichtert wird,

– in der Bundesrepublik Deutschland lebende wahlberechtigte Bürger aus
anderen Staaten der Europäischen Union, die 1999 oder bei einer spä-
teren Europawahl auf ihren Antrag in Deutschland in ein Wählerver-
zeichnis eingetragen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden,

– rechtzeitig bei der für die Zustellung zuständigen Filiale der Deutschen
Post AG vorliegende Wahlbriefe, die aber durch Verschulden eines Be-
diensteten der Deutschen Post AG, eines Beauftragten des Kreiswahl-
leiters oder der Gemeindebehörde oder auf Grund sonstiger, vom Wäh-
ler nicht mehr zu vertretender Umstände erst nach Ablauf der Frist des
§ 36 Abs. 1 BWG beim Kreiswahlleiter eingehen, bei der Feststellung
des Wahlergebnisses zu berücksichtigen sind,

b) wie die Umsetzung von § 18 Abs. 1 EuWG, wonach mit der Stimmenaus-
zählung erst nach dem Ende der Stimmabgabe in den anderen Mitglied-
staaten der Europäischen Union begonnen werden darf, in der Praxis ge-
währleistet werden kann.

Berlin, den 17. Februar 2000

Der Wahlprüfungsausschuss

Erika Simm
Vorsitzende und
Berichterstatterin
(zu den Anlagen 1–5)

Dr. Wolfgang Bötsch
Berichterstatter
(zu den Anlagen 6–9)

Anni Brandt-Elsweier
Berichterstatterin
(zu den Anlagen 10–14, 35–39)

Jörg van Essen
Berichterstatter
(zu den Anlagen 15–18)

Manfred Grund
Berichterstatter
(zu den Anlagen 19–22)

Hans-Joachim Hacker
Berichterstatter
(zu den Anlagen 23–26)

Dr. Peter Paziorek
Berichterstatter
(zu den Anlagen 27–30)

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter
(zu den Anlagen 31–34)

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/2761

Anlagenverzeichnis

Lfd.Nr. Einspruchsführer Wohnort EuWP-Nr.

1 Holzerlandt, Lesley Gunzenhausen 30/99
2 Kulterer, Reinhard Keltern 37/99
3 Rieger, J. Catharina Bremen 38/99
4 Lauwers-Schittko, Willem Bad Arolsen 39/99
5 McColgan, Paul Bremerhaven 40/99
6 Mahnhardt, Peter Hörnum 1/99
7 Müller, Klaus Bornheim 11/99
8 Witte, Hermann Viersen 16/99
9 Schäfer, Herbert Steinach 26/99

10 Rich, Anthony F. Olching 4/99
11 Peters, Hans-Hendrik-Herman Frankenberg/Eder 5/99
12 Runciman, Tracey Hamburg 18/99
13 Buckley, Keith Bremerhaven 24/99
14 Hyatt, Graham Hohen Viecheln 29/99
15 Meyer-Falk, Thomas Bruchsal 2/99
16 Lüke, Jens Aachen 9/99
17 Dornbusch, Karl-Otto u. a. (B) Rehborn 32/99
18 Ellert, Lothar Naumburg 41/99
19 Mester, Mario Hamburg 3/99
20 Regnet, Bernhard u. Wilma Mörfelden 10/99
21 Wessel, Dieter Börßum 12/99
22 Wenzel, Anneliese Bad Lauterberg 14/99
23 Popp, Wolfgang u. Regina Kitzingen 6/99
24 Stukenberg, Dr. Dieter u. Felizitas Bonn 8/99
25 Schallenmüller, Marc Vechta 19/99
26 Büchler, Markus Ravensburg 22/99
27 Zöll, Herbert u. Ursula Sourbrodt/Belgien 13/99
28 Fehndrich, Martin Duisburg 25/99
29 Lohse, Walter u. a. (B) Herisau/Schweiz 28/99
30 Rennemüller, Friedrich Bad Oldesloe 34/99
31 Perkuhn, Michael Elmshorn 17/99
32 Jacobsen, Bodo Hemer 21/99
33 Sauter, Uwe Karlsruhe 23/99
34 Fleck, Tobias Saarbrücken 33/99
35 Nellen, Wolfgang Jülich 7/99
36 Heger, Karin Göttingen 20/99
37 Der Bundeswahlleiter Wiesbaden 27/99
38 Müller, Hartmut Heidelberg 35/99
39 Brüdern, Heinrich Rendsburg 36/99

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 5. Juli 1999, das am 9. Juli 1999
beim Bundestag eingegangen ist, hat die Ein-
spruchsführerin über ihren Bevollmächtigten gegen
die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Eu-
ropäischen Parlaments aus der Bundesrepublik
Deutschland am 13. Juni 1999 mit der Begründung
Einspruch eingelegt, dass sie als nichtdeutsche Uni-
onsbürgerin gegenüber deutschen Wählern benach-
teiligt worden sei.

Insbesondere wird die unzulässige Behinderung
der Wahlmöglichkeiten in der Bundesrepublik
Deutschland für Angehörige von EU-Mitgliedstaa-
ten gerügt. Die Einspruchsführerin sei britische
Staatsbürgerin und habe ihren Wohnsitz und Fami-
lienschwerpunkt in der Bundesrepublik Deutsch-
land, nämlich in Gunzenhausen. Sie habe sich ge-
mäß § 17a der Europawahlordnung (EuWO), der
nach ihrer Auffassung nicht in Einklang mit dem
Gemeinschaftsrecht stehe, nicht rechtzeitig in das
Wählerverzeichnis eintragen lassen können. Daher
habe die Einspruchsführerin an ihrem Wohnort
nicht an der Wahl zum Europäischen Parlament
teilnehmen können.

Nach Auffassung der Einspruchsführerin liegt in
der für Unionsbürger vorgeschriebenen Antragsfrist
für die Eintragung in das Wählerverzeichnis – bis
zum 34. Tag vor der Wahl – eine ungerechtfertigte
Benachteiligung. Dies werde auch durch die auf-
grund des Antragserfordernisses sehr geringe Wahl-
beteiligung von Unionsbürgern in der Bundesrepu-
blik Deutschland belegt. Darüber hinaus habe die
Kommission bereits das Antragserfordernis gerügt
und ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Aufgrund des Hinweises des Sekretariats des Wahl-
prüfungsausschusses an die Einspruchsführerin,
dass ein Einspruch gegen die Europawahl nur dann
erfolgreich sein könne, wenn ein Wahlfehler festge-
stellt werde, der auf die Verteilung der Sitze im ge-
wählten Parlament Einfluss gehabt hat oder hätte
haben können, wird Folgendes ergänzend vorgetra-
gen:

Die Antragspflicht und -frist für nichtdeutsche Uni-
onsbürger habe dazu geführt, dass eine erhebliche
Anzahl von den betroffenen Unionsbürgern nicht an
der Europawahl teilgenommen habe. So hätten in
dem Wahlkreis der Stadt Gunzenhausen lediglich
2 % „der Wahlbürger der Europäischen Union“ an
der Europawahl teilgenommen, was statistisch ein
sehr geringer Teil sei. Durch diese geringe Wahlbe-
teiligung könne das Wahlergebnis beeinflusst wer-
den.

Zu dem Wahleinspruch liegen eine Stellungnahme
des Kreiswahlleiters des Landkreises Weißen-
burg-Gunzenhausen und der Stadt Gunzenhausen
vor. Daraus ergibt sich, dass die Einspruchsführerin
keinen Antrag auf Eintragung in das Wählerver-
zeichnis der Stadt Gunzenhausen gestellt hatte. Le-
diglich eine Woche vor der Europawahl habe sich
der Bevollmächtigte der Einspruchsführerin über
die wahlrechtlichen Bestimmungen von ausländi-
schen Unionsbürgern informiert.

Die Stadt Gunzenhausen habe alle ausländischen
Unionsbürger freiwillig angeschrieben und auf die
wahlrechtlichen Voraussetzungen hingewiesen.
Dieses Schreiben habe auch die Einspruchsführerin
erhalten, was von dem Bevollmächtigten bei dem
persönlichen Gespräch im Rathaus bestätigt worden
sei.

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 30/99 –
der Frau Lesley Holzerlandt

wohnhaft: Marktplatz 24, 91710 Gunzenhausen

Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Alfred Meyerhuber und Partner

Rot-Kreuz-Straße 12–14, 91710 Gunzenhausen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Anlage 1

Drucksache 14/2761 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ausweislich der beigefügten Kopie des Schreibens
der Stadt Gunzenhausen an alle nichtdeutschen
Unionsbürger vom 13. April 1999 wurde darin
ausdrücklich auf das Antragserfordernis und die
Frist hingewiesen.

Die dem Bevollmächtigten der Einspruchsführerin
zur Kenntnis gegebene Stellungnahme hat dieser im
Wesentlichen bestätigt. Da sich die Einspruchsfüh-
rerin allerdings im April und Mai geschäftlich au-
ßerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehal-
ten habe, habe sie das Schreiben erst nach Ablauf
der Antragsfrist erhalten und habe sich deshalb
nicht mehr rechtzeitig 34 Tage vor der Wahl eintra-
gen lassen können.

Im Übrigen hat das Bundesministerium des Innern
zu der Problematik der Antragspflicht für nichtdeut-
sche Unionsbürger in einem ähnlich gelagerten Fall
wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wähler-
verzeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundesre-
publik Deutschland sei die Europäische Kommissi-
on darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten

Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nach-
frage mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen
der oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische Kom-
mission würden die für die Europawahl 1999 er-
stellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Verord-
nung zur Änderung der Europawahlordnung vom
3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen worden,
wonach die Antragsunterlagen der bei der Europa-
wahl 1999 in ein Wählerverzeichnis eingetragenen
Unionsbürger nicht mehr vernichtet werden dürfen
(§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2
EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der
Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-
handlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
trotz Feststellung eines Wahlfehlers offensichtlich un-
begründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom
Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
grundsätzlich nicht mehr stattgegeben werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/2761

Da die Einspruchsführerin nach dem vorgetragenen
Sachverhalt einen derartigen Antrag nicht innerhalb
der dafür vorgesehenen Frist gestellt hat, war sie nach
den geltenden Wahlrechtsvorschriften nicht in das
Wählerverzeichnis der Stadt Gunzenhausen einzutra-
gen. Deshalb konnte sie ihr Wahlrecht wegen Nichter-
füllung der formellen Voraussetzungen nicht ausüben.

Es besteht jedoch gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die
Möglichkeit, einem Wahlberechtigten, der nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag einen
Wahlschein bis zum Wahltag um 15.00 Uhr (§ 26
Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu erteilen, wenn er nachweist,
dass er ohne sein Verschulden die Antragsfrist nach
§ 17a Abs. 2 EuWO versäumt hat. Diese Vorausset-
zung wäre z. B. bei schwerer Krankheit oder längerer
Abwesenheit erfüllt.

Da die Einspruchsführerin sich nach den Angaben ihres
Bevollmächtigten im April und Mai 1999 außerhalb der
Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, hätte sie
eine Woche vor der Europawahl, als sich ihr Bevoll-
mächtigter im Rathaus der Stadt Gunzenhausen über
die Möglichkeiten, doch noch an der Europawahl teil-
zunehmen, informiert hat, einen derartigen Antrag stel-
len können. Nach dem ermittelten Sachverhalt ist je-
doch ein solcher Antrag nicht gestellt worden. Die Stadt
hat es offensichtlich versäumt, auf die Möglichkeit der
Erteilung eines so genannten selbständigen Wahl-
scheins hinzuweisen, obwohl dessen Ausstellung für
die Einspruchsführerin durch die Stadt Gunzenhausen
bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen gemäß
§ 24 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 26 Abs. 4 Satz 2 EuWO
noch am Wahltag bis 15.00 Uhr möglich gewesen wäre.
Die unterlassene Beratung stellt einen Wahlfehler dar.

Der festgestellte Wahlfehler kann dem Einspruch je-
doch nicht zum Erfolg verhelfen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der
sich der Wahlprüfungsausschuss stets angeschlossen
hat, können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wah-
leinspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandats-
verteilung von Einfluss sind oder hätten sein können.
Infolgedessen scheiden alle Verstöße von vornherein
als unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahlergeb-
nisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370 [372] stän-
dige Rechtsprechung). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind
dann unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmen-
verhältnisses keinen Einfluss auf die Mandatsvertei-
lung haben können.

Auch die Behauptung, die Antragspflicht und -frist für
nichtdeutsche Unionsbürger habe dazu geführt, dass
eine erhebliche Anzahl von den betroffenen Unions-
bürgern nicht an der Europawahl teilgenommen habe,
weshalb durch diese geringe Wahlbeteiligung das
Wahlergebnis beeinflusst worden sein könnte, kann
den Einspruch nicht erfolgreich begründen. Die Ein-
spruchsführerin bzw. ihr Bevollmächtigter haben kei-
nerlei konkrete Tatsachen vorgetragen, die diese Be-
hauptung stützen. Der Wahlprüfungsausschuss sieht
sich deshalb mangels hinreichend bestimmtem An-

fechtungsgegenstand an einer näheren Prüfung gehin-
dert. Denn die Wahlprüfung findet weder von Amts
wegen statt, noch erfolgt sie stets in Gestalt einer
Durchprüfung der gesamten Wahl. Vielmehr erfolgt
nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG die Wahlprüfung nur
auf Einspruch, der zu begründen ist. Die Begründung
muss mindestens den Tatbestand, auf den die Anfech-
tung gestützt wird, erkennen lassen und genügend sub-
stantiierte Tatsachen enthalten (BVerfGE 40, 11, 30).

Soweit die Einspruchsführerin sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanentenWäh-
lerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder Wahl neu
erstellt werden. Deshalb unterscheidet die Europawahl-
ordnung zwischen wahlberechtigten Deutschen (§ 15)
und wahlberechtigten nichtdeutschen Unionsbürgern
(§ 17a). Während wahlberechtigte Deutsche, die am
35. Tag vor der Wahl für eine Wohnung gemeldet sind,
gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis einzutragen sind, müssen bisher die
nach § 6 Abs. 3 EuWG wahlberechtigten Unionsbür-
ger gemäß § 17a Abs. 1 und 2 EuWO spätestens bis
zum 34. Tag vor der Wahl einen Antrag auf Eintragung
in das Wählerverzeichnis stellen. Unionsbürger sind
nach § 6 Abs. 3 EuWG unter anderem wahlberechtigt,
wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland eine Woh-
nung innehaben. Selbst wenn sie für frühere Wahlen be-
reits in das Wählerverzeichnis eingetragen waren und
sich ihr melderechtlicher Wohnsitz seither nicht geän-
dert hat, müssen sie diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG sei-
en in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 10 – Drucksache 14/2761

halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Im Übrigen sieht sich der Deutsche Bundestag nicht da-
zu berufen, im Rahmen des deutschen Wahlprüfungs-
verfahrens zu klären, ob deutsche Vorschriften zur
Wahl des Europäischen Parlaments wegen einer Ver-
letzung europäischen Rechts zu verwerfen sind. Des-
halb muss die Prüfung, ob die derzeitige deutsche Re-
gelung gegen die Richtlinie 93/109/EG verstößt, weil
sie in der Bundesrepublik Deutschland lebende nicht-
deutsche Unionsbürger gegenüber deutschen Unions-
bürgern diskriminieren könnte, auf einem anderen We-
ge erfolgen. Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die
derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gültigen
Vorschriften des Wahlrechts nicht verletzt worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/2761

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 37/99 –
des Herrn Reinhard Kulterer

wohnhaft: Rosenstraße 13, 75210 Keltern

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 19. Juli 1999, das am 4. August
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt. Er verlangt eine Wiederholung der
Wahl.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, ihm sei im Wahllokal Weiler der
Gemeinde Keltern von der Wahlleiterin die Stimm-
abgabe verweigert worden, obwohl er seit mehr als
20 Jahren in der Gemeinde ansässig sei. Laut Ver-
öffentlichung der Pforzheimer Zeitung vom 12. Juni
1999 seien 1,7 Millionen in Deutschland lebende
Staatsangehörige aus den übrigen EU-Ländern
wahlberechtigt. Als österreichischer Staatsbürger
zähle er dazu.

Der Kreiswahlleiter für den Enzkreis hat in seiner
Stellungnahme zu dem Einspruch mitgeteilt, dass
der Einspruchsführer es laut Schreiben der Gemein-
de Keltern vom 15. Juni 1999 versäumt habe, recht-
zeitig einen Antrag auf Eintragung in das Wähler-
verzeichnis nach § 17a der Europawahlordnung
(EuWO) zu stellen. Von seinem Recht auf Einsicht-
nahme in das Wählerverzeichnis habe er ebenfalls
keinen Gebrauch gemacht. Er sei am Wahlsonntag
mit seinem österreichischen Pass in das Wahllokal
Weiler gekommen und habe seine Stimme zur Eu-
ropawahl abgeben wollen. Dabei sei ihm mitgeteilt
worden, dass er nicht wahlberechtigt sei, weil er es
versäumt habe, einen Antrag auf Eintragung in das
Wählerverzeichnis zu stellen.

Auf Nachfrage hat der Kreiswahlleiter des Enzkrei-
ses ergänzend mitgeteilt, dass die EU-Bürger im
Enzkreis durch öffentliche Bekanntmachung nach
§ 19 Abs. 3 EuWO am 20. Februar 1999 in vier Ta-
geszeitungen über die Voraussetzungen für die Teil-

nahme an der Europawahl informiert worden seien.
Außerdem seien die mehrsprachigen Faltblätter zur
Information der EU-Bürger, die vom Presse- und In-
formationsamt der Bundesregierung herausgegeben
worden seien, im Landratsamt und in allen Rathäu-
sern der kreisangehörigen Gemeinden ausgelegt
worden.

Zu den dem Einspruchsführer zur Kenntnis gegebe-
nen Stellungnahmen hat dieser mitgeteilt, dass er
damit nicht einverstanden sei. Seines Erachtens hät-
te in den Gemeindenachrichten Keltern, dem offizi-
ellen Organ der Gemeinde Keltern, ein Hinweis auf
die Registrierung erfolgen müssen, nachdem dort
Ende Mai bekannt gegeben worden sei, dass alle
Wahlkarten ausgegeben worden seien. Ein soforti-
ger Anruf bei der Gemeinde habe bei ihm den Ein-
druck hinterlassen, dass die dort zuständigen Stellen
über die Wahlberechtigung von EU-Bürgern nicht
informiert gewesen seien. Eine einmalige Bekannt-
machung an einer nicht unbedingt herausragenden
Stelle in einer Tageszeitung reiche seines Erachtens
nicht aus.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die
Eintragung in das Wählerverzeichnis zu beachten
ist, ergriffen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Darüber hinaus hat der Bundeswahleiter in drei
Presseerklärungen vom 22. Februar, 15. März und
26. April 1999 sowie in einem Pressestatement am
6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger geltenden be-
sonderen Voraussetzungen für die Teilnahme an der
Europawahl hingewiesen.

Anlage 2

Drucksache 14/2761 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April
1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragfrist besonders herausgestellt. Das
Faltblatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage
des Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Im Übrigen hat das Bundesministerium des Innern
zu der Problematik der Antragspflicht für nichtdeut-
sche Unionsbürger in einem ähnlich gelagerten Fall
wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wählerver-
zeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der

geschilderten rechtlichen Situation in der Bundes-
republik Deutschland sei die Europäische Kommis-
sion darüber hinaus der Meinung, Deutschland wä-
re dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeig-
nete Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten
Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nach-
frage mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen
der oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische Kom-
mission würden die für die Europawahl 1999 er-
stellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Ver-
ordnung zur Änderung der Europawahlordnung
vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen
worden, wonach die Antragsunterlagen der bei der
Europawahl 1999 in ein Wählerverzeichnis einge-
tragenen Unionsbürger nicht mehr vernichtet wer-
den dürfen (§ 87 EuWO

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahl-
gesetz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsver-
fahren die Bestimmungen des Wahlprüfungsge-
setzes (WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der
Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der
Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26
Abs. 2 EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli-
chen Verhandlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/2761

Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
nicht mehr stattgegeben werden.

Der Einspruchsführer hat einen solchen Antrag zur
Eintragung in das Wählerverzeichnis nicht gestellt.
Gemäß § 49 Abs. 6 Nr. 1 EuWO hat der Wahlvorstand
einen Wähler zurückzuweisen, der nicht in das Wäh-
lerverzeichnis eingetragen ist und keinen Wahlschein
besitzt. Die Zurückweisung des Einspruchsführers von
der Wahl im Wahllokal der Gemeinde Keltern wegen
Nichterfüllung der formellen Voraussetzungen für die
Ausübung seines Wahlrechts war somit rechtmäßig.

Soweit der Einspruchsführer sich über die unzurei-
chende Information über die Voraussetzungen zur Aus-
übung des Wahlrechts für nichtdeutsche Unionsbürger
beschwert, ist deswegen kein Wahlfehler zu erkennen:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises folgendermaßen geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-

leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind sowohl vom Bundeswahlleiter, wie bereits
oben erläutert, als auch vom Kreiswahlleiter für den
Enzkreis, wie aus seiner Stellungnahme hervorgeht,
ausreichend erfüllt worden.

Der Einspruchsführer hatte neben den gesetzlich vor-
geschriebenen Veröffentlichungen weitere oben aufge-
zeigte Möglichkeiten, sich über die für Unionsbürger
geltenden Voraussetzungen zur Teilnahme an der Eu-
ropawahl zu informieren. Dass er dennoch von der
Notwendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis in der festgelegten Frist stellen zu
müssen, keine Kenntnis erlangt hat, ist ihm selbst zu-
zurechnen. Die von dem Einspruchsführer gestellte
Forderung, dass in den Gemeindenachrichten Keltern
auf die Antragspflicht und -frist für nichtdeutsche
Unionsbürger hätte hingewiesen werden müssen,
nachdem dort Ende Mai die Versendung aller Wahlbe-
nachrichtigungskarten bekannt gegeben worden sei,
geht ins Leere, weil zu diesem Zeitpunkt die Frist zur
Antragstellung bereits abgelaufen war.

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der
Richtlinie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmit-
telbar anwendbar, weil Deutschland keine permanen-
ten Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO
von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen

Drucksache 14/2761 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG sei-
en in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-
halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Im Übrigen sieht sich der Deutsche Bundestag nicht
dazu berufen, im Rahmen des deutschen Wahlprü-

fungsverfahrens zu klären, ob deutsche Vorschriften
zur Wahl des Europäischen Parlaments wegen einer
Verletzung europäischen Rechts zu verwerfen sind.
Deshalb muss die Prüfung, ob die derzeitige deutsche
Regelung gegen die Richtlinie 93/109/EG verstößt,
weil sie in der Bundesrepublik Deutschland lebende
nichtdeutsche Unionsbürger gegenüber deutschen
Unionsbürgern diskriminieren könnte, auf einem ande-
ren Wege erfolgen. Im vorliegenden Fall sind jeden-
falls die derzeit in der Bundesrepublik Deutschland
gültigen Vorschriften des Wahlrechts nicht verletzt
worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/2761

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 38/99 –
der Frau J. Catharina Rieger

wohnhaft: Maria-Krüger-Str. 75, 28239 Bremen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 2. August 1999, das am 9. Au-
gust 1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat die
Einspruchsführerin gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999
Einspruch eingelegt.

Zur Begründung ihres Einspruchs trägt die Ein-
spruchsführerin vor, ihr sei die Teilnahme an der
Wahl verweigert worden. Sie sei darauf verwiesen
worden, dass sie als Unionsbürgerin gesondert ei-
nen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeich-
nis hätte stellen müssen. Da es ihr unmöglich gewe-
sen sei, diese Auflage zu erfüllen, sei dieser
Vorgang ein unrechtmäßiger Eingriff in das Wahl-
recht. Sie sehe sich in der Wahrnehmung eines de-
mokratischen Grundrechts behindert und fühle sich
als mündige Unionsbürgerin um ihr Wahlrecht be-
trogen. Sie frage sich, ob das Grundrecht der demo-
kratischen EU-Staaten gerecht umgesetzt worden
sei und ob hier von einer Wahlmanipulation gespro-
chen werden könne.

Am Freitag, dem 7. Mai 1999, sei ihr die Wahlbe-
nachrichtigung (für die Bürgerschaftswahl am 6. Ju-
ni 1999) zugestellt worden und am Montag, dem
10. Mai 1999, hätte der Antrag auf Eintragung in
das Wählerverzeichnis für die Europawahl abge-
holt, ausgefüllt und abgegeben werden sollen. Die
Einspruchsführerin bezweifelt, dass diese Auflage
innerhalb einer so kurzen Frist überhaupt rechtens
gewesen sei. Den Hinweis, dass die Unionsbürger
über die Antragsfrist in der Tagespresse am 7. Mai
1999 informiert worden seien, halte sie für faden-
scheinig und unzureichend. Außerdem sei eine Be-
kanntmachung in der Tagespresse nicht als amtlich
zu erkennen.

Mit ihrer Beschwerde möchte die Einspruchsführe-
rin nach eigenem Vortrag erreichen, dass

– die Bekanntmachung über die Antragspflicht in
den üblichen Medien (Funk und Fernsehen) er-
folgt,

– in Zukunft das Antragsformular zur Eintragung
in die Wählerliste mit ausreichender Bearbei-
tungsfrist den Unionsbürgern mit der Wahlbe-
nachrichtigung mitgeschickt werden muss und
auch per Post bzw. bei der Stimmabgabe vorge-
legt werden kann,

– die Unionsbürger, die auf das Wahlrecht in ihrem
„nationalitätgebenden“ Land verzichtet haben,
von dieser Antragspflicht befreit sind.

Sie habe aufgrund einer offiziellen Anfrage der nie-
derländischen Behörden zugunsten eines Wahl-
rechts in der Bundesrepublik Deutschland auf ihr
Wahlrecht in den Niederlanden verzichtet und sei
deshalb von einem uneingeschränkten Wahlrecht
ausgegangen.

Die Einspruchsführerin sieht in den erschwerten
Bedingungen zur Stimmabgabe einen Grund für die
geringe Wahlbeteiligung.

Der Stadtwahlleiter für die Stadt Bremen führt in
seiner Stellungnahme zu dem Einspruch aus, so lan-
ge es für die Wahl der Abgeordneten des Europäi-
schen Parlaments kein einheitliches Wahlverfahren
in allen Mitgliedstaaten gebe, würden die nationalen
Wahlvorschriften gelten. Danach müssten nicht-
deutsche Unionsbürger, die im Wohnsitzmitglied-
staat wählen wollen, bei der zuständigen Gemein-
debehörde einen schriftlichen Antrag auf Eintra-
gung in das Wählerverzeichnis stellen. Diese An-
tragspflicht bestehe auch dann, wenn sie bereits bei
der Europawahl 1994 in Deutschland ihr Wahlrecht
ausgeübt und/oder durch Erklärung auf das Wahl-
recht in ihrem Herkunftsmitgliedstaat verzichtet
hätten.

Der Verpflichtung aus § 19 Abs. 3 der Europawahl-
ordnung (EuWO), wonach der Kreis- oder Stadt-

Anlage 3

Drucksache 14/2761 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

wahlleiter die nichtdeutschen Unionsbürger über ihr
aktives und passives Wahlrecht in mindestens einer
deutschsprachigen Anzeige in einer regionalen Ta-
geszeitung zu unterrichten hat, sei die Stadt Bremen
nachgekommen.

Wegen der engen Wahlterminierung – Bürger-
schaftswahl und verbundene Beirätewahlen am
6. Juni im Gebiet der Stadt Bremen sowie Europa-
wahl am 13. Juni 1999 – sei die Benachrichtigung
aller Wahlberechtigten in der Stadt Bremen vorge-
zogen und die Wahlbenachrichtigungskarten für
beide Wahlen in einem gemeinsamen Umschlag ver-
sandt worden. Die nichtdeutschen wahlberechtigten
Unionsbürger, die von Amts wegen in das Wähler-
verzeichnis für die Bürgerschaftswahl/Beiratswahl
eingetragen bzw. die potentiell nur für die Europa-
wahl wahlberechtigt gewesen seien, hätten zusam-
men mit der Wahlbenachrichtigungskarte für die
Bürgerschaftswahl/Beiratswahl zusätzlich das in al-
len elf Amtssprachen der EU verfasste Informati-
onsfaltblatt „Europawahl 1999: Eine Information
für Bürger der Europäischen Union“, des Presse-
und Informationsamtes der Bundesregierung erhal-
ten. Mit der Deutschen Post AG sei vereinbart wor-
den, dass die Benachrichtigung der Unionsbürger
erste Priorität habe. Der Postversand der Unterlagen
für diesen Personenkreis habe am 3. Mai 1999 be-
gonnen.

Neben dieser persönlichen postalischen Benach-
richtigung seien die Unionsbürger gemäß § 19
Abs. 3 EuWO durch eine Anzeige des Stadtwahllei-
ters in der regionalen Tageszeitung am 15. April
1999 in der Rubrik „Amtliche Bekanntmachungen“
sowie durch Pressemitteilungen des Wahlamtes
Bremen vom 30. April 1999 und des Stadtwahllei-
ters für die Stadt Bremen vom 6. Mai 1999 und eine
Anzeige des Wahlamtes Bremen in der regionalen
Tageszeitung vom 7. Mai 1999 über die Notwendig-
keit der Antragstellung und die Antragsfrist unter-
richtet worden.

Abschließend trägt der Stadtwahlleiter für die Stadt
Bremen vor, im Mittelpunkt der Wahlberichterstat-
tung in den Medien des Landes Bremen (Presse,
Rundfunk, Fernsehen) habe 1999 eindeutig die Bür-
gerschaftswahl gestanden. Über das Wahlrecht der
Unionsbürger sei nur „am Rande“ berichtet worden.
Zur Europawahl 1994 sei der Aufmerksamkeitsgrad
wegen des erstmalig möglichen Wahlrechts von
Unionsbürgern im Wohnsitzmitgliedstaat entspre-
chend größer gewesen, was sich auch in der Zahl der
Unionsbürger widerspiegele, die zu den Europa-
wahlen 1994 in der Stadt Bremen einen Antrag auf
Eintragung in das Wählerverzeichnis gestellt hät-
ten: Die Zahl sei von 577 im Jahr 1994 auf 174 im
Jahr 1999 gesunken.

Er – der Stadtwahlleiter – ist der Meinung, dass sich
jeder interessierte Unionsbürger über die Vorausset-
zungen seiner Teilnahme an der Europawahl hätte
informieren können. Schwer nachvollziehbar sei al-

lerdings der Umstand, dass die hier wohnenden
Unionsbürger bei Kommunalwahlen von Amts we-
gen in das Wählerverzeichnis eingetragen werden
würden, während sie für die Teilnahme an der Eu-
ropawahl bis zum 34. Tag vor der Wahl einen An-
trag stellen müssten.

Die Stellungnahme wurde der Einspruchsführerin
zur Kenntnis gegeben. Sie hat daraufhin geäußert,
dass ihr die Rechtslage nach ihrem Einspruch nicht
so detailliert wie jetzt in der Stellungnahme des
Stadtwahlleiters für die Stadt Bremen geschildert
worden sei. Die in der Stellungnahme vorgetrage-
nen Voraussetzungen für die Teilnahme an der Eu-
ropawahl seien in diesem Umfang nicht veröffent-
licht worden, dies hätte ansonsten auf ihrer Seite ein
fatales Missverständnis verhindert.

Die Einspruchsführerin ist nicht der Meinung, dass
man von Unionsbürgern erwarten könne, dass sie
sich mehr als Deutsche um ihr Wahlrecht bemühen
müssen. Die europäische Idee der demokratischen
Umsetzung des Wahlrechts sei nicht verwirklicht
worden, da eine erhebliche Erschwerung für die
Wahrnehmung der demokratischen Rechte für eine
Gruppe von Bürgern und damit eine Benachteili-
gung und Ausgrenzung gegenüber anderen Wahlbe-
rechtigten stattgefunden habe. Die Wahlrechtsvor-
schriften müssten so geändert werden, dass es
zugunsten der Gleichberechtigung ein einheitliches
Wahlverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten gebe.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die Ein-
tragung in das Wählerverzeichnis zu beachten war,
unternommen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Des Weiteren hat der Bundeswahleiter neben den
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen
in drei Presseerklärungen vom 22. Februar, 15.
März und 26. April 1999 sowie in einem Presse-
statement am 6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger
geltenden besonderen Voraussetzungen für die Teil-
nahme an der Europawahl hingewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht, und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/2761

1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragsfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Das Bundesministerium des Innern hat zu der
Problematik der Antragspflicht für nichtdeutsche
Unionsbürger in diesem und einem ähnlich gela-
gerten Fall wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wählerver-
zeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWo), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundesre-
publik Deutschland sei die Europäische Kommissi-
on darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten

Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen der
oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische Kom-
mission würden die für die Europawahl 1999 er-
stellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Verord-
nung zur Änderung der Europawahlordnung vom
3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen worden,
wonach die Antragsunterlagen der bei der Europa-
wahl 1999 in ein Wählerverzeichnis eingetragenen
Unionsbürger nicht mehr vernichtet werden dürfen
(§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom
Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
grundsätzlich nicht mehr stattgegeben werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 18 – Drucksache 14/2761

Die Einspruchsführerin hat einen solchen Antrag zur
Eintragung in das Wählerverzeichnis nicht gestellt. Da
sie somit eine formelle Voraussetzung für die Aus-
übung ihres Wahlrechts nicht erfüllt hat, weil sie nicht
in das Wählerverzeichnis eingetragen war, konnte sie
ihre Stimme zur Europawahl nicht abgeben. Es besteht
zwar gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die Möglichkeit,
einem wahlberechtigten Unionsbürger, der nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag einen
Wahlschein bis zum Wahltag um 15.00 Uhr (§ 26
Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu erteilen, wenn er nachweist,
dass er ohne sein Verschulden die Antragsfrist nach
§ 17a Abs. 2 EuWO versäumt hat. Diese Vorausset-
zung wäre z. B. bei schwerer Krankheit oder längerer
Abwesenheit erfüllt, was jedoch beides im Falle der
Einspruchsführerin nach dem ermittelten Sachverhalt
nicht gegeben war.

Ein Wahlfehler ergibt sich auch nicht aus den nach An-
sicht der Einspruchsführerin mangelnden Informatio-
nen nichtdeutscher Unionsbürger über die Antrags-
pflicht und -frist:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises wie folgt geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-

ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind somit sowohl vom Bundeswahlleiter als auch
vom Stadtwahlleiter für die Stadt Bremen, wie aus sei-
ner Stellungnahme hervorgeht, ausreichend erfüllt
worden. Die Stadt Bremen hat darüber hinaus die
nichtdeutschen Unionsbürger sogar persönlich schrift-
lich über die Antragspflicht informiert, obwohl sie da-
zu gar nicht verpflichtet gewesen wäre.

Dementsprechend hatte die Einspruchsführerin nicht
nur mehrere Möglichkeiten, sich über die für Unions-
bürger geltenden Voraussetzungen zur Teilnahme an
der Europawahl zu informieren, sondern ist persönlich
vor Ablauf der Frist darüber informiert worden. Dass
sie dennoch einen solchen Antrag nicht gestellt hat, ist
ihr selbst zuzurechnen.

Soweit die Einspruchsführerin sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO
von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/2761

wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG
seien in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-
halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Der Deutsche Bundestag sieht sich auch nicht dazu be-
rufen, im Rahmen des deutschen Wahlprüfungsverfah-
rens zu klären, ob deutsche Vorschriften zur Wahl des
Europäischen Parlaments wegen einer Verletzung eu-
ropäischen Rechts zu verwerfen sind. Deshalb muss

die Prüfung, ob die derzeitige deutsche Regelung ge-
gen die Richtlinie 93/109/EG verstößt, weil sie in der
Bundesrepublik Deutschland lebende nichtdeutsche
Unionsbürger gegenüber deutschen Unionsbürgern
diskriminieren könnte, auf einem anderen Wege erfol-
gen. Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die derzeit in
der Bundesrepublik Deutschland gültigen Vorschriften
des Wahlrechts nicht verletzt worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 9. August 1999, das am 10. Au-
gust 1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Der Einspruchsführer trägt vor, er fühle sich persön-
lich benachteiligt und wisse inzwischen, dass mit
ihm 1,8 Millionen europäische Mitbürgerinnen und
Mitbürger von der Europawahl ausgeschlossen
worden seien.

Nachdem seine Frau im Gegensatz zu ihm am
19. Mai 1999 eine Wahlbenachrichtigung erhalten
habe, habe er zunächst abgewartet und vermutet,
dass die Europäer wieder anders behandelt würden
als die Deutschen. Am 21. Mai 1999 habe er beim
Einwohnermeldeamt nachgefragt, warum er noch
keine Wahlbenachrichtigung erhalten habe. Der
Sachbearbeiter habe festgestellt, dass er – der Ein-
spruchsführer – nicht im Wählerverzeichnis einge-
tragen war und habe ihn nach einem ausführlichen
Gespräch in das Wählerverzeichnis aufgenommen.
Am nächsten Tag habe er dann die Wahlbenachrich-
tigungskarte erhalten.

Am Montag, dem 7. Juni 1999, habe ihn die stellver-
tretende Abteilungsleiterin des Ordnungsamtes an-
gerufen und mitgeteilt, dass sie ihn leider wieder aus
dem Wählerverzeichnis streichen müsse. Sie werde
ihm den Bescheid schicken, damit er Einspruch ein-
legen könne. Auf seine Anfrage vom 8. Juni 1999
habe ihm die SPD mitgeteilt, dass man nichts dage-
gen machen könne; BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
hätten ihm empfohlen, beim Bundeswahlleiter anzu-
rufen. Von dort habe er die Auskunft erhalten, dass
der Sachbearbeiter beim Einwohnermeldeamt auf-
grund des § 24 Abs. 2 der Europawahlordnung
(EuWO) richtig gehandelt habe und man nicht ver-
stehe, warum die Stadt Bad Arolsen solche Probleme

mache. In einem Telefongespräch am 10. Juni 1999
habe ihm die stellvertretende Abteilungsleiterin des
Ordnungsamtes zu dieser Auskunft mitgeteilt, dass
er einen schriftlichen Nachweis erbringen müsse.
Sie werde sich noch beim Kreiswahlleiter in Kor-
bach erkundigen und ihn bis 12.00 Uhr zurückrufen,
was aber nicht geschehen sei.

Am selben Tag um 15.50 Uhr sei ihm – dem Ein-
spruchsführer – dann der am 7. Juni 1999 angekün-
digte Bescheid von einem „städtischen Hilfspolizis-
ten“ überreicht worden. Danach habe er nur zwei Ta-
ge (Freitag und Samstag) Zeit gehabt, um Einspruch
gegen die Streichung aus dem Wählerverzeichnis
einzulegen. Ein Angebot von der lokalen Zeitung
WLZ, am Freitag, dem 11. Juni 1999, einen Aufruf
in der Zeitung zu bringen, dass alle Unionsbürger,
die von der Antragspflicht nichts gewusst haben,
sich noch bei der Stadt in das Wählerverzeichnis ein-
tragen lassen können, habe die Stadt abgelehnt.

Der Einspruchsführer habe schließlich seinen Ein-
spruch fristgerecht am 12. Juni 1999 bei Wahlver-
anstaltungen auf dem Marktplatz zuerst der Frau des
Bürgermeisters, die die Annahme abgelehnt habe,
dann dem Abteilungsleiter beim städtischen Bau-
amt übergeben. Der Bürgermeister als Gemeinde-
wahlleiter habe ihm mit Schreiben vom 25. Juli
1999 mitgeteilt, dass „besondere Gründe im Einzel-
fall hinzukommen müssen, z. B. längere Abwesen-
heit oder Krankheit“.

Der Einspruchsführer wirft der Stadt Bad Arolsen
im Einzelnen vor,

– ihn ohne Grund und dadurch willkürlich und ge-
setzeswidrig aus dem Wählerverzeichnis gestri-
chen zu haben;

– ihn durch Verschleppung des Bescheides ganz
gezielt daran gehindert zu haben, als einziger
EU-Mitbürger an der Wahl teilnehmen zu kön-
nen;

Anlage 4

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 39/99 –
des Herrn Willem Lauwers-Schittko

wohnhaft: Twistestraße 37, 34454 Bad Arolsen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– ihn durch diese Verschleppung und durch Un-
durchsichtigkeit im Einspruchsverfahren irrege-
führt zu haben;

– durch dieses Benehmen seinen Einspruch be-
wusst wirkungslos gemacht zu haben und

– durch dieses Verfahren unter anderem gegen Ar-
tikel 2 und 5 Buchstabe c des Internationalen
Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form
von Rassendiskriminierung (CERD) vom 21. De-
zember 1965 verstoßen zu haben.

Der Einspruchsführer äußert sein Unverständnis
darüber, warum sich europäische Mitbürger neu in
das Wählerverzeichnis eintragen lassen sollten, ob-
wohl sie doch schon darin gewesen seien. Aufgrund
der genannten Punkte fordert der Einspruchsführer,
die Europawahl in Bad Arolsen für nichtig und un-
gültig zu erklären. Ebenso sehe er die ganzen Wah-
len in Deutschland als nichtig und ungültig an, weil
Deutschland 1,8 Millionen Mitbürgerinnen und
Mitbürger rücksichtslos davon ausgeschlossen ha-
be.

Der Kreiswahlleiter des Landkreises Waldeck-Fran-
kenberg hat in seiner Stellungnahme ausgeführt,
dass die Entscheidung der Stadt Bad Arolsen, die
irrtümlich erfolgte Eintragung des Einspruchsfüh-
rers in das Wählerverzeichnis wieder zu streichen,
seines Erachtens rechtlich nicht zu beanstanden sei.
Dieses Vorgehen sei auch vorher von der Stadt Bad
Arolsen mit ihm und von ihm wiederum mit dem
Landeswahlleiter erörtert worden. Mit seiner Be-
kanntmachung vom 15. April 1999, veröffentlicht
am 17. April 1999, seien die Unionsbürgerinnen und
Unionsbürger gemäß § 19 Abs. 3 EuWO auf die
Voraussetzungen und die erforderliche Antragstel-
lung zur Eintragung in das Wählerverzeichnis hin-
gewiesen worden. Zusätzlich sei mittels einer Pres-
semitteilung im Lokalteil der Zeitungen noch ein
entsprechender Verfahrenshinweis erfolgt. Im Übri-
gen bestätigt der Kreiswahlleiter, dass der Sachver-
halt in dem Bericht des Bürgermeisters (Gemeinde-
wahlleiters) der Stadt Bad Arolsen zutreffend
geschildert werde.

Dieser hat vorgetragen, dass der Einspruchsführer
niederländischer Staatsangehöriger, seine Frau
deutsche Staatsangehörige sei und beide seit 1990 in
Bad Arolsen mit Hauptwohnung gemeldet seien. Im
Rahmen der Vorbereitung zur Europawahl sei mit
der Kreiswahlleitung abgesprochen worden, dass
die Bekanntmachung gemäß § 19 Abs. 3 EuWO zur
Benachrichtigung der Unionsbürger über die Not-
wendigkeit der Eintragung in das Wählerverzeich-
nis zentral von dort für den gesamten Landkreis
Waldeck-Frankenberg vorgenommen werde, was
auch geschehen sei. Zusätzlich sei eine allgemeine
Presseinformation über die lokalen Zeitungen er-
folgt. Weitere Bekanntmachungen durch den Ge-
meindewahlleiter seien nicht nötig und auch nicht
vorgeschrieben.

Der Einspruchsführer sei irrtümlich nach Ablauf der
Frist (10. Mai 1999) in das Wählerverzeichnis ein-
getragen worden. Nach Bekanntwerden des Irrtums
sei mit Bescheid vom 4. Juni 1999, der am 10. Juni
1999 zugestellt worden sei, die Streichung aus dem
Wählerverzeichnis erfolgt. Die Verzögerung zwi-
schen Bescheiderstellung und Zustellung sei damit
zu erklären, dass während dieser Zeit täglich Ge-
spräche mit dem Kreis-, Landes- und Bundeswahl-
leiter und auch mit dem Einspruchsführer geführt
worden seien, um die Angelegenheit noch im Sinne
des Einspruchsführers zu bewegen. Da diese Bemü-
hungen jedoch nicht zum Ziel geführt hätten, hätte
die Streichung aus dem Wählerverzeichnis letztend-
lich offiziell erklärt und dem Einspruchsführer be-
kannt gemacht werden müssen.

Der Einspruch sei nicht, wie in der Rechtsmittelbe-
lehrung angegeben, im Rathaus abgegeben, sondern
einem nicht zuständigen Mitarbeiter der Touristik-
abteilung auf dem Kirchplatz in Bad Arolsen über-
geben worden. Die für die Europawahl verantwort-
liche Mitarbeiterin des Ordnungsamtes habe den
Einspruch erst am 14. Juni 1999 erhalten.

Die Stellungnahmen wurden dem Einspruchsführer
zu Kenntnis gegeben. Er hat sich dahin gehend ge-
äußert, dass sowohl der Bürgermeister als auch der
Kreiswahlleiter gar nicht auf seine Argumente ein-
gehen, sondern immer wieder das Gleiche wieder-
holen würden. Das zeige ihm, dass sie die Sache ent-
weder nicht ernst nehmen würden oder immer noch
keine Gegenargumente vorbringen könnten. Im Üb-
rigen bestreitet der Einspruchsführer die Aussage
des Bürgermeisters, man habe sich bemüht, „die
Angelegenheit im Sinne des Betroffenen zu bewe-
gen“. Ferner weist er darauf hin, dass in Bremen
noch im Wahllokal Unionsbürger in das Wählerver-
zeichnis aufgenommen worden seien. Das entspre-
che auch einer Richtlinie der Europäischen Union,
wonach alle Unionsbürger, die bereits bei der letz-
ten Europawahl registriert worden waren, automa-
tisch hätten benachrichtigt werden sollen.

Schließlich wiederholt der Einspruchsführer seine
Forderung, die Europawahl in Bad Arolsen, in
Waldeck-Frankenberg und in ganz Deutschland für
nichtig und ungültig zu erklären.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die
Eintragung in das Wählerverzeichnis zu beachten
ist, ergriffen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Darüber hinaus hat der Bundeswahleiter in drei
Presseerklärungen vom 22. Februar, 15. März und

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/2761

26. April 1999 sowie in einem Pressestatement am
6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger geltenden be-
sonderen Voraussetzungen für die Teilnahme an der
Europawahl hingewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April
1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Im Übrigen hat das Bundesministerium des Innern
zu der Problematik der Antragspflicht für nichtdeut-
sche Unionsbürger in einem ähnlich gelagerten Fall
wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wählerver-
zeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie

habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundesre-
publik Deutschland sei die Europäische Kommis-
sion darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten
Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen der
oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische Kom-
mission würden die für die Europawahl 1999 er-
stellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Ver-
ordnung zur Änderung der Europawahlordnung
vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen wor-
den, wonach die Antragsunterlagen der bei der
Europawahl 1999 in ein Wählerverzeichnis einge-
tragenen Unionsbürger nicht mehr vernichtet wer-
den dürfen (§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahl-
gesetz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsver-
fahren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgeset-
zes (WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der
Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der
Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26
Abs. 2 EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli-
chen Verhandlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 24 – Drucksache 14/2761

gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom
Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
nicht mehr stattgegeben werden.

Da der Einspruchsführer nach dem vorgetragenen
Sachverhalt einen derartigen Antrag nicht innerhalb
der dafür vorgesehenen Frist gestellt hat, war er nach
den geltenden Wahlrechtsvorschriften nicht in das
Wählerverzeichnis der Stadt Bad Arolsen einzutragen.
Seine dennoch erfolgte Eintragung in das Wählerver-
zeichnis am 21. Mai 1999 war nicht zulässig, weil die
gesetzlich vorgeschriebene Frist bereits verstrichen
war und ein Grund zur Ausstellung eines selbständigen
Wahlscheins wegen unverschuldeten Fristversäumnis-
ses laut ermitteltem Sachverhalt nicht bestanden hat.
Die spätere Streichung aus dem Wählerverzeichnis
entsprach den geltenden Wahlrechtsvorschriften. Der
Einspruchsführer konnte somit sein Wahlrecht wegen
Nichterfüllung der formellen Voraussetzungen nicht
ausüben.

Es besteht zwar gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die
Möglichkeit, einem Wahlberechtigten, der nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag einen
Wahlschein bis zum Wahltag um 15.00 Uhr (§ 26
Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu erteilen, wenn er nachweist,
dass er ohne sein Verschulden die Antragsfrist nach
§ 17a Abs. 2 EuWO versäumt hat. Diese Vorausset-
zung wäre z. B. bei schwerer Krankheit oder längerer
Abwesenheit erfüllt. Nach dem ermittelten Sachverhalt
hat der Einspruchsführer einen solchen Grund jedoch
nicht vorgetragen.

Soweit der Einspruchsführer die mangelnde Informa-
tion nichtdeutscher Unionsbürger über die Antrags-
pflicht und -frist rügt, ist deswegen kein Wahlfehler zu
erkennen:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises folgendermaßen geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind sowohl vom Bundeswahlleiter, wie bereits
oben erläutert, als auch vom Kreiswahlleiter des Land-
kreises Waldeck-Frankenberg, wie aus seiner Stellung-
nahme hervorgeht, ausreichend erfüllt worden. Die
vom Einspruchsführer geäußerte Vermutung, dass
gemäß einer Richtlinie der Europäischen Union, alle
Unionsbürger, die bereits bei der letzten Europawahl
registriert worden seien, automatisch benachrichtigt
werden müssten, ist somit nicht zutreffend.

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/2761

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO
von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG sei-
en in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-

halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Aus den dargestellten Gründen hat der Wahlprüfungs-
ausschuss keinen Anlass, die Europawahl in Bad Arol-
sen, in Waldeck-Frankenberg und in ganz Deutschland
für nichtig und ungültig zu erklären.

Im Übrigen sieht sich der Deutsche Bundestag nicht da-
zu berufen, im Rahmen des deutschen Wahlprüfungs-
verfahrens zu klären, ob deutsche Vorschriften zur
Wahl des Europäischen Parlaments wegen einer Ver-
letzung europäischen Rechts zu verwerfen sind. Des-
halb muss die Prüfung, ob die derzeitige deutsche Re-
gelung gegen die Richtlinie 93/109/EG verstößt, weil
sie in der Bundesrepublik Deutschland lebende nicht-
deutsche Unionsbürger gegenüber deutschen Unions-
bürgern diskriminieren könnte, auf einem anderen We-
ge erfolgen. Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die
derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gültigen
Vorschriften des Wahlrechts nicht verletzt worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/2761

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 40/99 –
des Herrn Paul McColgan

wohnhaft: Keplerstr. 26, 27580 Bremerhaven

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 19. Juli 1999, das am 28. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Der Einspruchsführer trägt vor, er sei britischer
Staatsbürger, wohne seit 20 Jahren in der Bundesre-
publik Deutschland und habe deshalb an der Euro-
pawahl 1999 in Großbritannien nicht teilnehmen
dürfen. Da er vor fünf Jahren für die damalige Eu-
ropawahl in Deutschland in das Wählerverzeichnis
eingetragen worden sei, sei er davon ausgegangen,
dass er nach Artikel 9 Abs. 4 der Europawahlricht-
linie für die Wahl am 13. Juni 1999 noch eingetra-
gen gewesen sei. Ihm sei nicht bekannt gewesen,
dass die Bundesrepublik Deutschland in rechtswid-
riger Weise die EU-Richtlinie nicht in nationales
Recht umgesetzt habe.

Als er sich am 18. Mai 1999 beim Wahlamt nach der
ausbleibenden Wahlbenachrichtigung erkundigt ha-
be, sei ihm mitgeteilt worden, dass er die Frist ver-
säumt habe und eine nachträgliche Eintragung in
das Wählerverzeichnis nicht möglich sei. Auch auf
seine schriftliche Bitte habe er eine negative Ant-
wort erhalten. Die Möglichkeit der nachträglichen
Eintragung gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 Europawahl-
ordnung (EuWO) sei ihm gegenüber gar nicht er-
wähnt worden. Es sei im Gegenteil von einer ab-
soluten Ausschlussfrist die Rede gewesen, was
eindeutig eine falsche Auskunft gewesen sei. All
dies habe bei ihm den Eindruck erweckt, dass die
Behörden ihm nicht hätten helfen wollen.

Im Einzelnen hat der Einspruchsführer folgende Ar-
gumente vorgetragen:

1. Nach Artikel 12 der Richtlinie 93/109/EG müsse
der Wohnsitzmitgliedstaat die aktiv und passiv
Wahlberechtigten der Gemeinschaft rechtzeitig
und in geeigneter Form über die Bedingungen
und die Einzelheiten für die Ausübung des akti-
ven und passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat unterrichten. Die von der Bundesre-
gierung und vom Bundeswahlleiter ergriffenen
Maßnahmen zur Information der Unionsbürger
über diese Bedingungen sind nach Auffassung
des Einspruchsführers nicht geeignet, um die 1,7
Millionen in Deutschland lebenden Unionsbür-
ger zu erreichen. Aus diesem Grunde könnten die
Wählerverzeichnisse nicht als vollständig be-
trachtet werden.

2. Unionsbürger würden nach Artikel 8 Abs. 1 und
Artikel 9 Abs. 1 der Europawahlrichtlinie bei
Europawahlen nur auf Antrag in ein Wählerver-
zeichnis ihres Wohnsitzmitgliedstaates eingetra-
gen. Dieser Antrag müsse bis zum 34. Tag vor
der Wahl gestellt werden. Der Bundesminister
des Innern, der Bundeswahlleiter und die Kreis-
und Stadtwahlleiter hätten nur in unzureichender
Weise über das Antragserfordernis für Erstwäh-
ler durch Bekanntmachungen informiert. Arti-
kel 9 Abs. 4 der Richtlinie sehe jedoch vor, dass
Unionsbürger nach Antragstellung so lange im
Wählerverzeichnis ihres Wohnsitzmitgliedstaa-
tes eingetragen blieben, wie deren eigene Staats-
angehörige, es sei denn, sie hätten einen gegen-
teiligen Wunsch geäußert oder ihr aktives Wahl-
recht verloren. Die Tatsache, dass in Deutsch-
land bei Europawahlen keine permanenten
Wählerverzeichnisse geführt würden, sondern
verlangt werde, dass die Unionsbürger vor jeder
Wahl erneut einen Antrag auf Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen müssten, ist nach Auf-
fassung des Einspruchsführers ein eindeutiger
Verstoß gegen geltendes europäisches Recht.

Anlage 5

Drucksache 14/2761 – 28 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Der Bundesminister des Innern, der Bundes-
wahlleiter und die Kreis- und Stadtwahlleiter
hätten die in Deutschland lebenden Unionsbür-
ger lediglich auf den Stichtag 10. Mai 1999, der
nach der Richtlinie für Erstwähler vorgesehen
sei, hingewiesen, jedoch nicht darauf, dass sich
jeder eintragen lassen müsse, egal ob Erstwähler
oder nicht. Diese mangelhafte Informationspoli-
tik habe dazu geführt, dass die Wählerverzeich-
nisse in der Bundesrepublik Deutschland nicht
vollständig gewesen seien und damit die Recht-
mäßigkeit der Ausführung der Europawahl ver-
letzt worden sei.

4. Im Vorfeld der Europawahl sei nicht nur europä-
isches, sondern auch deutsches Recht verletzt
worden. § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO sehe vor, dass
ein Wahlberechtigter, der nachweise, dass er oh-
ne sein Verschulden die Antragsfrist versäumt
habe, auf Antrag einen Wahlschein erhalte. Die
Behauptung, ein Bürger, den die völlig ungeeig-
neten Informationsmaßnahmen nicht erreicht
hätten, habe dies selbst zu verantworten, sei nicht
nachvollziehbar. Dadurch sei wiederum die
Rechtmäßigkeit der Ausführung der Europawahl
verletzt worden.

5. Die Möglichkeit der Teilnahme an der Wahl ge-
mäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO sei von dem Bun-
desminister des Innern, dem Landeswahlleiter
Bremen und dem Stadtwahlleiter Bremerhaven
verschwiegen oder gar geleugnet worden. Dies
halte er für ein rechtlich schwerwiegendes Ver-
säumnis, das nicht ohne Folgen bleiben sollte.

6. Auch das Prinzip der Gleichbehandlung sei im
Vorfeld der Wahl mehrfach verletzt worden, weil
Deutsche automatisch in das Wählerverzeichnis
aufgenommen worden seien, Unionsbürger aber
nicht. Ferner seien in manchen Gemeinden die
Unionsbürger durch persönliche Anschreiben
von den Behörden über die Teilnahmebedingun-
gen informiert worden, in den meisten jedoch
nicht. Des Weiteren hätten z. B. in Hamburg die
Unionsbürger nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO
wählen dürfen, in den meisten Gemeinden wie-
derum nicht.

7. Da sich von den ca. 1,7 Millionen in Deutschland
lebenden Unionsbürgern nur 2,1 % in das Wäh-
lerverzeichnis hätten eintragen lassen, liege es
auf der Hand, dass die De-facto-Ausschließung
von bis zu 1,6 Millionen wahlwilligen EU-Bür-
gern einen erheblichen Einfluss auf die Mandats-
verteilung im neuen Europäischen Parlament
gehabt habe.

Der Stadtwahlleiter Bremerhaven hat in seiner Stel-
lungnahme mitgeteilt, der Einspruchsführer habe an
der Europawahl 1999 nicht teilnehmen können,
weil er keinen Antrag auf Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis nach § 17a EuWO gestellt habe. Der
Einspruchsführer habe sich nach eigener Mitteilung

erst am 18. Mai 1999 erkundigt, warum er keine
Wahlbenachrichtigung erhalten habe.

Ein Unionsbürger, der noch nicht in das Wählerver-
zeichnis eingetragen sei, erhalte auf Antrag einen
Wahlschein, wenn er nachweise, dass er ohne sein
Verschulden die Antragsfrist versäumt habe (§ 24
Abs. 2 Nr. 1 EuWO). Unter diesen Voraussetzungen
habe ein Unionsbürger noch bis Sonntag, den 13.
Juni 1999, 15.00 Uhr einen Wahlschein beantragen
können (§ 26 Abs. 4 Satz 2 EuWO). Die Möglich-
keit der nachträglichen Erteilung von Wahlscheinen
sei auf die in der Europawahlordnung beschriebene
Fallgestaltung beschränkt und könne nicht zur
Nichtbeachtung der Antragsfrist vom 10. Mai 1999
führen. Die Ausstellung eines Wahlscheins nach
§ 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO sei deshalb nicht möglich
gewesen. Hierauf habe der Bundeswahlleiter in sei-
nem Schreiben vom 11. Juni 1999 an die Landes-
wahlleiter noch einmal ausdrücklich verwiesen.

Neben der nach Anlage 6 A zu § 19 Abs. 3 EuWO
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung
habe sich die örtliche Presse der Stadt Bremerhaven
über die allgemeinen Informationen sowie das In-
formationsblatt der Bundesregierung hinaus einge-
hend mit der Problematik befasst. Von Ende April
bis zum Stichtag 10. Mai 1999 sei in den einzelnen
Landessprachen der Mitgliedstaaten auf die An-
tragsfrist hingewiesen worden. Zum Beweis über-
sandte der Stadtwahlleiter Bremerhaven Kopien
dieser Artikel. Danach erfolgte der Aufruf in engli-
scher Sprache am 1. Mai 1999 in der Nordsee-Zei-
tung. Darin heißt es unter anderem:

„To exercise your right to vote you need to submit
an application for registration in the electoral regis-
ter and hand this application in to the local authority
which is competent for the area in which you live.“

Nach Ansicht des Einspruchsführers, dem die Stel-
lungnahme des Stadtwahlleiters Bremerhaven zur
Kenntnis gegeben worden ist, hatte der Stadtwahl-
leiter seinen sieben Argumenten nichts entgegenzu-
setzen. Die Feststellung, dass die Ausstellung eines
Wahlscheins nicht möglich gewesen sei, sei nicht
haltbar, weil nur durch Prüfung eines Antrags fest-
stellbar gewesen wäre, ob das Fristversäumnis
durch sein Verschulden verursacht worden sei oder
nicht. Sein Fall sei jedoch vor der Wahl überhaupt
nicht geprüft worden. Im Übrigen wiederholt der
Einspruchsführer die in seinem Einspruchsschrei-
ben vorgetragenen Gründe, insbesondere dass in
den Veröffentlichungen lediglich auf die Antrags-
frist hingewiesen worden sei, die nach der Europa-
richtlinie für Erstwähler vorgesehen sei, nicht aber
darauf, dass alle nichtdeutschen Unionsbürger er-
neut einen Antrag auf Eintragung in das Wählerver-
zeichnis stellen mussten.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/2761

Eintragung in das Wählerverzeichnis zu beachten
war, unternommen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Des Weiteren hat der Bundeswahleiter neben den
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen
in drei Presseerklärungen vom 22. Februar, 15.
März und 26. April 1999 sowie in einem Presse-
statement am 6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger
geltenden besonderen Voraussetzungen für die Teil-
nahme an der Europawahl hingewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen
herausgegeben, was in etwa der Zahl der in
Deutschland lebenden wahlberechtigten Unions-
bürger entspricht und vor allem über die Innenmi-
nisterien der Länder bzw. die Landeswahlleiter ver-
teilt worden ist. Darin wurde im letzten Absatz mit
Fettdruck auf die Antragsfrist hingewiesen. Das
Bundespresseamt hat in einer Pressemitteilung vom
14. April 1999 das Faltblatt präsentiert und dabei
ebenfalls die Antragsfrist besonders herausgestellt.
Das Faltblatt wurde ferner im Volltext auf die
Homepage des Bundespresseamtes (www.bundes-
regierung.de) eingestellt. Auf der Homepage befand
sich ein so genannter Link zum Internet-Auftritt der
Aktion „Wählen gehen“ mit weiteren Informatio-
nen für Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Das Bundesministerium des Innern hat zu der
Problematik der Antragspflicht für nichtdeutsche
Unionsbürger in diesem und einem ähnlich gelager-
ten Fall wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wählerver-
zeichnisse geführt würden, sondern diese zum 35.
Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätzlich
sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass

Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, müssten nach An-
sicht der Kommission unter den in Artikel 9 Abs. 4
der Richtlinie genannten Voraussetzungen bei der
nächsten Europawahl von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis eingetragen werden. Sie habe
deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertragsver-
letzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundesre-
publik Deutschland sei die Europäische Kommis-
sion darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten
Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen der
oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische Kom-
mission würden die für die Europawahl 1999
erstellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Ver-
ordnung zur Änderung der Europawahlordnung
vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen wor-
den, wonach die Antragsunterlagen der bei der
Europawahl 1999 in ein Wählerverzeichnis einge-
tragenen Unionsbürger nicht mehr vernichtet wer-
den dürfen (§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-

Drucksache 14/2761 – 30 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2
EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der
Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-
handlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Wie der Einspruchsführer bereits richtig dargestellt
hat, sind wahlberechtigte Staatsangehörige der übrigen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in der
Bundesrepublik Deutschland leben (Unionsbürger),
gemäß § 17a Abs. 2 EuWO nur auf Antrag in das Wäh-
lerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste bis
zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999, bei
der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde ge-
stellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
nicht mehr stattgegeben werden.

Da der Einspruchsführer nach dem vorgetragenen
Sachverhalt einen derartigen Antrag nicht innerhalb
der dafür vorgesehenen Frist gestellt hat, war er nach
den geltenden Wahlrechtsvorschriften nicht in das
Wählerverzeichnis der Stadt Bremerhaven einzutra-
gen. Deshalb konnte er sein Wahlrecht wegen Nichter-
füllung der formellen Voraussetzungen nicht ausüben.

Es besteht jedoch – wie der Einspruchsführer ebenfalls
richtig ausführt – gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die
Möglichkeit, einem Wahlberechtigten, der nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag einen
Wahlschein bis zum Wahltag um 15.00 Uhr (§ 26
Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu erteilen, wenn er nachweist,
dass er ohne sein Verschulden die Antragsfrist nach
§ 17a Abs. 2 EuWO versäumt hat. Diese Vorausset-
zung wäre z. B. bei schwerer Krankheit oder längerer
Abwesenheit erfüllt. Der Einspruchsführer hat aber
nach dem ermittelten Sachverhalt keine derartigen
Gründe vorgetragen, welche die Ausstellung eines so
genannten selbständigen Wahlscheins gerechtfertigt
hätten. Das Versäumen der Antragsfrist kann, wie der
Stadtwahlleiter Bremerhaven zu Recht darlegt, nicht
als ein solcher Grund gewertet werden.

Ein Wahlfehler ergibt sich auch nicht aus der nach An-
sicht des Einspruchsführers mangelnden Information
nichtdeutscher Unionsbürger über die Antragspflicht
und -frist:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises wie folgt geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind somit sowohl vom Bundeswahlleiter als auch
vom Stadtwahlleiter Bremerhaven, wie aus seiner Stel-
lungnahme hervorgeht, ausreichend erfüllt worden.

Außerdem haben die Bundesregierung und der
Bundeswahlleiter neben den vorgeschriebenen weitere
oben genannte Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist für die Eintragung
in das Wählerverzeichnis ergriffen.

Dementsprechend hatte der Einspruchsführer die Mög-
lichkeit, sich über die für Unionsbürger geltenden Vo-
raussetzungen zur Teilnahme an der Europawahl zu in-
formieren. Dass er dennoch von der Notwendigkeit,
einen Antrag zur Eintragung in das Wählerverzeichnis
in der festgelegten Frist stellen zu müssen, keine
Kenntnis erlangt hat bzw. davon ausgegangen ist, die
Antragspflicht gelte nur für Erstwähler, ist ihm selbst
zuzurechnen. Weder aus der deutschsprachigen noch
aus der englischsprachigen Bekanntmachung in der
Nordsee-Zeitung ist ein derartiger Hinweis, wonach
nur Erstwähler einen Antrag zur Eintragung in das

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/2761

Wählerverzeichnis stellen müssen, zu entnehmen. In
der Bekanntmachung vom 17. April 1999 heißt es aus-
drücklich: „Diese Eintragung erfolgt nur auf Antrag.“
Demnach hat der Einspruchsführer auch nicht ohne
sein Verschulden i.S. von § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die
Antragspflicht versäumt.

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO
von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-

cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG
seien in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-
halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Der Deutsche Bundestag sieht sich auch nicht dazu be-
rufen, im Rahmen des deutschen Wahlprüfungsverfah-
rens zu klären, ob deutsche Vorschriften zur Wahl des
Europäischen Parlaments wegen einer Verletzung eu-
ropäischen Rechts zu verwerfen sind. Deshalb muss
die Prüfung, ob die derzeitige deutsche Regelung ge-
gen die Richtlinie 93/109/EG verstößt, weil sie in der
Bundesrepublik Deutschland lebende nichtdeutsche
Unionsbürger gegenüber deutschen Unionsbürgern
diskriminieren könnte, auf einem anderen Wege erfol-
gen. Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die derzeit in
der Bundesrepublik Deutschland gültigen Vorschriften
des Wahlrechts nicht verletzt worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 33 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 13. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 15. Juni 1999, hat der Ein-
spruchsführer die Wahl der Abgeordneten des Eu-
ropäischen Parlaments aus der Bundesrepublik
Deutschland am 13. Juni 1999 angefochten.

Der Einspruchsführer trägt zur Begründung seines
Einspruchs vor, wie bereits bei der Bundestagswahl
1998 und der „Wahl zum Landrat im Ja. 1999“, sei
er auch zur Europawahl am 13. Juni 1999 nicht in
das Wählerverzeichnis der Gemeinde Hörnum
(Sylt) eingetragen gewesen. Wie man aus beiliegen-
der Bestätigung der Anmeldung der Gemeinde Hör-
num (Sylt) ersehen könne, sei er am 7. Februar 1972
„eingemeindet“ worden. Er sei zu keinem Zeitpunkt
mit erstem Wohnsitz woanders gemeldet gewesen.
Deshalb werde er die Angelegenheit jetzt der Staats-
anwaltschaft Flensburg für strafrechtliche Ermitt-
lungen übergeben.

Die Bestätigung der Anmeldung lag der Ein-
spruchsschrift nicht bei.

Nach Auskunft des Amtes Landschaft Sylt ist der
Einspruchsführer aufgrund einer Mitteilung der
Freien und Hansestadt Hamburg, wonach er am
19. April 1999 aus seiner Hamburger Wohnung aus-
gezogen sei, seit dem 19. April 1999 im Melde-
register des die Gemeinde Hörnum (Sylt) verwal-
tenden Amtes Landschaft Sylt mit Hauptwohnsitz
gemeldet. Sein ehemaliger Hauptwohnsitz in Ham-
burg sei mit demselben Datum abgemeldet worden.
Dementsprechend sei der Einspruchsführer zu der
am 17. Januar 1999 im Kreis Nordfriesland durch-
geführten Landratswahl – wie er selbst angibt – nicht
in das Wählerverzeichnis für die Gemeinde Hörnum
(Sylt) eingetragen gewesen. Zur Europawahl sei der
Einspruchsführer jedoch in das Selbige eingetragen
worden, weil am 19. April 1999 die Änderung der
Eintragung seiner Anschrift in der Gemeinde
Hörnum (Sylt) von dem Status Nebenwohnsitz zum

Hauptwohnsitz erfolgt sei. Die Wahlbenachrichti-
gungskarte habe dem Einspruchsführer jedoch an
seinem Hauptwohnsitz nicht zugestellt werden kön-
nen. Sie sei an die Gemeinde Hörnum (Sylt) mit
dem Vermerk „verzogen nach Düpenautal 4a,
22589 Hamburg“ zurückgesandt worden.

Zum Beweis legte das Amt Landschaft Sylt eine
Kopie der zurückgesandten Wahlbenachrichti-
gungskarte des Einspruchsführers vor, aus der die
Richtigkeit dieser Angaben ersichtlich ist.

Zu der dem Einspruchsführer bekannt gegebenen
Stellungnahme hat sich dieser nicht mehr geäußert.

Aus einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegen-
den Schreiben des Amtes Landschaft Sylt an den
Einspruchsführer geht hervor, dass das Wählerver-
zeichnis für die Teilnahme an der Europawahl in der
Zeit vom 25. bis 28. Mai 1999 öffentlich ausgelegt
worden ist und die Bekanntmachung über die öf-
fentliche Auslegung desselben am 20. Mai 1999 in
ortsüblicher Weise erfolgt ist.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2
EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der
Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-
handlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil der Vortrag des Ein-
spruchsführers einen Wahlfehler nicht erkennen lässt.

Anlage 6

Beschluss

In der Wahlanfechtungsache – Az: EuWP 1/99 –
des Herrn Peter Mahnhardt

wohnhaft: Steintal 23a, 25997 Hörnum/Sylt

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 34 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Europawahlordnung sind alle
Wahlberechtigten von Amts wegen in das Wählerver-
zeichnis einzutragen, die am 35. Tag vor der Wahl
(Stichtag) bei der Meldebehörde für eine Wohnung ge-
meldet sind, wobei bei mehreren Wohnungen die für
die Hauptwohnung zuständige Gemeinde für die Ein-
tragung zuständig ist. Der Einspruchsführer war seit
dem 19. April 1999 und damit am Stichtag, nämlich am
9. Mai 1999, unter der Anschrift Steintal 23a in 25997
Hörnum (Sylt) mit alleiniger Wohnung gemeldet und
deshalb in das dortige Wählerverzeichnis eingetragen.

Das Wählerverzeichnis ist gemäß § 20 Abs. 1 EuWO
unter den dort genannten Bedingungen öffentlich aus-
zulegen. Dies ist für das Amt Landschaft Sylt in der
Zeit vom 25. bis 28. Mai 1999 erfolgt. Die durch § 19
Abs. 1 EuWO vorgeschriebene Bekanntmachung über
die Auslegung des Wählerverzeichnisses erfolgte am
20. Mai 1999 in ortsüblicher Weise. Demnach hatte der
Einspruchsführer die Möglichkeit, sich durch Einsicht-
nahme in das Wählerverzeichnis über seine ordnungs-
gemäße Eintragung zu informieren, was angesichts sei-
ner seit der Bundestagswahl 1998 bestehenden Zweifel
über seine Wahlberechtigung in der Gemeinde Hörnum
(Sylt) nahe gelegen hätte.

Des Weiteren sollte der Einspruchsführer durch Zusen-
dung einer Wahlbenachrichtigungskarte über seine
Eintragung in das Wählerverzeichnis informiert wer-
den, die ihm aber von der Deutschen Post AG nicht zu-
gestellt werden konnte, weil er nach den dort vorlie-
genden Angaben nach Hamburg verzogen sein soll.

Der Erhalt der Wahlbenachrichtigungskarte ist jedoch
keine Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts.
Sie dient lediglich der zusätzlichen Information des je-
weiligen Wahlberechtigten über den Wahlort, die
Wahlzeit, die Nummer, unter der er in das Wähler-
verzeichnis eingetragen ist, und Ähnliches mehr (§ 18
EuWO).

Der Einspruchsführer hätte auch ohne Einsichtnahme
in das Wählerverzeichnis und ohne die Wahlbenach-
richtigungskarte seine Stimme zur Europawahl in dem
für ihn entsprechend seinem Wohnsitz zuständigen
Wahlbezirk abgeben können. Dass er dies nicht getan
hat, hat er sich selbst zuzuschreiben. Das Amt Land-
schaft Sylt hat somit keinen Wahlfehler begangen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 15. Juni 1999, eingegangen
beim Deutschen Bundestag am 23. Juni 1999, hat
der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999
Einspruch eingelegt.

Der Einspruchsführer trägt zur Begründung seines
Einspruchs vor, er sei an der Teilnahme zu der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland und damit an der
Wahrnehmung seiner staatsbürgerlichen Rechte ge-
hindert worden. Obwohl er rechtzeitig vor seinem
Reiseaufenthalt in Deutschland, Flensburg, bei sei-
nem rechtsgültigen Hauptwohnsitz in der Stadt
Leipzig die Eintragung in das Wählerverzeichnis
zur Europawahl beantragt und aus Kiel mittels eines
Telegramms am 1. Juni 1999 um Bearbeitung und
Erledigung gebeten habe, habe er bis zum Tag der
Absendung seines Einspruchs keine inhaltliche
Antwort erhalten. Damit habe die zuständige Be-
hörde in Leipzig ihn an der beabsichtigten Stimm-
abgabe mittels Briefwahl gehindert. Er nehme an,
dass sein Antrag nicht bearbeitet und er somit wäh-
rend seiner Abwesenheit nicht in die „Wählerlisten“
eingetragen worden sei. Jedenfalls seien ihm die
Briefwahlunterlagen nicht nach Flensburg, wo er
sich bis zum 15. Mai 1999 aufgehalten habe, zuge-
sandt worden. In dem Telegramm an die Stadt Leip-
zig vom 1. Juni 1999 habe er seine derzeit gültige
Postanschrift, an die die Briefwahlunterlagen ge-
sandt werden sollten, angegeben.

Nach Ansicht des Einspruchsführers sei seine Wahl-
behinderung ausreichend nachgewiesen, weshalb er
eine Wahlprüfung unter sofortiger Klärung der Kos-
tenfrage beantrage. Der Einspruchsführer verweist
außerdem auf seine Behinderung zur Wahl des
Deutschen Bundestages am 27. September 1998

und auf seinen Einspruch, den er deswegen beim
Bundeswahlleiter eingelegt habe.

Aus der von der Stadt Leipzig abgegebenen Stel-
lungnahme zu dem Einspruch ergibt sich folgender
Sachverhalt:

Der Einspruchsführer wohnt bereits seit zwei Jahren
nicht mehr unter der von ihm angegebenen Adresse
in Leipzig. Er wurde mit Wirkung vom 6. März
1996 von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet.
Dem Eigentümer des Wohnhauses, welches der Ein-
spruchsführer als Anschrift angegeben hat, ist die-
ser nicht bekannt. Die Wohnung ist an eine andere
Person vermietet. Die Stadtverwaltung Leipzig
weist darauf hin, sie habe im Zusammenhang mit
der Oberbürgermeisterwahl 1998 und der Bundes-
tagswahl 1998 mit dem Einspruchsführer einen um-
fangreichen Schriftwechsel bezüglich der Voraus-
setzungen einer Teilnahme an den jeweiligen
Wahlen, gegebenenfalls auch an seinem derzeitigen
Aufenthaltsort, geführt, ohne dass dies zu einer Klä-
rung des Problems beigetragen hätte.

Hinsichtlich der Europawahl habe der Einspruchs-
führer auf sein Schreiben vom 25. März 1999 eine
Antwort an die von ihm angegebene Adresse in
Flensburg erhalten, in der ihm die wahl- und melde-
rechtlichen Voraussetzungen zum wiederholten Mal
erläutert worden seien. Die nunmehr angegebene
Kieler Anschrift sei der Stadtverwaltung bisher
nicht bekannt gewesen.

Aufgrund dieser Umstände habe der Einspruchs-
führer keine Briefwahlunterlagen der Stadt Leipzig
erhalten.

Eine Nachfrage bei der Katholischen Kirchenge-
meinde St. Heinrich in Kiel, die der Einspruchs-
führer als letzte Postanschrift angegeben hat, hat
ergeben, dass er dort ein Zimmer bewohnt habe, es
aber nicht bekannt sei, ob er sich dort noch aufhal-
te. Das Eingangsbestätigungsschreiben zu seinem

Anlage 7

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 11/99 –
des Herrn Klaus Müller

derzeitige Postanschrift: Hotel Uedorfer Hof, Haus Schallenberg,
Aggerstraße 8, 53332 Bornheim

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 36 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Einspruch gegen die Europawahl sei dem Ein-
spruchsführer von der Katholischen Kirchenge-
meinde zugeleitet worden. Mitte Oktober 1999 sei
er letztmalig im Sekretariat der Katholischen
Kirchengemeinde erschienen.

Mit Schreiben vom 6. November 1999 hat der Ein-
spruchsführer wiederum eine neue „Reiseanschrift“
– es handelt sich um die Anschrift eines Hotels –
mitgeteilt und ansonsten im Wesentlichen die Bean-
standungen aus seiner Einspruchsschrift wieder-
holt. Insbesondere hat er nochmals auf seinen
Schriftsatz, den er wegen seiner angeblichen Behin-
derung an der Teilnahme an der Bundestagswahl an
den Bundeswahlleiter gesandt habe, hingewiesen
und gebeten, diesen Schriftsatz anzufordern. Dieser
Schriftsatz sei dem stellvertretenden Landeswahl-
leiter von Schleswig-Holstein im Mai 1999 zur Wei-
terleitung auf dem Dienstweg an den Bundeswahl-
leiter ausgehändigt worden. Eine Antwort vom
Bundeswahlleiter habe er bis heute nicht erhalten.

Auf Rückfrage hat der Bundeswahlleiter mitgeteilt,
dass der Einspruchsführer mit einem ca. 20 Seiten
umfassenden Schreiben vom 15. Februar 1999 Ein-
spruch gegen die Bundestagswahl am 27. Septem-
ber 1998 habe einlegen wollen. Der Bundeswahllei-
ter habe ihm mit dem Hinweis auf den Fristablauf
für die Anfechtung der Bundestagswahl sein Schrei-
ben zurückgesandt.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahl-
gesetz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsver-
fahren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgeset-
zes (WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der
Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der
Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26
Abs. 2 EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli-
chen Verhandlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Europawahlordnung (EuWO)
sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tag vor der
Wahl (Stichtag) bei der Meldebehörde für eine Woh-
nung gemeldet sind, wobei bei mehreren Wohnungen
die für die Hauptwohnung zuständige Gemeinde für
die Eintragung zuständig ist. Der Einspruchsführer war
seit dem Jahr 1996 und damit am Stichtag, nämlich am
9. Mai 1999, nicht mehr bei der Stadt Leipzig mit
Hauptwohnsitz gemeldet und deshalb nicht in das dor-
tige Wählerverzeichnis zur Europawahl eingetragen.
Somit hat der Einspruchsführer nicht die Vorausset-
zungen für die Erteilung eines Wahlscheines gemäß
§ 24 Abs. 1 EuWO erfüllt. Ein Wahlberechtigter kann
seine Stimme jedoch nur mittels Briefwahl abgeben,
wenn er einen Wahlschein hat (§ 6 Abs. 5 Buchstabe b
EuWG).

Die Nichtausstellung des Wahlscheins einschließlich
der Briefwahlunterlagen für den Einspruchsführer
durch die Stadt Leipzig entsprach den geltenden wahl-
rechtlichen Vorschriften.

Im Übrigen können Wahlberechtigte ohne eine Woh-
nung innezuhaben, auf Antrag in das Wählerverzeich-
nis eingetragen werden, sofern sie sich im Wahlgebiet
sonst gewöhnlich aufhalten (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 Buch-
stabe b EuWO). Über die näheren Voraussetzungen ist
der Einspruchsführer laut Stellungnahme der Stadt
Leipzig bereits mehrmals informiert worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 37 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 21. Juni 1999 und einem ergän-
zenden Schreiben vom 29. Juni 1999 hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Der Einspruchsführer begründet seinen Einspruch
damit, dass er vom zuständigen Wahlleiter und von
der Bürgermeisterin der Stadt Viersen von der Teil-
nahme an der Europawahl ausgeschlossen worden
sei, indem er nicht in das Wählerverzeichnis einge-
tragen worden sei. Nach Auskunft des Wahlleiters
am Wahltag sei nur derjenige wahlberechtigt, der in
das Wählerverzeichnis eingetragen sei. Nach dem
Rechtsstaatsverständnis des Einspruchsführers ist
derjenige für die Europawahl wahlberechtigt, der
Bürger der EG ist, das erforderliche Wahlalter hat
und „im Besitz der bürgerlichen Rechte“ ist. Er sei
durch die Bürgermeisterin der Stadt Viersen bereits
von der Teilnahme an der Bundestagswahl und der
Kommunalwahl im September 1998 ausgeschlos-
sen worden. Der Petitionsausschuss des Bundesta-
ges habe „den Entzug von Wahlrecht und Wählbar-
keit aus taktischen Gründen gegen kritische Bürger
bei der Bundestagswahl 1998 zumindest mittelbar
gebilligt“.

Zu dem Wahleinspruch liegt eine Stellungnahme
der Stadt Viersen vor. Daraus geht hervor, dass der
Einspruchsführer bis zum Tag der Stellungnahme,
dem 9. Juli 1999, nicht mit einer Wohnung im Mel-
deregister der Stadt Viersen eingetragen war. Da er
somit zum Stichtag nicht in Viersen gemeldet war,
sei er auch nicht von Amts wegen in das Wählerver-
zeichnis einzutragen gewesen. Der Einspruchsfüh-
rer habe auch keinen Antrag auf Eintragung in das
Wählerverzeichnis gemäß § 15 Abs. 2 Europawahl-
ordnung (EuWO) gestellt. Von der Möglichkeit, in-
nerhalb der Auslegungsfrist Einspruch gegen die

Nichteintragung seiner Person in das Wählerver-
zeichnis einzulegen, habe er ebenfalls keinen Ge-
brauch gemacht. Des Weiteren habe der Einspruchs-
führer auch keinen so genannten selbständigen
Wahlschein gemäß § 24 Abs. 2 EuWO beantragt.
Die Frist für die Beantragung eines solchen Wahl-
scheins sei um 18.15 Uhr am Wahltag, als der Ein-
spruchsführer in der Wahldienststelle erschienen
sei, bereits abgelaufen gewesen. Aus den genannten
Gründen sei er nicht zur Stimmabgabe zugelassen
worden.

Nach Auskunft der Stadt Viersen ist sowohl die
Nichteintragung des Einspruchsführers im Meldere-
gister als auch seine Nichteintragung im Wählerver-
zeichnis der Stadt Viersen bzw. Nichtzulassung zur
Stimmabgabe für die Europawahl Gegenstand einer
jeweils am 21. April bzw. 17. Juni 1999 beim Ver-
waltungsgericht Düsseldorf eingereichten Klage.

Die Stellungnahme der Stadt Viersen ist dem Ein-
spruchsführer bekannt gegeben worden. Er hat hier-
zu ergänzend zu seinem Einspruch vorgetragen, die
Bürgermeisterin und der Wahlleiter der Stadt Vier-
sen würden offenkundig bereits im Vorfeld der Wahl
das Wahlergebnis selektieren. Es sei davon auszu-
gehen, dass der Ausschluss seiner Person von der
Wahl kein Einzelfall sei. Die offizielle Wahlbeteili-
gung könne als Indiz für die Manipulation des ge-
wünschten Wahlerfolgs der politischen Akteure gel-
ten.

Der Einspruchsführer hatte bereits mit einer ähnli-
chen Begründung die Bundestagswahl 1998 ange-
fochten. Der Einspruch wurde als offensichtlich un-
begründet zurückgewiesen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-

Anlage 8

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 16/99 –
des Herrn Hermann Witte

wohnhaft: Ostwall 41a, 41751 Viersen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 38 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anberau-
mung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Die Nichtzulassung des Einspruchsführers zur Stimm-
abgabe für die Europawahl in der Stadt Viersen man-
gels Eintragung in das Wählerverzeichnis lässt einen
Wahlfehler nicht erkennen.

Entgegen der Annahme des Einspruchsführers sind die
von ihm genannten Voraussetzungen für die Wahlbe-
rechtigung nicht vollständig. Gemäß § 6 Abs. 1 EuWG
sind für die Europawahl unter anderem alle Deutschen
im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes
wahlberechtigt, die am Wahltag das achtzehnte Le-
bensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Mona-
ten in der Bundesrepublik Deutschland oder in den üb-
rigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft
eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich
aufhalten und nicht nach § 6 a Abs. 1 EuWG vom
Wahlrecht ausgeschlossen sind. Soweit nach dem
Sachverhalt ersichtlich, hat der Einspruchsführer diese
Voraussetzungen erfüllt. Die Vorschriften des Wahl-
rechts unterscheiden jedoch zwischen dem materiellen
Wahlrecht, d. h. der Wahlberechtigung an sich (§ 6
Abs. 1 bis 3 EuWG) und den formellen Voraussetzun-
gen, d. h. der Ausübung des Wahlrechts im konkreten
Fall. Danach kann nur wählen, wer in ein Wählerver-
zeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat
(§ 14 Abs. 1 Bundeswahlgesetz – BWG – i. V. m. § 4
EuWG). Daraus folgt, dass ein Bürger sein Wahlrecht
nur bei Erfüllung sowohl der materiellen als auch der
formellen Voraussetzung tatsächlich ausüben kann.

Der Einspruchsführer war zwar nach den vorliegenden
Erkenntnissen materiell wahlberechtigt, hat aber die
formellen Voraussetzungen zur Ausübung seines
Wahlrechts nicht erfüllt.

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO sind alle Wahlberech-
tigten von Amts wegen in das Wählerverzeichnis ein-
zutragen, die am 35. Tage vor der Wahl (Stichtag) bei
der Meldebehörde für eine Wohnung gemeldet sind.
Der Einspruchsführer war zu diesem Stichtag bei der
Stadt Viersen nicht gemeldet und deshalb auch nicht in
das Wählerverzeichnis eingetragen.

Er hätte jedoch Einsicht in das öffentlich ausgelegte
Wählerverzeichnis nehmen und innerhalb der Ausle-
gungsfrist Einspruch dagegen einlegen können, wenn
er es für unrichtig oder unvollständig gehalten hätte
(§§ 20 und 21 EuWO), was aufgrund seiner Erfahrun-
gen bei der Bundestagswahl 1998, für die er ebenfalls
nicht in das Wählerverzeichnis eingetragen war, nahe
gelegen hätte.

Des Weiteren hatte der Einspruchsführer noch die
Möglichkeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen des
§ 24 Abs. 2 EuWO einen Wahlschein zu beantragen.
Diese einem Wahlberechtigten vom Verordnungsgeber
eingeräumten Möglichkeiten zur Ausübung seines
Wahlrecht hat der Einspruchsführer jedoch nicht ge-
nutzt. Er hat vielmehr am Wahltag erst um 18.15 Uhr
sein Anliegen bei der zuständigen Wahlbehörde vorge-
tragen, so dass auch die letzte Frist für die Ausstellung
eines Wahlscheins, nämlich am Wahltag bis 15.00 Uhr
(§ 26 Abs. 4 EuWO), nunmehr abgelaufen war. Die
Versäumnisse hat sich der Einspruchsführer selbst zu-
zurechnen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 39 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit einer so genannten Gesprächsnotiz vom 18. Ju-
ni 1999, die der Einspruchsführer persönlich bei der
Gemeinde Lautertal abgegeben hat, und die am
7. Juli 1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat
der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999
Einspruch eingelegt.

Die von dem Einspruchsführer verfasste „Ge-
sprächsnotiz“ enthält folgende Begründung: „Hier-
mit wird gegen Art der Durchführung o.g. Wahl
durch den Wahlleiter Einspruch wegen Verhinde-
rung meiner Teilnahme eingelegt.“

Die Gemeinde Lautertal hat zu dem Einspruch mit-
geteilt, der Einspruchsführer sei in der Gemeinde
Lautertal lediglich mit Zweitwohnsitz gemeldet,
sein Hauptwohnsitz befinde sich in der Stadt Stein-
ach. Er sei deshalb bei der Stadt Steinach im Wäh-
lerverzeichnis für die Europawahl eingetragen ge-
wesen und hätte dort sein Wahlrecht ausüben
können.

Nach einem Auszug aus dem Melderegister der Ge-
meinde Lautertal ist der Einspruchsführer seit dem
26. Juni 1998 in Steinach mit Hauptwohnsitz ge-
meldet und unter der Anschrift in Lautertal mit dem
Status Nebenwohnung melderechtlich erfasst.

Die Stadtverwaltung Steinach hat diese Angaben
bestätigt und einen Auszug aus dem Wählerver-
zeichnis zur Europawahl übersandt. Danach war der
Einspruchsführer im Wahlbezirk 04 der Stadt
Steinach unter der laufenden Nummer 115 in das
Wählerverzeichnis eingetragen. Die an die An-
schrift in Steinach gesandte Wahlbenachrichti-
gungskarte des Einspruchsführers sei mit dem Ver-
merk „unbekannt“ zurückgekommen. Ein erneuter
Versuch, die Wahlbenachrichtigung persönlich
durch einen Boten der Stadt Steinach zu überbrin-
gen, sei ebenfalls gescheitert.

Ein an dieselbe Anschrift in Steinach gerichtetes
Schreiben des Sekretariats des Wahlprüfungsaus-
schusses ist ebenfalls mit dem Vermerk „unbe-
kannt“ zurückgekommen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil anhand des Sachver-
haltes kein Wahlfehler festgestellt werden konnte.

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Europawahlordnung
(EuWO) sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen
in das Wählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tag
vor der Wahl (Stichtag) bei der Meldebehörde für ei-
ne Wohnung gemeldet sind, wobei bei mehreren
Wohnungen die für die Hauptwohnung zuständige
Gemeinde für die Eintragung zuständig ist. Der Ein-
spruchsführer war seit dem 26. Juni 1998 und damit
am Stichtag, nämlich am 9. Mai 1999, unter einer An-
schrift in Steinach mit Hauptwohnsitz gemeldet und
deshalb in das dortige Wählerverzeichnis für die Eu-
ropawahl eingetragen.

Des Weiteren sollte der Einspruchsführer durch Zusen-
dung einer Wahlbenachrichtigungskarte über seine
Eintragung in das Wählerverzeichnis informiert wer-
den, die ihm aber weder von der Deutschen Post AG
zugestellt noch persönlich überbracht werden konnte,

Anlage 9

Beschluss
In der Wahlanfechtungssache – EuWP 26/99 –

des Herrn Herbert Schäfer
wohnhaft: Hirtenrangen 6, 96523 Steinach

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 40 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

weil er offensichtlich unter dieser Anschrift in Steinach
unbekannt war. Der Erhalt der Wahlbenachrichti-
gungskarte ist jedoch keine Voraussetzung für die Aus-
übung des Wahlrechts. Sie dient lediglich der zusätzli-
chen Information des jeweiligen Wahlberechtigten
über den Wahlort, die Wahlzeit, die Nummer, unter der
er in das Wählerverzeichnis eingetragen ist, und Ähn-
liches mehr (§ 18 EuWO).

Der Einspruchsführer hätte dementsprechend seine
Stimme zur Europawahl auch ohne die Wahlbenach-
richtigungskarte in dem für ihn entsprechend seinem
Wohnsitz zuständigen Wahlbezirk 04 in Steinach abge-
ben können. Die Gemeinde Lautertal hat somit keinen
Wahlfehler begangen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 16. Juni 1999, das am 17. Juni
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer die Gültigkeit der Wahl der Abge-
ordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 an-
gefochten.

Der Einspruchsführer vertritt die Ansicht, dass die
Regelung des § 17a Abs. 2 der Europawahlordnung
(EuWO), wonach ein nichtdeutscher Unionsbürger
nur auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetra-
gen wird, eine Diskriminierung darstellt, die mit eu-
ropäischem Recht nicht vereinbar ist.

Der Einspruchsführer trägt vor, er habe sich mit
Schreiben vom 29. Mai 1999 an das Bundesminis-
terium des Innern mit der Bitte gewandt, ihm eine
Möglichkeit zur Teilnahme an der Wahl zu
verschaffen. Diesem Antrag sei nicht entsprochen
worden.

Nachdem seine Frau etwa drei Wochen vor der Eu-
ropawahl ihre Wahlbenachrichtigung erhalten habe,
habe er sich bei der Gemeinde erkundigt, wann er
seine Wahlbenachrichtigung erhalte. Dort sei ihm
mitgeteilt worden, dass er als Bürger eines anderen
EU-Mitgliedstaates nur auf Antrag in die Wählerlis-
te aufgenommen werde und dass die Frist schon
längst abgelaufen sei. Da er bei der letzten Europa-
wahl seine Stimme habe abgeben können, sei er da-
von ausgegangen, dass er auch weiterhin als Wähler
geführt werde, zumindest solange er in der selben
Gemeinde wohnhaft sei. Außerdem sei die Frist für
den Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeich-
nis unverhältnismäßig lang; seine zwei Wochen vor
der Wahl gestellte Anfrage hätte noch ausreichen
müssen.

Zu dem Wahleinspruch liegt eine Stellungnahme
des Kreiswahlleiters Fürstenfeldbruck vor, die dem
Einspruchsführer zur Kenntnis gegeben wurde.

Darin wird ausgeführt, dass der Antrag auf Eintra-
gung in das Wählerverzeichnis gemäß § 17a Abs. 2
EuWO schriftlich bis spätestens zum 34. Tag vor
der Wahl (10. Mai 1999), 16.00 Uhr, bei der zustän-
digen Gemeindebehörde hätte gestellt werden müs-
sen. Da es sich um eine Ausschlussfrist handele,
könnten verspätete Anträge nicht mehr berücksich-
tigt werden. Der Kreiswahlleiter habe gemäß § 19
Abs. 3 EuWO durch öffentliche Bekanntmachun-
gen in zwei regionalen Tageszeitungen am 26. März
und 15. April 1999, durch allgemeine Pressemittei-
lung vom 20. April 1999, Benachrichtigung des ört-
lichen Rundfunksenders und Aufnahme der Be-
kanntmachung in das Amtsblatt des Landkreises
vom 24. März 1999 auf das Antragserfordernis hin-
gewiesen.

Die Gemeinde Olching selbst sei nicht zur Veröf-
fentlichung verpflichtet gewesen. Hier hätten aber
auch Informationsbroschüren im Rathausgebäude
ausgelegen. Die Tatsache, dass der Einspruchsfüh-
rer darauf vertraut habe, von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis eingetragen zu werden, könne
nicht der Gemeinde Olching angelastet werden. Im
Vorfeld der Wahl habe es genügend Informations-
möglichkeiten gegeben.

Nach Angaben der Gemeinde Olching habe der Ein-
spruchsführer ca. am 1. Juni 1999 im Wahlamt vor-
gesprochen. Zu diesem Zeitpunkt sei die oben ge-
nannte Antragsfrist bereits abgelaufen gewesen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme
des Kreiswahlleiters dahin gehend geäußert, dass
diese sein Vorbringen bestätige, wonach ein
schwerwiegender Wahlfehler insofern vorliege, als
der Gesetzgeber ihm die Möglichkeit zur Ausübung
seiner demokratischen Grundrechte verweigere,

Anlage 10

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 4/99 –
des Herrn Anthony F. Rich

wohnhaft: Egerländer Weg 8, 82140 Olching

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 42 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

weil § 17a Abs. 2 EuWO EU-Staatsbürger diskri-
miniere. Es gehe ihm darum, dass zumindest bei der
Europawahl alle Wähler in der Bundesrepublik
Deutschland vom deutschen Gesetzgeber gleich be-
handelt werden.

Des Weiteren habe der Kreiswahlleiter nicht mitge-
teilt, ob er in den Veröffentlichungen in den lokalen
Medien darauf hingewiesen habe, dass sich auch die
EU-Bürger erneut eintragen lassen müssten, die
schon einmal bei der letzten Europawahl gewählt
hatten. Außerdem sei ihm keine Verpflichtung be-
kannt, regionale Zeitungen zu lesen oder örtliche
Rundfunksender zu hören. Es entspreche auch nicht
der allgemeinen Lebenserfahrung, ständig zum
nächsten Rathaus zu rennen und nach ausliegenden
Broschüren zu suchen, um festzustellen, ob ein frü-
her erworbenes Recht inzwischen entzogen worden
sei.

Nach Ansicht des Einspruchsführers war eine be-
trächtliche Anzahl von EU-Bürgern in der Bundes-
republik Deutschland von der Ungleichbehandlung
betroffen, so dass ein Wahlfehler vorliege, der auf
die Mandatsverteilung im Europäischen Parlament
von Einfluss hätte sein können. Sollte es sich tat-
sächlich um eine geringe Anzahl handeln, wäre es
den Behörden zuzumuten gewesen, die EU-Bürger
persönlich anzuschreiben und sie aufzufordern, sich
erneut in das Wählerverzeichnis eintragen zu las-
sen. Auch in dieser Hinsicht liege der Wahlfehler
beim Gesetzgeber.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die
Eintragung in das Wählerverzeichnis zu beachten
war, unternommen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Des Weiteren hat der Bundeswahleiter neben den
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen
in drei Presseerklärungen vom 22. Februar, 15.
März und 26. April 1999 sowie in einem Presse-
statement am 6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger
geltenden besonderen Voraussetzungen für die Teil-
nahme an der Europawahl hingewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-

seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April
1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragsfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Das Bundesministerium des Innern hat zu der
Problematik der Antragspflicht für nichtdeutsche
Unionsbürger in diesem und einem ähnlich gelager-
ten Fall wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wählerver-
zeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundes-
republik Deutschland sei die Europäische Kommis-
sion darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 43 – Drucksache 14/2761

zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten
Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen der
oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische
Kommission würden die für die Europawahl 1999
erstellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Ver-
ordnung zur Änderung der Europawahlordnung
vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen wor-
den, wonach die Antragsunterlagen der bei der Eu-
ropawahl 1999 in ein Wählerverzeichnis eingetra-
genen Unionsbürger nicht mehr vernichtet werden
dürfen (§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom
Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
grundsätzlich nicht mehr stattgegeben werden.

Das Verhalten der Gemeinde Olching, den Einspruchs-
führer wegen verspäteter Antragstellung nicht mehr in
das Wählerverzeichnis einzutragen, begründet keinen
Wahlfehler. Es besteht zwar gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1
EuWO die Möglichkeit, einem wahlberechtigten
Unionsbürger, der nicht in das Wählerverzeichnis ein-
getragen ist, auf Antrag einen Wahlschein bis zum
Wahltag um 15.00 Uhr (§ 26 Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu
erteilen, wenn er nachweist, dass er ohne sein Ver-
schulden die Antragsfrist nach § 17a Abs. 2 EuWO
versäumt hat. Diese Voraussetzung wäre z. B. bei
schwerer Krankheit oder längerer Abwesenheit erfüllt,
was jedoch beides im Falle des Einspruchsführers nach
dem ermittelten Sachverhalt nicht gegeben war.

Ein Wahlfehler ergibt sich auch nicht aus den nach An-
sicht des Einspruchsführers mangelnden Informatio-
nen nichtdeutscher Unionsbürger über die Antrags-
pflicht und -frist:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises wie folgt geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in

Drucksache 14/2761 – 44 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind somit sowohl vom Bundeswahlleiter als auch
vom Kreiswahlleiter Fürstenfeldbruck, wie aus seiner
Stellungnahme hervorgeht, ausreichend erfüllt wor-
den.

Außerdem haben die Bundesregierung und der Bun-
deswahlleiter neben den vorgeschriebenen weitere
oben genannte Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist für die Eintragung
in das Wählerverzeichnis ergriffen.

Dementsprechend hatte der Einspruchsführer die Mög-
lichkeit, sich über die für Unionsbürger geltenden Vo-
raussetzungen zur Teilnahme an der Europawahl zu in-
formieren. Dass er dennoch von der Notwendigkeit,
einen Antrag zur Eintragung in das Wählerverzeichnis
in der festgelegten Frist stellen zu müssen, keine
Kenntnis erlangt hat bzw. davon ausgegangen ist, die
Antragspflicht gelte nur für Erstwähler, ist ihm selbst
zuzurechnen.

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO

von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auf-
fassung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG
seien in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-
halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Der Deutsche Bundestag sieht sich auch nicht dazu be-
rufen, im Rahmen des deutschen Wahlprüfungsverfah-
rens zu klären, ob deutsche Vorschriften zur Wahl des
Europäischen Parlaments wegen einer Verletzung eu-
ropäischen Rechts zu verwerfen sind. Deshalb muss
die Prüfung, ob die derzeitige deutsche Regelung ge-
gen die Richtlinie 93/109/EG verstößt, weil sie in der
Bundesrepublik Deutschland lebende nichtdeutsche
Unionsbürger gegenüber deutschen Unionsbürgern
diskriminieren könnte, auf einem anderen Wege erfol-
gen. Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die derzeit in
der Bundesrepublik Deutschland gültigen Vorschriften
des Wahlrechts nicht verletzt worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 45 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Telefax vom 5. Juli 1999, eingegangen beim
Bundestag am 6. Juli 1999, hat der Einspruchsführer
gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepu-
blik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch ein-
gelegt.

Der Einspruchsführer hatte sich zunächst mit Tele-
fax vom 7. Juni 1999 an den Bundestag und Bun-
desrat, den Bundeskanzler, den Bundeswahlleiter
und den Wahlleiter der Stadt Frankenberg über die
Ungleichbehandlung von deutschen und nichtdeut-
schen Wahlberechtigten zur Europawahl 1999 nach
dem Europawahlrecht beschwert. Nachdem er vom
Sekretariat des Wahlprüfungsausschusses darauf
hingewiesen worden ist, dass der Wahleinspruch in-
nerhalb von zwei Monaten nach dem Wahltag beim
Bundestag eingehen muss, hat er seinen Einspruch
mit Telefax vom 5. Juli 1999 erneut mit den gleichen
Einwänden vorgelegt.

Der Einspruchsführer trägt vor, er sei als Niederlän-
der (mit drei deutschen Großeltern) von der Stadt
Frankenberg/Eder von der Europawahl 1999 ausge-
schlossen worden. Von seiner früheren Wohnge-
meinde Edertal habe er immer zeitgerecht und ord-
nungsgemäß die Wahlunterlagen für die Europa-
wahl 1994 und alle Kommunalwahlen erhalten.

Nach Ansicht des Einspruchsführers lässt sich
durch die „Registrierpflicht der nichtdeutschen
EU-P-99 Wahlberechtigten“ einerseits eine grund-
gesetzwidrige Ungleichbehandlung der nichtdeut-
schen Wahlberechtigten begründen, andererseits sei
hierdurch eine Verzerrung der Wahlergebnisse her-
beigeführt.

Der Kreiswahlleiter des Landkreises Waldeck-Fran-
kenberg hat in seiner Stellungnahme vom 9. Juli
1999 mitgeteilt, dass der Einspruchsführer sich be-

reits im Vorfeld der Wahl über die Nichteintragung
in das Wählerverzeichnis beschwert habe. Dieser sei
sowohl durch den Magistrat der Stadt Frankenberg/
Eder als auch durch ihn – den Kreiswahlleiter – auf
die rechtliche Situation hingewiesen worden. Ein
Fehler liege seines Erachtens nicht vor; vielmehr
habe der Einspruchsführer es versäumt, rechtzeitig
seine Eintragung in das Wählerverzeichnis seiner
Wohngemeine zu beantragen.

Auf die Möglichkeit zur Eintragung in das Wähler-
verzeichnis sei mit öffentlicher Bekanntmachung
vom 15. April 1999, veröffentlicht am 17. April
1999 in den Bekanntmachungsorganen des Land-
kreises Waldeck-Frankenberg, hingewiesen wor-
den. Allerdings sei im gesamten Landkreis kaum
von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden.
Zusätzlich sei in einer Pressemitteilung im Lokalteil
der Zeitungen nochmals auf das Verfahren hinge-
wiesen worden. In vielen ähnlich gelagerten Fällen
seien die EU-Bürger jedoch erst aufmerksam ge-
worden, als die Wahlbenachrichtigungen an die an-
deren Wahlberechtigten versandt worden seien. Zu
diesem Zeitpunkt sei es aber für eine Eintragung in
das Wählerverzeichnis (Ausschlussfrist war der
34. Tag vor der Wahl, 10. Mai 1999, 16.00 Uhr) viel
zu spät gewesen.

Um in Zukunft solche Irritationen zu vermeiden, regt
der Kreiswahlleiter des Landkreises Waldeck-Fran-
kenberg dringend an, die wahlrechtlichen Bestim-
mungen zu ändern.

Zu der dem Einspruchsführer zur Kenntnis gegebe-
nen Stellungnahme des Kreiswahlleiters des Land-
kreises Waldeck-Frankenberg hat sich dieser wie
folgt geäußert:

Er begrüßt die Meinung des Kreiswahlleiters, dass
das EU-Wahlrecht für nichtdeutsche EU-Staatsbür-
ger mit langjährigem Wohnsitz in Deutschland drin-
gend änderungsbedürftig sei, damit es in Deutsch-

Anlage 11

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 5/99 –
des Herrn Hans-Hendrik-Herman Peters

wohnhaft: Birkenstraße 19, 35066 Frankenberg/Eder

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 46 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

land in Zukunft keine Europawahlen mehr ohne
Europäer gebe. Darüber hinaus befürwortet der Ein-
spruchsführer das volle „Wohnstaatwahlrecht in al-
len EU-Staaten für Angehörige eines anderen
EU-Wohnstaates, die ihren langjährigen Wohnsitz
in dem anderen EU-Wohnstaat haben“.

Des Weiteren wendet er sich noch einmal gegen die
sog. Registrierpflicht der nichtdeutschen Wahlbe-
rechtigten. Bei der Europawahl 1994 habe er die
Wahlunterlagen problemlos erhalten und nur eine
eidesstattliche Erklärung unterschreiben müssen,
dass er nicht auch in seinem Heimatstaat an der Eu-
ropawahl teilnehmen werde. Bei seiner Ummel-
dung zum 1. April 1999 in der Stadt Frankenberg
seien ihm alle möglichen Fragen gestellt worden,
nicht jedoch die Frage, ob er an der Europawahl
1999 teilnehmen wolle. Seiner Ansicht nach hätte
das Einwohnermeldeamt der Stadt Frankenberg/
Eder ihn im Rahmen der Sorgfaltspflicht auf die Re-
gistrierungspflicht für die bevorstehende Europa-
wahl aufmerksam machen sollen. Dies erfordere
seines Erachtens die immer behaupteten Bestrebun-
gen zu einer optimalen Bürgernähe und der Dienst-
leistungsauftrag der kommunalen Behörden.

Nach Auffassung des Einspruchsführers können
solche Irritationen künftig vermieden werden, wenn
alle EU-Staatsbürger bei der Wahlbehörde ihres
Wohnstaates einmalig eine Bestätigung ihres Hei-
matstaates vorlegen, aus der hervorgeht, dass sie im
EU-Heimatstaat nicht als Wähler eingetragen sind.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die
Eintragung in das Wählerverzeichnis zu beachten
ist, ergriffen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Darüber hinaus hat der Bundeswahleiter in drei
Presseerklärungen vom 22. Februar, 15. März und
26. April 1999 sowie in einem Pressestatement am
6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger geltenden be-
sonderen Voraussetzungen für die Teilnahme an der
Europawahl hingewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April

1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Im Übrigen hat das Bundesministerium des Innern
zu der Problematik der Antragspflicht für nichtdeut-
sche Unionsbürger in einem ähnlich gelagerten Fall
wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wähler-
verzeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führen, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden können, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundes-
republik Deutschland sei die Europäische Kommis-
sion darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 47 – Drucksache 14/2761

Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen der
oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische Kom-
mission würden die für die Europawahl 1999 er-
stellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Ver-
ordnung zur Änderung der Europawahlordnung
vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen wor-
den, wonach die Antragsunterlagen der bei der
Europawahl 1999 in ein Wählerverzeichnis einge-
tragenen Unionsbürger nicht mehr vernichtet wer-
den dürfen (§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind wahlberechtigte
Staatsangehörige der übrigen Mitgliedstaaten der Eu-
ropäischen Union, die in der Bundesrepublik Deutsch-
land leben (Unionsbürger), nur auf Antrag in das Wäh-
lerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste bis
zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999, bei
der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde ge-
stellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
nicht mehr stattgegeben werden.

Da der Einspruchsführer nach dem vorgetragenen
Sachverhalt einen derartigen Antrag nicht innerhalb
der dafür vorgesehenen Frist gestellt hat, war er nach
den geltenden Wahlrechtsvorschriften nicht in das
Wählerverzeichnis der Stadt Frankenberg/Eder einzu-
tragen. Deshalb konnte er sein Wahlrecht wegen Nicht-

erfüllung der formellen Voraussetzungen nicht aus-
üben. Die Stadt Frankenberg /Eder hat insoweit keinen
Wahlfehler begangen.

Die vorgeschriebenen Informationspflichten sind so-
mit sowohl vom Bundeswahlleiter als auch vom Kreis-
wahlleiter des Landkreises Waldeck-Frankenberg, wie
aus seiner Stellungnahme hervorgeht, ausreichend er-
füllt worden. Außerdem haben die Bundesregierung
und der Bundeswahlleiter weitere oben genannte Maß-
nahmen zur Information der Unionsbürger über die
Antragsfrist für die Eintragung in das Wählerverzeich-
nis ergriffen.

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises folgendermaßen geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO vorgeschriebenen Presseorganen zu er-
folgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im Bundesan-
zeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter in den
Amtsblättern oder in für derartige Bekanntmachungen
vorgesehenen Zeitungen. Der Bundeswahleiter hat
neben den genannten vorgeschriebenen öffentlichen

Drucksache 14/2761 – 48 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bekanntmachungen in drei Presseerklärungen vom
22. Februar, 15. März und 26. April 1999 sowie in
einem Pressestatement am 6. Mai 1999 auf die für
Unionsbürger geltenden besonderen Voraussetzungen
für die Teilnahme an der Europawahl hingewiesen.

Dementsprechend hatte der Einspruchsführer mehrere
Möglichkeiten, sich über die für Unionsbürger gelten-
den Voraussetzungen zur Teilnahme an der Europa-
wahl zu informieren. Dass er dennoch von der Notwen-
digkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis in der festgelegten Frist stellen zu
müssen, keine Kenntnis erlangt hat, ist ihm selbst zu-
zurechnen.

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO
von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-

blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG sei-
en in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-
halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Im Übrigen sieht sich der Deutsche Bundestag nicht
dazu berufen, im Rahmen des deutschen Wahlprü-
fungsverfahrens zu klären, ob deutsche Vorschriften
zur Wahl des Europäischen Parlaments wegen einer
Verletzung europäischen Rechts zu verwerfen sind.
Deshalb muss die Prüfung, ob die derzeitige deutsche
Regelung gegen die Richtlinie 93/109/EG verstößt,
weil sie in der Bundesrepublik Deutschland lebende
nichtdeutsche Unionsbürger gegenüber deutschen
Unionsbürgern diskriminieren könnte, auf einem ande-
ren Wege erfolgen. Im vorliegenden Fall sind jeden-
falls die derzeit in der Bundesrepublik Deutschland
gültigen Vorschriften des Wahlrechts nicht verletzt
worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 49 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 13. Juni 1999, das am 1. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer die Gültigkeit der Wahl der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments aus der Bundes-
republik Deutschland am 13. Juni 1999 angefochten
und Protest gegen die seiner Ansicht nach diskrimi-
nierende Art der Benachrichtigung der nichtdeut-
schen EU-Wähler eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, zu seiner großen Überraschung
habe er erfahren, dass er in seinem Wahlbezirk bei
der Wahl zum Europäischen Parlament am 13. Juni
1999 anders als seine deutschen EU-Mitbürger be-
handelt worden sei. Im Gegensatz zu ihm seien sei-
ne Nachbarn, die meisten von ihnen EU-Bürger wie
er, rechtzeitig schriftlich informiert worden. Er sei
als EU-Bürger und Einwohner im Wahlbezirk Neu-
graben-Fischbek bei der letzten Kommunalwahl
rechtzeitig und schriftlich über seine Wahlberechti-
gung informiert worden.

Soweit er wisse, sei ausschließlich mit Plakaten in
deutscher Sprache bekannt gegeben worden, dass
sich nichtdeutsche EU-Bürger beim Ortsamt in die
Wählerliste hätten eintragen lassen müssen. Wer als
EU-Bürger nicht zufällig ein Plakat gesehen habe
bzw. nicht habe lesen und verstehen können, sei um
sein demokratisches Wahlrecht gebracht worden.
Dies sei nicht im Sinne der EU und führe dazu, dass
es dem Zufall überlassen worden sei, ob die Gruppe
von Personen, die die europäische Idee praktisch
umsetze, ihr Stimmrecht ausübe oder nicht.

Der Kreiswahlleiter des Bezirksamtes Harburg hat
dem Einspruchsführer mit Schreiben vom 28. Juni
1999 mitgeteilt, dass nach § 17a Abs. 1 der Euro-
pawahlordnung (EuWO) wahlberechtigte Unions-
bürger auf Antrag in das Wählerverzeichnis einzu-
tragen sind. Dieser Antrag sei nach § 17a Abs. 2

EuWO innerhalb bestimmter Fristen zu stellen.
Während Wahlberechtigte, die bereits im Wähler-
verzeichnis eingetragen seien, von der Gemeinde-
behörde gemäß § 18 EuWO benachrichtigt wür-
den, seien für die Antragstellung nach § 17a
EuWO lediglich öffentliche Bekanntmachungen in
deutscher Sprache gemäß § 19 Abs. 3 EuWO vor-
gesehen. Er – der Kreiswahlleiter – habe sich so-
mit an die gesetzlichen Vorgaben der EuWO ge-
halten.

Auf Nachfrage hat der Stellvertretende Kreiswahl-
leiter des Bezirksamtes Harburg dem Wahlprü-
fungsausschuss mit Schreiben vom 6. Oktober
1999, welches dem Einspruchsführer zur Kenntnis
gegeben worden ist, mitgeteilt, in welcher Form die
öffentliche Bekanntmachung über die Ausübung
des Wahlrechts für EU-Bürger erfolgt sei:

– Auslegung der mehrsprachigen Faltblätter des
Presse- und Informationsamtes der Bundesregie-
rung an folgenden Stellen:

Büro des Europabeauftragten, Büro des Auslän-
derbeauftragten, Landeszentrale für politische
Bildung, Hamburger Öffentliche Bücherhallen,
Einwohnerzentralamt, Hamburger Landesver-
band der SPD, Hamburger Landesverband der
CDU, Hamburger Landesverband der BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, Bezirksämter und Ortsämter;

– Pressemitteilungen des Landeswahlleiters, die
letzte am 10. Juni 1999;

– Amtliche Bekanntmachung am 26. April 1999 im
Amtlichen Anzeiger und folgenden Tageszeitun-
gen:

Hamburger Abendblatt, Hamburger Morgenpost,
Die Welt (Hamburg-Ausgabe), Bild-Zeitung,
Harburger Anzeigen und Nachrichten, Bergedor-
fer Zeitung, Die Tageszeitung (Hamburg-Ausga-
be).

Anlage 12

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 18/99 –
des Herrn Tracey Runciman

wohnhaft: Störtebeker Weg 47 B, 21149 Hamburg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 50 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bis auf die mehrsprachigen Faltblätter seien die Be-
kanntmachungen in deutscher Sprache erfolgt.

Der Einspruchsführer hat sich hierzu wie folgt ge-
äußert: Die Stellungnahme führe lediglich die ver-
schiedenen Stellen auf, wo man die mehrsprachigen
Faltblätter hätte bekommen können. Der Grund sei-
ner Wahlanfechtung habe aber in der Ungleichbe-
handlung der nichtdeutschen EU-Bürger gegenüber
deutschen EU-Bürgern bei der Ausübung ihres
Wahlrechts für die Europawahl bestanden. Er habe
deshalb keine Veranlassung, seine Wahlanfechtung
zurückzuziehen.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die
Eintragung in das Wählerverzeichnis zu beachten
war, unternommen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am 10. Fe-
bruar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“ und in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 4. Feb-
ruar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Des Weiteren hat der Bundeswahleiter neben den
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachun-
gen in drei Presseerklärungen vom 22. Februar,
15. März und 26. April 1999 sowie in einem Pres-
sestatement am 6. Mai 1999 auf die für Unionsbür-
ger geltenden besonderen Voraussetzungen für die
Teilnahme an der Europawahl hingewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April
1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragsfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Ferner hat das Bundesministerium des Innern zu der
Problematik der Antragspflicht für nichtdeutsche

Unionsbürger in einem ähnlich gelagerten Fall wie
folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wähler-
verzeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führen, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden können, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundesre-
publik Deutschland sei die Europäische Kommissi-
on darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.
Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten
Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nach-
frage mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen
der genannten Auffassung der Europäischen Kom-
mission, die deutsche Regelung der Europawahl-
ordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie
93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische
Kommission würden die für die Europawahl 1999

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 51 – Drucksache 14/2761

erstellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Ver-
ordnung zur Änderung der Europawahlordnung
vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen
worden, wonach die Antragsunterlagen der bei der
Europawahl 1999 in ein Wählerverzeichnis einge-
tragenen Unionsbürger nicht mehr vernichtet wer-
den dürfen (§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom
Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
grundsätzlich nicht mehr stattgegeben werden.

Der Einspruchsführer hat einen solchen Antrag zur
Eintragung in das Wählerverzeichnis nicht gestellt. Da
er somit eine formelle Voraussetzung für die Ausübung
seines Wahlrechts nicht erfüllt hat, weil er nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen war, konnte er seine
Stimme zur Europawahl nicht abgeben.

Soweit der Einspruchsführer sich über die seiner An-
sicht nach unzureichende Information über die Voraus-
setzungen zur Ausübung des Wahlrechts für nichtdeut-
sche Unionsbürger beschwert, ist deswegen kein
Wahlfehler zu erkennen:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-

tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises folgendermaßen geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Dieser Pflicht sind sowohl der Bundeswahlleiter als
auch die Freie und Hansestadt Hamburg, wie aus der
Stellungnahme des Stellvertretenden Kreiswahlleiters
des Bezirksamtes Harburg hervorgeht, nachgekom-
men. Außerdem haben die Bundesregierung und der
Bundeswahlleiter weitere oben genannte Maßnahmen
zur Information der Unionsbürger über die Antragsfrist
für die Eintragung in das Wählerverzeichnis ergriffen.

Dementsprechend hatte der Einspruchsführer mehrere
Möglichkeiten, sich über die für Unionsbürger gelten-
den Voraussetzungen zur Teilnahme an der Europawahl
zu informieren. Dass er dennoch von der Notwendig-
keit, einen Antrag zur Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis in der festgelegten Frist stellen zu müs-
sen, keine Kenntnis erlangt hat, ist ihm selbst
zuzurechnen. Die Behauptung des Einspruchsführers,
wonach ausschließlich mit Plakaten in deutscher Spra-
che über die Antragspflicht für nichtdeutsche Unions-
bürger informiert worden sei, trifft somit nicht zu.

Drucksache 14/2761 – 52 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar
anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO
von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG
seien in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-
halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Der Deutsche Bundestag sieht sich auch nicht dazu be-
rufen, im Rahmen des deutschen Wahlprüfungsverfah-
rens zu klären, ob deutsche Vorschriften zur Wahl des
Europäischen Parlaments wegen einer Verletzung eu-
ropäischen Rechts zu verwerfen sind. Deshalb muss
die Prüfung, ob die derzeitige deutsche Regelung ge-
gen die Richtlinie 93/109/EG verstößt, weil sie in der
Bundesrepublik Deutschland lebende nichtdeutsche
Unionsbürger gegenüber deutschen Unionsbürgern
diskriminieren könnte, auf einem anderen Wege erfol-
gen. Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die derzeit in
der Bundesrepublik Deutschland gültigen Vorschriften
des Wahlrechts nicht verletzt worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 53 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 27. Juni 1999, das am 1. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, er sei britischer Staatsbürger und
wohne seit 17 Jahren in der Bundesrepublik
Deutschland. In Großbritannien habe er an der Eu-
ropawahl 1999 nicht teilnehmen dürfen, weil er
mehr als fünf Jahre im Ausland lebe. Da er vor fünf
Jahren in das Wählerverzeichnis für die damalige
Europawahl eingetragen worden sei, sei er davon
ausgegangen, dass er nach Artikel 9 Abs. 4 der Eu-
ropawahlrichtlinie für die Wahl am 13. Juni 1999
noch eingetragen gewesen sei. Ihm sei nicht be-
kannt gewesen, dass die Bundesrepublik Deutsch-
land in seiner Ansicht nach rechtswidriger Weise
die EU-Richtlinie nicht in nationales Recht umge-
setzt habe.

Nachdem seine Frau, die deutsche Staatsbürgerin
sei, im Gegensatz zu ihm eine Wahlbenachrichti-
gung erhalten habe, habe er sich am 30. Mai 1999
an das zuständige Wahlamt in Bremerhaven ge-
wandt und nachgefragt, warum er keine Wahlbe-
nachrichtigung erhalten habe. Dort sei ihm mitge-
teilt worden, er sei nicht in das Wählerverzeichnis
eingetragen worden, weil er keinen entsprechenden
Antrag gestellt habe. Seiner Bitte, ihn nachträglich
in das Wählerverzeichnis aufzunehmen, sei nicht
entsprochen worden.

Des Weiteren trägt der Einspruchsführer vor, nach
Artikel 12 der Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezem-
ber 1993 müsse der Wohnsitzmitgliedstaat die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-

gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat unterrichten. Die von der Bundesregie-
rung und vom Bundeswahlleiter ergriffenen Maß-
nahmen zur Information der Unionsbürger über die
Antragsfrist sind nach Meinung des Einspruchsfüh-
rers nicht geeignet, um 1,7 Millionen in Deutsch-
land lebende Unionsbürger zu informieren. Aus die-
sem Grunde könnten die Wählerverzeichnisse nicht
als vollständig betrachtet werden.

Ferner führt der Einspruchsführer aus, dass Unions-
bürger bei Europawahlen nur auf Antrag in ein
Wählerverzeichnis ihres Wohnsitzmitgliedstaates
eingetragen würden, der bis zum 34. Tag vor der
Wahl bei der Wohnsitzgemeinde gestellt werden
müsse. Der Bundesminister des Innern, der Bundes-
wahlleiter und die Kreis- und Stadtwahlleiter hätten
über das Antragserfordernis für Erstwähler durch
Bekanntmachungen informiert. Artikel 9 Abs. 4 der
Europawahlrichtlinie sehe vor, dass Unionsbürger,
die in das Wählerverzeichnis eingetragen worden
seien, so lange eingetragen blieben, bis sie die Strei-
chung aus diesem Wählerverzeichnis beantragten
oder von Amts wegen gestrichen würden, weil sie
die Bedingungen für die Ausübung des aktiven
Wahlrechts nicht mehr erfüllen. Da in Deutschland
bei Europawahlen keine permanenten Wählerver-
zeichnisse geführt, sondern bis zum 35. Tag vor der
Wahl neu erstellt würden, bedeutete dies für die
Unionsbürger, dass sie vor jeder Wahl erneut einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis
stellen müssten. Der Bundesminister des Innern, der
Bundeswahlleiter und die Kreis- und Stadtwahl-
leiter hätten jedoch die in Deutschland lebenden
Unionsbürger über diese Sonderbedingung gar
nicht informiert. Sie hätten nur auf den Stichtag
10. Mai 1999 hingewiesen und nicht darauf, dass
jeder Unionsbürger einen Antrag auf Eintragung in
das Wählerverzeichnis stellen müsse, egal ob Erst-
wähler oder nicht. Das Ergebnis sei gewesen, dass

Anlage 13

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 24/99 –
des Herrn Keith Buckley

wohnhaft: Geibel Straße 3 B, 27576 Bremerhaven

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 54 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

die meisten, die sich schon bei der letzten Europa-
wahl in ein Wählerverzeichnis hätten eintragen las-
sen, der Auffassung gewesen seien, sie brauchten
keinen erneuten Antrag zu stellen.

Nach Auffassung des Einspruchsführers waren
die Wählerverzeichnisse in der Bundesrepublik
Deutschland wegen einer mangelhaften Informa-
tionspolitik nicht vollständig und die Rechtmäßig-
keit der Ausführung der Europawahl sei verletzt
worden.

Außerdem sei im Vorfeld der Europawahl deutsches
Recht verletzt worden. Gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 Eu-
ropawahlgesetz (EuWG) erhalte ein Wahlberechtig-
ter, der nicht in das Wählerverzeichnis eingetragen
sei, auf Antrag einen Wahlschein, wenn er nachwei-
se, dass er ohne Verschulden die Antragsfrist nach
§ 17a Abs. 2 Europawahlordnung (EuWO) ver-
säumt habe. Nach Ansicht des Einspruchsführers
muss diese Möglichkeit auch für Unionsbürger zu-
treffen, die die unzureichenden Maßnahmen des
Bundesministers des Innern, des Bundeswahlleiters
und der Kreis- und Stadtwahlleiter nicht erreicht ha-
ben. In einigen Gemeinden, z. B. Hamburg, hätten
die betroffenen Unionsbürger auf Antrag einen
Wahlschein bekommen. Die meisten Gemeinden
hätten diese Information jedoch verschwiegen. Aus
diesem Grund sei die Rechtmäßigkeit der Ausfüh-
rung der Europawahl ebenfalls verletzt.

Der Stadtwahlleiter Bremerhaven hat in seiner Stel-
lungnahme mitgeteilt, der Einspruchsführer habe an
der Europawahl 1999 nicht teilnehmen können,
weil er keinen Antrag auf Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis nach § 17a EuWO gestellt hatte. Der
Einspruchsführer habe sich nach eigener Mitteilung
erst am 30. Mai 1999 erkundigt, warum er keine
Wahlbenachrichtigung erhalten habe.

Ein Unionsbürger, der noch nicht in das Wählerver-
zeichnis eingetragen sei, erhalte auf Antrag einen
Wahlschein, wenn er nachweise, dass er ohne sein
Verschulden die Antragsfrist versäumt habe (§ 24
Abs. 2 Nr. 1 EuWO). Unter diesen Voraussetzungen
habe ein Unionsbürger noch bis Sonntag, den
13. Juni 1999, 15.00 Uhr einen Wahlschein beantra-
gen können (§ 26 Abs. 4 Satz 2 EuWO). Die Mög-
lichkeit der nachträglichen Erteilung von Wahl-
scheinen sei auf die in der EuWO beschriebene
Fallgestaltung beschränkt und könne nicht zur
Nichtbeachtung der Antragsfrist vom 10. Mai 1999
führen. Die Ausstellung eines Wahlscheins nach
§ 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO sei deshalb in diesem Fall
nicht möglich gewesen. Hierauf habe der Bundes-
wahlleiter in seinem Schreiben vom 11. Juni 1999
an die Landeswahlleiter noch einmal ausdrücklich
verwiesen.

Neben der nach Anlage 6 A zu § 19 Abs. 3 EuWO
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung
sei für die Stadt Bremerhaven festzustellen, dass
sich die örtliche Presse über die allgemeinen Infor-
mationen sowie das Informationsblatt der Bundes-

regierung hinaus eingehend mit der Problematik be-
fasst habe. Von Ende April bis zum Stichtag 10. Mai
1999 sei in den einzelnen Landessprachen der Mit-
gliedstaaten auf die Antragsfrist hingewiesen wor-
den. Zum Beweis übersandte der Stadtwahlleiter
Bremerhaven Kopien dieser Artikel. Danach erfolg-
te der Aufruf in englischer Sprache am 1. Mai 1999
in der Nordsee-Zeitung. Darin heißt es unter ande-
rem:

„To exercise your right to vote you need to
submit an application for registration in the
electoral register and hand this application in
to the local authority which is competent for
the area in which you live.“

Der Einspruchsführer, dem die Stellungnahme zur
Kenntnis gegeben worden ist, hat seinen Vorwurf
wiederholt, dass in den Veröffentlichungen ledig-
lich auf die Antragsfrist hingewiesen worden sei,
die nach der Europarichtlinie für Erstwähler vorge-
sehen sei, nicht aber darauf, dass alle nichtdeut-
schen Unionsbürger erneut einen Antrag auf Eintra-
gung in das Wählerverzeichnis stellen mussten. Auf
diese Sonderbedingung hätten die Stadtwahlleiter
ausdrücklich hinweisen müssen.

Außerdem sei er nicht über die Möglichkeit der
Ausstellung eines Wahlscheins nach § 24 Abs. 2
Nr. 1 EuWO informiert worden. Deshalb habe er
auch keinen solchen Antrag gestellt. Zudem könne
der Wahlleiter gar nicht wissen, ob er – der
Einspruchsführer – die Antragsfrist mit oder ohne
Verschulden versäumt habe.

Die Bundesregierung und der Bundeswahlleiter
haben folgende Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist, die für die Ein-
tragung in das Wählerverzeichnis zu beachten war,
unternommen:

Der Bundeswahlleiter hat die notwendige Bekannt-
machung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27 am
10. Februar 1999, in der „Frankfurter Rundschau“
und in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am
4. Februar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die
Zeit“ am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Des Weiteren hat der Bundeswahleiter neben den
vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachun-
gen in drei Presseerklärungen vom 22. Februar,
15. März und 26. April 1999 sowie in einem
Pressestatement am 6. Mai 1999 auf die für
Unionsbürger geltenden besonderen Vorausset-
zungen für die Teilnahme an der Europawahl hin-
gewiesen.

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 55 – Drucksache 14/2761

den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April
1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls
die Antragfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Das Bundesministerium des Innern hat zu der
Problematik der Antragspflicht für nichtdeutsche
Unionsbürger in diesem und einem ähnlich gelager-
ten Fall wie folgt Stellung genommen:

Da in Deutschland keine permanenten Wähler-
verzeichnisse geführt würden, sondern diese zum
35. Tag vor jeder Wahl neu erstellt und grundsätz-
lich sechs Monate nach der Wahl vernichtet würden
(§ 83 Abs. 3 EuWO), ist nach Ansicht der Bundes-
regierung Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG
nicht anwendbar. In Mitgliedstaaten, die keine per-
manenten Wählerverzeichnisse führten, komme
demnach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG
zur Anwendung, wonach ein aktiv Wahlberechtig-
ter sein Wahlrecht auf seinen Wunsch, d. h. nach
Antragstellung, im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben
könne. Der Grund hierfür liege in der Regelung des
Artikels 4 Abs. 1 der Richtlinie, die festlegt, dass
Unionsbürger entscheiden könnten, ob sie ihr Wahl-
recht im Wohnsitz- oder Herkunftsmitgliedstaat
ausüben möchten.

Die Europäische Kommission vertrete jedoch seit
Dezember 1997 die Auffassung, die deutsche Rege-
lung der Europawahlordnung verletze Artikel 9
Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG. Unionsbürger, die
in Deutschland bei einer Europawahl in ein Wähler-
verzeichnis eingetragen waren, seien unter den in
Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie genannten Voraus-
setzungen bei der nächsten Europawahl von Amts
wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Sie
habe deshalb in Erwägung gezogen, ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung der
genannten Richtlinie einzuleiten. Angesichts der
geschilderten rechtlichen Situation in der Bundes-
republik Deutschland sei die Europäische Kommis-
sion darüber hinaus der Meinung, Deutschland wäre
dazu verpflichtet gewesen, die nichtdeutschen
wahlberechtigten Unionsbürger durch eine geeigne-
te Informationskampagne besonders auf die Not-
wendigkeit, einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen zu müssen, hinzuweisen.

Denn diejenigen wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürger, die bereits 1994 in das Wählerver-
zeichnis eingetragen gewesen seien, hätten guten
Grund gehabt anzunehmen, dass sie „eingetragen
bleiben“.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass die Bundesregierung wegen der
oben genannten Auffassung der Europäischen
Kommission, die deutsche Regelung der Europa-
wahlordnung verletze Artikel 9 Abs. 4 der Richtli-
nie 93/109/EG, die Europawahlordnung so ändern
wolle, dass Unionsbürger, die 1999 oder bei einer
späteren Europawahl auf ihren Antrag hin in ein
Wählerverzeichnis der Bundesrepublik Deutsch-
land eingetragen worden sind, bei nachfolgenden
Europawahlen von Amts wegen eingetragen wer-
den, es sei denn, sie äußern einen gegenteiligen
Wunsch oder verlieren das aktive Wahlrecht. Zur
Umsetzung dieser Zusage an die Europäische
Kommission würden die für die Europawahl 1999
erstellten Wählerverzeichnisse bereits aufbewahrt.
Die rechtliche Grundlage sei mit der Dritten Verord-
nung zur Änderung der Europawahlordnung vom
3. März 1999 (BGBl. I S. 293) geschaffen worden,
wonach die Antragsunterlagen der bei der Europa-
wahl 1999 in ein Wählerverzeichnis eingetragenen
Unionsbürger nicht mehr vernichtet werden dürfen
(§ 87 EuWO).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Wie der Einspruchsführer bereits richtig dargestellt
hat, sind wahlberechtigte Staatsangehörige der übrigen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in der
Bundesrepublik Deutschland leben (Unionsbürger),
gemäß § 17a Abs. 2 EuWO nur auf Antrag in das Wäh-
lerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste bis
zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999, bei
der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde ge-
stellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
nicht mehr stattgegeben werden.

Da der Einspruchsführer nach dem vorgetragenen
Sachverhalt einen derartigen Antrag nicht innerhalb

Drucksache 14/2761 – 56 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

der dafür vorgesehenen Frist gestellt hat, war er nach
den geltenden Wahlrechtsvorschriften nicht in das
Wählerverzeichnis der Stadt Bremerhaven einzutra-
gen. Deshalb konnte er sein Wahlrecht wegen Nichter-
füllung der formellen Voraussetzungen nicht ausüben.

Es besteht jedoch – wie der Einspruchsführer ebenfalls
richtig ausführt – gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die
Möglichkeit, einem Wahlberechtigten, der nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag einen
Wahlschein bis zum Wahltag um 15.00 Uhr (§ 26
Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu erteilen, wenn er nachweist,
dass er ohne sein Verschulden die Antragsfrist nach
§ 17a Abs. 2 EuWO versäumt hat. Diese Vorausset-
zung wäre z. B. bei schwerer Krankheit oder längerer
Abwesenheit erfüllt. Der Einspruchsführer hat aber
nach dem ermittelten Sachverhalt keine derartigen
Gründe vorgetragen, welche die Ausstellung eines so
genannten selbständigen Wahlscheins gerechtfertigt
hätten. Das Versäumen der Antragsfrist kann, wie der
Stadtwahlleiter Bremerhaven zu Recht darlegt, nicht
als ein solcher Grund gewertet werden.

Ein Wahlfehler ergibt sich auch nicht aus den vom Ein-
spruchsführer gerügten mangelnden Informationen
nichtdeutscher Unionsbürger über die Antragspflicht
und -frist:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern, als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises wie folgt geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-

wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind somit sowohl vom Bundeswahlleiter als auch
vom Stadtwahlleiter Bremerhaven, wie aus seiner Stel-
lungnahme hervorgeht, ausreichend erfüllt worden.

Außerdem haben die Bundesregierung und der Bun-
deswahlleiter neben den vorgeschriebenen weitere
oben genannte Maßnahmen zur Information der
Unionsbürger über die Antragsfrist für die Eintragung
in das Wählerverzeichnis ergriffen.

Dementsprechend hatte der Einspruchsführer die Mög-
lichkeit, sich über die für Unionsbürger geltenden Vo-
raussetzungen zur Teilnahme an der Europawahl zu in-
formieren. Dass er dennoch von der Notwendigkeit,
einen Antrag zur Eintragung in das Wählerverzeichnis
in der festgelegten Frist stellen zu müssen, keine
Kenntnis erlangt hat bzw. davon ausgegangen ist, die
Antragspflicht gelte nur für Erstwähler, ist ihm selbst
zuzurechnen. Weder aus der deutschsprachigen noch
aus der englischsprachigen Bekanntmachung in der
Nordsee-Zeitung ist ein derartiger Hinweis, wonach
nur Erstwähler einen Antrag zur Eintragung in das
Wählerverzeichnis stellen müssen, zu entnehmen. In
der Bekanntmachung vom 17. April 1999 heißt es aus-
drücklich: „Diese Eintragung erfolgt nur auf Antrag.“
Demnach hat der Einspruchsführer auch nicht ohne
sein Verschulden i.S. von § 24 Abs. 2 Nr. 1 EuWO die
Antragspflicht versäumt.

Soweit der Einspruchsführer sich gegen die Un-
gleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen
Unionsbürgern bezüglich der Ausübung ihres Wahl-
rechts zur Europawahl in der Bundesrepublik Deutsch-
land wendet, ist auch hierin kein Verstoß gegen die in
der Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Wahl-
rechtsvorschriften zu erkennen.

Die Richtlinie 93/109/EG sieht in Artikel 9 Abs. 4 vor,

dass aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in
das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind,
unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv
Wahlberechtigte so lange eingetragen bleiben, bis
sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis
beantragen oder von Amts wegen gestrichen wer-
den, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des
aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Diese Richtlinie wurde mit der Europawahlordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Artikel 9 Abs. 4 der Richt-
linie 93/109/EG ist in Deutschland nicht unmittelbar

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 57 – Drucksache 14/2761

anwendbar, weil Deutschland keine permanenten
Wählerverzeichnisse führt, sondern diese zu jeder
Wahl neu erstellt werden. Deshalb unterscheidet die
Europawahlordnung zwischen wahlberechtigten Deut-
schen (§ 15) und wahlberechtigten nichtdeutschen
Unionsbürgern (§ 17a). Während wahlberechtigte
Deutsche, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Woh-
nung gemeldet sind, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWOvon Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen
sind, müssen bisher die nach § 6 Abs. 3 EuWG wahl-
berechtigten Unionsbürger gemäß § 17a Abs. 1 und 2
EuWO spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl einen
Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stel-
len. Unionsbürger sind nach § 6 Abs. 3 EuWG unter
anderem wahlberechtigt, wenn sie in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine Wohnung innehaben. Selbst
wenn sie für frühere Wahlen bereits in das Wählerver-
zeichnis eingetragen waren und sich ihr melderechtli-
cher Wohnsitz seither nicht geändert hat, müssen sie
diesen Antrag stellen.

Zwar vertritt die Europäische Kommission die Auffas-
sung, die Anforderungen der Richtlinie 93/109/EG sei-
en in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Die
Bundesregierung hat deshalb auch zugesagt, im deut-
schen Recht sicherzustellen, dass Unionsbürger, die
1999 oder bei einer späteren Europawahl auf ihren An-
trag in Deutschland in ein Wählerverzeichnis eingetra-
gen worden sind, bei dann folgenden Europawahlen
grundsätzlich von Amts wegen eingetragen werden.

Die geplante Rechtsänderung wird sich aber erst bei
der Europawahl im Jahr 2004 auswirken und ist des-

halb für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts
unerheblich.

Im Übrigen sieht sich der Deutsche Bundestag nicht
dazu berufen, im Rahmen des deutschen Wahlprü-
fungsverfahrens zu klären, ob deutsche Vorschriften
zur Wahl des Europäischen Parlaments wegen einer
Verletzung europäischen Rechts zu verwerfen sind.
Deshalb muss die Prüfung, ob die derzeitige deutsche
Regelung gegen die Richtlinie 93/109/EG verstößt,
weil sie in der Bundesrepublik Deutschland lebende
nichtdeutsche Unionsbürger gegenüber deutschen
Unionsbürgern diskriminieren könnte, auf einem ande-
ren Wege erfolgen. Im vorliegenden Fall sind jeden-
falls die derzeit in der Bundesrepublik Deutschland
gültigen Vorschriften des Wahlrechts nicht verletzt
worden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 59 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 6. Juli 1999, das am 19. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der
Einspruchsführer vor, dass er vor den Wahlen am
13. Juni 1999 eine Wahlbenachrichtigung vom Amt
Bad Kleinen für die Wahlen zum Europäischen Par-
lament, des Bürgermeisters, des Kreistages und der
Gemeindevertreter erhalten habe. Im Wahllokal in
Hohen Viecheln sei ihm am 13. Juni 1999 jedoch
gesagt worden, dass er an der Wahl zum Europäi-
schen Parlament nicht teilnehmen dürfe. Im Wahl-
lokal habe man ihm nicht erklären können, warum
neben den Namen aller in diesem Amtsbereich woh-
nenden Bürger anderer EU-Mitgliedstaaten ein
Kreuz eingetragen worden war, was bedeutete, dass
diesen EU-Bürgern kein Stimmzettel gegeben wer-
den durfte.

Ein Telefonat mit dem Amt Bad Kleinen und ein Be-
such beim Wahlleiter habe ergeben, dass Bürger an-
derer Mitgliedstaaten der EU einen Antrag hätten
stellen müssen, um an dieser Wahl teilnehmen zu
dürfen. Dabei sei auf die öffentlichen Bekanntma-
chungen des Amtes verwiesen worden. Er – der Ein-
spruchsführer – habe darauf hingewiesen, dass dies
aus den öffentlichen Bekanntmachungen nicht ein-
deutig zu entnehmen gewesen sei, zumal er eine
Wahlbenachrichtigung erhalten habe, die seine Teil-
nahme an der Europawahl bestätigt habe.

Der Wahlleiter sei darüber erstaunt gewesen, dass
keiner der im Amtsbereich wohnenden EU-Bürger
einen Antrag gestellt habe und ihm empfohlen, im
Europawahlgesetz nachzuschauen. Danach habe er

festgestellt, dass er nach § 6 des Europawahlgeset-
zes sämtliche Bedingungen zur Wahlberechtigung
erfülle und dass nach den Hinweisen für die Wahl-
vorstände in Mecklenburg-Vorpommern die Wahl-
benachrichtigung mit dem Wählerverzeichnis über-
einzustimmen habe. Hätte er eine Wahlbenachrich-
tigung bekommen, aus der ersichtlich gewesen
wäre, dass er an der Europawahl nicht teilnehmen
dürfte, hätte er etwas unternommen, um den Grund
dafür zu erfahren.

Des Weiteren trägt der Einspruchsführer vor, bei
seinem zweiten Besuch beim Amt in Bad Kleinen
am 13. Juni 1999 habe er die Antwort erhalten, das
Amt habe einen Fehler gemacht; einen Wahlschein
habe er aber trotzdem nicht bekommen.

Da ihm zwischenzeitlich klar geworden sei, dass
dies kein Einzelfall sei, beschwert sich der Ein-
spruchsführer darüber, dass an die EU-Bürger keine
Information gegeben worden sei, die Information in
der Wahlbenachrichtigung nicht mit der des Wäh-
lerverzeichnisses übereingestimmt habe und die be-
troffenen Bürger über diesen Fehler nicht informiert
worden seien.

In der vorliegenden Stellungnahme des Kreiswahl-
leiters des Landkreises Nordwestmecklenburg wer-
den die Ausführungen des Einspruchsführers im
Wesentlichen wie folgt bestätigt:

Der Einspruchsführer ist britischer Staatsbürger. Da
er bis zum 10. Mai 1999, 16.00 Uhr keinen Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis gestellt
hatte, wurde in das Wählerverzeichnis des Wahlbe-
zirks 001 der Gemeinde Hohen Viecheln zur Wahl-
berechtigung des Einspruchsführers für die Wahlart
Europawahl ein Sperrvermerk eingetragen. Die
Wahlbenachrichtigungskarte des Einspruchsführers
enthielt keinen Vermerk zur Nichteintragung in das
Wählerverzeichnis bzw. Nichtteilnahme an der

Anlage 14

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 29/99 –
des Herrn Graham Hyatt

wohnhaft: Am Brink 14, 23996 Hohen Viecheln

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 60 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wahl zum Europäischen Parlament für den Unions-
bürger.

Beim Aufsuchen des Wahlraumes am Wahlsonntag
wurde dem Einspruchsführer durch den Wahlvor-
stand mitgeteilt, dass er für die Europawahl nicht im
Wählerverzeichnis eingetragen ist und somit auch
nicht seine Stimme abgeben kann. Bei seiner per-
sönlichen Vorsprache am Nachmittag des Wahlta-
ges wurde der Einspruchsführer vom Gemeinde-
wahlleiter auf die Regelung des § 17a der
Europawahlordnung (EuWO) hingewiesen. Für den
fehlenden Hinweis auf der Wahlbenachrichtigungs-
karte über die Nichtteilnahmemöglichkeit an der
Wahl des Europäischen Parlaments hat sich der Ge-
meindewahlleiter entschuldigt.

Der Kreiswahlleiter hat dem Wahlprüfungsaus-
schuss außerdem Unterlagen vorgelegt, aus denen
sich ergibt, dass die Unionsbürger am 10. März
1999 durch öffentliche Bekanntmachung des Kreis-
wahlleiters im „Nordwestblick“ (Ausgabe 3/99)
über die wahlrechtlichen Voraussetzungen für die
Teilnahme an der Europawahl informiert worden
sind. Die öffentliche Bekanntmachung des Gemein-
dewahlleiters über die Auslegung der Wählerver-
zeichnisse und die Erteilung von Wahlscheinen für
die Wahlen zum Europäischen Parlament, des
Kreistages, der Gemeindevertretung und des Bür-
germeisters erfolgte am 28. April 1999 im „Weg-
weiser“, dem Mitteilungsblatt des Amtes Bad Klei-
nen.

Außerdem hat der Bundeswahlleiter die notwendige
Bekanntmachung u. a. im Bundesanzeiger Nr. 27
am 10. Februar 1999, in der „Frankfurter Rund-
schau“ und in der „Frankfurter Allgemeinen Zei-
tung“ am 4. Februar 1999 sowie in der Wochenzei-
tung „Die Zeit“ am 11. Februar 1999 veröffentlicht.

Darüber hinaus hat der Bundeswahleiter in drei
Presseerklärungen vom 22. Februar, 15. März und
26. April 1999 sowie in einem Pressestatement am
6. Mai 1999 auf die für Unionsbürger geltenden be-
sonderen Voraussetzungen für die Teilnahme an der
Europawahl hingewiesen.

Des Weiteren hat die Bundesregierung folgende
Maßnahmen zur Information der Unionsbürger über
die Antragsfrist, die für die Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis zu beachten ist, ergriffen:

Das Bundespresseamt und das Bundesministerium
des Innern haben gemeinsam ein Faltblatt in allen
Landessprachen der Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in einer Auflage von 1,7 Millionen he-
rausgegeben, was in etwa der Zahl der in Deutsch-
land lebenden wahlberechtigten Unionsbürger
entspricht und vor allem über die Innenministerien
der Länder bzw. die Landeswahlleiter verteilt wor-
den ist. Darin wurde im letzten Absatz mit Fettdruck
auf die Antragsfrist hingewiesen. Das Bundespres-
seamt hat in einer Pressemitteilung vom 14. April
1999 das Faltblatt präsentiert und dabei ebenfalls

die Antragfrist besonders herausgestellt. Das Falt-
blatt wurde ferner im Volltext auf die Homepage des
Bundespresseamtes (www.bundesregierung.de)
eingestellt. Auf der Homepage befand sich ein so
genannter Link zum Internet-Auftritt der Aktion
„Wählen gehen“ mit weiteren Informationen für
Unionsbürger.

Das Informationsbüro des Europäischen Parla-
ments und das Bundespresseamt haben gemeinsam
die Broschüre „Europa 2000/Europawahl 1999“ in
einer Auflage von 300 000 Exemplaren herausge-
geben, die ebenfalls einen Hinweis über das An-
tragsverfahren und die entsprechende Frist enthielt.

Dem Einspruchsführer wurde die Stellungnahme
des Kreiswahlleiters des Landkreises Nordwest-
mecklenburg zur Kenntnis gegeben. Er hat sich da-
zu nicht mehr geäußert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
trotz Feststellung zweier Wahlfehler offensichtlich un-
begründet.

Nach § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen Staats-
angehörigen auch Staatsangehörige der übrigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger),
die in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und nicht vom
Wahlrecht ausgeschlossen worden sind, wahlberech-
tigt. Gemäß § 17a Abs. 2 EuWO sind diese materiell
wahlberechtigten Unionsbürger nur auf Antrag in das
Wählerverzeichnis einzutragen. Dieser Antrag musste
bis zum 34. Tag vor der Wahl, also am 10. Mai 1999,
bei der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde
gestellt werden. Da es sich hierbei um eine Ausschluss-
frist handelt, kann dem Antrag bei Versäumnis der Frist
nicht mehr stattgegeben werden.

Da der Einspruchsführer nach dem vorgetragenen
Sachverhalt einen derartigen Antrag nicht innerhalb
der dafür vorgesehenen Frist gestellt hat, war er nach
den geltenden Wahlrechtsvorschriften nicht in das
Wählerverzeichnis der Gemeinde Hohen Viecheln ein-
zutragen. Deshalb konnte er sein Wahlrecht wegen
Nichterfüllung der formellen Voraussetzungen nicht
ausüben.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 61 – Drucksache 14/2761

Die Gemeinde Bad Kleinen hat dennoch zwei Wahl-
fehler begangen. Zum einen hat sie dem Einspruchs-
führer eine Wahlbenachrichtigung zugesandt, auf der
alle am Wahltag stattfindenden Wahlen vermerkt wa-
ren, obwohl nur diejenigen Wahlberechtigten von der
Gemeindebehörde benachrichtigt werden dürfen, die
in das Wählerverzeichnis eingetragen sind (§ 18 Abs. 1
Satz 1 EuWO), was für den Einspruchsführer in Bezug
auf die Europawahl gerade nicht zutraf.

Zum anderen hat sie dem Einspruchsführer keinen
Wahlschein ausgestellt bzw. ihn nicht auf diese Mög-
lichkeit hingewiesen. Es besteht nämlich gemäß § 24
Abs. 2 Nr. 1 EuWO die Möglichkeit, einem Wahlbe-
rechtigten, der nicht in das Wählerverzeichnis einge-
tragen ist, auf Antrag einen Wahlschein bis zum Wahl-
tag um 15.00 Uhr (§ 26 Abs. 4 Satz 2 EuWO) zu
erteilen, wenn er nachweist, dass er ohne sein Ver-
schulden die Antragsfrist nach § 17a Abs. 2 EuWO
versäumt hat. Diese Voraussetzung wäre z. B. bei
schwerer Krankheit oder längerer Abwesenheit erfüllt.

Ohne Verschulden hat aber auch derjenige Wahlbe-
rechtigte die Antragsfrist nach § 17a Abs. 2 EuWO
versäumt, der im Hinblick auf die ihm zugegangene
Wahlbenachrichtigung nach § 18 EuWO keinen Ein-
blick in das Wählerverzeichnis genommen hat, am
Wahltag jedoch erfahren muss, dass er gar nicht in die-
sem vermerkt ist (vgl. Schreiber, Kommentar zum
Bundeswahlgesetz, 6. Auflage 1998, § 17 Rdnr. 7,
S. 310). Genau das trifft für den Einspruchsführer in-
sofern zu, als er im Wählerverzeichnis zwar für die
Wahl des Bürgermeisters, des Kreistages und der Ge-
meindevertreter, jedoch nicht für die Europawahl ein-
getragen war, die ihm zugegangene Wahlbenachrichti-
gung jedoch alle Wahlarten enthielt. Der Einspruchs-
führer musste deshalb davon ausgehen, für alle an
diesem Tag stattfindenden Wahlen stimmberechtigt zu
sein. Es bestand aufgrund der Wahlbenachrichtigung
kein Anlass für ihn, Einsicht in das Wählerverzeichnis
zu nehmen. Die Ausstellung eines Wahlscheins durch
die Gemeinde Bad Kleinen für den Einspruchsführer
wäre somit gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 26
Abs. 4 Satz 2 EuWO noch am Wahltag bis 15.00 Uhr
möglich gewesen. Darauf hat das Amt Bad Kleinen in
seinem Mitteilungsblatt „Wegweiser“ vom 28. April
1999, Ausgabe 74 Nr. 5 auf Seite 3 und 4 auch aus-
drücklich hingewiesen. Der zweite Wahlfehler besteht
deshalb in der Nichtanwendung dieser Vorschriften der
Europawahlordnung.

Der Einspruch kann trotz der festzustellenden Wahl-
fehler keinen Erfolg haben. Nach ständiger Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der
Wahlprüfungsausschuss stets angeschlossen hat, kön-
nen nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahlein-
spruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsver-
teilung von Einfluss sind oder hätten sein können.
Infolgedessen scheiden alle Verstöße von vornherein
als unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahlergeb-
nisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370 [372] stän-
dige Rechtsprechung). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind

dann unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmen-
verhältnisses keinen Einfluss auf die Mandatsvertei-
lung haben können. Die Stimme des Einspruchsführers
zur Europawahl hätte, wäre sie abgegeben worden, kei-
nen Einfluss auf die Mandatsverteilung der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments aus der Bundesre-
publik Deutschland gehabt.

Soweit der Einspruchsführer sich über die mangelnde
Information der nicht deutschen Unionsbürger über die
Voraussetzungen zur Ausübung ihres Wahlrechts für
die Europawahl beschwert, ist deswegen kein Wahl-
fehler zu erkennen:

Die Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über
die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passi-
ven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Par-
lament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mit-
gliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Informa-
tion der Unionsbürger insofern als sie in Artikel 12
festlegt:

„Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv
und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft
rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedin-
gungen und die Einzelheiten für die Ausübung des
aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mit-
gliedstaat.“

Die Entscheidung über die Art und Weise der Informa-
tion, die sie als geeignet ansehen, bleibt den Mitglied-
staaten überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in § 19 Abs. 3
EuWO die Information des hier betroffenen Personen-
kreises folgendermaßen geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-
benden Unionsbürgern an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO aufgezählten amtlichen Verkündungsblät-
tern zu erfolgen, d. h. für den Bundeswahlleiter im
Bundesanzeiger und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter
in den Amtsblättern oder in für derartige Bekanntma-
chungen vorgesehenen Zeitungen.

Drucksache 14/2761 – 62 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflich-
ten sind somit sowohl vom Bundeswahlleiter, wie be-
reits oben erläutert, als auch vom Kreiswahlleiter des
Landkreises Nordwestmecklenburg, wie aus seiner
Stellungnahme hervorgeht, ausreichend erfüllt wor-
den.

Nach allem ist der Einspruch gemäß § 26 Abs. 2
EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offen-
sichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 15. Juni 1999, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt. Mit Schreiben vom 20. Juni 1999,
eingegangen beim Bundestag am 22. Juni 1999, hat
der Einspruchführer seinen Einspruch erweitert.

Für die Anfechtung der Europawahl nennt der Ein-
spruchsführer folgende Gründe:

a) Das Grundrecht auf Teilnahme an der Europawahl
werde von den Justizvollzugsanstalten dadurch
verletzt, dass sie ihrer Pflicht zur Einrichtung be-
weglicher Wahlvorstände (§ 57 i. V. m. §§ 54, 13
und 8 Europawahlordnung – EuWO – sowie § 1
Europawahlgesetz – EuWG), um den Inhaftierten
die Teilnahme an der Europawahl zu ermöglichen,
nicht nachkämen. Obwohl die Bildung von be-
weglichen Wahlvorständen vorgehe, sei dies in
den Justizvollzugsanstalten Bruchsal, Mannheim,
Freiburg und Straubing nicht geschehen. Die Jus-
tizvollzugsanstalten seien jedoch verpflichtet, die
Inhaftierten bei der Ausübung ihres Wahlrechts zu
unterstützen. Die Unterstützung bestehe tatsäch-
lich darin, dass seitenlange eng bedruckte Aus-
hänge an ein so genanntes Verkündungsbrett ge-
hängt werden. Dies reicht jedoch nach Ansicht des
Einspruchsführers nicht aus. Zum einen würden
sich in Justizvollzugsanstalten viele Insassen aus
anderen EU-Staaten befinden, die die Aushänge
in deutscher Sprache gar nicht lesen können. Zum
anderen gebe es viele Insassen, die nicht in der La-
ge seien, komplizierte, in „amtsdeutsch“ gehalte-
ne Schriftsätze zu verstehen.

Obwohl in Bruchsal ca. 200 wahlberechtigte
EG-Bürger, in Mannheim und Freiburg jeweils
ca. 400 und in Straubing sogar ca. 600 Wahlbe-

rechtigte inhaftiert seien, hätten die zuständigen
Gemeindebehörden entgegen § 57 Abs. 2 EuWO
keine Vereinbarungen mit den Justizvollzugsan-
stalten über bewegliche Wahlvorstände getrof-
fen. Dies stellt nach Auffassung des Einspruchs-
führers eine eklatante Verletzung des Prinzips der
allgemeinen und gleichen Wahl dar, zumal ge-
mäß § 56 EuWO sogar in Klöstern bewegliche
Wahlvorstände eingerichtet würden, wo kaum
Hunderte von Nonnen oder Mönchen leben. So-
mit seien die Wahlen in den genannten Bezirken
zu wiederholen.

b) Außerdem fechte er die Europawahl wegen des
Verstoßes gegen den Grundsatz der geheimen
Wahl an. Er – der Einspruchsführer – habe am
20. Mai 1999 in der Justizvollzugsanstalt Bruch-
sal, in der er zurzeit einsitze, nachgefragt, wie die
„Postzensur“ gehandhabt werde und folgende
Antwort erhalten: In § 29 Strafvollzugsgesetz
(StVollzG) sei das Recht des Gefangenen auf un-
zensierten Briefverkehr abschließend geregelt.
Briefe von Gefangenen an Stellen, die nicht in
§ 29 StVollzG ausdrücklich genannt seien, wür-
den von der Justizvollzugsanstalt zwangsweise
geöffnet, zensiert und erst dann abgesendet. Dar-
aus schließt der Einspruchsführer, dass sein am
31. Mai 1999 verschlossen übergebener Brief-
wahlumschlag geöffnet und zensiert worden sein
müsse. Da in § 29 StVollzG städtische Behörden
nicht genannt seien und es keine Ausnahmen ge-
be, werde diese Post immer kontrolliert. Die Jus-
tizvollzugsanstalt habe sich durch die Öffnung
seines Wahlbriefes unter Verletzung des Wahlge-
heimnisses rechtswidrig Kenntnis von seinem
Wahlverhalten verschafft. Er vermute, dass diese
Kenntnis negativ gegen ihn verwendet werden
könnte.

c) Der „Staatsfernsehsender“ ZDF habe unter Ver-
stoß gegen § 32 Abs. 2 i. V. m. § 49a Abs. 1

Anlage 15

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 2/99 –
des Herrn Thomas Meyer-Falk

wohnhaft: Schönbornstraße 32, 76646 Bruchsal, c/o JVA

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 64 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bundeswahlgesetz (BWG) am 13. Juni 1999 in
seinen heute-Nachrichten um 19.00 Uhr berich-
tet, dass Wählerberfragungen einen Trend zu
Gunsten der CDU und zu Ungunsten der Regie-
rungskoalition SPD/BÜNDNIS 90 /DIE GRÜ-
NEN ergeben hätten. Da die Wahllokale am
13. Juni 1999 erst um 21.00 Uhr geschlossen hät-
ten, stelle dies einen massiven Versuch dar, die
Wähler zu manipulieren. Auch wenn es sich um
eine sachlich zutreffende Meldung gehandelt ha-
be, sei das Ziel ersichtlich: Diejenigen Wähler,
die noch nicht zur Wahl gegangen seien oder gar
nicht hätten wählen wollen, seien dazu aufgeru-
fen worden, doch noch wählen zu gehen, um
eventuell das Wahlergebnis zu Gunsten der Re-
gierungskoalition zu ändern oder aber um den
Vorsprung der CDU noch mehr zu vergrößern.
Die Verhängung eines Bußgeldes gegen das ZDF
sei in diesem Fall nicht mehr ausreichend, viel-
mehr müsse die Gültigkeit der Wahl für das ge-
samte Bundesgebiet annulliert und die Europa-
wahl erneut durchgeführt werden. Die Kosten in
Millionenhöhe könne man auf zivilrechtlichem
Wege vom ZDF zurückfordern.

Des Weiteren hat der Einspruchsführer die Erstat-
tung der notwendigen Auslagen beantragt.

Die Justizvollzugsanstalt Bruchsal hat zu dem Ein-
spruch folgende Stellungnahme abgegeben:

Mit Aushang vom 29. April 1999 seien in allen Ab-
teilungen der Justizvollzugsanstalt Bruchsal ein
Merkblatt der Anstalt und ein Schreiben der Stadt
Bruchsal zur Europawahl am 13. Juni 1999 bekannt
gegeben worden, welche dem Wahlprüfungsaus-
schuss in Kopie vorliegen. Der Aushang sei in deut-
scher Sprache erfolgt, weil gemäß § 23 Abs. 1 Ver-
waltungsverfahrensgesetz die Amtssprache deutsch
sei. Für die Europawahl hätten dreizehn Insassen
der Justizvollzugsanstalt Bruchsal Briefwahl bean-
tragt. Die tatsächliche Zahl der abgegebenen Stim-
men sei nicht bekannt. Der Umschlag mit den Brief-
wahlunterlagen des Einspruchsführers sei gemäß
Erlass des Justizministers von Baden-Württemberg
vom 25. April 1994 (Az.: 4510 – IV/85, Nr. 5)
ungeöffnet an die Stadt Bruchsal weitergeleitet
worden.

Das erwähnte Schreiben der Stadt Bruchsal vom
26. April 1999 enthielt ausführliche Hinweise zur
Ausübung des Wahlrechts für die Europawahl für
deutsche und übrige Staatsangehörige der Europäi-
schen Gemeinschaft. Außerdem wurden mit diesem
Schreiben zehn Anträge auf Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis für Insassen der Justizvollzugsanstalt
übersandt, die eine Staatsangehörigkeit der übrigen
EU-Mitgliedstaaten besitzen. In dem Merkblatt der
Justizvollzugsanstalt Bruchsal wurde darauf hinge-
wiesen, dass am 7. Juni 1999 in der Zeit von 15.30
Uhr bis 16.00 Uhr ein bestimmter Raum in der Jus-
tizvollzugsanstalt für die Briefwahl zur Verfügung
steht.

Die von dem Einspruchsführer erwähnte Auskunft,
die er von einem Bediensteten der Justizvollzugsan-
stalt Bruchsal erhalten habe, sei dahin gehend er-
folgt, dass eine Überwachung des Schriftverkehrs
von Gefangenen außer in den in § 29 StVollzG ge-
nannten Fällen generell erfolge, soweit gesetzlich
nichts anderes geregelt sei. Die Weiterleitung des
verschlossenen Wahlbriefes sei im Übrigen nicht
von dem erwähnten Bediensteten, sondern von sei-
nem zuständigen Abteilungsleiter veranlasst wor-
den.

Der Bundeswahlleiter hat sich zu dem unter Punkt
c) dargestellten Vorwurf des Einspruchsführers wie
folgt geäußert:

In der ZDF-Sendung „heute“ sei am 13. Juni 1999
um 19.00 Uhr folgende Aussage gemacht worden:

„Wir können jetzt schon sagen, dass sich eine
Menge Wähler umorientiert haben. … Wir rech-
nen damit, dass die Union das Unzufriedenheits-
potential gegenüber der Politik der Bundesregie-
rung aufnehmen kann, und darüber hinaus
gelingt es der CDU/CSU bei Europawahlen tra-
ditionell besser, ihre Anhänger an die Urnen zu
bringen.“

Auf Nachfrage des Bundeswahlleiters hätten der
Chefredakteur und der Hauptredaktionsleiter In-
nenpolitik des ZDF zu der zitierten Aussage Stel-
lung genommen. Danach sei mit dieser Aussage auf
Befragungen der Forschergruppe Wahlen aus der
letzten Woche vor der Europawahl Bezug genom-
men worden. Sie habe den Zuschauern die Eindrü-
cke aus den nachfolgenden Live-Reportagen aus
den Parteizentralen (Pessimismus bei der SPD, Op-
timismus bei der CDU) verständlich machen sollen.

Nach Ansicht des Bundeswahlleiters spricht viel da-
für, dass die zitierten Äußerungen in der heute-Sen-
dung des ZDF den Tatbestand des § 32 Abs. 2 BWG
erfüllen. Die Vorschrift solle insbesondere verhin-
dern, dass bei Wahlberechtigten der Eindruck er-
weckt werde, das Wahlergebnis stehe bereits fest
und sie ihre noch ausstehende Wahlentscheidung an
diesem Ergebnis ausrichten. Für die Zuschauer sei
bei objektiver Würdigung der Aussagen nicht er-
kennbar gewesen, dass sich diese Aussagen auf Pro-
gnosen aus der letzten Woche vor der Wahl bezogen
hätten. Da die Sendung um 19.00 Uhr und somit zu
einem Zeitpunkt ausgestrahlt worden sei, als die
Mehrzahl der Wähler ihre Stimme bereits abgege-
ben hätte, habe bei einem unvoreingenommenen
Beobachter der Eindruck entstehen können, dass die
Äußerungen auf aktuellen Informationen vom
Wahltag über den Wahlausgang beruhten.

Aufgrund der Stellungnahme des ZDF gehe er – der
Bundeswahlleiter – davon aus, dass der Haupt-
redaktionsleiter Innenpolitik des ZDF nicht die Ab-
sicht gehabt habe, Ergebnisse von Wählerbefragun-
gen zu veröffentlichen und ihm somit der Verstoß
gegen § 32 Abs. 2 BWG nicht bewusst gewesen sei.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 65 – Drucksache 14/2761

Von der Verhängung einer Geldbuße gemäß § 4
EuWG i. V. m. § 49a Abs. 1 und 2 BWG habe er
nach Abwägung aller in Betracht kommenden Um-
stände abgesehen. Diese Entscheidung habe er mit
der Aufforderung an das ZDF verbunden, bei künf-
tigen Bundestags- und Europawahlen die Regelung
des § 32 Abs. 2 BWG in einer Weise zu beachten,
die bei den Zuschauern den Eindruck ausschließe,
vor Ablauf der Wahlzeit würden Aussagen über den
Wahlausgang aufgrund von Wählerbefragungen
nach der Stimmabgabe gemacht werden.

Zu den dem Einspruchsführer bekannt gegebenen
Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt und des
Bundeswahlleiters hat dieser folgende Anmerkun-
gen vorgetragen:

Er bestreite weiterhin, dass der Wahlumschlag die
Anstalt geschlossen verlassen habe. Wegen der
Auskunft eines Bediensteten der Justizvollzugsan-
stalt vom 20. Mai 1999, wonach § 29 StVollzG die
Ausnahmen für einen „geschlossenen Briefver-
kehr“ abschließend regele und weil das Wahlamt
nicht in diesen Ausnahmen enthalten sei, müsse von
einer Öffnung des Wahlbriefes ausgegangen wer-
den.

Der Umstand, dass deutsch eine der Amtssprachen
der EU sei, befreie die Justizvollzugsanstalt nicht
von ihrer Pflicht, ihre Insassen in deren Heimatspra-
che zu informieren. Die Justizvollzugsanstalt habe
gemäß § 73 StVollzG die Pflicht, die Teilnahme ih-
rer Insassen an der Wahl zu fördern und diese nicht
zu behindern.

Der Einspruchsführer äußerte des Weiteren erhebli-
che Zweifel an der Meinung des Bundeswahlleiters,
dass die Aussagen in der ZDF-Sendung kein Wahl-
fehler sei. Zum einen sei das ZDF eine Anstalt des
öffentlichen Rechts, zu deren Aufgaben auch die
objektive Berichterstattung gehöre. Für den
„Durchschnittszuschauer“ habe das ZDF im Gegen-
satz zu den Privatfernsehsendern einen „Staatsfern-
seh-Charakter“, weshalb den Äußerungen in einer
Hauptnachrichtensendung vor einem Millionenpu-
blikum ein „halbamtlicher Charakter“ zukomme.
Zum anderen sei für einen Wahlfehler der objektive
Tatbestand ausschlaggebend und nicht der subjekti-
ve Wille, die Wahl beeinflussen zu wollen. Durch
die Europawahl solle eine demokratisch legitimierte
Volksvertretung im Europäischen Parlament gefun-
den werden, weshalb schon der Anschein einer
Wählerbeeinflussung zu vermeiden sei.

Des Weiteren hat die Justizvollzugsanstalt auf
Nachfrage mitgeteilt, dass sich derzeit neun Straf-
gefangene aus EU-Mitgliedstaaten dort befinden.
Dieser Zahl entspreche im Wesentlichen auch die
Zahl der Strafgefangenen aus EU-Mitgliedstaaten,
die sich zurzeit der Europawahl in der Justizvoll-
zugsanstalt Bruchsal befunden hätten.

Von der Möglichkeit, bewegliche Wahlvorstände zu
bilden, habe die Stadt Bruchsal bisher keinen Ge-
brauch gemacht, weil nach Einschätzung der Justiz-
vollzugsanstalt kein entsprechendes Bedürfnis da-
für vorliege. Bei der Europawahl 1984 sei jeweils
für sieben, 1989 für sechzehn, 1994 für neun und
1999 für elf Gefangene die Ausstellung und Über-
sendung der Briefwahlunterlagen beantragt wor-
den. Wie viele dieser Gefangenen tatsächlich von
ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben, sei der
Justizvollzugsanstalt nicht bekannt.

Die Justizvollzugsanstalt Bruchsal hat den Text der
dem Einspruchsführer am 20. Mai 1999 mündlich
eröffneten Entscheidung auf seine Anfrage bezüg-
lich des zu überwachenden Schriftwechsels in
Kopie vorgelegt. Darin ist ausdrücklich festgelegt,
dass der Schriftwechsel, der nicht dem Schutzbe-
reich des § 29 StVollzG unterliege, zensiert werden
könne, „soweit dies gesetzlich zulässig ist“.

Der Einspruchsführer hat sich hierzu nochmals wie
folgt geäußert:

Es sei der Justizvollzugsanstalt zumutbar, auch für
die wenigen Gefangenen aus EU-Mitgliedstaaten
Material über die Europawahl in deren Heimatspra-
che zur Verfügung zu stellen. Die Prinzipien der
Freiheit und Gleichheit der Wahl würden vereitelt,
wenn inhaftierte EU-Bürger nicht in ihrer Heimat-
sprache über das notwendige Prozedere informiert
werden würden.

Die Briefwahl sei gegenüber der Wahl in einem
Wahllokal nicht gleichberechtigt. Die Beantragung
von Briefwahlunterlagen sei für viele Insassen von
Justizvollzugsanstalten zu umständlich. Demge-
genüber würden bewegliche Wahlvorstände, deren
Bildung das Wahlgesetz ausdrücklich vorsehe, die
Wahlfreude und Quantität steigern.

Nach Ansicht des Einspruchsführers bezieht sich
der Terminus „soweit dies gesetzlich zulässig ist“ in
der ihm mündlich eröffneten Antwort nur auf § 29
Abs. 1 und 2 StVollzG. Er hält die Ausführungen
der Justizvollzugsanstalt diesbezüglich nicht für
glaubhaft und regt an, in § 29 StVollzG eine klar-
stellende Regelung aufzunehmen. Der Wahlprü-
fungsausschuss könne hierfür eine Anregung an die
Bundesregierung geben.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Drucksache 14/2761 – 66 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Gemäß § 8 i. V. m. § 57 EuWO soll die Gemeindebe-
hörde bei entsprechendem Bedürfnis und soweit mög-
lich in Justizvollzugsanstalten Gelegenheit geben,
dass die in der Anstalt anwesenden Wahlberechtigten,
die einen für den Kreis oder die kreisfreie Stadt gülti-
gen Wahlschein besitzen, in der Anstalt vor einem be-
weglichen Wahlvorstand wählen. Die Regelung räumt
den Gemeindebehörden einen großen Entscheidungs-
spielraum ein. Inwieweit für die Justizvollzugsanstal-
ten in Bruchsal, Mannheim, Freiburg und Straubing
ein entsprechendes Bedürfnis für die Einrichtung be-
weglicher Wahlvorstände vorgelegen hat und deren
Bildung auch tatsächlich unter Beachtung der erhöh-
ten Sicherheitsvorkehrungen möglich gewesen wäre,
kann der Wahlprüfungsausschuss nicht beurteilen.
Hierauf kommt es auch nicht an, weil eine gesetzliche
Pflicht zur Einrichtung beweglicher Wahlvorstände in
Justizvollzugsanstalten nicht besteht und insofern
durch den Verzicht auf deren Einrichtung in den vom
Einspruchsführer genannten Justizvollzugsanstalten
kein Wahlfehler begangen worden ist. Ob die Wahl-
beteiligung in diesen Anstalten durch die Möglich-
keit, vor einem beweglichen Wahlvorstand seine
Stimme abzugeben, erheblich gesteigert worden wä-
re, ist für den vorliegenden Einspruch ebenfalls uner-
heblich. Der Einspruchsführer hat keinerlei konkrete
Tatsachen vorgetragen, die diese Behauptung unter-
mauern.

Bezüglich der vom Einspruchsführer beklagten man-
gelnden Information der Gefangenen aus EU-Mit-
gliedstaaten über die Voraussetzungen für die Teilnah-
me an der Europawahl in deren Heimatsprache, ist
auch insoweit kein Wahlfehler zu erkennen:

Gemäß § 6 Abs. 3 EuWG sind neben deutschen
Staatsangehörigen die Staatsangehörigen der übrigen
Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft
(Unionsbürger) für die Europawahl wahlberechtigt,
die sich gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutsch-
land aufhalten. Hierzu gehören auch diejenigen
Unionsbürger, die sich in einer deutschen Justizvoll-
zugsanstalt aufhalten. Für sie gilt ebenso wie für alle
nicht deutschen Unionsbürger, dass sie gemäß § 17a
Abs. 1 EuWO nur auf Antrag in das Wählerverzeich-
nis eingetragen werden. Dieser Antrag musste bis
zum 34. Tag vor der Wahl bei der für die Justizvoll-
zugsanstalt zuständigen Gemeinde gestellt werden
(§ 17a Abs. 3 Nr. 4 EuWO).

Die Information über die Einzelheiten der Ausübung
des Wahlrechts des hier betroffenen Personenkreises
ist in § 19 Abs. 3 EuWO geregelt:

Der Bundeswahlleiter sowie die Kreis- oder Stadt-
wahlleiter haben unverzüglich nach der Bestimmung
des Wahltages sowohl die Voraussetzungen für die
Teilnahme von in der Bundesrepublik Deutschland le-

benden Unionsbürgen an der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments als auch die konkreten
Bedingungen, die dieser Personenkreis für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis in der Bun-
desrepublik Deutschland (wo, wie und in welcher
Frist) beachten muss, öffentlich bekannt zu machen.
Der Hinweis auf die Antragsfrist ist dabei rechtlich
verpflichtend vorgesehen. Die Bekanntmachung ist ge-
mäß Nummer 3 des § 19 Abs. 3 EuWO vom Bundes-
wahlleiter mindestens durch eine deutschsprachige
Anzeige in jeweils einer überregionalen Tages- und
Wochenzeitung sowie von den Kreis- oder Stadtwahl-
leitern durch mindestens eine deutschsprachige Anzei-
ge in einer regionalen Tageszeitung vorzunehmen.
Darüber hinaus haben die öffentlichen Bekanntma-
chungen mit dem oben beschriebenen Inhalt in den in
§ 79 EuWO vorgeschriebenen Presseorganen zu erfol-
gen, d. h. für den Bundeswahlleiter im Bundesanzeiger
und für die Kreis- oder Stadtwahlleiter in den Amts-
blättern oder in für derartige Bekanntmachungen vor-
gesehenen Zeitungen.

Dementsprechend hat der Bundeswahlleiter die not-
wendige Bekanntmachung u. a. im Bundesanzeiger
Nr. 27 am 10. Februar 1999, in der „Frankfurter Rund-
schau“ und in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“
am 4. Februar 1999 sowie in der Wochenzeitung „Die
Zeit“ am 11. Februar 1999 veröffentlicht. Darüber
hinaus hat der Bundeswahleiter in drei Presseerklärun-
gen vom 22. Februar, 15. März und 26. April 1999
sowie in einem Pressestatement am 6. Mai 1999 auf die
für Unionsbürger

Abgesehen davon, dass auch Gefangene Zugang zu
Presseorganen haben, hat die Justizvollzugsanstalt
Bruchsal durch ihren Aushang vom 29. April 1999 (al-
so noch rechtzeitig vor Ablauf der Frist für den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis am 10. Mai
1999) in deutscher Sprache ihre Informationspflicht
ausreichend erfüllt. Eine Information in allen Sprachen
der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemein-
schaft schreiben die für die Europawahl geltenden
rechtlichen Regelungen nicht vor.

Ein Wahlfehler wegen Verletzung der gesetzlich vorge-
schriebenen Informationspflichten liegt insofern nicht
vor. Der Wahlprüfungsausschuss sieht somit keine Ver-
anlassung, die Europawahlwahl in den vom Einspruchs-
führer genannten Wahlbezirken zu wiederholen.

Die vom Einspruchsführer behauptete inhaltliche
Kontrolle von Wahlbriefen von Gefangenen durch
Bedienstete der Justizvollzugsanstalt kann ebenfalls
nicht den Erfolg des Einspruchs begründen. Er hat
hierzu auch keine konkreten Tatsachen vorgetragen,
die seinen Einspruch untermauern würden, sondern
diese Kontrolle aus einer angeblichen Aussage eines
Bediensteten der Justizvollzugsanstalt und der Rege-
lung des § 29 StVollzG lediglich theoretisch herge-
leitet. Der in Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz
und § 1 EuWG festgelegte Grundsatz der geheimen
Wahl gilt auch für die Briefwahl von Gefangenen.
Einer ausdrücklichen Regelung des Verbots der Kon-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 67 – Drucksache 14/2761

trolle von Wahlbriefen von Gefangenen bedarf es
deshalb nicht. Gemäß § 59 Abs. 4 EuWO ist auch
bei der Stimmabgabe durch Briefwahl in Justizvoll-
zugsanstalten Vorsorge zu treffen, dass der Stimm-
zettel unbeobachtet gekennzeichnet und in den Wahl-
umschlag gelegt werden kann, insbesondere dann,
wenn sich mehrere Gefangene in einer Zelle befin-
den. Die Leitung der Einrichtung hat hierfür einen
geeigneten Raum zu bestimmen, dessen Ausstattung
zu veranlassen und den Wahlberechtigten bekannt zu
geben, wann der Raum für die Ausübung der Brief-
wahl zur Verfügung steht. Dieser Pflicht ist die
Justizvollzugsanstalt Bruchsal nachgekommen. Der
Wahlberechtigte wiederum hat den Stimmzettel per-
sönlich zu kennzeichnen, in den amtlichen Wahlum-
schlag zu legen und diesen zu verschließen (§ 59
Abs. 1 EuWO). Die verschlossenen Wahlumschläge
werden dann ungeöffnet dem jeweiligen Wahlamt
zugeleitet.

Der von dem Einspruchsführer aus der Auskunft des
Vollzugsbeamten, § 29 StVollzG lege abschließend
fest, welcher Schriftverkehr nicht überwacht werden
dürfe, gezogene Umkehrschluss, dass Wahlbriefe
demnach überwacht werden dürften, ist aus den ge-
nannten Gründen falsch. Diese Auskunft ist ihm aus-
weislich der dem Wahlprüfungsausschuss vorliegen-
den Kopie der ihm mündlich eröffneten Antwort vom
20. Mai 1999 auch nicht erteilt worden. Die Antwort
enthielt den Zusatz „Der übrige Briefverkehr darf
auch wenn er verschlossen ist, zensiert werden, so-
weit dies gesetzlich zulässig ist“ und bezog sich nicht
lediglich auf die Regelung des § 29 StVollzG, was
schon aus dem Wort „übrige“ hervorgeht. Diese For-
mulierung bedeutet nämlich, dass gerade der Schrift-
verkehr des Gefangenen, der nicht von § 29 StVollzG
erfasst wird, zensiert werden kann, soweit dies ge-
setzlich zulässig ist. Wahlbriefe gehören deshalb –
wie bereits oben erläutert – nicht zu dem Schriftver-
kehr, der von der Justizvollzugsanstalt überwacht
werden kann.

Soweit der Einspruchsführer die Europawahl wegen
der oben genannten Äußerung in der Nachrichten-Sen-
dung „heute“ des Fernsehsenders ZDF am Wahltag um
19.00 Uhr anfechtet, begründet dies ebenfalls keinen
Wahlfehler.

Zwar dürfen nach § 4 EuWG i. V. m. § 32 Abs. 2 BWG
Ergebnisse von Wählerbefragungen nach der Stimm-
abgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung vor Ab-
lauf der Wahlzeit, im vorliegenden Fall vor 21.00 Uhr,
nicht veröffentlicht werden. Dieses Verbot richtet sich
in erster Linie an die Rundfunk- und Fernsehanstalten.
Damit soll verhindert werden, dass vorzeitige Veröf-
fentlichungen von Umfrageergebnissen Auswirkun-
gen auf das Stimmabgabeverhalten von Wahlberech-
tigten haben. Gegen dieses Verbot hat der Fernsehsen-
der ZDF verstoßen.

Für den Verstoß gegen § 32 Abs. 2 BWG kommt es
auch nicht darauf an, ob tatsächlich Ergebnisse von
Wählerbefragungen nach deren Stimmabgabe über den
Inhalt der Wahlentscheidung vor Ablauf der Wahlzeit

veröffentlicht worden sind. Sondern es kommt auf den
Eindruck an, den ein unvoreingenommener Zuschauer
nach dem objektiven Inhalt der Nachricht gewinnen
konnte. Aus dem ersten Satz der Äußerung in der ge-
nannten ZDF-Sendung „Wir können jetzt schon sagen,
dass sich eine Menge Wähler umorientiert haben“ hätte
ein Zuschauer schließen können, dass die Aussage aus
aktuellen Wählerbefragungen vom Wahltag resultiert,
auch wenn es sich hier um kein konkretes, durch Zah-
len belegtes Ergebnis, sondern vielmehr um eine allge-
meine Tendenz gehandelt hat. Für diese Vermutung
spricht auch, dass die Nachricht zu einem Zeitpunkt
(19.00 Uhr am Wahltag) veröffentlicht worden ist, als
die Mehrzahl der Wähler ihre Stimme bereits abgege-
ben hatte. Der Verstoß gegen § 32 Abs. 2 BWG ist des-
halb eindeutig.

Wer gegen § 32 Abs. 2 BWG verstößt, handelt gemäß
§ 4 EuWG i. V. m. § 49a Abs. 1 und 2 BWG ordnungs-
widrig. Der Verstoß kann mit einer Geldbuße bis zu
einhunderttausend Deutsche Mark geahndet werden.
Der Bundeswahlleiter hat jedoch nach Abwägung aller
in Betracht kommenden Umstände von der Verhän-
gung einer Geldbuße abgesehen.

Die Tatsache, dass es sich hier um einen Ordnungs-
widrigkeitentatbestand handelt, der erfüllt worden ist,
bedeutet jedoch nicht, dass auch ein Wahlfehler vor-
liegen muss. Gemäß § 26 Abs. 4 EuWG können Ent-
scheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar
auf das Wahlverfahren beziehen, nur mit den in die-
sem Gesetz und in der Wahlordnung vorgesehenen
Rechtsbehelfen angefochten werden. Bei diesen an-
fechtbaren Entscheidungen und Maßnahmen muss es
sich um gesetzlich normierte Akte von Wahlorganen
oder Wahlbehörden handeln, die das Wahlverfahren
unmittelbar betreffen. Dementsprechend scheiden
Entscheidungen und Maßnahmen, die zwar im Zu-
sammenhang mit der Wahl stehen, die aber nur „bei
Gelegenheit“ der Wahl ergehen, für eine Anfechtung
nach § 26 EuWG aus. Dazu gehören unter anderem
die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 49a
BWG (vgl. Schreiber, Kommentar zum Bundeswahl-
gesetz, 6. Auflage, 1998, § 49, Rdnr. 7). Die Äuße-
rung des Fernsehsenders ZDF in der heute-Sendung
um 19.00 Uhr betraf das Wahlverfahren nicht unmit-
telbar, auch wenn sie natürlich im Zusammenhang
mit der Europawahl stand. Sie ist bei Gelegenheit der
Wahl erfolgt. Um derartige Verstöße gegen § 32
Abs. 2 BWG zu verhindern, besteht deshalb die
Möglichkeit, diese als Ordnungswidrigkeit mit einer
Geldbuße zu ahnden.

Wahlfehler liegen indes nur vor, wenn die rechtli-
chen Regelungen über die Vorbereitung und Durch-
führung der Wahl nicht eingehalten werden. Solche
Wahlfehler können in erster Linie den amtlichen
Wahlorganen (§ 5 EuWG) unterlaufen; Dritte können
Wahlfehler nur insoweit begehen, als sie unter Bin-
dung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft Geset-
zes Aufgaben bei der Organisation einer Wahl erfül-
len (vgl. BVerfGE 89, 243, 251). Dies trifft, wie

Drucksache 14/2761 – 68 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

bereits dargestellt, für den Fernsehsender ZDF nicht
zu.

Die Auslagen des Einspruchsführers werden nicht er-
stattet, weil ein Wahlfehler nicht festgestellt werden
konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 19
WPrüfG.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999, das am 16. Juni
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, entgegen der Bestimmung des
§ 18 Abs. 1 des Europawahlgesetzes (EuWG) sei
mit der Stimmenauszählung in Deutschland direkt
nach Schließen der Wahllokale um 21.00 Uhr be-
gonnen worden. Nach § 18 Abs. 1 EuWG stellt der
Wahlvorstand jedes Wahlbezirks „... nicht vor dem
Ende der Stimmabgabe in den anderen Mitglied-
staaten der Europäischen Gemeinschaften fest, wie
viel Stimmen im Wahlbezirk auf die einzelnen
Wahlvorschläge abgegeben worden sind“. Ende der
Stimmabgabe sei in Frankreich und Italien jedoch
erst um 22.00 Uhr gewesen. Da die Feststellung des
Wahlergebnisses in fast allen Wahlbezirken in
Deutschland vor 22.00 Uhr abgeschlossen gewesen
sei, sei damit die Europawahl in Deutschland in ei-
nem wichtigen Punkt im Widerspruch zum Europa-
wahlgesetz durchgeführt worden.

Nach Ansicht des Einspruchsführers sind zwar di-
rekte Auswirkungen auf das Wahlergebnis in
Deutschland durch die verfrühte Auszählung auszu-
schließen, das Wahlergebnis in Frankreich und Ita-
lien könne jedoch durch die Bekanntgabe von auf
bereits ausgezählten Wahlbezirken basierenden
Hochrechnungen in deutschen Medien beeinflusst
worden sein, was sich wiederum im europäischen
Gesamtergebnis niederschlagen würde.

Der Einspruchsführer vertritt die Ansicht, es sei ab-
solut unüblich und stehe im Widerspruch zu aner-
kannten Regeln für demokratische Wahlen, dass bei
einer Wahl bereits Stimmen ausgezählt und Teiler-

gebnisse bekannt gegeben werden, während in an-
deren Teilen des Wahlgebietes noch gewählt werde.
Dadurch verstärke sich die weit verbreitete Mei-
nung, bei der Europawahl handele es sich nicht um
eine tatsächlich bedeutende Wahl mit weitreichen-
den Auswirkungen auf die europäische Politik der
nächsten Jahre, sondern um einen eher symboli-
schen Akt ohne unmittelbare politische Konsequen-
zen. Dies sei der Hauptgrund für die niedrige Wahl-
beteiligung.

Zu dem Wahleinspruch hat der Bundeswahlleiter
folgende Stellungnahme abgegeben, die dem Ein-
spruchsführer zur Kenntnis gegeben wurde:

Nach Artikel 9 Abs. 2 des Aktes zur Einführung all-
gemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments (Direktwahlakt) darf
mit der Ermittlung des Wahlergebnisses erst begon-
nen werden, wenn die Wahl in dem Mitgliedstaat,
dessen Wähler als letzte wählen, abgeschlossen ist.
Dementsprechend sieht § 18 Abs. 1 Satz 1 EuWG
vor, dass der Wahlvorstand nach Beendigung der
Wahlhandlung, jedoch nicht vor dem Ende der
Stimmabgabe in den anderen Mitgliedstaaten der
Europäischen Gemeinschaften, feststellt, wie viele
Stimmen im Wahlbezirk auf die einzelnen Wahl-
vorschläge abgegeben worden sind. Gemäß § 60
Satz 1 Europawahlordnung (EuWO) ermittelt der
Wahlvorstand im Anschluss an die Wahlhandlung
ohne Unterbrechung das Ergebnis im Wahlbezirk.

Für die erste Europawahl im Jahre 1979 habe er –
der Bundeswahlleiter – das Ende der Wahlzeit in
Deutschland auf 21.00 Uhr festgesetzt, da dieser
Zeitpunkt nach den damals geltenden Sommerzeit-
regelungen dem Ende der Wahlzeit in Frankreich
und Italien entsprochen habe. Da die Wahlvorstände
nach praktischer Erfahrung in der Regel etwa eine
Stunde für die Feststellung des Stimmergebnisses
benötigen, habe nach Einführung der Sommerzeit in
Deutschland kein Anlass bestanden, das Ende der

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 9/99 –
des Herrn Jens Lüke

wohnhaft: Heinrichsallee 60, 52062 Aachen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Anlage 16

Drucksache 14/2761 – 70 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wahlzeit auf 22.00 Uhr zu verlegen. Bei der Euro-
pawahl 1999 sei ihm das erste Kreisergebnis nach
22.00 Uhr übermittelt worden.

Dieses Verfahren sei bei einer am Sinn und Zweck
der einschlägigen Vorschriften orientierten Ausle-
gung mit Artikel 9 Abs. 2 des Direktwahlaktes und
§ 18 Abs. 1 EuWG vereinbar, zumal auch die Lan-
deswahlleiter darauf achten würden, dass das Er-
gebnis im Wahlbezirk nicht vor 22.00 Uhr bekannt
gemacht werde. Soweit von Wahlforschungsinstitu-
ten bei zurückliegenden Wahlen vor 22.00 Uhr das
aufgrund von Stichprobenauszählungen in ausge-
wählten Wahlbezirken hochgerechnete Ergebnis für
das Bundesgebiet veröffentlicht worden sei, stelle
dies kein amtlich festgestelltes Wahlergebnis im
Sinne des Artikels 9 Abs. 2 des Direktwahlaktes
dar.

Da Wahlergebnisse auf Kreis-, Landes- oder Bun-
desebene erst nach 22.00 Uhr vorlägen, sei eine Be-
einflussung von Wählern in anderen Mitgliedstaa-
ten durch das vorzeitige Bekanntwerden von
Wahlergebnissen auf Wahlbezirksebene nicht zu be-
fürchten. Die Vorstellung, dass Wähler in Frank-
reich und Italien bis kurz vor 22.00 Uhr mit ihrer
Stimmabgabe warten, um sich über eine vorzeitige
Feststellung von Wahlergebnissen in deutschen
Wahlbezirken mit dem Ziel zu informieren, hieran
ihre Stimmabgabe für französische bzw. italieni-
sche Wahlvorschläge auszurichten, erscheine völlig
lebensfremd.

Im Übrigen wäre eine Verlängerung der Wahlzeit
auf 22.00 Uhr von den Gemeinden und Wahlhelfern
vor Ort nicht akzeptiert worden. Seitdem die Wahl-
lokale bei der Europawahl im Jahr 1979 zum ersten
Mal um 21.00 Uhr geschlossen worden seien, hätten
Kommunen, Kommunale Spitzenverbände und Ab-
geordnete massiv auf eine frühere Schließung der
Wahllokale gedrängt, zumal es zunehmend schwie-
riger geworden sei, ausreichend Wahlhelfer zu ge-
winnen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme
des Bundeswahlleiters nochmals dahin gehend ge-
äußert, dass er seine vorgebrachten Einspruchs-
gründe durch die Stellungnahme des Bundeswahl-
leiters nicht als entkräftet ansehe. Nach seinen
Erfahrungen als Wahlhelfer bei der Europawahl und
aus Gesprächen mit anderen Wahlhelfern wisse er,
dass es nicht zutreffe, dass die Wahlvorstände für
die Auszählung der Stimmen im Wahllokal etwa ei-
ne Stunde benötigten. In seinem Wahllokal sei die
Stimmenauszählung in weniger als 30 Minuten ab-
geschlossen gewesen. Falls die Aussage des Bun-
deswahlleiters zutreffe, wonach die Landeswahllei-
ter angewiesen seien, das Ergebnis des jeweiligen
Wahlbezirks nicht vor 22.00 Uhr bekannt zu ma-
chen, müsse man sich fragen, wie die in den Medien
lange vor 22.00 Uhr verbreiteten Hochrechnungen
zustande gekommen seien, weil zu diesem Zeit-
punkt keine Wahlbezirksergebnisse, die Ausgangs-

daten für derartige Hochrechnungen seien, hätten
bekannt sein dürfen.

Gehe man jedoch, wie der Bundeswahlleiter, davon
aus, dass die Hochrechnungen durch die öffentliche
Auszählung der Stimmen in den einzelnen Wahllo-
kalen ermittelt werden, sei es letztlich nicht rele-
vant, ob es sich bei einer durch Auswertung dieser
Ergebnisse ermittelten Hochrechnung um ein amt-
lich festgestellte Wahlergebnis handele oder nicht.
Entscheidend ist nach Ansicht des Einspruchsfüh-
rers die mögliche Beeinflussung des Wahlverhal-
tens, sei es durch bereits veröffentlichte Teilergeb-
nisse oder durch veröffentlichte Hochrechnungen
vor Schließung aller Wahllokale im Wahlgebiet.

Zu den vom Bundeswahlleiter angeführten Schwie-
rigkeiten, genügend Wahlhelfer für die Europawahl
zu gewinnen, was bei einer Schließung der Wahllo-
kale um 22.00 Uhr noch erschwert werden würde,
merkt der Einspruchsführer an, die Umsetzung ei-
ner auf europäischer Ebene beschlossenen Rege-
lung könne nicht auf der Ausführungsebene für un-
durchführbar erklärt werden. Die Wähler hätten
einen Anspruch auf Anwendung der gültigen Rege-
lung.

Im Übrigen halte er eine mögliche Beeinflussung
von Wählern in Frankreich und Italien durch Veröf-
fentlichung von Hochrechnungen und Prognosen in
Deutschland vor 22.00 Uhr ganz und gar nicht für
völlig lebensfremd. Schon die genau um 21.00 Uhr
veröffentlichten Prognosen von Wahlforschungs-
instituten würden die Tendenz meist recht gut wie-
dergeben, obwohl sie nicht auf ausgezählten Stim-
men basieren würden. Es sei damit zu rechnen, dass
„ein großer Teil der Wähler“ in den Teilen des Wahl-
gebietes, in denen zwischen 21.00 und 22.00 Uhr
noch habe gewählt werden können, durch die Me-
dien über die Tendenz des Ergebnisses in Deutsch-
land informiert gewesen seien und eine entspre-
chende Beeinflussung in ihrem Stimmabgabever-
halten erfolgt sei.

Das Bundesministerium des Innern hat auf Nachfra-
ge mitgeteilt, dass wegen der hier aufgezeigten Dis-
krepanz zwischen rechtlicher Regelung und Praxis
eine Änderung der Regelungen über den Beginn der
Ergebnisfeststellung in Artikel 9 Abs. 2 Direkt-
wahlakt und § 18 Abs. 1 Satz 1 EuWG wünschens-
wert wäre. Mit der anstehenden Revision des Euro-
pawahlrechts auf Gemeinschaftsebene werde
angestrebt, Artikel 9 Abs. 2 Direktwahlakt dahin
gehend zu ändern, dass die gegenwärtig bestehende
Verknüpfung des Beginns der Ergebnisfeststellung
mit dem Ende der Wahlzeit in allen Mitgliedstaaten
aufgehoben werde. Anschließend werde die mit Ar-
tikel 9 Abs. 2 Direktwahlakt korrespondierende
Vorschrift in § 18 Abs. 1 Satz 1 EuWG entspre-
chend geändert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 71 – Drucksache 14/2761

setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Der Bundeswahlleiter hat entsprechend seiner in § 40
Abs. 1 Satz 3 EuWO festgelegten Befugnis das Ende
der Wahlzeit für die Europawahl für 21.00 Uhr be-
stimmt. Gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Aktes zur Einfüh-
rung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments (Direktwahlakt),
der durch die Regelung des § 18 Abs. 1 Satz 1 EuWG
in deutsches Recht übernommen worden ist, darf der
Wahlvorstand mit der Ermittlung des Wahlergebnissesnicht vor dem Ende der Stimmabgabe in demMitglied-staat der Europäischen Gemeinschaften, dessen Wäh-ler als letzte gewählt haben, beginnen. Die Tatsache,
dass in der Bundesrepublik Deutschland die Wahlzeit
für die Europawahl um 21.00 Uhr endete und sofort im
Anschluss daran mit der Stimmenauszählung im Wahl-
bezirk begonnen worden ist, obwohl in Frankreich und
Italien die Wahlzeit erst um 22.00 Uhr endete, steht
zunächst nicht im Einklang mit dem Wortlaut von Ar-
tikel 9 Abs. 2 des Direktwahlaktes und der genannten
Regelung des Europawahlgesetzes.

Es kann indes dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei
um einen Wahlfehler handelt. Nach allgemeiner juris-
tischer Übung ist zur Auslegung einer Rechtsvorschrift
nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Entstehungs-
grund, der Normzweck oder der Regelungszusammen-
hang, in dem die auslegungsbedürftige Rechtsvor-
schrift steht, heranzuziehen. Insofern ist weder die vom
Einspruchsführer noch die vom Bundeswahlleiter be-
vorzugte Auslegung von Artikel 9 Abs. 2 des Direkt-
wahlaktes i. V. m. § 18 Abs. 1 EuWG von vornherein
unvertretbar. Wahlprüfungsrechtlich kommt es im vor-
liegenden Fall aber nicht auf eine endgültige Klärung
dieser Rechtsfrage an.

Der aufgezeigte Widerspruch kann dem Einspruch je-
denfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der
sich der Wahlprüfungsausschuss stets angeschlossen
hat, können nämlich nur solche Wahlfehler einen
Wahleinspruch erfolgreich begründen, die auf die
Mandatsverteilung der Abgeordneten des Europäi-
schen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutsch-
land von Einfluss sind oder hätten sein können. Infol-
gedessen scheiden alle Verstöße von vornherein als
unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahlergeb-
nisses in der Bundesrepublik Deutschland nicht be-

rühren (seit BVerfGE 4, 370 [372] ständige Recht-
sprechung). Selbst solche Wahlfehler, die die
Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenver-
hältnisses keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung
haben können.

Der Einspruchsführer vermutet zwar, dass die vorzei-
tige Stimmenauszählung und die Bekanntgabe des Er-
gebnisses der Europawahl in der Bundesrepublik
Deutschland Einfluss auf das Stimmverhalten von
Wählern in Frankreich und Italien hätte haben kön-
nen, was sich wiederum im europäischen Gesamter-
gebnis hätte niederschlagen können. Zum einen hat er
jedoch hierzu konkrete Fälle nicht vorgetragen, son-
dern lediglich abstrakt eine mögliche Wählerbeein-
flussung behauptet. Zum anderen käme es darauf gar
nicht an, weil der Deutsche Bundestag nur die Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland zu prüfen hat. Diese
war am Wahltag um 21.00 Uhr beendet. Deshalb
konnte sich die unmittelbar nach Schließung der deut-
schen Wahllokale begonnene Stimmenauszählung
nicht mehr auf die Wahl der deutschen Abgeordneten
auswirken. Die Beeinflussung des Wahlergebnisses
für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments
aus der Bundesrepublik Deutschland durch den sofor-
tigen Beginn der Stimmenauszählung nach Schlie-
ßung der deutschen Wahllokale kann somit ausge-
schlossen werden.

Dennoch sollen Artikel 9 Abs. 2 Direktwahlakt und
§ 18 Abs. 1 EuWG eine eventuelle Beeinflussung von
Wählern in anderen Mitgliedstaaten durch das vorzei-
tige Bekanntwerden von Wahlergebnissen in einem
Mitgliedstaat verhindern. Aber auch insoweit hat der
Einspruchsführer keine hinreichend substantiierten
Tatsachen vorgetragen, aus denen nicht nur die Vermu-
tung, sondern auch ein Beleg für Wählerbeeinflussun-
gen hervorginge.

Der Einspruchsführer selbst gibt in seiner Einspruchs-
schrift an, dass lediglich die mündliche Bekanntgabe
des festgestellten Wahlergebnisses im Wahlraum durch
den Wahlvorstand und dessen Weiterleitung an den Ge-
meindewahlleiter vor 22.00 Uhr erfolgte.

Nach der Stellungnahme des Bundeswahleiters wurde
diesem indes das erste Wahlergebnis eines Wahlkreises
für die Europawahl 1999 erst nach 22.00 Uhr übermit-
telt. Auch die Landeswahlleiter würden darauf achten,
dass das Ergebnis im Wahlbezirk nicht vor 22.00 Uhr
bekannt gemacht werde. Insoweit können in den elek-
tronischen Medien (wie z. B. Rundfunk und Fernse-
hen) erste konkrete Wahlergebnisse für die Europa-
wahl nicht vor Schließung der Wahllokale in
Frankreich und Italien um 22.00 Uhr veröffentlicht
worden sein. Der Wahlprüfungsausschuss geht deshalb
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit da-
von aus, dass sich der Beginn der Ermittlung des Wahl-
ergebnisses in deutschen Wahllokalen vor 22.00 Uhr
weder auf die Mandatsverteilung der französischen
noch der italienischen Abgeordneten des Europäischen

Drucksache 14/2761 – 72 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Parlaments ausgewirkt haben kann, selbst wenn diese
Möglichkeit aufgrund der heutigen Kommunikati-
onstechnik theoretisch besteht. Im Übrigen wäre der
Deutsche Bundestag – wie bereits erwähnt – für die
Prüfung der Wahl der Abgeordneten des Europäischen
Parlaments aus Frankreich und Italien gar nicht zu-
ständig.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 73 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 23. Juni 1999, das am 22. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen ist, haben die
Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt und mit Schreiben vom 4. August
1999 dem Einspruchsführer zu 1. eine Vollmacht für
das Wahlprüfungsverfahren erteilt.

Die Einspruchsführer äußern Bedenken gegen die
ordnungsgemäße Durchführung der Wahlhandlung
im Wahlbezirk Rehborn und daraus resultierend ge-
gen die Feststellung des Wahlergebnisses und bitten
um Überprüfung.

Dem Einspruch liegt folgender Sachverhalt zu-
grunde:

In Rheinland-Pfalz wurden am 13. Juni 1999 gleich-
zeitig mit der Europawahl auch die Wahlen zu den
Ortsgemeinderäten, den Verbandsgemeinderäten
und Kreistagen sowie die Wahl des Ortsbürgermeis-
ters durchgeführt. Zu diesem Zweck waren im
Wahlraum des Stimmbezirks, der die gesamte Orts-
gemeinde Rehborn umfasste, insgesamt fünf Wahl-
urnen aufgestellt. Die Dauer der Wahlhandlung für
die Kommunalwahlen war von 8.00 bis 18.00 Uhr
und für die Europawahl von 8.00 bis 21.00 Uhr fest-
gelegt.

Die Einspruchsführer tragen vor, dass während der
Dauer der Wahlhandlung etwa gegen 17.15 Uhr auf
Veranlassung und in Anwesenheit von einigen Mit-
gliedern des Wahlvorstandes die Wahlurne für die

Europawahl geöffnet worden sei und Stimmzettel
der Kommunalwahlen, die in die Wahlurne der Eu-
ropawahl eingeworfen worden waren, dort heraus-
geholt und in die entsprechenden Wahlurnen der
Kommunalwahlen verteilt worden seien. Zu diesem
Zweck sei die Wahlurne für die Europawahl in einen
Raum im Obergeschoss gebracht, dort geöffnet und
die darin befindlichen Umschläge mit den bis zu
diesem Zeitpunkt abgegebenen Stimmzetteln auf ei-
nem Tisch ausgebreitet worden.

Diese Maßnahme sei für erforderlich gehalten wor-
den, weil ein Wähler die vier Stimmzettel für die
Kommunalwahlen und den Stimmzettel für die Eu-
ropawahl zusammen in den Briefumschlag für die
Europawahl gesteckt und diesen in die Wahlurne für
die Europawahl geworfen habe. Nachdem der
Briefumschlag gefunden worden sei, seien die
Stimmzettel für die Kommunalwahlen entnommen,
in die dafür jeweils vorgesehene Wahlurne gewor-
fen, die Umschläge für die Europawahl wieder in
die Wahlurne für die Europawahl gelegt und die Ur-
ne zurück in den Wahlraum gebracht worden.

Nach Beendigung der Wahlhandlung für die Euro-
pawahl um 21.00 Uhr seien in der Wahlurne für die
Europawahl in den dortigen Briefumschlägen zwei
Stimmzettel für die Ortsgemeinderatswahl gefun-
den und der Gruppe, die diese Wahl auszählte, über-
geben worden. Alle Stimmzettel, die in der Wahlur-
ne zur Europawahl bzw. in der Wahlurne zur Wahl
des Kreistages gefunden worden seien, seien bei der
Feststellung des jeweiligen Ergebnisses als gültige
Stimmen berücksichtigt worden. Nachdem den Ein-
spruchsführern am Tage nach der Wahl aufgrund ei-

Anlage 17

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 32/99 –

1. des Herrn Karl-Otto Dornbusch
wohnhaft: Im Weiher 7, 55592 Rehborn

– bevollmächtigt –

2. des Herrn Arno Gillmann
wohnhaft: Hintergasse 20, 55592 Rehborn

3. des Herrn Kurt Laubensdörfer
wohnhaft: Am Hüttenbach 10, 55592 Rehborn

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 74 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

nes Zeitungsartikels Bedenken hinsichtlich der
rechtlichen Bewertung der Vorgänge gekommen
seien, habe sich ein Mitarbeiter des Kreiswahlleiters
der Stadt Bad Kreuznach dahin gehend geäußert,
dass ein kurzfristiges Öffnen einer Wahlurne zur
Entnahme eines dort irrtümlich eingeworfenen
Stimmzettels zwar ein eindeutiger Verstoß gegen
§ 34 Kommunalwahlgesetz (KWG) sei, jedoch
nicht so schwerwiegend einzustufen, dass dies Kon-
sequenzen für die Feststellung des Wahlergebnisses
habe.

In der öffentlichen Sitzung des Wahlausschusses
zur Feststellung des Wahlergebnisses habe der Ein-
spruchsführer zu 1. den Antrag gestellt, das vorzei-
tige Öffnen der Wahlurne für die Europawahl zur
Entnahme von irrtümlich dort eingeworfenen
Stimmzetteln für die Kommunalwahl sowie das
Mitzählen von zwei Stimmzetteln zur Gemeinde-
ratswahl, die sich nach Beeindigung der Europa-
wahl noch in der Wahlurne für die Europawahl be-
funden hätten, unter der Rubrik „Bedenken“ in die
Niederschrift des Wahlausschusses aufzunehmen,
um die Vorgänge einer Prüfung zu unterziehen. Der
Antrag sei mit 1 : 4 Stimmen abgelehnt worden.

Mit Schreiben vom 7. September 1999 hat sich die
Kreisverwaltung Bad Kreuznach zu dem Vorbrin-
gen der Einspruchsführer geäußert und im Wesent-
lichen den von den Einspruchsführern vorgetrage-
nen Sachverhalt bestätigt. Ergänzend wurde
mitgeteilt, dass die Stimmzettel für die Kommunal-
wahl im Gegensatz zu dem Stimmzettel für die Eu-
ropawahl nach innen gefaltet seien und das KWG
deshalb keine Umschläge vorsehe.

Zur Ermittlung des Sachverhaltes seien die Mitglie-
der des Wahlvorstandes im Stimmbezirk Rehborn
schriftlich befragt worden. Danach stelle sich der
Sachverhalt so dar, dass eine Wählerin neben dem
Stimmzettel für die Europawahl auch die Stimmzet-
tel für die gleichzeitig stattfindenden Kommunal-
wahlen in den Wahlumschlag für die Europawahl
gesteckt habe. Nachdem den Mitgliedern des Wahl-
vorstandes das Fehlverhalten der Wählerin aufge-
fallen sei, habe die anschließende Erörterung des
Vorganges im Wahlvorstand ohne Gegenstimmen
zu der Entscheidung geführt, die Urne für die Euro-
pawahl um ca. 17.15 Uhr zu öffnen, um die irrtüm-
lich eingeworfenen Stimmzettel für die Kommunal-
wahlen herauszuholen. An dem Öffnen der Urne
seien fünf Mitglieder des Wahlvorstandes beteiligt
gewesen, die unterschiedlichen Parteien bzw. Wäh-
lergruppen angehörten. Die Öffentlichkeit sei nicht
ausgeschlossen gewesen, und Wähler seien an ih-
rem Wahlrecht nicht gehindert worden. Leere
Stimmzettel hätten sich in dem Raum, in dem die
Urne geöffnet worden sei, nicht befunden, so dass
eine Wahlmanipulation auszuschließen sei. Der
Wahlvorstand habe keine Bedenken gegen die Rich-
tigkeit der Entscheidung, die Wahlurne zu öffnen
gehabt. Er habe nur zur Beachtung des Wählerwil-

lens unter strengster Wahrung des Wahlgeheimnis-
ses so gehandelt.

Die Stellungnahme wurde den Einspruchsführern
zur Kenntnis gegeben. Sie haben sich dazu nicht ge-
äußert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Gemäß § 6 Abs. 2 EuWG i. V. m. § 1 WPrüfG ent-
scheidet der Bundestag über die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland. Insoweit ist der Ein-
spruch vom Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz zustän-
digkeitshalber an den Deutschen Bundestag weiterge-
leitet worden.

Zu prüfen war deshalb nur die Frage, ob das vorzeitige
Öffnen der Wahlurne für die Europawahl im Stimmbe-
zirk Rehborn gegen die für die Europawahl geltenden
Vorschriften verstößt. Vor Beginn der Stimmabgabe
verschließt der Wahlvorsteher gemäß § 46 Abs. 3 Eu-
ropawahlordnung (EuWO) die Wahlurne, die bis zum
Schluss der Wahlhandlung (hier um 21.00 Uhr) nicht
mehr geöffnet werden darf. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1
EuWG stellt der Wahlvorstand nach Beendigung der
Wahlhandlung fest, wie viele Stimmen im Wahlbezirk
auf die einzelnen Wahlvorschläge abgegeben worden
sind. Zu diesem Zweck ermittelt der Wahlvorstand ge-
mäß § 60 EuWO im Anschluss an die Wahlhandlung
das Wahlergebnis im Wahlbezirk, wobei hierfür die
Wahlurne zu öffnen ist.

Entsprechend dem Grundsatz der geheimen Wahl
muss der Wahlvorgang so gestaltet sein, dass unbe-
kannt bleibt, welche Wahlentscheidung der Wahlbe-
rechtigte getroffen hat. Hierzu gehört auch das Verbot
der Öffnung der Wahlurne während der Wahlhand-
lung, welches ebenfalls der Wahrung des Wahlge-
heimnisses dient. Das Öffnen der Wahlurne um ca.
17.15 Uhr war somit ein Verstoß gegen die Europa-
wahlordnung und gegen den durch das Grundgesetz
garantierten Grundsatz der geheimen Wahl, der als
Wahlfehler zu qualifizieren ist. Die Wählerin, die ver-
sehentlich vier Stimmzettel anstelle des einen für die
Europawahl in den Umschlag für die Europawahl ge-
steckt hatte, war dem Wahlvorstand bekannt. Nach

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 75 – Drucksache 14/2761

dem Öffnen und Leeren der Wahlurne wurde konkret
dieser Umschlag gesucht, geöffnet, die anderen
Stimmzettel entnommen und nur der Stimmzettel für
die Europawahl wieder in den Umschlag und an-
schließend in die Wahlurne gelegt, die sodann wieder
verschlossen worden ist. Für die an diesem Vorgang
beteiligten Personen hat demnach durchaus die Mög-
lichkeit bestanden, von dem Stimmverhalten der
Wählerin Kenntnis zu erlangen. Ob dies tatsächlich
geschehen ist, kann im Nachhinein nicht mehr festge-
stellt werden. Allein die Möglichkeit, davon Kenntnis
zu erlangen, begründet einen Wahlfehler.

Dennoch kann der festgestellte Wahlfehler nicht zum
Erfolg des Einspruchs führen. Wäre der Wahlfehler un-
terblieben, hätte dies nach dem ermittelten Sachverhalt
im Wahlbezirk Rehborn kein anderes Wahlergebnis zur
Folge. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss
stets angeschlossen hat, können nämlich nur solche
Wahlfehler einen Wahleinspruch erfolgreich begrün-
den, die auf die Mandatsverteilung von Einfluss sind
oder hätten sein können. Infolgedessen scheiden alle
Verstöße von vornherein als unerheblich aus, die die
Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren (seit
BVerfGE 4, 370 [372] ständige Rechtsprechung).
Selbst solche Wahlfehler, die die Ermittlung des Wahl-
ergebnisses betreffen, sind dann unerheblich, wenn sie

angesichts des Stimmenverhältnisses keinen Einfluss
auf die Mandatsverteilung haben können.

Wieweit die Entnahme von zwei ebenfalls irrtümlich in
die Wahlurne für die Europawahl eingeworfenen
Stimmzetteln nach der offiziellen Öffnung um 21.00
Uhr und deren Zuordnung zu den für die Wahl zum Ge-
meinderat abgegebenen Stimmen gegen die Vorschrif-
ten des kommunalen Wahlrechts des Landes Rhein-
land-Pfalz verstößt, wird vom Wahlprüfungsausschuss
des Bundestages mangels Zuständigkeit nicht geprüft
und ist deshalb für die Entscheidung über diesen Ein-
spruch unerheblich.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 an den Petitions-
ausschuss des Landtages von Sachsen-Anhalt hat
der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999
Einspruch eingelegt. Das Schreiben wurde zustän-
digkeitshalber an den Deutschen Bundestag weiter-
geleitet und ist dort am 5. August 1999 eingegan-
gen.

Der Einspruchsführer gibt zur Begründung seines
Einspruchs an, er habe am Tag der Europawahl
während einer Aufenthaltszeit im Wahllokal von ca.
fünfzehn Minuten beobachtet, dass von den Wäh-
lern entgegen den Angaben auf der Wahlbenach-
richtigungskarte nicht die Vorlage des Personalaus-
weises oder Reisepasses verlangt worden sei. Auf
Nachfrage habe man ihm mitgeteilt, dies sei nicht
erforderlich. Die Wahl sei deshalb nicht korrekt
durchgeführt worden, weil gemäß § 14 Abs. 4 Bun-
deswahlgesetz (BWG) jeder Wahlberechtigte sein
Wahlrecht nur einmal und nur persönlich ausüben
dürfe.

Da mangels Ausweiskontrolle jeder Wähler für ei-
nen anderen oder in verschiedenen Wahlbezirken
hätte wählen können, könne ein Wahlbetrug nicht
ausgeschlossen werden. Er beantrage deshalb die
Durchführung von Neuwahlen.

Der Kreiswahlleiter des Burgenlandkreises hat auf
Anfrage zu dem Einspruch mitgeteilt, Wahlberech-
tigte müssten sich gemäß § 49 Abs. 3 EuWO und
§ 56 Abs. 3 Bundeswahlordnung (BWO) nicht über
ihre Person ausweisen. Die Vorlage der Wahlbe-
nachrichtigung sei ausreichend. Der Wahlvorstand
könne im Zweifelsfall einen Ausweis verlangen.

Des Weiteren hat die Stadt Naumburg eine Stellung-
nahme zu dem Einspruch abgegeben. Danach habe

die Wahlvorsteherin des für den Einspruchsführer
zuständigen Wahlbezirks für die Europawahl fol-
gende Vorgehensweise angeordnet:

Zur Überprüfung der Wahlberechtigung reiche die
Vorlage der Wahlbenachrichtigungskarte durch den
Wahlberechtigten aus. Nur bei Unstimmigkeiten,
wie z. B. unpassendes Alter oder Geschlecht des
Wählers sollte zusätzlich die Kontrolle des Perso-
nalausweises erfolgen. Ansonsten werde der Perso-
nalausweis nur verlangt, wenn der Wähler die Wahl-
benachrichtigungskarte nicht vorlegen könne.

Zu der dem Einspruchsführer bekannt gegebenen
Stellungnahme hat sich dieser nicht mehr geäußert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet. Ein Wahlfehler konnte an-
hand des ermittelten Sachverhaltes nicht festgestellt
werden.

Gemäß § 49 Abs. 3 EuWO hat sich ein Wähler „auf
Verlangen“, insbesondere wenn er seine Wahlbenach-
richtigung nicht vorlegt, über seine Person auszuwei-
sen. Die Wahlbenachrichtigungskarte enthält zwar ge-
mäß § 18 Nr. 5 EuWO die Aufforderung, zur Wahl

Anlage 18

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 41/99 –
des Herrn Lothar Ellert

wohnhaft: Am Salztor 5, 06618 Naumburg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 78 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

diese Karte mitzubringen und einen Personalausweis
oder Reisepass bereitzuhalten. Hierbei handelt es sich
jedoch nur um eine „Soll-Vorschrift“, die dazu dient,
ggf. zusätzliche Sicherheit bei der Prüfung der Identität
des Wählers mit dem im Wählerverzeichnis aufgeführ-
ten Wahlberechtigten und seiner Wahlberechtigung zu
erlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er seine
Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt oder aus sonstigen
Gründen Zweifel an seiner Identität bestehen. Nach
geltendem Recht ist deshalb die Stimmabgabe im
Wahllokal ohne Vorlage von Ausweispapieren möglich
und auch durchaus üblich.

Im Übrigen geht die Behauptung des Einspruchsfüh-
rers, jeder Wähler könne mangels Ausweiskontrolle
für einen anderen oder in verschiedenen Wahlbezirken
wählen, ins Leere. Gemäß § 6 Abs. 4 EuWG darf je-
der Wahlberechtigte sein Wahlrecht nur einmal und
nur persönlich ausüben. Für die Ausübung des Wahl-
recht ist neben der Erfüllung der materiellen Voraus-
setzungen gemäß § 6 Abs. 1 bis 3 EuWG die Eintra-
gung in das Wählerverzeichnis eine formelle Voraus-
setzung (§ 4 EuWG i. V. m. § 14 Abs. 1 BWG). In der
Praxis legt der Wähler dem Wahlvorstand im Wahllo-
kal seine Wahlbenachrichtigungskarte vor. Nachdem
der Schriftführer festgestellt hat, dass dieser Wähler
auch im Wählerverzeichnis eingetragen ist (§ 49
Abs. 4 EuWO), vermerkt er zur Verhinderung einer
Mehrfachwahl die Stimmabgabe neben dem Namen
des Wählers im Wählerverzeichnis (§ 51 EuWO).

In einem anderen Wahlbezirk könnte ein Wahlberech-
tigter mangels Eintragung in das dortige Wählerver-

zeichnis gar nicht seine Stimme abgeben, es sei denn,
er hat einen Wahlschein. Dann kann der Wahlberech-
tigte gemäß § 6 Abs. 5 EuWG in dem Kreis, in dem der
Wahlschein ausgestellt worden ist, seine Stimme in je-
dem beliebigen Wahlbezirk abgeben. Allerdings wird
in diesem Fall in der Spalte des Wählerverzeichnisses,
die für den Stimmabgabevermerk vorgesehen ist,
„Wahlschein“ oder „W“ eingetragen (§ 29 EuWG), so
dass der Wahlvorstand die Ausstellung eines Wahl-
scheines für diesen Wähler erkennen kann. Der Wahl-
berechtigte kann nur noch aufgrund des Wahlscheins
wählen. Eine Mehrfachwahl – wie der Einspruchsfüh-
rer sie für möglich hält – ist damit ausgeschlossen. Es
besteht somit kein Anlass für die Durchführung von
Neuwahlen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 79 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 15. Juni 1999, ergänzt durch ein
Schreiben vom 28. Juni 1999, hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments aus der Bundes-
republik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch
eingelegt.

Zur Begründung führt er aus, er sei „wissentlich und
vorsätzlich mangels Legitimation“ von der Teilnah-
me an der Europawahl ausgeschlossen worden.

Der Einspruchsführer trägt vor, gemäß § 19 Abs. 5
der Bundeswahlordnung habe jeder Wähler einen
Personalausweis oder Reisepass zur Wahl mitzu-
bringen. Obwohl er alles in seiner Macht Stehende
getan habe, um einen Reisepass zu erhalten, verwei-
gere ihm der zuständige Leiter des Ortsamtes Süder-
elbe ein derartiges Dokument. Auch sein Personal-
ausweis werde von diesem Leiter „nicht nach
Erstattung des hier erlittenen Schadens in Höhe von
1.001 DM“ herausgegeben. Vom Bezirksamt Har-
burg sei ihm – dem Einspruchsführer – zwar bereits
mit Schreiben vom 18. Oktober 1996 mitgeteilt
worden, dass er seinen Pass vom Ortsamt Süderelbe
abholen könne. Seine Versuche, dieses Dokument
über mehrere ordnungsgemäß Bevollmächtigte zu
erhalten, seien jedoch fehlgeschlagen. Der Leiter
des Ortsamtes habe den Pass nicht herausgegeben.
Selbst mehrfache Beschwerden bei vorgesetzten
Dienststellen hätten nicht geholfen, weshalb sein
Wahleinspruch berechtigt sei.

Der Einspruchsführer bittet darum, die Europawahl
für ungültig zu erklären, ihm zu einem Reisepass zu
verhelfen und dann die Wahl erneut durchzuführen.
Nur so werde sein Grundrecht auf Teilnahme an der
Wahl gewährleistet.

Er hat seinem Einspruch Kopien seines umfangrei-
chen Schriftverkehrs in dieser Angelegenheit mit
dem Ortsamt Süderelbe und dem Bürgermeister der
Freien und Hansestadt Hamburg beigefügt.

Zu dem Wahleinspruch liegt eine Stellungnahme
des zuständigen Kreiswahlleiters vor, die dem Ein-
spruchsführer zur Kenntnis gegeben worden ist.
Daraus ergibt sich, dass der Einspruchsführer in das
für ihn zuständige Wählerverzeichnis für die Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments
eingetragen war und der Wahlvorsteher des für den
Einspruchsführer zuständigen Wahllokals, wie bei
den vorangegangenen Wahlen auch, darüber infor-
miert war, dass der Einspruchsführer auch ohne
Pass oder Ausweis wählen könne.

Der Einspruchsführer hat bereits die Gültigkeit der
Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parla-
ments aus der Bundesrepublik Deutschland vom
12. Juni 1994, die Wahl zum 13. Deutschen Bun-
destag am 16. Oktober 1994 und die Wahl zum
14. Deutschen Bundestag am 27. September 1998
angefochten. Die Begründung dieser Einsprüche
ähnelte der des vorliegenden. Der Bundestag hat
alle drei Einsprüche als offensichtlich unbegründet
zurückgewiesen (BT-Drucksache 13/2029, Anlage
27; BT-Drucksache 13/3035, Anlage 20; BT-Druck-
sache 14/1560, Anlage 38). Auf diese Entscheidun-
gen wird zur Verdeutlichung der Hintergründe auch
des vorliegenden Wahleinspruchs Bezug genom-
men.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-

Anlage 19

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 3/99 –
des Herrn Mario Mester

wohnhaft: Rehrstieg 16 c, 21147 Hamburg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 80 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Der Vortrag des Einspruchsführers lässt einen Fehler
bei der Anwendung der für die Europawahl geltenden
rechtlichen Regelungen nicht erkennen. Der Ein-
spruchsführer wurde bereits mehrfach, und zwar so-
wohl in den vorangegangenen Entscheidungen des
Bundestages zu seinen Wahleinsprüchen, als auch vom
Bundeswahlleiter und vom Kreiswahlleiter darauf hin-
gewiesen, dass die Vorlage eines Personalausweises
oder eines Reisepasses nicht unbedingt zur Teilnahme
an der Wahl erforderlich ist. § 49 Abs. 3 Europawahl-
ordnung (EuWO) bestimmt, dass ein Wähler sich bei
der Stimmabgabe lediglich „auf Verlangen“ über seine
Person auszuweisen hat. Dementsprechend handelt es
sich bei der in § 18 Abs. 1 Nr. 5 EuWO enthaltenen
Aufforderung, zur Wahl einen Personalausweis oder
Reisepass bereitzuhalten, nur um eine „Soll-Vor-
schrift“, die dazu dient, ggf. zusätzliche Sicherheit bei
der Prüfung der Identität des Wählers mit dem im Wäh-
lerverzeichnis aufgeführten Wahlberechtigten und sei-
ner Wahlberechtigung zu erlangen. Dies gilt insbeson-
dere dann, wenn er seine Wahlbenachrichtigung nicht
vorlegt oder aus sonstigen Gründen Zweifel an seiner
Identität bestehen. Nach geltendem Recht ist deshalb
die Stimmabgabe im Wahllokal ohne Vorlage von Aus-
weispapieren möglich und auch durchaus üblich.

Der Einspruchsführer hat auch nicht vorgetragen, auf
der Grundlage des § 49 Abs. 3 EuWO im Wahllokal
tatsächlich von der Stimmabgabe zurückgewiesen
worden zu sein. Wie sich aus der Stellungnahme des
Kreiswahlleiters vom 28. Juni 1999 ergibt, wurde
durch Information des Wahlvorstehers dafür Sorge ge-
tragen, dass der Einspruchsführer auch ohne Vorlage
seiner Ausweispapiere seine Stimme hätte abgeben
können. Wenn der Einspruchsführer dennoch nicht an
der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parla-
ments aus der Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni
1999 teilgenommen hat, beruht dies auf seiner eigenen
Entscheidung und nicht auf einem Fehler der Wahlbe-
hörden.

Die Auseinandersetzung des Einspruchsführers mit der
Gemeindebehörde über die Ausstellung eines Reise-
passes bzw. die Entgegennahme seines Personalaus-
weises ist für das Wahlprüfungsverfahren ohne Belang.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 81 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 21. Juni 1999, haben die Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung geben die Einspruchsführer an, sie
hätten keine „Wahlberechtigungskarten“ bekom-
men.

Die Stadt Mörfelden-Walldorf hat zu dem Ein-
spruch folgende Stellungnahme abgegeben:

Die Einspruchsführer seien seit mehreren Jahren in
Mörfelden-Walldorf gemeldet und würden dement-
sprechend automatisch in das Wählerverzeichnis
eingetragen. Soweit bekannt, hätten die Einspruchs-
führer auf diesem Wege immer ihre Wahlbenach-
richtigungskarten bekommen. Warum dies zur Eu-
ropawahl nicht geschehen sei, sei der Stadt nicht
bekannt. Sicher sei lediglich, dass die Wahlbenach-
richtigungskarten nicht als unzustellbar zurückge-
kommen seien.

Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Bekannt-
machungen habe die Stadt Mörfelden-Walldorf
auch noch durch Presseinformationen die Öffent-
lichkeit über zahlreiche wahlrechtsrelevante Be-
stimmungen informiert. So seien auch diejenigen,
die keine Wahlbenachrichtigungskarte erhalten hät-
ten, gebeten worden, sich bei der Stadt zu melden,
um zu klären, ob sie in das Wählerverzeichnis ein-
getragen seien. Dies hätten die Einspruchsführer je-
doch nicht getan, so dass die Stadt keine Möglich-
keit gehabt habe, korrigierend einzugreifen.

Zu der den Einspruchsführern bekanntgegebenen
Stellungnahme haben sich diese nicht mehr geäu-
ßert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus

der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Europawahlordnung (EuWO)
sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tage vor
der Wahl (Stichtag) bei der Meldebehörde für eine
Wohnung gemeldet sind. Die Einspruchsführer waren
zu diesem Stichtag bei der Stadt Mörfelden-Walldorf
gemeldet und deshalb auch in das Wählerverzeichnis
eingetragen.

Die Gemeindebehörde benachrichtigt gemäß § 18
EuWO jeden in das Wählerverzeichnis eingetragenen
Wahlberechtigten über diverse Einzelheiten zur Durch-
führung der Wahl. Warum die Wahlbenachrichtigun-
gen der Einspruchsführer diese nicht erreicht haben,
kann im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden.
Der Stadt Mörfelden-Walldorf kann in diesem Zusam-
menhang kein Fehlverhalten zur Last gelegt werden,
weil sie die ihr obliegenden Pflichten erfüllt hat.

Im Übrigen ist die Zusendung der Wahlbenachrichti-
gung nicht Voraussetzung für die Ausübung des Wahl-
rechts. Nach § 14 Abs. 1 Bundeswahlgesetz (BWG)
i. V. m. § 4 EuWG hängt die formelle Wahlberechti-
gung vielmehr davon ab, ob jemand in ein Wählerver-
zeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat.
Diese formelle Voraussetzung für die Ausübung ihres

Anlage 20

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 10/99 –
der Eheleute Bernhard und Wilma Regnet

wohnhaft: van Gogh Strasse 33, 64546 Mörfelden

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung
am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 82 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wahlrechts haben die Einspruchsführer erfüllt. Sie hät-
ten deshalb am Wahltag ihr Wahlrecht auch ausüben
können, indem sie vorher beim Wahlvorstand durch
Vorlage ihres Personalausweises oder eines sonstigen
amtlichen Papiers ihre Identität nachgewiesen hätten
(§ 49 Abs. 3 EuWO).

Des Weiteren hätten die Einspruchsführer vor der
Wahl Einsicht in das öffentlich ausgelegte Wählerver-
zeichnis nehmen können, um festzustellen, ob sie da-
rin eingetragen waren (§§ 20 und 21 EuWO). Zudem
hat die Stadt Mörfelden-Walldorf die Bürger durch
Presseinformationen ausdrücklich dazu aufgerufen,
sich bei Zweifeln über ihre Wahlberechtigung zu mel-
den, um dies vor der Wahl zu klären. Dass die Ein-
spruchsführer, obwohl sie diese Zweifel wegen des
Ausbleibens ihrer Wahlbenachrichtigungskarten hät-
ten haben müssen, von den genannten Möglichkeiten

keinen Gebrauch gemacht haben, ist ihnen selbst zu-
zurechnen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 83 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 13. Juni 1999 an den Landes-
wahlleiter von Niedersachsen, eingegangen beim
Bundestag am 24. Juni 1999, hat der Einspruchsfüh-
rer gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepu-
blik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch ein-
gelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, er fechte die Europawahl in
Börßum an, weil 20 Meter vor dem Wahllokal eine
gegen das neue Kindertagesstättengesetz gerichtete
Unterschriftensammlung, die vorher nicht angemel-
det gewesen sei, durchgeführt worden sei. Jeder
Wähler sei angesprochen und ermutigt worden, sei-
ne Unterschrift abzugeben. Da dieses Kindertages-
stättengesetz von der SPD-geführten Landesregie-
rung auf den Weg gebracht worden sei, sehe er in
dieser Aktion eine negative Beeinflussung bei der
Stimmabgabe zu Lasten der SPD. Er – der Ein-
spruchsführer – habe sich durch diese indirekte Ein-
flussnahme bei seiner Stimmabgabe sehr gestört ge-
fühlt.

Zu dem Einspruch hat der Kreiswahlleiter des Land-
kreises Wolfenbüttel eine Stellungnahme abgege-
ben, der er diverse Schreiben zu der beanstandeten
Unterschriftensammlung beigefügt hat. Daraus er-
gibt sich folgender Sachverhalt:

Die am 25. Mai 1999 beantragte Unterschriften-
sammlung für den Tag der Europawahl wurde von
der Samtgemeinde Oderwald für den Ortsteil Bör-
ßum am 8. Juni 1999 genehmigt. Der Genehmigung
war ein genauer Lageplan für die Aufstellung des
Informationsstandes beigefügt. Dementsprechend
wurde die Aufstellung des Informationsstandes auf
dem Parkplatz vor der Mehrzweckhalle, die als
Wahllokal genutzt worden ist, in der Nähe eines
Kindergartens genehmigt. Dieser Standort wurde

nach Aussage der für dieses Wahllokal zuständigen
Wahlvorsteherin sowie nach Kenntnis des Bürger-
meisters der Samtgemeinde Oderwald genau einge-
halten.

Der Niedersächsische Landeswahlleiter hat zu der
geplanten Unterschriftensammlung mit einem
Schnellbrief vom 7. Mai 1999 an die Kreis- und
Stadtwahlleiter in Niedersachsen auf folgende zu
beachtende Rechtslage hingewiesen:

Gemäß § 32 Abs. 1 Bundeswahlgesetz (BWG)
i. V. m. § 4 des Gesetzes über die Wahl der Abge-
ordneten des Europäischen Parlaments aus der Bun-
desrepublik Deutschland (Europawahlgesetz –
EuWG) sei während der Wahlzeit in und an dem Ge-
bäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie
unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede
Unterschriftensammlung verboten. Diese Schutz-
zone umfasse den Zugangsbereich zum Gebäude
und könne je nach Fallgestaltung auch den Zugang
zu dem dazugehörenden befriedeten Grundstück
umfassen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg
habe zu der wortgleichen Regelung der Niedersäch-
sischen Kommunalwahlordnung in einer Entschei-
dung vom 19. Oktober 1993 ausgeführt, dass das
Tatbestandsmerkmal „unmittelbar vor dem Zugang
zum Gebäude“ nach den jeweiligen örtlichen Gege-
benheiten ausgelegt werden müsse. Daraus folge,
dass es keine einheitliche befriedete Zone und somit
auch keine verbindliche Meterangabe geben könne.
Die Abgrenzung der Schutzzone könne nur im We-
ge einer Einzelfallprüfung erfolgen.

Laut Stellungnahme des Kreiswahlleiters des Land-
kreises Wolfenbüttel sind die Städte, Gemeinden
und Samtgemeinden gebeten worden, die Wahlvor-
steher besonders auf die in dem Schnellbrief des
Niedersächsischen Landeswahlleiters getroffenen
Aussagen hinzuweisen, was auch geschehen sei.

Anlage 21

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 12/99 –
des Herrn Dietmar Wessel

wohnhaft: Pastor-Redecher-Straße 30, 38312 Börßum

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 84 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu dem Inhalt der dem Einspruchsführer bekannt
gegebenen Stellungnahme hat sich dieser nicht
mehr geäußert.

2. Nach § 26 Abs. 2 EuWG finden für das Wahlprü-
fungsverfahren die Bestimmungen des Wahlprü-
fungsgesetzes (WPrüfG) entsprechende Anwen-
dung. Der Wahlprüfungsausschuss hat nach
Prüfung der Sach- und Rechtslage beschlossen, ge-
mäß § 26 Abs. 2 EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von der Anberaumung einer öffentlichen
mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Gemäß § 4 EuWG i. V. m. § 32 Abs. 1 BWG ist wäh-
rend der Wahlzeit in und an dem Gebäude, in dem sich
der Wahlraum befindet, unter anderem jede Unter-
schriftensammlung verboten. Das Verbot der Wähler-
beeinflussung in § 32 Abs. 1 1. Alt. dient der Gewähr-
leistung der freien Ausübung der Wahl im Sinne des
Artikels 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) i. V. m.
§ 1 Abs. 1 Satz 2 BWG sowie der Sicherung des Prin-
zips der Wahlgleichheit. Die Vorschrift untersagt am
Wahltage während der Wahlzeit nicht nur im Wahl-
raum und im gesamten Gebäude, in dem sich der Wahl-
raum befindet, sondern auch im unmittelbaren Zu-
gangsbereich zum Wahlgebäude jegliche Art der
Wahlpropaganda. Dem Grundgedanken der Vorschrift
entsprechend ist Wahlpropaganda in unmittelbarer
Umgebung des Wahlgebäudes dann unzulässig, wenn
sie nach Form und Inhalt geeignet ist, die Wähler bei
dem Akt der Stimmabgabe zu beeinflussen (BVerfGE
Bd. 4, S. 370, 373).

Der Wahlprüfungsausschuss hat hierzu in der 13.
Wahlperiode ausdrücklich festgestellt, dass es zwar
keine „Bannmeile“ um das Wahllokal gibt; für den Zu-
gangsbereich jedoch eine generell zu beachtende „be-
friedete Zone“ von etwa 10 bis 20 Metern bis zum
Wahllokal als nicht antastbarer Sperrbereich für not-
wendig, aber auch für ausreichend erachtet wird (vgl.
BT-Drucksache 13/2800 vom 26. Oktober 1995, Anla-
ge 2, 9 und 17; BT-Drucksache 13/3035 vom 20. No-
vember 1995, Anlage 1; BT-Drucksache 14/1560 vom
9. September 1999, Anlage 84 sowie Hess. VGH,
ESVGH Band 41, S. 126, 129). Im Übrigen ist sowohl
die Wahlwerbung als auch die Unterschriftensamm-
lung zulässig.

Wann der Tatbestand „unmittelbar vor dem Zugang
zum Wahlgebäude“ erfüllt ist, hängt von den örtlichen
Gegebenheiten des Einzelfalles ab (vgl. Hess. VGH,
a.a.O.). Entscheidend ist, dass die Wähler den Wahl-
raum betreten können, ohne unmittelbar zuvor durch
eine Unterschriftensammlung behindert oder beein-
flusst zu werden.

Im vorliegenden Fall ist nicht gegen § 32 Abs. 1 BWG
verstoßen worden. Der Einspruchsführer selbst hat
vorgetragen, dass die Unterschriftensammlung 20 Me-
ter vor dem Wahllokal durchgeführt worden ist. Damit
ist die zu beachtende Schutzzone von ca. 10 bis 20 Me-
tern eingehalten worden. Im Übrigen war die Unter-
schriftensammlung im Gegensatz zu dem Vortrag des
Einspruchsführers ordnungsgemäß angemeldet und für
das Wahllokal im Ortsteil Börßum von der Samtge-
meinde Oderwald genehmigt worden. Der in der Ge-
nehmigung angegebene Standort für die Sammlung der
Unterschriften ist eingehalten worden. Ein Wahlfehler
konnte somit anhand des ermittelten Sachverhaltes
nicht festgestellt werden.

Selbst wenn nach den örtlichen Gegebenheiten eine
unzulässige Wahlbeeinflussung anzunehmen wäre,
könnte der Einspruch keinen Erfolg haben. Nach stän-
diger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
der sich der Wahlprüfungsausschuss stets angeschlos-
sen hat, können nämlich nur solche Wahlfehler einen
Wahleinspruch erfolgreich begründen, die auf die
Mandatsverteilung von Einfluss sind oder hätten sein
können. Infolgedessen scheiden alle Verstöße von
vornherein als unerheblich aus, die die Ermittlung des
Wahlergebnisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370
[372] ständige Rechtsprechung). Selbst solche Wahl-
fehler, die die Ermittlung des Wahlergebnisses betref-
fen, sind dann unerheblich, wenn sie angesichts des
Stimmenverhältnisses keinen Einfluss auf die Man-
datsverteilung haben können.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 85 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 25. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 30. Juni 1999, hat die Ein-
spruchsführerin gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung trägt die Einspruchsführerin vor,
der Stadtdirektor der Stadt Bad Lauterberg habe er-
neut das Meldegesetz missbräuchlich zur Verhinde-
rung ihrer Wahlteilnahme angewendet. Hierzu habe
er die durch nichts gerechtfertigte öffentliche Zu-
stellung benutzt, obwohl ihre gesamte übrige Post
sie immer an ihrer gemeldeten Wohnanschrift er-
reicht habe. Die Voraussetzungen für eine öffentli-
che Zustellung seien nicht gegeben gewesen. Sie
habe deshalb Strafanzeige u. a. wegen Wählernöti-
gung eingereicht. Nach Ansicht der Einspruchsfüh-
rerin ist dieser „unglaubliche erneute Wahlbetrug
ein verfassungswidriger Vorgang“, der sich über die
„festzustellende Ungültigkeit des Deutschen Wahl-
rechts hinaus auch in den gesamten europäischen
Wahlrechtsbereich hinein“ auswirken werde. Sie
beantrage deshalb, die Wahlen zum Europäischen
Parlament für ungültig zu erklären.

Die Einspruchsführerin verweist in ihrer Ein-
spruchsschrift auf ihren Einspruch gegen die Bun-
destagswahl am 27. September 1998. Zur Verdeut-
lichung des Sachverhalts wird auf diese Entschei-
dung Bezug genommen.

In dem Einspruch gegen die Bundestagswahl 1998
hat sich die Einspruchsführerin gegen eine ihrer
Meinung nach rechtswidrig erfolgte Abmeldung
aus dem Melderegister der Stadt Bad Lauterberg ge-
wandt.

Diese Beanstandung liegt auch dem Einspruch ge-
gen die Europawahl zugrunde.

Nach der Stellungnahme des Kreiswahlleiters und
dem in Kopie übersandten Schriftverkehr der Ein-
spruchsführerin mit der Stadt Bad Lauterberg hat
die Einspruchsführerin gegen die Richtigkeit des
Wählerverzeichnisses der Stadt Bad Lauterberg für
die Europawahl Einspruch eingelegt.

Mit Bescheid vom 3. Juni 1999 hat die Stadt Bad
Lauterberg diesen Einspruch zurückgewiesen, weil
die Einspruchsführerin mit Wirkung vom 7. Mai
1999 aufgrund erheblicher Zweifel an ihrem Wohn-
sitz in Bad Lauterberg von Amts wegen abgemeldet
worden sei. Die Stadt habe an dem von der Ein-
spruchsführerin begehrten Hauptwohnsitz eine
Wohnsitzüberprüfung durchgeführt und festge-
stellt, dass diese Wohnung von der Einspruchsfüh-
rerin nicht bezogen worden sei. Sie sei somit am
Stichtag für die Eintragung in das Wählerverzeich-
nis für die Europawahl, dem 9. Mai 1999, nicht mit
einer Hauptwohnung in Bad Lauterberg gemeldet
gewesen und damit auch nicht in das Wählerver-
zeichnis eingetragen worden. Das Wählerverzeich-
nis der Stadt Bad Lauterberg sei damit weder un-
richtig noch unvollständig.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr bekannt-
gegebenen Stellungnahme des Kreiswahlleiters wie
folgt geäußert:

Das Schreiben des Kreiswahlleiters zeige ihr, dass
dieser sowie alle beteiligten Personen rechtzeitig
vor der Wahl gewusst hätten, welche Auswirkungen
eine Löschung aus dem Melderegister haben könne.
Somit sei genügend Zeit gewesen, ihren rechtswid-
rigen Wahlausschluss zu verhindern. Entgegen der
Annahme des Kreiswahlleiters sei ihre Löschung
aus dem Melderegister nicht rechtsgültig. Man habe
sie damit für obdachlos erklärt und ihr ungültige
Personalpapiere verpasst. Trotz Kenntnis dieses
Vorgangs habe der Kreiswahlleiter ihre melderecht-
lichen Verhältnisse absichtlich nicht überprüft.

Anlage 22

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 14/99 –
der Frau Anneliese Wenzel

wohnhaft: Masttal 15, 37431 Bad Lauterberg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 86 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet. Ein Wahlfehler konnte an-
hand des vorgetragenen Sachverhaltes nicht festge-
stellt werden.

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Europawahlordnung (EuWO)
sind von Amts wegen alle Wahlberechtigten in das
Wählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tag vor der
Wahl (Stichtag, hier der 9. Mai 1999) bei der Meldebe-
hörde für eine Wohnung gemeldet sind. Die Ein-
spruchsführerin war nicht zu diesem Stichtag in Bad
Lauterberg für eine Wohnung gemeldet. Sie ist gemäß
§ 25 Abs. 2 des Niedersächsischen Meldegesetzes mit
Wirkung vom 7. Mai 1999 von Amts wegen mit Haupt-
wohnsitz abgemeldet worden, nachdem eine von der
Stadt veranlasste Wohnsitzüberprüfung erhebliche
Zweifel an der tatsächlichen Inanspruchnahme der von
ihr gemeldeten Anschrift als Wohnung im melderecht-
lichen Sinne ergeben hat.

Das Innehaben einer Wohnung nach dem Melderecht
ist unabhängig von den Eigentums- oder Mietverhält-

nissen ein tatsächlicher Vorgang, d. h. ein oder mehrere
umschlossene Räume müssen für eine gewisse Dauer
zum Wohnen oder Schlafen tatsächlich benutzt werden
(§ 11 Abs. 4 Melderechtsrahmengesetz). Diese Vor-
aussetzung war offenbar nach den Erkenntnissen der
Meldebehörde der Stadt Bad Lauterberg im Falle der
Einspruchsführerin für die von ihr gemeldete Haupt-
wohnung nicht erfüllt.

Da das Melderegister Grundlage für die Erstellung des
Wählerverzeichnisses ist, war die Einspruchsführerin
aufgrund der Löschung ihrer Daten aus dem Meldere-
gister nicht in das Wählerverzeichnis für die Europa-
wahl einzutragen und konnte dementsprechend ihr
Wahlrecht nicht in der Stadt Bad Lauterberg ausüben.
Ein von der Einspruchsführerin behauptetes rechtswid-
riges Handeln seitens der Stadt Bad Lauterberg oder
des Kreiswahlleiters, um sie bewusst von der Teilnah-
me an der Europawahl auszuschließen, kann somit
nicht festgestellt werden.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 haben die Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Die Einspruchsführer beanstanden die Auszählung
des Wahlergebnisses zur Europawahl im Wahllokal
Wilhelm-Höger-Haus in Kitzingen. Sowohl das in
der Presse veröffentlichte Wahlergebnis als auch ei-
ne Rückfrage bei den „Auszählern“ habe ergeben,
dass die von ihnen gewählte Partei trotz einer ihrer
Meinung nach korrekt durchgeführten Wahl keine
Stimmen erhalten habe. Es sei unbegreiflich, wo ih-
re Stimmen geblieben seien und habe ihren Glauben
an die Zuverlässigkeit demokratischer Wahlen
schon etwas erschüttert. Die Einspruchsführer bit-
ten deshalb um Überprüfung des Wahlergebnisses
in diesem Wahllokal.

Der Kreiswahlleiter des Landkreises Kitzingen hat
in seiner Stellungnahme angegeben, er habe anläss-
lich des Einspruchs die Nachzählung der gültigen
Stimmzettel in diesem Wahlbezirk 8 veranlasst. Am
12. Juli 1999 sei unter anderem im Beisein von zwei
Mitgliedern des Wahlvorstandes das Paket mit den
gültigen Stimmzetteln geöffnet und die Anzahl der
auf jeden Wahlvorschlag abgegebenen gültigen
Stimmen neu ermittelt worden. Dabei habe festge-
stellt werden müssen, dass sich zwischen den
Stimmzetteln mit den gültigen Stimmen für den
Wahlvorschlag 02 – SPD – insgesamt 14 Stimmzet-
tel für den Wahlvorschlag 03 – BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN – befunden hätten. Wie es dazu habe
kommen können, sei den anwesenden Mitgliedern
des Wahlvorstandes unerklärlich gewesen. Somit
seien für die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
aufgrund der Nachzählung 14 gültige Stimmen ab-
gegeben worden. Weitere Abweichungen vom ur-

sprünglich ermittelten Wahlergebnis habe man
nicht feststellen können.

Zu der den Einspruchsführern bekannt gegebenen
Stellungnahme haben sich diese nicht mehr geäu-
ßert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
trotz eines festzustellenden Wahlfehlers offensichtlich
unbegründet.

Die fehlerhafte Stimmenauszählung in dem Wahlbe-
zirk 8 der Großen Kreisstadt Kitzingen, bei der verse-
hentlich 14 für die Partei BÜNBNIS 90/DIE GRÜNEN
abgegebene Stimmen der SPD zugerechnet worden
sind, stellt einen Wahlfehler dar. Wegen der späten
Aufdeckung dieses Fehlers am 12. Juli 1999 aufgrund
dieses Einspruches konnte das amtliche Wahlergebnis
auch nicht mehr korrigiert werden.

Trotz dieses festzustellenden Wahlfehlers kann der
Einspruch keinen Erfolg haben. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der
Wahlprüfungsausschuss stets angeschlossen hat, kön-
nen nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahlein-
spruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsver-

Anlage 23

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 6/99 –
der Eheleute Wolfgang und Regina Popp

wohnhaft: Am Schachen 40, 97318 Kitzingen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 88 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

teilung von Einfluss sind oder hätten sein können.
Infolgedessen scheiden alle Verstöße von vornherein
als unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahlergeb-
nisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370 [372] stän-
dige Rechtsprechung). Selbst solche Wahlfehler, die –
wie im vorliegenden Fall – die Ermittlung des Wahler-
gebnisses betreffen, sind dann unerheblich, wenn sie
angesichts des Stimmenverhältnisses keinen Einfluss
auf die Mandatsverteilung haben können.

In dem Wahlbezirk 8 der Großen Kreisstadt Kitzingen
entfielen nach dem amtlichen Endergebnis von 326
gültigen Stimmen 120 auf die SPD (36,81 %) und
keine Stimme auf die Partei BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN. Rechnet man nun die fälschlicherweise der
SPD zugerechneten 14 Stimmen der Partei BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN dieser Partei zu, verändert sich das
Ergebnis dergestalt, dass die SPD nur 106 Stimmen
und die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14 Stim-
men erhalten hätte. Daraus ergäbe sich für die SPD ein
Stimmenanteil von 32,16 %, hingegen für BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN ein Anteil von 4,3 % der abgegebe-
nen gültigen Stimmen. Im Landkreis Kitzingen stellt
sich das Ergebnis für die Europawahl wie folgt dar: Die
CSU hat 66,1 %, die SPD 20,7 % und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN haben 4,6 % der gültigen Stimmen er-
rungen. In Bayern hat die SPD bei der Europawahl

856 863 Stimmen (21,6 %) und im gesamten Bundes-
gebiet 8 307 085 Stimmen (30,7 %) errungen, wäh-
rend BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Bayern 243 781
Stimmen (6,1 %) und bundesweit 1 741 494 Stimmen
(6,4 %) erzielt hat.

Somit weicht das tatsächliche Ergebnis von dem amt-
lich ermittelten Ergebnis nicht in der Weise ab, dass der
festgestellte Wahlfehler die Mandatsverteilung für die
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland verändert hätte.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 89 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 18. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 22. Juni 1999, haben die Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Sie begründen ihren Einspruch damit, dass die von
ihnen am 17. Mai 1999 beim Wahlamt der Stadt
Bonn angeforderten Briefwahlunterlagen bis zum
Antritt ihrer Urlaubsreise am 28. Mai 1999 nicht
eingetroffen seien. Erst nach ihrer Rückkehr aus
dem Urlaub am 18. Juni 1999 hätten sie die Brief-
wahlunterlagen von der Stadt Bonn mit dem Absen-
destempel 31. Mai 1999 vorgefunden.

Eine Rückfrage bei der Stadt Bonn habe ergeben,
dass die Stadt Bonn mit der Deutschen Post AG ver-
einbart habe, Briefwahlanträge über eine gesonder-
te Postleitzahl zu leiten, um eine schnelle Bearbei-
tung zu sichern. Die Deutsche Post AG habe es
jedoch versäumt, das für Bonn zuständige Briefzen-
trum Troisdorf davon zu unterrichten. Da das Brief-
zentrum mit der besonderen Postleitzahl nichts habe
anfangen können, habe man zehn Pakete mit Brief-
wahlantragskarten stehen lassen. Erst nachdem die
Stadt Bonn durch eine Beschwerde davon Kenntnis
erhalten habe, seien die Briefwahlunterlagen mit er-
heblicher Verspätung verteilt worden.

Die Einspruchsführer fühlen sich durch dieses Ver-
säumnis um ihr Wahlrecht gebracht.

Die Stadt Bonn hat zu dem Einspruch folgende Stel-
lungnahme abgegeben:

Die am 21. Mai 1999 eingegangenen Briefwahlan-
träge der Einspruchsführer seien am 31. Mai 1999
bearbeitet und auf dem Postwege versandt worden.
Die rechtzeitige Ankunft der Wahlbriefe vor der Eu-

ropawahl an die Bonner Anschrift müsse deshalb
unterstellt werden. Aus den Anträgen sei nicht zu
erkennen gewesen, dass die Einspruchsführer ab
dem 28. Mai 1999 eine Urlaubsreise antreten wür-
den.

Der Zeitraum zwischen dem Eingang und der Bear-
beitung der Anträge von fünf Arbeitstagen erkläre
sich wie folgt:

Um das Postaufkommen zur Europawahl von der
allgemeinen Post der Stadtverwaltung Bonn zu tren-
nen, sei mit der Deutschen Post AG eine eigene
Postleitzahl vereinbart worden. Die Deutsche Post
AG habe es jedoch nach eigener Aussage versäumt,
die Mitarbeiter des Briefzentrums Troisdorf-Spich
darüber zu informieren. Am 21. Mai 1999 seien der
Stadt Bonn zehn Behälter mit Briefwahlanträgen
vom 14. Mai 1999 übergeben worden, die eine Wo-
che im Briefzentrum stehen geblieben seien. Diese
seien mit verstärktem Personaleinsatz zusätzlich zu
den täglich eingehenden Anträgen, zu denen auch
die Anträge der Einspruchsführer gehört hätten, ab-
gearbeitet worden.

Die Einspruchsführer sehen in der ihnen bekannt
gegebenen Stellungnahme eine Bestätigung ihrer
bereits in der Einspruchsschrift angegebenen Aus-
sage, wonach die Deutsche Post AG die unverhält-
nismäßige Verzögerung der Bearbeitung der Brief-
wahlanträge verursacht habe. Außerdem sei ihnen
nicht klar, warum ihre Anträge vom 18. Mai erst am
21. Mai 1999 beim Wahlamt eingegangen seien. Zu-
dem sei auf den Briefwahlanträgen kein Feld zur
Eintragung des Beginns eines Abwesenheitszeit-
raumes vorgesehen, so dass sie keine Möglichkeit
gehabt hätten, auf ihre Abwesenheit ab dem 28. Mai
1999 hinzuweisen. Auch wenn durch ihre nicht ab-
gegebenen Stimmen die Zusammensetzung des Eu-
ropäischen Parlaments nicht wesentlich beeinflusst
worden sei, dürfte nach Ansicht der Einspruchsfüh-

Anlage 24

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 8/99 –
der Eheleute Dr. Dieter und Felizitas Stukenberg

wohnhaft: Peenestraße 10, 53127 Bonn

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 90 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

rer der Vorfall Anlaß dafür sein, der Deutschen Post
AG eine „offizielle Rüge wegen Wahlbehinderung
durch mangelhafte Erfüllung ihres Beförderungs-
auftrages bei der Zustellung von Briefwahlanträ-
gen“ zu erteilen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil ein Wahlfehler an-
hand des vorgetragenen Sachverhaltes nicht festge-
stellt werden konnte.

Wahlfehler liegen vor, wenn die rechtlichen Regelun-
gen über die Vorbereitung und Durchführung der Wahl
nicht eingehalten werden. Solche Wahlfehler können
in erster Linie den amtlichen Wahlorganen (§ 5 EuWG)
unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur insoweit be-
gehen, als sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anfor-
derungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der Organisa-
tion einer Wahl erfüllen (vgl. BVerfGE 89, 243, 251).

Bei der Deutschen Post AG handelt es sich um eine ju-
ristische Person des Privatrechts, die weder ein amtli-
ches Wahlorgan im Sinne von § 5 EuWG ist noch kraft
Gesetzes Aufgaben bei der Vorbereitung und Durch-
führung der Wahl erfüllt. Somit kann das Versäumnis
der Deutschen Post AG, das unstreitig mittelbar zu ei-
ner verzögerten Bearbeitung der Anträge auf Erteilung
eines Wahlscheines der Einspruchsführer durch die
Stadt Bonn geführt hat, nicht als Wahlfehler qualifi-
ziert werden.

Trotz der Verzögerung hat die Gemeindebehörde die
Briefwahlunterlagen am sechsten Werktag nach dem
Eingang der Anträge, dem 31. Mai 1999, und damit
noch so rechtzeitig abgesandt, dass sie vor dem Wahl-
termin 13. Juni 1999 bei den Einspruchsführern einge-
troffen sein müssten. Ein konkreter Termin, bis wann
die Briefwahlunterlagen spätestens abgesandt werden
müssen, ist in der Europawahlordnung nicht festgelegt.
Dass die Einspruchsführer sich ab dem 28. Mai 1999
über den Wahltermin hinaus im Ausland befinden wür-
den, war aus den Anträgen nicht ersichtlich. Auch
wenn sich auf dem Antragsvordruck für die Erteilung

eines Wahlscheines kein gesondertes Feld für den Be-
ginn der Abwesenheit befindet, hätten die Einspruchs-
führer auf diesen Termin hinweisen können, z. B.
neben der Zeile „Abwesenheit am Wahltag aus wichti-
gem Grund“. Es entspricht der üblichen Praxis, auf
amtlichen Vordrucken auch Hinweise anzubringen, für
die kein gesondertes Feld vorgesehen ist, denn nicht
jeder denkbare Fall kann auf derartigen Vordrucken be-
rücksichtigt werden.

Im Übrigen hatten die Einspruchsführer gemäß § 27
Abs. 5 Europawahlordnung (EuWO) auch die Mög-
lichkeit, spätestens am Tag vor ihrer Abreise die Brief-
wahlunterlagen persönlich bei der Gemeinde abzuho-
len bzw. die Briefwahl an Ort und Stelle auszuüben.
Eine weitere Möglichkeit bestand darin, sich die Un-
terlagen an eine andere Anschrift, gegebenenfalls auch
ins Ausland schicken zu lassen. Die Einspruchsführer
sind durch die verzögerte, aber dennoch rechtzeitige
Absendung der Briefwahlunterlagen durch die Stadt
Bonn jedenfalls nicht ihres Wahlrechts beraubt worden.

Auch die Behauptung, dass offensichtlich viele Bürger
der Stadt Bonn von dem Versäumnis der Deutschen
Post AG betroffen gewesen seien, worin möglicher-
weise auch die geringe Wahlbeteiligung ihren Grund
habe, kann nicht zum Erfolg des Einspruchs führen.
Die Einspruchsführer haben keine konkreten Fälle vor-
getragen, die diese Behauptung stützen. Der Wahlprü-
fungsausschuss sieht sich deshalb mangels hinreichend
bestimmtem Anfechtungsgegenstand an einer näheren
Prüfung gehindert. Denn die Wahlprüfung findet we-
der von Amts wegen statt, noch erfolgt sie stets in Ge-
stalt einer Durchprüfung der gesamten Wahl. Vielmehr
erfolgt nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG die Wahlprüfung
nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die Begrün-
dung muss mindestens den Tatbestand, auf den die An-
fechtung gestützt wird, erkennen lassen und genügend
substantiierte Tatsachen enthalten (BVerfGE 40, 11,
30). Dies ist durch die unspezifizierte Behauptung der
Einspruchsführer, viele Bürger der Stadt Bonn seien
betroffen, nicht geschehen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 91 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 22. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 6. Juli 1999, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, er befinde sich zurzeit in Haft
und habe am 21. Mai 1999 den Wahlschein bekom-
men. Diesen habe er am selben Tag ausgefüllt an
den zuständigen Mitarbeiter der Justizvollzugsan-
stalt zurückgegeben, um die Briefwahlunterlagen
zu beantragen. Nach Auskunft des Mitarbeiters hat-
te dieser die Absicht, den Wahlschein am selben Tag
auf den Postweg zu geben.

In der Woche vor der Wahl habe er mehrmals nach
Post gefragt und sich am 11. Juni 1999 ausdrücklich
beschwert. Am 15. Juni 1999 habe er sich beim
Wahlamt der Stadt Vechta beschwert und um Dar-
stellung des Sachverhaltes gebeten. Am 18. und am
22. Juni 1999 habe er jeweils ein Antwortschreiben
der Stadt Vechta bekommen mit dem Hinweis, sein
Briefwahlantrag sei erst am 17. Juni 1999 „durch
den Hausbriefkasten des Ordnungsamtes“ einge-
gangen und habe deswegen nicht mehr bearbeitet
werden können.

Er – der Einspruchsführer – sei daran gehindert wor-
den, an der Europawahl teilzunehmen, weshalb er
die Wahl anfechte. Entweder sei der Briefwahlan-
trag nicht bearbeitet worden oder ein Mitarbeiter der
Justizvollzugsanstalt habe den Wahlschein absicht-
lich verspätet zur Post gegeben.

Die Stadt Vechta hat zu dem Einspruch folgende
Stellungnahme abgegeben:

Der Wahlscheinantrag des Einspruchsführers sei am
17. Juni 1999 in dem Hausbriefkasten des Ord-
nungsamtes der Stadt Vechta vorgefunden worden.
Dieser Hausbriefkasten werde täglich geleert. We-
gen des verspäteten Eingangs habe der Antrag nicht
mehr bearbeitet werden können.

Die Justizvollzugsanstalt Vechta hat zu dem Ein-
spruch mitgeteilt, dass der Einspruchsführer den
Wahlscheinantrag am 25. Mai 1999 – dem Dienstag
nach Pfingsten – seinem Vollzugsabteilungsleiter
gegeben habe, der diesen wiederum persönlich in
die Poststelle gebracht habe. Am selben Tag seien
alle Briefe zur Post gegeben worden. Es sei deshalb
nicht nachvollziehbar, warum der Wahlscheinan-
trag erst am 17. Juni 1999 bei der Stadt Vechta ein-
gegangen sein soll.

Zu der dem Einspruchsführer bekannt gegebenen
Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Vechta hat
sich dieser wie folgt geäußert:

Er habe den Wahlscheinantrag bereits am 21. Mai
1999 ausgefüllt an den für ihn zuständigen Abtei-
lungsleiter weitergegeben. In der folgenden Woche
habe er diesen gar nicht gesehen.

Nach Auskunft der Stadt Vechta holt die Stadt ihre
Post selbst zweimal täglich beim Postamt ab. Der
Hausbriefkasten des Ordnungsamtes werde über-
wiegend von den Bürgern genutzt, die ihre Post per-
sönlich dort einwerfen. In seltenen Fällen werde
dort ein Brief von der Post eingeworfen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG

Anlage 25

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 19/99 –
des Herrn Marc Schallenmüller

wohnhaft: Willohstraße 13, 49377 Vechta,
c/o Justizvollzugsanstalt Vechta

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 92 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil ein Wahlfehler an-
hand des vorgetragenen Sachverhaltes nicht festge-
stellt werden konnte.

Im vorliegenden Fall konnte nicht geklärt werden, ob
der Wahlscheinantrag des Einspruchsführers tatsäch-
lich am 25. Mai 1999 von der Justizvollzugsanstalt zur
Post aufgegeben worden ist und wenn ja, warum er erst
am 17. Juni 1999 im Hausbriefkasten des Ordnungs-
amtes der Stadt Vechta vorgefunden worden ist.

Letztlich kommt es für die Entscheidung, ob ein Wahl-
fehler vorliegt oder nicht, auch nicht darauf an, ob die
Deutsche Post AG oder die Justizvollzugsanstalt
Vechta die Verspätung zu verantworten hat.

Wahlfehler liegen nämlich nur vor, wenn die rechtli-
chen Regelungen über die Vorbereitung und Durchfüh-
rung der Wahl nicht eingehalten werden. Solche Wahl-
fehler können in erster Linie den amtlichen Wahlorga-
nen (§ 5 EuWG) unterlaufen; Dritte können Wahlfeh-
ler nur insoweit begehen, als sie unter Bindung an
wahlgesetzliche Anforderungen kraft Gesetzes Aufga-
ben bei der Organisation einer Wahl erfüllen (vgl.
BVerfGE 89, 243, 251).

Weder die Deutsche Post AG noch die Justizvollzugs-
anstalt ist ein amtliches Wahlorgan im Sinne von § 5
EuWG, welches kraft Gesetzes Aufgaben bei der Vor-
bereitung und Durchführung der Wahl erfüllt. Insofern

können diese auch keine Wahlfehler begehen. Den-
noch hat die Justizvollzugsanstalt alles in ihrem Ver-
antwortungsbereich Liegende zu tun, um die Gefange-
nen bei der ordnungsgemäßen Ausübung ihres
Wahlrechts zu unterstützen; insbesondere hat sie dafür
Sorge zu tragen, dass Wahlbriefe von Gefangenen so
schnell wie möglich befördert werden.

Des Weiteren kommt es nicht darauf an, ob der Ein-
spruchsführer seinen ausgefüllten Wahlscheinantrag
bereits am 21. Mai oder erst am 25. Mai 1999 seinem
Betreuer übergeben hat. Die Antragsfrist für Briefwah-
lunterlagen endete nämlich erst am 11. Juni 1999 um
18.00 Uhr (§ 26 Abs. 4 Europawahlordnung – EuWO),
so dass der Antrag bei rechtzeitiger Beförderung in je-
dem Fall noch hätte bearbeitet werden können.

Am 17. Juni 1999 – dem Eingang des Wahlscheinan-
trages bei der Stadt Vechta – war die Europawahl be-
reits vorbei, weshalb sich die Ausstellung eines Wahl-
scheines erübrigt hatte. Die Stadt Vechta hat somit
ordnungsgemäß gehandelt.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 93 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 24. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 30. Juni 1999, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs gibt der Ein-
spruchsführer an, er habe für die Europawahl Brief-
wahlunterlagen beantragt und erhalten, aber nicht
benutzt, weil abzusehen gewesen sei, dass er am
Wahltag selbst zum Wahllokal würde gehen kön-
nen. Am Wahltag habe er in dem für ihn zuständigen
Wahllokal von einem Wahlhelfer die Auskunft er-
halten, er könne nur im Rathaus, jedoch nicht in dem
Wahllokal seine Stimme abgeben. Auf seinem
Wahlschein sei jedoch ausdrücklich darauf hinge-
wiesen worden, man könne entweder mittels Brief-
wahl oder mittels Ausweis in jedem Wahllokal seine
Stimme abgeben. Durch die falsche Auskunft des
Wahlhelfers sei er an der Stimmabgabe zur Europa-
wahl gehindert worden.

Zu dem Einspruch liegen Stellungnahmen des zu-
ständigen Wahlvorstehers des Wahlbezirks 18, der
Stadt Ravensburg und des Kreiswahlleiters mit fol-
gendem Inhalt vor:

Im Wahllokal des Wahlbezirks 18 der Stadt Ravens-
burg seien am Wahltag zwei Männer erschienen, die
jeweils einen roten Wahlumschlag in den Händen
gehalten hätten. Sie seien von dem zuständigen
Wahlvorsteher darauf hingewiesen worden, dass
Briefwahlumschläge nicht im Wahllokal, sondern
im Rathaus abzugeben seien. Daraufhin habe sich
einer der Männer beleidigend geäußert, seinen Wah-
lumschlag zerrissen und mit dem anderen Mann das
Wahllokal verlassen. Die Namen der Männer seien
dem Wahlvorsteher zwar nicht bekannt; dennoch sei

davon auszugehen, dass einer der Männer der Ein-
spruchsführer gewesen sei.

Im Übrigen sei in diesem Wahllokal in mehreren
Fällen mit einem Wahlschein gewählt worden. Dem
Wahlvorsteher sei somit die Rechtslage bekannt ge-
wesen. Die Wahlvorstände seien von der Stadt extra
darauf hingewiesen worden, keine roten Briefwahl-
umschläge anzunehmen. Die Auskunft des Wahl-
vorstehers in dem oben geschilderten Fall sei nicht
zu beanstanden. Wegen der schroffen Reaktion der
beiden Personen auf diese Auskunft sei ein Hinweis
darauf, dass sie ihre Stimme auch im Wahllokal un-
ter Vorlage der Wahlscheine abgeben können, nicht
mehr möglich gewesen.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm bekannt
gegebenen Stellungnahmen nochmals wie folgt ge-
äußert:

Er sehe durch die Stellungnahme des Wahlvorste-
hers seinen Vorwurf der Behinderung an der Aus-
übung seines Wahlrechts bestätigt. Bei Wahrneh-
mung von roten Umschlägen könne man nicht
automatisch davon ausgehen, dass im Wahllokal
Briefwahl ausgeübt werden soll. Die in dem Schrei-
ben des Landratsamtes Ravensburg vorgenommene
Bewertung stelle eine Änderung der Reihenfolge
der tatsächlichen Vorgänge dar und sei deshalb nicht
geeignet, seinen Vorwurf der Wahlbehinderung zu
entkräften.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-

Anlage 26

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 22/99 –
des Herrn Markus Büchler

wohnhaft: Seestraße 52, 88214 Ravensburg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 94 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
trotz eines festzustellenden Wahlfehlers offensichtlich
unbegründet.

Gemäß § 6 Abs. 5 EuWG kann ein Wahlberechtigter,
der einen Wahlschein hat, an der Wahl in dem Kreis, in
dem der Wahlschein ausgestellt worden ist, durch
Stimmabgabe in einem beliebigen Wahlbezirk oder
durch Briefwahl teilnehmen. Der Wahlschein tritt da-
mit an die Stelle der Eintragung in das Wählerverzeich-
nis, was bedeutet, dass der Wahlberechtigte nur noch
aufgrund des Wahlscheines und nicht aufgrund der
Eintragung in das Wählerverzeichnis wählen kann.
Will er entgegen seiner ursprünglichen Absicht, seine
Stimme durch Briefwahl abzugeben, doch in dem für
ihn zuständigen Wahlbezirk persönlich wählen, kann
er dies durch Vorlage seines Wahlscheins tun. Nach
Schilderung des Sachverhalts durch den Einspruchs-
führer hat dieser genau das beabsichtigt.

Es kann dahin stehen, ob es sich bei einem der männ-
lichen Personen, die laut Aussage des Wahlvorstehers
das Wahllokal mit einem roten Briefwahlumschlag be-
treten haben, um den Einspruchsführer gehandelt hat.
Nach Aussage des Einspruchsführers hat sich der
Sachverhalt jedenfalls anders darstellt. Danach wollte
dieser eben nicht seinen Briefwahlumschlag, sondern
seine Stimme persönlich in dem Wahllokal abgeben.

Dies hätte ihm bei Vorlage seines Wahlscheines nach
der geltenden Rechtslage auch gestattet werden müs-
sen.

Dennoch kann der festgestellte Wahlfehler nicht zum
Erfolg des Einspruchs führen. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der
Wahlprüfungsausschuss stets angeschlossen hat, kön-
nen nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahlein-
spruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsver-
teilung von Einfluss sind oder hätten sein können.
Infolgedessen scheiden alle Verstöße von vornherein
als unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahlergeb-
nisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370 [372] stän-
dige Rechtsprechung). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind
dann unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmen-
verhältnisses keinen Einfluss auf die Mandatsvertei-
lung haben können.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 95 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit einer E-Mail vom 17. Juni 1999 haben die Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt. Nach Mitteilung, dass das Schrift-
formerfordernis des § 2 Abs. 3 Wahlprüfungsgesetz
nicht erfüllt wurde, weil der Einspruch nicht eigen-
händig unterschrieben war, haben sie ein erneutes
Schreiben, welches von den Einspruchsführern un-
terschrieben war und am 14. Juli 1999 beim Bun-
destag eingegangen ist, übersandt.

Zur Begründung ihres Einspruchs geben die in Bel-
gien lebenden deutschen Einspruchsführer an, sie
hätten aufgrund einer telefonischen Nachfrage die
Auskunft erhalten, dass die Anträge für die Anfor-
derung von Briefwahlunterlagen für die Europa-
wahl rechtzeitig und unaufgefordert an sie geschickt
würden. Tatsächlich hätten sie diese Unterlagen je-
doch erst nach dem Stichtag, dem 23. Mai 1999, er-
halten, so dass sie nicht mehr an der Europawahl
hätten teilnehmen können. Der Bundeswahlleiter
habe ihnen unter anderem mit Schreiben vom
27. Mai 1999 mitgeteilt, dass die Unterlagen leider
zu spät verschickt worden seien.

Nach Kenntnis der Einspruchsführer sind viele an-
dere im Ausland lebende Deutsche ebenfalls durch
die verspätete Versendung der Unterlagen von der
Europawahl ausgeschlossen worden. Sie unterstel-
len deshalb der Bundesrepublik Deutschland, dass
außerhalb Deutschlands in Europa lebende deutsche
Staatsangehörige absichtlich daran gehindert wer-
den sollten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu ma-
chen. Da dieser ernst zu nehmende, nachprüfbare
Tatbestand gegen ihre demokratischen Grundrechte
verstoße, beabsichtigen sie, Klage beim Europäi-
schen Gerichtshof einzureichen, sofern sie keine er-
klärende Entschuldigung erhalten.

Der Bundeswahlleiter hat den Einspruchsführern
mit Schreiben vom 1. Juni 1999 mitgeteilt, dass die
Versendung des Info-Blattes mit dem Anforde-
rungsvordruck für die Briefwahlunterlagen, die
nicht durch ihn vorgenommen worden sei, offen-
sichtlich zu spät erfolgt sei. Die Anforderung der
Einspruchsführer sei so spät bei ihm eingegangen,
dass eine fristgerechte Antragstellung aufgrund des
Postweges zeitlich nicht mehr möglich sei.

Außerdem machte der Bundeswahlleiter in seinem
Schreiben an die Einspruchsführer auf Folgendes
aufmerksam:

Die Antragsvordrucke zur Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis liegen ca. zwei bis drei Monate vor
jeder Wahl bei Botschaften und Konsulaten der
Bundesrepublik Deutschland im Ausland, bei den
Stadt- und Kreiswahlleitern und bei ihm zur Versen-
dung bereit. Man solle mit der Anforderung der Vor-
drucke nicht bis kurz vor Fristablauf warten. Des
Weiteren geben die diplomatischen und berufskon-
sularischen Vertretungen der Bundesrepublik
Deutschland im Ausland ca. fünf bis sechs Monate
vor dem Wahltermin in regionalen und überregiona-
len Tageszeitungen im Ausland bekannt, wie und
wann die Eintragung in das Wählerverzeichnis be-
antragt werden muss. Das Presse- und Informa-
tionsamt der Bundesregierung, die TV-Spots der
Deutschen Welle und der Bundeswahlleiter selbst
informieren ebenfalls in den Monaten vor dem
Wahltermin über die Voraussetzungen für die Teil-
nahme an der Wahl für Deutsche im Ausland.

Auf Nachfrage des Sekretariats des Wahlprüfungs-
ausschusses, wann und von wem sie die Antragsun-
terlagen für die Eintragung in das Wählerverzeich-
nis erhalten hätten, haben die Einspruchsführer
angegeben, von der deutschen Botschaft in Brüssel
hätten sie telefonisch die Auskunft erhalten, dass sie
automatisch über die Voraussetzungen zur Teilnah-

Anlage 27

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 13/99 –
der Eheleute Herbert und Ursula Zöll

wohnhaft: Rue du Coin du Bois 39, B 4950 Sourbrodt/Belgien

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 96 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

me an der Europawahl benachrichtigt werden wür-
den. Diese Unterlagen haben sie dann leider zu spät
von der BfA Berlin – wie sie glauben – erhalten.

Der Bundeswahlleiter hat zu dem Einspruch folgen-
de Stellungnahme abgegeben:

Die Einspruchsführer hatten versucht, den Vordruck
für die Anforderung der Antragsformulare zur Ein-
tragung in das Wählerverzeichnis, der mit dem
Poststempel vom 19. Mai 1999 versehen war, un-
frankiert an ihn zu senden. Die Deutsche Post AG
hat den Vordruck jedoch an den Absender zurück-
gesandt. Der Einspruchsführer Herbert Zöll hat da-
raufhin auf dem Vordruck handschriftlich vermerkt
„ Zum 2. Mal schickt die Dt. PB diese Anforderung
zurück. Wir wollen wählen!!“ und nochmals un-
frankiert an den Bundeswahleiter gesandt. Schließ-
lich hat sich der Einspruchsführer am 27. Mai 1999
telefonisch an den Bundeswahlleiter gewandt und
dann den Anforderungsvordruck in einem frankier-
ten Umschlag an ihn geschickt. Am gleichen Tag
wurden den Einspruchsführern zwei Antragsvor-
drucke übersandt, obwohl die Frist für die Antrag-
stellung bereits abgelaufen war. Außerdem erhiel-
ten die Einspruchsführer das Schreiben vom 1. Juni
1999 (zum Inhalt siehe oben).

Das so genannte Info-Blatt wurde vom Presse- und
Informationsamt der Bundesregierung erstellt. Es
enthielt einen Vordruck, mit dem Deutsche im Aus-
land Antragsformulare für die Eintragung in das
Wählerverzeichnis in Deutschland anfordern konn-
ten. Dieses Info-Blatt wurde durch den Postrenten-
dienst an Rentenempfänger im Ausland versandt.
Nach Auskunft des Postrentendienstes sind ihm die
Info-Blätter am 4. Mai 1999 vom Presse- und Infor-
mationsamt der Bundesregierung zur Verfügung ge-
stellt worden. Der Postrentendienst hat die Versen-
dung der Info-Blätter an Rentenempfänger im
Ausland am 12. Mai 1999 abgeschlossen. Viele Vor-
drucke zur Anforderung der Antragsformulare sind
beim Bundeswahlleiter erst in der Woche vor Ab-
lauf der Frist gemäß § 17 Abs. 1 Europawahlord-
nung (EuWO) eingegangen. Obwohl den Deut-
schen im Ausland die Antragsformulare spätestens
am zweiten Tag nach Eingang der Anforderung zu-
gesandt worden sind, haben die meisten den Antrag
auf Eintragung in das Wählerverzeichnis wegen der
Postlaufzeiten nicht mehr fristgerecht stellen kön-
nen.

Er – der Bundeswahlleiter – halte es deshalb für not-
wendig, bei künftigen Bundestags- und Europawah-
len die Deutschen im Ausland besser zu informieren
und das Info-Blatt früher zu versenden. Man könne
jedoch von Deutschen im Ausland auch erwarten,
dass sie sich vor anstehenden Wahlen selbst über die
Voraussetzungen für eine Teilnahme informieren.

Zu der den Einspruchsführern bekannt gegebenen
Stellungnahme haben sich diese nicht mehr geäu-
ßert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Der Vortrag der Einspruchsführer lässt keine Fehler bei
der Vorbereitung und Durchführung der Wahl der Ab-
geordneten des Europäischen Parlaments aus der Bun-
desrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 erkennen.

Die einschlägigen Regelungen der Europawahlord-
nung gehen davon aus, dass die außerhalb der Bundes-
republik Deutschland lebenden Deutschen zur Wahr-
nehmung ihres Wahlrechts selbst aktiv werden müssen.
Die in den übrigen Mitgliedstaaten des Europarates le-
benden Deutschen sind gemäß § 6 Abs. 2 EuWG, § 12
Abs. 2 Nr. 2 Bundeswahlgesetz (BWG) wahlberech-
tigt. Ihre Eintragung in das Wählerverzeichnis setzt ge-
mäß § 15 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EuWO einen ent-
sprechenden Antrag voraus, der gemäß § 16 Abs. 2 Nr.
4 EuWO bei der Gemeinde zu stellen ist, in der der
Wahlberechtigte vor seinem Fortzug aus dem Wahlge-
biet zuletzt gemeldet war. In dem Antrag hat der Wahl-
berechtigte gemäß § 17 Abs. 5 EuWO der Gemeinde-
behörde durch Abgabe einer Versicherung an Eides
statt den Nachweis für seine Wahlberechtigung zu er-
bringen und zu erklären, dass er in keinem anderen
Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft an der
Wahl teilnimmt und in keiner anderen Gemeinde im
Wahlgebiet einen Antrag auf Eintragung in das Wäh-
lerverzeichnis gestellt hat. Vordrucke und Merkblätter
für die Antragstellung können bei den diplomatischen
und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesre-
publik Deutschland im Ausland, beim Bundeswahllei-
ter sowie bei den Kreis- und Stadtwahlleitern angefor-
dert werden. Diese haben jedoch nicht die Pflicht, die
wahlberechtigten Deutschen im Ausland von sich aus
einzeln zu informieren. Nach der glaubhaften Auskunft
des Bundeswahlleiters lagen die Vordrucke bei den ge-
nannten Stellen zwei bis drei Monate vor dem Wahlter-
min zur Versendung bereit.

Gemäß § 19 Abs. 2 EuWO müssen die Botschaften
und Berufskonsulate lediglich öffentliche Bekanntma-
chungen über die Modalitäten des Wahlrechts durch
deutschsprachige Anzeigen in regionalen und überre-
gionalen Tages- und Wochenzeitungen des jeweiligen
Landes vornehmen. Nur dann, wenn solche Bekannt-
machungen in begründeten Einzelfällen nicht erfolgen

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 97 – Drucksache 14/2761

oder nicht gerechtfertigt erscheinen, sind die Botschaf-
ten und Konsulate gehalten, die „einzelnen bekannten
Betroffenen“, soweit möglich, zu unterrichten. Für ei-
ne Verletzung dieser Verpflichtung haben die Ein-
spruchsführer jedoch nichts vorgetragen.

Die Erstellung des so genannten Info-Blattes durch das
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und
deren Versendung durch den Postrentendienst dient der
zusätzlichen Information der im Ausland lebenden
wahlberechtigten Rentenempfänger. Die verspätete
Versendung der Info-Blätter ist zwar bedauerlich, be-
gründet aber keinen Wahlfehler, weil diese Institutio-
nen keine gesetzliche Hinweispflicht bezüglich der Vo-
raussetzungen für die Teilnahme an der Europawahl
trifft.

Auch die Vorwürfe der Einspruchsführer gegen die
deutsche Botschaft in Brüssel, von der sie eine falsche
Auskunft erhalten haben wollen, begründen keine
Wahlfehler. Zum einen haben die Einspruchsführer
keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die diese Vor-
würfe belegen. Zum anderen ist die Botschaft kein amt-
liches Wahlorgan im Sinne von § 5 EuWG. Wahlfehler

können aber in erster Linie den amtlichen Wahlorganen
unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur insoweit be-
gehen, als sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anfor-
derungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der Organisa-
tion einer Wahl erfüllen (vgl. BVerfGE 89, 243, 251).
Dies trifft für Botschaften nicht zu.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 99 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 2. Juli 1999 hat der Einspruchs-
führer die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepu-
blik Deutschland am 13. Juni 1999 angefochten.

Zur Begründung führt er aus, bei der Europawahl
1999 habe es sich nicht wirklich um eine „Wahl“ im
Sinne des § 1 Abs. 1 Europawahlgesetz (EuWG)
gehandelt. Das Europawahlgesetz ermögliche einen
Effekt, der Wählerstimmen ein negatives Gewicht
verleihe. Dies könne dazu führen, dass eine Stimme
für einen Listenwahlvorschlag dieser Liste schade
und wirke, als ob die Stimmen vom Ergebnis abge-
zogen und für andere dazugezählt würden. Eine ge-
wählte Liste erhalte dann durch mehr Stimmen we-
niger statt mehr Parlamentssitze und die Wahl
verkomme zu einer Abwahl. Eine vernünftige
Stimmabgabe sei bei solch einem „Wahlsystem“
nicht mehr möglich, weil kein Wähler erkennen
könne, wie sich seine Stimme auf die Sitzverteilung
auswirke.

Die Ursache dieser absurden Folgen des Europa-
wahlgesetzes sei das in § 2 Abs. 3 vorgeschriebene
Berechnungsverfahren, die Quotientenmethode mit
Restausgleich (Hare-Niemeyer). Dies könne in
Kombination mit einer Sperrklausel (§ 2 Abs. 6
EuWG) zum „Parteizuwachs-Paradoxon“ führen –
die Berücksichtigung einer zusätzlichen Partei bei
der Sitzverteilung führe für eine Liste zu einem Sitz-
gewinn. Außerdem könne das Berechnungsverfah-
ren bei der Verwendung zur Unterverteilung auf
verbundene Listen gemäß § 2 Abs. 5 EuWG zum so
genannten Alabama-Paradoxon führen – mehr zu
verteilende Sitze führten für eine Liste zu weniger
Sitzen.

Der Einspruchsführer hat zu diesen Phänomenen
Berechnungsbeispiele vorgelegt. Er meint, die auf-
gezeigten Effekte beeinträchtigten die Freiheit und

Unmittelbarkeit der Wahl. Wenn ein Weniger statt
eines Mehr an Stimmen zu einem Sitzgewinn führen
könne, sei ein Wahlsystem nicht unmittelbar. Wenn
man vor der Wahl nicht erkennen könne, ob eine
Stimme oder aber eine Stimmenthaltung einem
Wahlvorschlag zugute komme, sei die Wahl nicht
frei. Die gerügten Effekte könnten vermieden wer-
den, wenn an Stelle des Berechnungsverfahrens
nach Hare-Niemeyer das Verfahren nach Sainte
Lague (Divisormethode mit Standardrundung) ver-
wendet würde. Das letztgenannte Verfahren würde
nicht zu solch absurden Folgen führen.

Der Einspruchsführer hat mit einem ähnlichen Vor-
bringen bereits die Wahl zum 14. Deutschen Bun-
destag am 27. September 1998 angefochten (WP
65/98).

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Der Vortrag des Einspruchsführers lässt keinerlei
Wahlfehler erkennen. Das Wahlprüfungsverfahren
setzt die Rüge von Mängeln bei der Anwendung der für
die Wahl geltenden wahlrechtlichen Regelungen vor-
aus. Wahlfehler liegen vor, wenn die rechtlichen Rege-

Anlage 28

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 25/99 –
des Herrn Martin Fehndrich

wohnhaft: Borkhofer Str. 62, 47137 Duisburg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 100 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

lungen über die Vorbereitung und Durchführung der
Wahl nicht eingehalten werden (vgl. BVerfGE 89, 243,
251, 254 für die Prüfung der Wahlen zum Deutschen
Bundestag; die hierfür entwickelten Grundsätze gelten
für die Prüfung der Wahlen der deutschen Abgeordne-
ten im Europäischen Parlament entsprechend).

Der Einspruchsführer stützt seine Wahlanfechtung je-
doch nicht auf solche Mängel, sondern beanstandet
Vorschriften des geltenden Wahlgesetzes als solche.
Der Bundestag und der Wahlprüfungsausschuss haben
es indessen stets abgelehnt, die Unvereinbarkeit von
Wahlrechtsvorschriften mit höherrangigem Recht fest-
zustellen. Diese Kontrolle bleibt dem Bundesverfas-
sungsgericht und – soweit die geltenden Verträge dies
vorsehen – dem Europäischen Gerichtshof vorbe-
halten.

Der Wahlprüfungsausschuss weist deshalb nur darauf
hin, dass er sich in der Begründung der Entscheidung
zu dem Einspruch gegen die Bundestagswahl (WP 65/
98) ausführlich mit dem Vorbringen des Einspruchs-

führers, insbesondere mit den spezifischen Nachteilen
des Berechnungsverfahrens nach Hare-Niemeyer aus-
einandergesetzt hat. Dies braucht an dieser Stelle nicht
wiederholt werden. Entscheidend ist, dass der Vortrag
des Einspruchsführers auch dem vorliegenden Wah-
leinspruch nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 8. Juli 1999, das am 15. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer zu 1) die Gültigkeit der Wahl der Ab-
geordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 an-
gefochten. Mit gleichlautenden Erklärungen, die
der Einspruchsschrift beigefügt waren, haben sich
die Einspruchsführer zu 2) bis 8), 10) und 11) dem
Einspruch angeschlossen und zugleich dem Ein-
spruchsführer zu 1) eine Vollmacht für das Wahl-
prüfungsverfahren erteilt. Eine entsprechende Er-

klärung des Einspruchsführers zu 9) ist am 28. Juli
1999 beim Bundestag eingegangen.

In der Begründung ihres Wahleinspruchs beanstan-
den die als Deutsche in der Schweiz lebenden Ein-
spruchsführer, sie seien vom deutschen General-
konsulat in Zürich nicht

„– auf die Europawahl hingewiesen worden,

„– mit einem Antrag auf Anforderung der Wahlun-
terlagen versorgt worden,

„– darauf hingewiesen worden, dass der Wahlaus-
weis bzw. die Briefwahlunterlagen bei der glei-

Anlage 29

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 28/99 –

1. des Herrn Walter Lohse
wohnhaft: Bachwisstraße 6, CH-9100 Herisau,

– bevollmächtigt –

2. der Frau Helga Dänzer
wohnhaft: Schlattstraße 22, CH-9435 Heerbrugg,

3. des Herrn Uwe Holder
wohnhaft: Gibelhalde 17, CH-9100 Herisau,

4. der Frau Ingrid Köthe
wohnhaft: Grüntalstraße 22 B, CH-9303 Wittenbach,

5. der Frau Antonie Kordzumdieke
wohnhaft: Rorschacherstraße 161, CH-9000 St. Gallen,

6. des Herrn Kurt Kordzumdieke
wohnhaft: Rorschacherstraße 161, CH-9000 St. Gallen,

7. der Frau Elfriede Kuster
wohnhaft: Splügenstraße 35, CH-98008 St. Gallen,

8. der Frau Klara Omasmeier
wohnhaft: Burenbüchelstr. 9, CH-9016 St. Gallen,

9. des Herrn Karl-Heinz Ritter
wohnhaft: Seeblickweg 4, CH-9113 Degersheim,

10. der Frau Isolde Schulz
wohnhaft: Sanitätsstraße 10, CH-9430 St. Margrethen,

11. des Herrn Ulf Wurster
wohnhaft: Höhenstraße 16, CH-9230 Flawil

gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 102 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

chen Behörde anzufordern ist, die auch für die
Bundestagswahl zuständig war,

„– [darauf hingewiesen worden,] dass auch für die
Europawahl die frühere zeitliche Begrenzung
des Stimmrechts auf längstens 10 Jahre Aufent-
halt in der Schweiz entfallen ist.“

Weiterhin werfen die Einspruchsführer, Mitglieder
des „Deutscher Verein für St. Gallen und die Ost-
schweiz“ der deutschen Generalkonsulin in Zürich
eine „schwerwiegende, bösartige und vorsätzliche
Wahlbehinderung“ vor. Die Konsulin habe „den
einzigen Deutschen Verein in der gesamten deutsch-
sprechenden Schweiz vorsätzlich nicht informiert“.
Die vorhandenen Differenzen berechtigten die Ge-
neralkonsulin nicht, „zu versuchen, uns durch
Nicht-Information von der Wahl auszuschließen“.

Mit einem ähnlichen Vortrag hatten die Einspruchs-
führer bereits die Wahl zum 14. Deutschen Bundes-
tag am 27. September 1998 angefochten.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet. Der Vortrag der Ein-
spruchsführer lässt keinerlei Fehler bei der Vorberei-
tung und Durchführung der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik
Deutschland am 13. Juni 1999 erkennen. Die Vorwürfe
der Einspruchsführer gegen das deutsche Generalkon-
sulat in Zürich begründen keine Wahlfehler, da das
Konsulat keine der von den Einspruchsführern ange-
mahnten Hinweispflichten trifft.

Die einschlägigen Regelungen der Europawahlordnung
gehen vielmehr davon aus, dass die außerhalb der
Bundesrepublik Deutschland lebenden Deutschen zur
Wahrnehmung ihres Wahlrechts betreffend die deut-
schen Abgeordneten des Europäischen Parlaments
selbst aktiv werden müssen. Die in den übrigen Mit-
gliedstaaten des Europarates lebenden Deutschen sind
gemäß § 6 Abs. 2 EuWG, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Bundes-
wahlgesetz (BWG) wahlberechtigt. Ihre Eintragung in
das Wählerverzeichnis setzt gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 2
Buchstabe b der Europawahlordnung (EuWO) einen
entsprechenden Antrag voraus, der gemäß § 16 Abs. 2
Nr. 4 EuWO bei der Gemeinde zu stellen ist, in der der
Wahlberechtigte vor seinem Fortzug aus dem Wahlge-

biet zuletzt gemeldet war. Sofern der Wahlberechtigte
noch nie für eine Wohnung im Wahlgebiet gemeldet
war, ist die Gemeindebehörde in Bonn zuständig. In
dem Antrag hat der Wahlberechtigte gemäß § 17 Abs. 5
EuWO der Gemeindebehörde durch Abgabe einer Ver-
sicherung an Eides statt den Nachweis für seine Wahl-
berechtigung zu erbringen und zu erklären, dass er in
keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Ge-
meinschaft an der Wahl teilnimmt und in keiner anderen
Gemeinde im Wahlgebiet einen Antrag auf Eintragung
in das Wählerverzeichnis gestellt hat. Vordrucke und
Merkblätter für die Antragstellung können bei den di-
plomatischen und berufskonsularischen Vertretungen
der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, beim
Bundeswahlleiter sowie bei den Kreis- und Stadtwahl-
leitern angefordert werden.

Entgegen der Annahme der Einspruchsführer trifft also
die diplomatischen und berufskonsularischen Vertre-
tungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland –
dazu gehört auch das Generalkonsulat in Zürich – nicht
die Pflicht, die in ihrem Zuständigkeitsbereich leben-
den Deutschen einzeln auf diese Regelungen hinzu-
weisen oder ihnen unaufgefordert Formulare zuzusen-
den. Gemäß § 19 Abs. 2 EuWO müssen lediglich
öffentliche Bekanntmachungen über die Modalitäten
des Wahlrechts durch deutschsprachige Anzeigen in
regionalen und überregionalen Tages- und Wochenzei-
tungen erfolgen. Nur dann, wenn solche Bekanntma-
chungen in begründeten Einzelfällen nicht erfolgen
oder nicht gerechtfertigt erscheinen, sind die Botschaf-
ten und Konsulate gehalten, die „einzelnen bekannten
Betroffenen“ zu unterrichten. Für eine Verletzung die-
ser Verpflichtungen haben die Einspruchsführer jedoch
nichts vorgetragen.

Soweit die Einspruchsführer schließlich auf den ver-
meintlichen Wegfall der „zeitlichen Begrenzung des
Stimmrechts“ für in der Schweiz lebende Deutsche ab-
stellen, liegt dem ein Missverständnis zugrunde, auf
das der Wahlprüfungsausschuss bereits in der Ent-
scheidung über den Wahleinspruch der Einspruchsfüh-
rer gegen die Bundestagswahl vom 13. September
1998 eingegangen ist. Darauf kann an dieser Stelle ver-
wiesen werden, da das Vorbringen der Einspruchsfüh-
rer auch unter diesem Aspekt keinen Wahlfehler be-
gründet.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG insgesamt als offen-
sichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben des Kreiswahlleiters des Kreises
Stormarn vom 9. Juli 1999 ist dem Wahlprüfungs-
ausschuss ein undatiertes Schreiben des Ein-
spruchsführers zugeleitet worden, in dem der Ein-
spruchsführer ausdrücklich um ein „Weiterleiten
dieser Wahlanfechtung an den Wahlvorstand des
Bundeswahlamtes“ nachsucht. Gleichzeitig bezieht
sich der Einspruchsführer in seinem undatierten
Schreiben auf eine am 19. Juni 1999 an das Bundes-
kanzleramt gerichtete Wahlanfechtung.

Der Einspruchsführer ist im Eingangsbestätigungs-
schreiben des Sekretariats des Wahlprüfungsaus-
schusses vom 12. August 1999 um die Vorlage
einer Kopie des Wahlanfechtungsschreibens vom
19. Juni 1999 an das Bundeskanzleramt gebeten
worden. Eine solche Kopie hat der Einspruchsfüh-
rer dem Wahlprüfungsausschuss nicht zugeleitet.
Er hat dazu erklärt, eine Kopie könne er wegen ei-
nes Computerabsturzes nicht beschaffen. Er hat
aber zahlreiche Schriftstücke vorgelegt, die sich
mit Vorgängen außerhalb der Wahlen der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments aus der Bun-
desrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 befas-
sen, beispielsweise mit den Vorwürfen gegen die
ehemaligen Ministerpräsidenten von Schles-
wig-Holstein Barschel und Engholm, mit dem
Rücktritt des ehemaligen Generalstaatsanwalts von
Schleswig-Holstein Ostendorf, mit Erbauseinan-
dersetzungen oder mit seiner Familiengeschichte.
Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf den Ak-
teninhalt verwiesen.

Mit Schreiben des Wahlprüfungsausschusses vom
17. August 1999 ist der Einspruchsführer darauf
hingewiesen worden, dass ein Einspruch nur be-
gründet ist, wenn ein genau bezeichneter Wahlfeh-
ler vorgetragen wird. Ein solcher Wahlfehler müsse
sich auf die letzten Europawahlen beziehen. Zusätz-

lich ist er darüber belehrt worden, dass weder das
Schreiben des Einspruchsführers an den Kreiswahl-
leiter des Kreises Stormarn noch die Faxe vom
16. und 17. August 1999 an den Wahlprüfungsaus-
schuss Angaben über mögliche Wahlfehler bei der
Vorbereitung oder Durchführung der letzten Wahl
enthielten. Deshalb ist der Einspruchsführer aus-
drücklich aufgefordert worden, seinen Wahlein-
spruch zu substanziieren. Er ist im Übrigen gebeten
worden, davon abzusehen, dem Wahlprüfungsaus-
schuss weitere Unterlagen zu übersenden, die sich
auf die von ihm verfolgten Erbansprüche beziehen.

Der Einspruchsführer hat sich anschließend gegen-
über dem Wahlprüfungsausschuss nicht mehr geäu-
ßert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sache
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2
EuWG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der
Anberaumung einer öffentlich mündlichen Ver-
handlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Das Einspruchsschreiben des Einspruchsführers ist
form- und fristgerecht beim Deutschen Bundestag ein-
gegangen. Der Einspruch ist zulässig, jedoch offen-
sichtlich nicht unbegründet.

Der Einspruchsführer hat einen Verstoß gegen Wahl-
rechtsvorschriften nicht dargetan. Ob Verletzungen des
Wahlrechts in dem Anfechtungsschreiben, dass der
Einspruchsführer an das Bundeskanzleramt geschickt
haben will, vorgetragen worden sind, ist unerheblich,

Anlage 30

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 34/99 –
des Herrn Friedrich Rennemüller

wohnhaft: Mommsenstraße 1 a, 23843 Bad Oldesloe

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 104 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

weil Wahleinsprüche nämlich beim Deutschen Bun-
destag eingereicht werden müssen (§ 2 Abs. 3
WPrüfG). Der Einspruchsführer hat jedenfalls in den
Schriftsätzen, die er dem Wahlprüfungsausschuss zu-
geleitet hat, keine Einzelheiten vorgetragen, die die
Vorbereitung, Durchführung oder Stimmenauszählung
der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parla-
ments aus der Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni
1999 betreffen. Wie dem Einspruchsführer im Ein-
gangsbestätigungsschreiben vom 12. August 1999 und
im Schreiben des Wahlprüfungsausschusses vom
17. August 1999 mitgeteilt worden ist, muss ein Ein-
spruch gegen die Gültigkeit von Wahlen die Wahlfeh-
ler genau bezeichnen, auf die der Einspruch gestützt
wird. Dieser Substanziierungspflicht ist der Ein-
spruchsführer trotzt der Aufforderung des Wahlprü-
fungsausschusses vom 17. August 1999 nicht nachge-
kommen, in dem die Begründungspflicht nach Sinn

und Umfang noch einmal ausdrücklich erläutert wor-
den ist.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 105 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 18. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 25. Juni 1999, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Der Einspruchsführer begründet seinen Einspruch
damit, die Stadt Bad Nauheim habe ihm rechtswid-
rig die Eintragung in das Wählerverzeichnis zur Eu-
ropawahl verweigert und keine Wahlunterlagen zu-
gesandt, obwohl er nochmals mit Schreiben vom
5. Juni 1999 um Zusendung der Briefwahlunterla-
gen gebeten hatte. Er sei seit Januar 1996 in der
Stadt Bad Nauheim gemeldet und wohne seitdem
ununterbrochen dort. Seine Ehefrau habe ihn jedoch
im Zuge eines Ehestreits gegen seinen Willen bei
der Stadt Bad Nauheim abgemeldet. Dieser „rechts-
widrige Akt“ werde von der Stadt Bad Nauheim als
Abmeldung angesehen, obwohl er mehrfach auf
diese unzulässige Maßnahme hingewiesen habe.

Der Kreiswahlleiter des Wetteraukreises hat zu dem
Einspruch folgende Stellungnahme abgegeben:

Die von dem Einspruchsführer am 5. Juni 1999 be-
antragten Briefwahlunterlagen seien ihm mit
Schreiben vom 9. Juni 1999 mit dem Hinweis ver-
weigert worden, dass er in Bad Nauheim nicht ge-
meldet und somit auch nicht in das dortige Wähler-
verzeichnis eingetragen sei. Der Wohnsitz des
Einspruchsführers sei unabhängig von der Europa-
wahl Gegenstand einer Dienstaufsichtsbeschwerde,
die am 30. April 1999 abschlägig beschieden wor-
den sei.

Zu der dem Einspruchsführer bekannt gegebenen
Stellungnahme des Kreiswahlleiters hat sich dieser
nicht mehr geäußert.

Aus der dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden
Antwort der Kommunalaufsicht des Wetteraukrei-
ses an den Einspruchsfüher auf dessen Dienstauf-
sichtsbeschwerde geht hervor, dass dieser vom
Einwohnermeldeamt der Stadt Bad Nauheim am
1. September 1998 von Amts wegen nach unbe-
kannt abgemeldet worden sei, weil seine getrennt
lebende Ehefrau der Stadtverwaltung mitgeteilt ha-
be, dass der Einspruchsführer seit Januar 1996 nicht
mehr unter dieser Anschrift in Bad Nauheim wohne.
Außerdem habe die Deutsche Post AG einen Nach-
sendeauftrag an eine andere Anschrift in Elmshorn
vorgelegt. Die Ausstellung der Lohnsteuerkarte für
das Jahr 1999 sei dem Einspruchsführer wegen feh-
lenden Hauptwohnsitzes in Bad Nauheim ebenfalls
verweigert worden.

Nach einer Mitteilung der Stadt Elmshorn hat sich
der Einspruchsführer am 30. September 1999 rück-
wirkend zum 1. August 1999 mit Hauptwohnsitz
unter der Anschrift in Elmshorn angemeldet.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil ein Wahlfehler nicht
festgestellt werden konnte.

Anlage 31

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 17/99 –
des Herrn Michael Perkuhn

wohnhaft: Brahmsstraße 35, 25337 Elmshorn

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 106 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Europawahlordnung (EuWO)
sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tage vor
der Wahl (Stichtag) bei der Meldebehörde für eine
Wohnung gemeldet sind. Der Einspruchsführer war zu
diesem Stichtag bei der Stadt Bad Nauheim nicht ge-
meldet und deshalb auch nicht in das Wählerverzeich-
nis eingetragen. Dies war dem Einspruchsführer auch
bekannt. Um sein Wahlrecht zur Europawahl ausüben
zu können, hätte er sich vor dem genannten Stichtag bei
der Meldebehörde, in deren Zuständigkeitsbereich er
seinen Wohnsitz genommen hatte, anmelden müssen.

Des Weiteren hatte der Einspruchsführer auch die
Möglichkeit, sich, ohne eine Wohnung innezuhaben,
auf Antrag in das Wählerverzeichnis eintragen zu las-
sen, sofern er sich im Wahlgebiet sonst gewöhnlich
aufhält (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EuWO).

Die Stadt Bad Nauheim hat somit keinen Wahlfehler
begangen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 107 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 30. Juni 1999, zunächst als Te-
lefax am 1. Juli 1999 beim Bundestag eingegangen,
hat der Einspruchsführer gegen die Durchführung
der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Par-
laments aus der Bundesrepublik Deutschland am
13. Juni 1999 Einspruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, das grundgesetzlich geschützte
Wahlgeheimnis sei seiner Auffassung nach bei der
Durchführung der Europawahl im Wahllokal He-
mer-Ihmert, Grundschule, Wahlbezirk 0170 nicht
ausreichend sichergestellt gewesen.

Trotz seiner geringen Größe sei dieses Wahllokal
für statistische Erhebungen nach dem Gesetz über
die allgemeine und die repräsentative Wahlstatistik
ausgewählt worden. Die Wähler seien in zehn Al-
ters- und Geschlechtsgruppen aufgeteilt und mit be-
sonders gekennzeichneten Wahlzetteln versehen
worden. Bei der zu erwartenden geringen Wahlbe-
teiligung sei von vornherein abzusehen gewesen,
dass auf einzelne Alters- und Geschlechtsgruppen
nur sehr wenige Stimmen, im Einzelfall auch nur ei-
ne einzige Stimme entfallen würden. Der Wahlvor-
stand, der die gekennzeichneten Wahlzettel ausge-
geben habe, habe später auch die Auszählung der
Stimmen vorgenommen. Er – der Einspruchsführer
– halte deshalb die Zuordnung eines Stimmzettels
zu einem Wähler im Einzelfall für möglich. Die Tat-
sache, dass die eigentliche statistische Auswertung
durch andere Personen oder durch „scannen“ vorge-
nommen werde, stehe dem nicht entgegen.

Nachdem er kurz vor Beginn des Wahlvorgangs
vom Wahlvorsteher über diesen Sachverhalt infor-
miert worden sei, habe er sein Amt als stellvertre-
tender Wahlvorsteher in diesem Wahllokal aus Ge-
wissensgründen sofort niedergelegt und auch sein
Wahlrecht in diesem Wahlbezirk nicht ausgeübt.

Ihm sei ein weiterer Bürger namentlich bekannt, der
ebenfalls aus Furcht vor einer Nichteinhaltung des
Wahlgeheimnisses nicht gewählt habe.

In dem genannten Wahllokal seien nur 204 Stimm-
zettel abgegeben worden, was den Einspruchsführer
in seiner Annahme der Verletzung des Wahlgeheim-
nisses bestätige. Er zweifele deshalb auch die Aus-
kunft des Bürgermeisters der Stadt Hemer und des
Kreisdirektors des Märkischen Kreises, wonach alle
gesetzlichen Anforderungen eingehalten worden
seien, an. Bei einer geringen Wahlbeteiligung führe
eine solche Statistik zu einem nach Ansicht des Ein-
spruchsführers verfassungswidrigen Zustand, weil
die Gefahr der Verletzung des Wahlgeheimnisses
durch die Statistik verzehnfacht werde.

Der Einspruchsführer meint, es könne für den
Grundsatz der Wahrung des Wahlgeheimnisses
nicht entscheidend sein, ob tatsächlich eine Wahlge-
heimnisverletzung eintrete, die im Nachhinein für
den Wähler gar nicht erkennbar sein müsse. Es ge-
nüge schon, dass das Risiko einer Wahlgeheimnis-
verletzung durch die Statistik so stark erhöht werde,
dass Wähler – wie er selbst – aus berechtigter Furcht
davor nicht wählen. Angesichts der geringen Wahl-
beteiligung, die seines Erachtens „Demokratie ge-
fährdende Ausmaße“ annehme, solle man selbst
dann, wenn man persönlich und juristisch der Auf-
fassung sei, es träte hierdurch keine Geheimnisver-
letzung ein, nicht das Risiko eingehen, Wähler auch
noch unnötig vom Wählen abzuhalten.

Der Einspruchsführer beantragt deshalb, die Euro-
pawahl in dem genannten Wahllokal „statistikfrei“
zu wiederholen, damit die Bürger, die wegen der
Statistik nicht gewählt hätten, auch ihr Wahlrecht
ausüben könnten.

Der Kreiswahleiter des Märkischen Kreises hat zu
dem Einspruch folgende Stellungnahme abgege-
ben:

Anlage 32

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 21/99 –
des Herrn Bodo Jacobsen

wohnhaft: Im Loh 11, 58675 Hemer

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 108 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Grundlage für das Verfahren im Wahlvorstand war
das Gesetz über die allgemeine und die repräsenta-
tive Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bun-
destag und bei der Wahl der Abgeordneten des Eu-
ropäischen Parlaments aus der Bundesrepublik
Deutschland.

Der Wahlbezirk übertraf mit 606 Wahlberechtigten
deutlich die nach § 3 des genannten Gesetzes fest-
gelegte Mindestgröße von 400 Wahlberechtigten.

Vom Wahlvorstand wurden insgesamt 204 Stimm-
zettel mit Unterscheidungsaufdrucken an Wähler
ausgegeben. Hierbei ergab sich folgende Vertei-
lung:

A. Mann,
geboren 1975 bis 1984 7 Stimmzettel

B. Mann,
geboren 1965 bis 1974 16 Stimmzettel

C. Mann,
geboren 1955 bis 1964 22 Stimmzettel

D. Mann,
geboren 1940 bis 1954 26 Stimmzettel

E. Mann,
geboren 1939 und früher 31 Stimmzettel

F. Frau,

geboren 1975 bis 1981 5 Stimmzettel

G. Frau,
geboren 1965 bis 1974 13 Stimmzettel

H. Frau,
geboren 1955 bis 1964 18 Stimmzettel

I. Frau,
geboren 1940 bis 1954 24 Stimmzettel

K. Frau,
geboren 1939 und früher 42 Stimmzettel

In den Gruppen A und F hätten zwar mit sieben bzw.
fünf Stimmzetteln nur vergleichsweise wenig Wäh-
ler an der Wahl teilgenommen. Ein Rückschluss auf
das Wahlverhalten von Einzelpersonen ist nach Ein-
schätzung des Kreiswahlleiters dennoch nicht mög-
lich gewesen, da der Wahlvorstand die Stimmen so
ausgezählt habe, als ob sie nicht durch Unterschei-
dungsaufdruck gekennzeichnet gewesen wären.

Die geringe Wahlbeteiligung von 33,6 % (ohne
Briefwähler) sei nicht, wie der Einspruchsführer be-
hauptet, von vornherein zu erwarten gewesen. Der
Einspruchsführer habe unmittelbar nach Beginn der
Wahlhandlung im Wahllokal seine ehrenamtliche
Tätigkeit als Mitglied des Wahlvorstandes nieder-
gelegt, zu einem Zeitpunkt, als die Höhe der Wahl-
beteiligung noch nicht abschätzbar gewesen sei.

In einem weiteren Schreiben teilte der Kreiswahl-
leiter mit, dass die amtliche Bekanntmachung zur
Europawahl einschließlich der Ankündigung über
die Durchführung einer repräsentativen Wahlstatis-

tik im Wahlbezirk 0170 im amtlichen Bekanntma-
chungsblatt des Märkischen Kreises am 28. Mai
1999 erfolgte.

Zu der dem Einspruchsführer bekannt gegebenen
Stellungnahme hat sich dieser folgendermaßen ge-
äußert:

Er könne den Ausführungen des Kreiswahlleiters,
soweit sie nicht reine Tatsachen betreffen, nicht fol-
gen. Es werde zwar zutreffen, dass der Wahlvor-
stand die Stimmen so ausgezählt habe, als ob sie
nicht durch Unterscheidungsaufdruck gekennzeich-
net gewesen wären. Dies sei aber nicht entschei-
dend. Auch bei Einhaltung der gesetzlichen Vor-
schriften zur Durchführung der Wahlstatistik sei es
bei geringer Wahlbeteiligung – wenn auch nur
durch Zufall – möglich, einzelne Stimmzettel ein-
zelnen Wählern zuzuordnen, weil die gekennzeich-
neten Stimmzettel vorher bewusst kontrolliert und
an die Wähler der jeweiligen Gruppe herausgege-
ben worden seien. Nach Ansicht des Einspruchsfüh-
rers ist es dabei nicht entscheidend, ob es tatsächlich
zu einer Identifizierung kommt oder nicht, weil die
Mitglieder des Wahlvorstandes kein Interesse daran
oder kein gutes Gedächtnis haben. Maßgebend für
die Verletzung des Wahlgeheimnisses könne nur
sein, dass eine derartige Identifizierung bei geringer
Wahlbeteiligung möglich sei. Allein der Umstand,
dass wie im vorliegenden Fall zwei Wähler nach-
weisbar nicht an der Wahl teilnehmen, ist nach
Ansicht des Einspruchsführers ausreichend, eine
Störung der Wahl durch Gefährdung des Wahlge-
heimnisses anzunehmen.

Im Übrigen halte er die Behauptung des Kreiswahl-
leiters, die geringe Wahlbeteiligung in diesem
Wahllokal sei nicht voraussehbar gewesen, für är-
gerlich. Gerade für dieses Wahllokal habe eine Be-
sonderheit vorgelegen, die zumindest dem örtlichen
Wahlleiter, der an der Auswahl des Wahllokals für
die Statistik mitgewirkt habe, bekannt gewesen sei.
Am Wahltag habe für dieses Gebiet ein großes
Volksfest stattgefunden, weshalb er – der Ein-
spruchsführer – mit einer noch deutlich geringeren
Wahlbeteiligung gerechnet habe. Gerade weil die
geringe Wahlbeteiligung so eindeutig voraussehbar
und das Risiko einer Identifizierung so offenbar ge-
wesen sei, habe er, nachdem er erst wenige Minuten
vor der Wahl von der Statistik erfahren habe, mit der
genannten Maßnahme reagiert.

Der Einspruchsführer betont, dass er die Ursache
für den von ihm beanstandeten Mangel weniger in
einem Fehlverhalten der beteiligten Personen sehe,
als vielmehr in den gesetzlichen Bestimmungen für
die Durchführung der Statistik. Diese führten im
Einzelfall dazu, dass das Wahlgeheimnis verletzt
werden könne. Der Einspruchsführer schlägt des-
halb vor, die Größe der „Statistikwahlbezirke“ deut-
lich zu erhöhen, die Auszählung durch andere Per-
sonen als die, die die Stimmzettel ausgeben,
vornehmen zu lassen und dem einzelnen Wähler ein

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109 – Drucksache 14/2761

durchsetzbares Recht auf eine statistikfreie Wahl
einzuräumen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Ein Wahlfehler bei der Durchführung der Wahl ist
durch die Verwendung gekennzeichneter Stimmzettel
in dem für die repräsentative Bundeswahlstatistik aus-
gewählten Wahlbezirk 0170 der Stadt Hemer nicht zu
erkennen.

Rechtsgrundlage für die Durchführung der Wahlstatis-
tik und damit auch für die Verwendung der gekenn-
zeichneten Stimmzettel ist das bereits genannte Gesetz
über die allgemeine und die repräsentative Wahlstatis-
tik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei der
Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments
aus der Bundesrepublik Deutschland vom 21. Mai
1999 (Wahlstatistikgesetz – WStatG). Gemäß § 3
WStatG trifft der Bundeswahlleiter im Einvernehmen
mit den Landeswahlleitern und den statistischen Äm-
tern der Länder die Auswahl der Stichprobenwahlbe-
zirke, die jeweils mindestens 400 Wahlberechtigte um-
fassen müssen. Die betroffenen Wahlberechtigten sind
in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass der
Wahlbezirk in eine repräsentative Wahlstatistik einbe-
zogen ist. Dies ist durch die amtliche Bekanntmachung
der Stadt Hemer vom 28. Mai 1999 erfolgt. Der Ein-
spruchsführer hatte somit Gelegenheit, vor dem Wahl-
termin von der Durchführung der Statistik in diesem
Wahllokal Kenntnis zu erlangen.

Erhebungsmerkmale für die Statistik sind gemäß § 4
WStatG unter anderem die Altersgliederung und das
Geschlecht der Wahlberechtigten, wobei für die Statis-
tik über die Wähler und ihre Stimmabgabe je Ge-
schlecht höchstens fünf Geburtsjahresgruppen gebildet
werden dürfen, in denen jeweils mindestens sieben Ge-
burtsjahrgänge zusammengefasst sind. Dies ist ent-
sprechend der Stellungnahme des Kreiswahleiters für
den Märkischen Kreis bei der Durchführung der Statis-
tik in dem Wahlbezirk 0170 ordnungsgemäß erfolgt.

Die Verwendung der nach Geschlecht und Geburtsjah-
resgruppen gekennzeichneten amtlichen Stimmzettel
gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 WStatG verstößt nicht gegen
den Grundsatz der geheimen Wahl. Dieser verfahrens-

rechtliche Grundsatz dient gerade der Gewährleistung
des Wahlgeheimnisses bei der Erhebung über die
Stimmabgabe, wie auch weitere Schutzmaßnahmen,
die in die neue gesetzliche Regelung der Wahlstatistik
zur Stärkung des Grundsatzes der geheimen Wahl auf-
genommen worden sind. Hierzu zählen z. B. die Fest-
legung einer Mindestzahl von Wahlberechtigten für die
Stichprobenwahlbezirke, die Zusammenfassung von
Geburtsjahrgängen, die einen Rückschluss auf das
Wahlverhalten einzelner Wähler verhindern soll, die
Trennung der für die Stimmenauszählung und für die
statistische Auswertung zuständigen Stellen, das Ver-
bot der Zusammenführung von Wählerverzeichnis und
gekennzeichneten Stimmzetteln sowie eine strenge
Zweckbindung für die Statistikstellen hinsichtlich der
ihnen zur Auswertung überlassenen Unterlagen. All
diese Voraussetzungen sind bei der Durchführung der
Wahlstatistik in dem Wahlbezirk 0170 eingehalten
worden. Im Übrigen soll gerade die Pflicht zur Teilnah-
me an der Wahlstatistik durch die zwingende Verwen-
dung der gekennzeichneten Stimmzettel eine Verlet-
zung des Wahlgeheimnisses verhindern. Stünde die
Teilnahme an der Erhebung nämlich im Ermessen des
Wahlberechtigten, könnte man bei der Stimmenaus-
zählung evtl. anhand der Verwendung eines nicht ge-
kennzeichneten Stimmzettels das Stimmverhalten des-
jenigen Wählers erkennen.

Des Weiteren dürfen gemäß § 8 WStatG Ergebnisse
der Statistiken nach § 2 nur für die Bundes- und Lan-
desebene veröffentlicht werden, nicht jedoch für die
einzelnen Wahlbezirke, was wiederum der Sicherung
des Wahlgeheimnisses dient.

Dennoch bezweifelt der Einspruchsführer angesichts
der vergleichsweise geringen Wahlbeteiligung in die-
sem Wahlbezirk von 33,6 % (ohne Briefwähler) die Ge-
währleistung des Grundsatzes der geheimen Wahl, oh-
ne jedoch konkrete Tatsachen vorzutragen, die seine
Zweifel belegen. Allein die Vermutung, das Wahlge-
heimnis könne verletzt worden sein, reicht entgegen der
Annahme des Einspruchsführers für die Feststellung ei-
nes Wahlfehlers nicht aus. Ebenso kann die Vermutung,
das Wahlstatisikgesetz könne im Einzelfall zu einer
Verletzung des Wahlgeheimnisses führen, den Ein-
spruch nicht erfolgreich begründen. Das Wahlprü-
fungsverfahren zielt nämlich darauf ab festzustellen, ob
im konkreten Fall ein Verstoß gegen Wahlrechtsvor-
schriften vorliegt und ob dieser Verstoß Einfluss auf die
Mandatsverteilung gehabt hat oder hätte haben können.
Nach den Ausführungen des Einspruchsführers zur Be-
gründung seines Einspruchs ist dies nicht der Fall.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Einspruchs-
führer ebenso wie ein weiterer ihm namentlich bekann-
ter Wahlberechtigter wegen der Durchführung der
Wahlstatistik in diesem genannten Wahllokal auf die
Ausübung seines Wahlrechts aus Furcht vor Verletzung
des Wahlgeheimnisses verzichtet haben. Nach der gel-
tenden gesetzlichen Regelung ist ein Wahlberechtigter
verpflichtet, mit dem für seine Gruppe vorgesehenen
Stimmzettel seine Stimme abzugeben, sofern er von
seinem Wahlrecht Gebrauch machen will.

Drucksache 14/2761 – 110 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Soweit der Einspruchsführer behaupten will, die
Durchführung der Wahlstatistik als solche verstoße ge-
gen den Verfassungsgrundsatz der geheimen Wahl, hat
er zum einen außer Vermutungen keine hinreichenden
Anhaltspunkte für die Verletzung des Wahlgeheimnis-
ses dargetan. Zum anderen haben der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag es in ständiger
Rechtsprechung stets abgelehnt, die Verfassungswid-
rigkeit von Wahlrechtsvorschriften festzustellen. Sie
haben diese Kontrolle stets dem Bundesverfassungsge-
richt vorbehalten.

Die Durchführung der Wahlstatistik in dem Wahlbe-
zirk 0170 erfolgte somit in Anwendung geltenden
Rechts und war rechtmäßig.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundes-
verfassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen ei-
ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung
des Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 111 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 1. Juli 1999 hat der Einspruchs-
führer die Wahl der Abgeordneten des Europäi-
schen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutsch-
land am 13. Juni 1999 angefochten.

Der Einspruchsführer trägt vor, er habe keinem
Wahlvorschlag sein Vertrauen geben können. Eine
Ablehnung der Wahlvorschläge sei nicht möglich
gewesen. Als koalitionsfreier Wähler sei er von der
Wahlhandlung ausgeschlossen gewesen. Die Wahl
sei nicht frei gewesen.

Der Einspruchsführer hat mit einem ähnlichen Vor-
trag bereits die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag
am 27. September 1998 angefochten. Zur weiteren
Begründung seines neuerlichen Wahleinspruchs
verweist er auf seine dortigen Ausführungen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet. Der Vortrag des Ein-
spruchsführers lässt keinerlei Wahlfehler erkennen.

Das Wahlprüfungsverfahren setzt die Rüge von Män-
geln bei der Anwendung der für die Wahl geltenden

wahlrechtlichen Regelungen voraus. Wahlfehler liegen
vor, wenn die rechtlichen Regelungen über die Vorbe-
reitung und Durchführung der Wahl nicht eingehalten
werden (vgl. BVerfGE 89, 243, 251, 254 für die Prü-
fung der Wahlen zum Deutschen Bundestag; die hier-
für entwickelten Grundsätze gelten für die Prüfung der
Wahlen der deutschen Abgeordneten im Europäischen
Parlament entsprechend).

Der Einspruchsführer stützt seine Wahlanfechtung je-
doch nicht auf solche Mängel. Er beanstandet vielmehr
das geltende Wahlsystem als solches, insbesondere das
Fehlen der Möglichkeit, sich der Stimme zu enthalten
oder die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln abzu-
lehnen. Ein solcher Vortrag vermag einen Wahlein-
spruch nicht erfolgreich zu begründen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat in seiner Begründung
zu dem Einspruch gegen die Bundestagswahl ausführ-
liche Hinweise zu den Vorstellungen des Einspruchs-
führers gegeben. Dies braucht an dieser Stelle nicht
wiederholt zu werden. Entscheidend ist, dass der Vor-
trag des Einspruchsführers auch dem vorliegenden
Wahleinspruch nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Anlage 33

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 23/99 –
des Herrn Uwe Sauter

wohnhaft: Augartenstraße 81, 76137 Karlsruhe

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 113 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 15. Juli 1999, eingegangen beim
Bundestag am 4. August 1999, hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments aus der Bundes-
republik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch
eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, der Staat habe ihm am ganzen
Körper, vor allem an den Sinnesorganen techni-
sche Mittel implantiert, die über elektromagneti-
sche Wellen ansteuerbar seien. Durch diese techni-
schen Mittel entnehme der Staat zum einen Daten
aus seiner Privatsphäre, zum anderen wirke er aber
auch durch Stiche in den Körper und die inneren
Organe, Elektroschocks, Verzerrung der Muskula-
tur, Störung des Blutkreislaufes und der Atemwe-
ge, Manipulation der Körperfunktionen und viele
Grausamkeiten mehr auf seinen Körper ein. Da-
durch würden außerdem seine geistigen Fähigkei-
ten, wie z. B. die Konzentrationsfähigkeit, emp-
findlich gestört. Durch diese Manipulationen
versuche der Staat gezielt, seine physische, psychi-
sche und berufliche Existenz zu vernichten. Diese
bereits längere Zeit andauernde Folter durch den
Staat habe auch im Vorfeld der Europawahlen
stattgefunden.

Er, der Einspruchsführer, habe deshalb mit Schrei-
ben vom 3. Mai 1999 den Bundeswahlleiter auf die
Maßnahmen des Staates, die die Wahlrechtsgrund-
sätze verletzen würden, aufmerksam gemacht und
beantragt, die Bundeswahlleitung solle zumindest
bis zum Abschluss der Europawahlen gegenüber
dem Staat die Unterlassung dieser Maßnahmen
durchsetzen. Der Bundeswahlleiter habe ihm da-
raufhin mitgeteilt, er könne ohne nähere Angaben
keinen Aussage zu den Vorwürfen des Einspruchs-
führers machen. Auf ein weiteres Schreiben des
Einspruchsführers an den Bundeswahlleiter mit er-

gänzenden Angaben habe dieser jedoch nicht geant-
wortet.

Die Schlussfolgerung der umfangreichen Darstel-
lung des Einspruchsführers besteht darin, dass der
Staat auf aktive Menschen, die Eigeninitiative ent-
wickeln können, angewiesen sei, was wiederum am
besten in der Staatsform der Demokratie verwirk-
licht werden könne. Die „staatliche totalitäre Tech-
nik“ erfasse jedoch den ganzen Menschen und
beschränke damit seine Eigeninitiative. Sie manipu-
liere auch die Sinnesorgane des Menschen und wir-
ke sich somit auf die Erkenntnisfähigkeit aus.
Eigeninitiative und Erkenntnisfähigkeit seien aber
Voraussetzungen, um die ökonomischen, sozialen
und ökologischen Probleme zu lösen. Eine aktive
Teilnahme des Menschen am gesellschaftlichen
Leben und an der Politik sei nicht mehr möglich.
Die „staatliche totalitäre Technik“ zerstöre deshalb
die Demokratie.

In seinem konkreten Fall habe der Staat bei der Eu-
ropawahl am 13. Juni 1999 die Wahlgrundsätze ver-
letzt, indem er ihm – dem Einspruchsführer – durch
Folter Daten aus seiner Privatsphäre entnommen
habe, um seine politische Meinung und antitotalitä-
re Grundhaltung zu brechen. Es sei ihm deshalb
nicht möglich gewesen, sich frei über die Kandida-
ten, Parteien und deren politische Themen zu infor-
mieren und sich ein objektives Bild vom Wahl-
kampf zu machen. Selbst in der Wahlkabine habe
der Staat durch Hinzufügen schmerzhafter Stiche
und durch elektromagnetische Bestrahlung seines
Körpers versucht, seine Konzentrationsfähigkeit zu
stören. Dabei habe der Staat die Daten seiner „Wahl-
stimmabgabe“ entnommen und wahrscheinlich an
Dritte weitergegeben. Von diesen privaten Dritten
habe er jetzt, sofern sie seine Stimmabgabe missbil-
ligen, Nachteile zu erwarten. Der Staat habe da-
durch die Grundsätze der freien und geheimen Wahl
gebrochen, weshalb er diesen Einspruch eingelegt
habe. Die „Europaratswahl“ sollte nach Ansicht des

Anlage 34

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 33/99 –
des Herrn Tobias Fleck

wohnhaft: Grülingstraße 40, 66113 Saarbrücken

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 114 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Einspruchsführers unter Beachtung der Wahlgrund-
sätze und ohne die verfassungswidrige staatliche to-
talitäre Technik stattfinden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Ein-
spruchsführers wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Im Übrigen hat der Einspruchsführer mit einem
ähnlichen Sachvortrag bereits die Bundestagswahl
am 27. September 1998 erfolglos angefochten.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet.

Der Einspruchsführer hat keine Tatsachen vorgetragen,
die einen Wahlfehler begründen. Wahlfehler, die in ers-
ter Linie den amtlichen Wahlorganen unterlaufen kön-
nen, liegen vor, wenn die rechtlichen Regelungen über
die Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht
eingehalten worden sind. Die Ausführungen des Ein-
spruchsführers, soweit sie die Manipulation seines
Körpers und Geistes durch den Einsatz „staatlicher to-
talitärer Technik“ im Vorfeld der Europawahl sowie bei
der Stimmabgabe betreffen, sind lediglich Behauptun-
gen, die mit den Maßstäben des Wahlrechts nicht über-
prüft werden können. Die weiteren Ausführungen des
Einspruchsführers über die Gefahr eines totalitären
Staates sind rein theoretischer Natur und ebenfalls
nicht geeignet, einen Wahlfehler zu begründen.

Der Wahlprüfungsausschuss sieht sich mangels hinrei-
chend bestimmtem Anfechtungsgegenstand an einer
näheren Prüfung gehindert. Denn die Wahlprüfung fin-
det weder von Amts wegen statt noch erfolgt sie stets
in Gestalt einer Durchprüfung der gesamten Wahl.
Vielmehr erfolgt nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG die
Wahlprüfung nur auf Einspruch, der zu begründen ist.
Die Begründung muss mindestens den Tatbestand, auf
den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen und
genügend substantiierte Tatsachen enthalten (BVerfGE
40, 11, 30). Ihr Umfang richtet sich also nach dem Ein-
spruch, durch den der Einspruchsführer den Anfech-
tungsgegenstand bestimmt. Der Prüfungsgegenstand
ist nach dem erklärten, verständig zu würdigenden Wil-
len des Einspruchsführers unter Berücksichtigung des
gesamten Einspruchsvorbringens sinngemäß abzu-
grenzen. Aus der Begründungspflicht folgt, dass diese
Abgrenzung auch danach vorzunehmen ist, wie weit
der Einspruchsführer seinen Einspruch substantiiert
hat. Nur im Rahmen des so bestimmten Anfechtungs-
gegenstandes haben die Wahlprüfungsorgane dann den
Tatbestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, von
Amts wegen zu erforschen und alle auftauchenden
rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen
(BVerfGE 40, 11 [30]).

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999, eingegangen
beim Bundestag am 17. Juni 1999, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer zunächst vor, es könnten Parteien in
das Europaparlament gewählt werden, „die über ih-
re Parteierklärungen den Artikel 3 der Menschen-
rechtserklärungen, der Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten des Europa-
parlaments“ übergingen. Zur weiteren Begründung
bezieht sich der Einspruchsführer auf seinen Ein-
spruch gegen die Wahl zum 14. Deutschen Bundes-
tag am 27. September 1998. Die dort vorgetragenen
„Beweisbegründungen“ mache er zum Gegenstand
dieses Einspruchs.

Gegen die Bundestagswahl 1998 hat der Ein-
spruchsführer im Wesentlichen folgende Beanstan-
dungen vorgetragen:

Es gäbe weiterhin Religionsgemeinschaften, deren
Glaubenserklärungen menschenrechtsverletzende
„Höllenfolterungen“ enthielten, die an Menschen
nach dem Tod ausgeübt werden könnten. Nach Ar-
tikel 1 des Grundgesetzes, Artikel 3 der Konvention
zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreihei-
ten des Europäischen Rates und nach Artikel 5 der
Menschenrechtserklärungen der UNO dürfe nie-
mand „der Folter oder erniedrigender Strafe oder
Behandlung“ unterworfen werden. Menschen hät-
ten das Recht, Gott nicht anzuerkennen und anders
zu leben, als es von den Religionen beschrieben
würde. Die Religionen hätten jedoch kein Recht, bei
ihren Glaubenserklärungen Menschenrechtsverlet-
zungen, wie z. B. Höllenfolterungen nach dem Tod,
mit zu erklären. Die Parteien CDU und CSU würden

über ihre „Parteierklärungen“ die Kirchen anerken-
nen. Der Wähler wähle deshalb bei der Wahl eine
Wertordnung mit, die menschenrechtsverletzende
Folterungen für würdig und richtig halte.

Da ihm – dem Einspruchsführer – alle juristischen
Instanzen bestätigt hätten, dass für diese „Rechtser-
klärungen“ in der Bundesrepublik Deutschland kein
Gericht zuständig sei, sei in diesem Land auch keine
Rechtsstaatlichkeit gegeben. Aus diesem Grunde
könnten die Wahlen auch nicht demokratisch sein,
weshalb er die „ethische Grundordnung“ der Bun-
desrepublik Deutschland nicht anerkenne und die
Bundestagswahl anfechte.

Im Übrigen hatte der Einspruchsführer neben der
bereits erwähnten Anfechtung der Wahl zum
14. Deutschen Bundestag auch gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag Einspruch
eingelegt, der ebenfalls die privilegierte Stellung
der Religionsgemeinschaften zum Inhalt hatte. Die
beim Bundesverfassungsgericht eingelegte Be-
schwerde gegen den Beschluss des Bundestages
vom 1. Februar 1996 wurde nicht zur Entscheidung
angenommen. Der Einspruch gegen die Bundes-
tagswahl 1998 wurde durch Beschluss des Deut-
schen Bundestages vom 30. September 1999 als un-
zulässig zurückgewiesen (BT-Drucksache 14/1560,
Anlage 73).

Sowohl das Sekretariat des Wahlprüfungsausschus-
ses als auch die Ausschussvorsitzende haben mit
Schreiben vom 24. Juni 1999 und vom 1. Oktober
1999 den Einspruchsführer aufgefordert, seinen
Einspruch zu substantiieren, d. h. die Tatsachen mit-
zuteilen, durch die er die Wahlrechtsvorschriften
verletzt sieht. Mit Schreiben vom 29. Juni 1999 hat
der Einspruchsführer jedoch im Wesentlichen die
Gründe wiederholt, die er bereits in seinem Ein-
spruchsschreiben vorgetragen hatte. Mit Schreiben
vom 6. Oktober 1999 hat der Einspruchsführer mit-
geteilt, „ein Wahleinspruch, bei dem Grundrechts-

Anlage 35

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 7/99 –
des Herrn Wolfgang Nellen

wohnhaft: Kopernikusstraße 12, 52428 Jülich

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 116 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

verletzungen für die Wahlgesetzgebung bewiesen
wurden, kann nicht über einen Artikel des Wahlprü-
fungsgesetzes zurückgewiesen werden“. Dies gelte
auch für einen Einspruch gegen die Europawahl. Da
er die für die Beschwerde gegen den Beschluss des
Bundestages über seinen Einspruch notwendigen
einhundert Unterschriften von Wahlberechtigten
nicht erbringen könne, habe er sich zu einem öffent-
lichen Protest entschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des
Einspruchsführers wird auf den Akteninhalt ver-
wiesen.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist unzulässig, je-
doch offensichtlich unbegründet.

Der Wahleinspruch muss gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 2 Abs. 3 WPrüfG schriftlich begründet wer-
den. Eine solche Begründung muss zumindest den Tat-
bestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erken-
nen lassen und genügend substantiierte Tatsachen
enthalten, die einen Verstoß gegen Wahlrechtsvor-
schriften darlegen könnten, wie dem Einspruchsführer
mit Eingangsbestätigungsschreiben vom 24. Juni 1999
und mit Schreiben der Ausschussvorsitzenden vom
1. Oktober 1999 mitgeteilt worden ist. Aus der Ein-
spruchsschrift einschließlich der zahlreichen Kopien
von Schreiben, die der Einspruchsführer bereits bei sei-
nem Einspruch gegen die Bundestagswahl 1998 vor-
gelegt hatte und nunmehr erneut vorlegte, lässt sich
zwar vermuten, dass der Einspruch wegen der durch
Artikel 4 des Grundgesetzes geschützten Stellung der

Religionsgemeinschaften eingelegt worden ist. Es fehlt
aber die Benennung jedweder Tatsachen, die darlegen,
welcher wahlfehlerhafte Tatbestand gerügt wird. Im
Wahlprüfungsverfahren sind jedoch nur solche tatsäch-
lichen Angaben hinreichend, aus denen konkrete An-
haltspunkte für mögliche Wahlfehler abgeleitet werden
können.

Der Einspruchsführer hat keine konkreten Tatsachen
mitgeteilt, durch die er Vorschriften des Europawahl-
gesetzes oder der Europawahlordnung verletzt sieht. Er
hat lediglich pauschalisierende Vorwürfe insbesondere
gegen die christlichen Kirchen erhoben, die durch ihre
Lehren Menschrechtsverletzungen begehen würden,
und behauptet, die christlichen Parteien würden über
ihre „Parteierklärungen“ diese angeblichen Menschen-
rechtsverletzungen anerkennen. Der Einspruchsführer
hat jedoch nicht dargelegt, inwieweit er oder ein ande-
rer durch bestimmte Träger öffentlicher Gewalt in
seinem Wahlrecht verletzt worden ist. Eine solche
Erklärung wäre aber unerlässlich gewesen (vgl.
BT-Drucksache 12/1002, Anlage 56).

Alleinige Aufgabe der Wahlprüfung ist es festzustel-
len, ob durch Verletzung der Wahlrechtsbestimmungen
das Wahlergebnis beeinflusst worden ist und diese Ver-
letzung Einfluss auf die Mandatsverteilung der Abge-
ordneten des Europäischen Parlaments aus der Bun-
desrepublik Deutschland gehabt hat oder hätte haben
können. Die Ausführungen des Einspruchsführers zur
Begründung seines Einspruchs lassen die Rüge eines
konkreten Wahlfehlers jedoch vermissen.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 117 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 29. Mai und 29. Juni 1999 an die
Stadt Göttingen, welche am 6. Juli 1999 beim Bun-
destag eingegangen sind, hat die Einspruchsführe-
rin gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepu-
blik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch ein-
gelegt.

Die Einspruchsführerin begründet ihren Einspruch
im Wesentlichen damit, dass sie nicht die Möglich-
keit gehabt habe, als Wahlberechtigte ein Wahllokal
aufzusuchen, um dort ihre Stimme abzugeben.

Sie sei körperbehindert und außerhalb der Wohnung
auf den Rollstuhl angewiesen. Seit dem 25. April
1997 werde sie unter menschenverachtenden Be-
dingungen bis auf gelegentliche Arztbesuche in
ihrer Wohnung „gefangen gehalten“, wobei sie für
ihre Lebensbedingungen vor allem die Sozialdezer-
nentin der Stadt Göttingen verantwortlich mache.

Die Einspruchsführerin gibt an, sie habe zwar wäh-
len wollen, habe sich aber seit der letzten Bundes-
tagswahl nicht die Briefwahl aufzwingen lassen
wollen, obwohl sie bei vorherigen Wahlen ihr Wahl-
recht stets durch Briefwahl ausgeübt habe. Da sie
aber „menschenverachtend gequält“ werde, wolle
sie ihr Wahlrecht nicht mehr mittels Briefwahl aus-
üben, sondern wie jeder andere Mensch die Mög-
lichkeit haben, zwischen Briefwahl oder persönli-
cher Wahl im Wahllokal zu wählen. Sofern ihr Geld
für entsprechende Garderobe und eine Begleitper-
son zur Verfügung gestellt worden wären, hätte sie
auch ein Wahllokal aufsuchen können. Da sie je-
doch diese Möglichkeit nicht gehabt habe, fechte sie
die Europawahl und die Wahl zum Oberbürgermeis-
ter der Stadt Göttingen an. Die Einspruchsführerin
hat ihre Wahlbenachrichtigungskarte zur Europa-
wahl an die Stadt Göttingen zurückgesandt.

Die Einspruchsführerin hat mit einem ähnlichen
Sachvortrag bereits die Bundestagswahl am 27. Sep-
tember 1998 angefochten. Der Einspruch ist man-
gels Feststellung eines Wahlfehlers als offensicht-
lich unbegründet zurückgewiesen worden.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil ein Wahlfehler an-
hand des vorgetragenen Sachverhaltes nicht festge-
stellt werden konnte.

Die Einspruchsführerin war für die Europawahl bei
der für sie zuständigen Meldebehörde, der Stadt Göt-
tingen, in das dortige Wählerverzeichnis eingetragen.
Hierüber ist sie gemäß § 18 Europawahlordnung
(EuWO) durch Übersendung der Wahlbenachrichti-
gung informiert worden.

Auch als körperbehinderte Wahlberechtigte, die auf
einen Rollstuhl angewiesen ist, hätte sie in dem für
sie zuständigen Wahllokal, sofern dies über einen be-
hindertengerechten Zugang verfügte, ihre Stimme ab-
geben können. Falls nicht, hätte sie durch die Bean-
tragung eines Wahlscheins entweder in einem
beliebigen Wahllokal ihres Wahlkreises mit behinder-

Anlage 36

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 20/99 –
der Frau Karin Heger

wohnhaft: Ilmeweg 5, 37081 Göttingen

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 118 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

tengerechtem Zugang wählen oder ihre Stimme durch
Briefwahl abgeben können (§ 4 EuWG i. V. m. § 14
Abs. 3 Bundeswahlgesetz – BWG). Insofern hatte die
Einspruchsführerin sowohl die Möglichkeit zur Teil-
nahme an der Europawahl als auch die Möglichkeit,
ihre Stimme mittels Briefwahl oder im Wahllokal ab-
zugeben.

Die von der Einspruchsführerin behaupteten körperli-
chen und seelischen Misshandlungen ihrer Person
durch Verantwortliche der Stadt Göttingen, die sie zu
der Nichtausübung ihres Wahlrechts veranlassten, kön-
nen jedoch nicht Gegenstand der Wahlprüfung sein.
Diese Vorwürfe drücken die Unzufriedenheit der Ein-
spruchsführerin mit ihrer persönlichen Situation aus,
sind jedoch keine wahlprüfungsrechtlich relevanten
Verstöße. Das Wahlprüfungsverfahren zielt nämlich
darauf ab festzustellen, ob im konkreten Fall ein Ver-
stoß gegen Wahlrechtsvorschriften vorliegt. Dies ist

nicht der Fall, weil der Einspruchsführerin die Teilnah-
me an der Europawahl nicht verweigert worden ist.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 119 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 8. Juli 1999 hat der Bundeswahl-
leiter gemäß § 74 Abs. 1 Europawahlordnung
(EuWO) i. V. m. § 26 Abs. 1 Europawahlgesetz
(EuWG) und § 2 Abs. 2 Wahlprüfungsgesetz
(WPrüfG) gegen die 5. Direktwahl der Abgeordne-
ten des Europäischen Parlaments aus der Bundesre-
publik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch ein-
gelegt.

Der Bundeswahlleiter wendet sich mit seinem Ein-
spruch gegen die Entscheidung des Stadtwahlaus-
schusses der kreisfreien Stadt Solingen vom 16. Ju-
ni 1999, bei der Ermittlung und Feststellung des
endgültigen Ergebnisses der Europawahl 243 Wahl-
briefe nicht zu berücksichtigen, die aus der Leerung
der Briefkästen am Freitag, dem 11. Juni 1999,
stammten.

Zur weiteren Begründung des Einspruchs trägt der
Bundeswahlleiter im Einzelnen Folgendes vor:

Die 243 Wahlbriefe seien bis Montag, dem 14. Juni
1999, als die Zustellung an das Wahlamt der Stadt
Solingen erfolgt sei, im Postfach der Stadt Solingen
bei der Deutschen Post AG verblieben. Der zustän-
dige Sachbearbeiter der Stadt Solingen habe es ver-
säumt, die 243 Wahlbriefe rechtzeitig aus dem Post-
fach der Stadt Solingen abzuholen, weil er
irrtümlich der Ansicht gewesen sei, dass die Wahl-
briefe aus der Leerung der Briefkästen am Freitag,
dem 11. Juni 1999, noch von der Deutschen Post
Express GmbH zugestellt werden würden. Die Lie-
ferung der Deutschen Post Express GmbH am
Wahlsonntag habe jedoch nicht bereits beim Post-
amt Solingen vorliegende Wahlbriefe aus der „Frei-
tagskastenleerung“, sondern nur die Wahlbriefe aus
der Leerung am Samstag, dem 12. Juni 1999, bein-
haltet.

Nach Rücksprache mit dem Landeswahlleiter des
Landes Nordrhein-Westfalen sei das Wahlamt der
Stadt Solingen zu dem Ergebnis gekommen, dass
die 243 Wahlbriefe nicht mehr rechtzeitig in den
Herrschaftsbereich des Wahlamtes gekommen sei-
en und somit nicht mehr gezählt werden dürften.
Deshalb seien die 243 Wahlbriefe bei der Ermitt-
lung und Feststellung des endgültigen Ergebnisses
der Europawahl in der kreisfreien Stadt Solingen
nicht berücksichtigt worden. Der Stadtwahlaus-
schuss der Stadt Solingen habe in seiner Nieder-
schrift am 16. Juni 1999 hierzu ausgeführt, dass
„nicht abschließend geklärt werden“ konnte, „wie
der in der Anlage zu dieser Niederschrift beschrie-
bene Sachverhalt zu bewerten“ sei.

Er – der Bundeswahlleiter – habe in der zweiten Sit-
zung des Bundeswahlausschusses zur Europawahl
am 30. Juni 1999 den oben geschilderten Sachver-
halt vorgetragen. Des Weiteren habe er den Bundes-
wahlausschuss auf Folgendes hingewiesen:

In den kreisfreien Städten Wiesbaden und Görlitz
seien 922 bzw. 213 Wahlbriefe, die bei der Deut-
schen Post AG bis zum 12. Juni 1999 eingegangen
seien, dem jeweiligen Stadtwahlleiter erst am
14. Juni 1999 übergeben worden. Die in diesen
Wahlbriefen enthaltenen Stimmzettel seien nach-
träglich ausgezählt und die abgegebenen Stimmen
jeweils in das Stadtwahlergebnis aufgenommen
worden.

Nach Ansicht des Bundeswahlleiters hätte der
Stadtwahlausschuss der kreisfreien Stadt Solingen
ebenso wie der jeweilige Stadtwahlausschuss in
Wiesbaden und Görlitz entscheiden und die 243
Wahlbriefe als rechtzeitig eingegangen werten müs-
sen. Die Regelung des § 68 Abs. 10 EuWO sehe
vor, dass Wahlbriefe in das Ergebnis einbezogen
werden, wenn deren Beförderung durch Naturkatas-
trophen oder höhere Gewalt gestört worden sei.
Dieser Rechtsgedanke sei nach dem Kommentar

Anlage 37

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 27/99 –
des Bundeswahlleiters

Anschrift: Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 120 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

zum Bundeswahlgesetz von Schreiber (6. Auflage
1998, § 36, Rdnr. 12) auch dann anzuwenden, wenn
rechtzeitig bei der Post eingegangene Wahlbriefe
aufgrund vom Wähler nicht zu vertretender Um-
stände nicht zur Abholung bereit gehalten oder in
Empfang genommen werden konnten. Derartige im
Verantwortungsbereich der Deutschen Post AG, des
Stadtwahlleiters oder der Gemeindebehörde liegen-
de Fehler sollten nicht zu Lasten des Wählers gehen.
Dies gelte jedenfalls dann, wenn bei der nachträgli-
chen Auszählung der Stimmen eine Verletzung des
Wahlgeheimnisses durch Offenlegung der Stimm-
abgabe ausgeschlossen sei.

Im Gegensatz dazu habe der Deutsche Bundestag
allerdings 1991 entschieden, dass nicht rechtzeitig
bei der auf dem Wahlbriefumschlag angegebenen
Stelle eingegangene Wahlbriefe bei der Ermittlung
und Feststellung des Wahlergebnisses nicht zu be-
rücksichtigen seien (Beschluss des Deutschen Bun-
destages vom 19. September 1991, BT-Drucksache
12/1002, Anlage 40). Nach dieser Entscheidung sei-
en Wahlbriefe, die am Wahltag nicht bis zum Ende
der Wahlzeit eingegangen seien, gemäß § 39 Abs. 4
Nr. 1 und § 36 Abs. 1 Satz 1 Bundeswahlgesetz
(BWG) i. V. m. § 4 EuWG zurückzuweisen. Dies
gelte auch dann, wenn die betroffenen Wähler die
Wahlbriefe so früh aufgegeben haben, dass sie bei
regelmäßigem Verlauf der Dinge aller Wahrschein-
lichkeit nach vor Ablauf der Wahlzeit eingegangen
sein müssten. Entsprechend der Entscheidung des
Deutschen Bundestages bleibe für eine unmittelbare
oder analoge Anwendung der Vorschriften über den
nicht rechtzeitigen Zugang von Wahlbriefen auf-
grund von Naturkatastrophen oder höherer Gewalt
kein Raum, weil das Wahlrecht eine strikte Form-
und Friststrenge ausgebildet habe, die der Siche-
rung der Gleichheit der Wahl diene und eine Gleich-
behandlung auch in besonderen Fällen erforderlich
mache. Die Verantwortung dafür, dass ein Wahl-
brief rechtzeitig bei der wahlrechtlich zuständigen
Stelle vorliege einschließlich des bei einer Beförde-
rung durch die Deutsche Post AG nie auszuschlie-
ßenden Risikos, trage grundsätzlich allein der Wäh-
ler.

Der Bundeswahlleiter hat für die 243 betroffenen
Wahlbriefe der kreisfreien Stadt Solingen mit Pro-
beberechnungen festgestellt, dass eine Berücksich-
tigung dieser Stimmen keine Auswirkungen auf die
Verteilung der Sitze auf die zu berücksichtigenden
Wahlvorschläge gehabt hätte. Diese Feststellung
gelte sowohl bei einer Verteilung der 243 Stimmen
entsprechend dem Briefwahlergebnis der Stadt So-
lingen als auch für den Fall, dass alle 243 Stimmen
jeweils der SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN oder der PDS zugefallen wären.

Der Bundeswahlausschuss sei nach eingehender Er-
örterung der unterschiedlichen Beschlüsse der
Stadtwahlausschüsse Wiesbaden, Görlitz und So-
lingen zu der Auffassung gelangt, dass die 243 be-
troffenen Wahlbriefe der Stadt Solingen im Hin-

blick auf die Regelung des § 68 Abs. 10 EuWO und
um den Wählerwillen soweit wie möglich zu be-
rücksichtigen, in die Ermittlung und Feststellung
des Wahlergebnisses hätten einbezogen werden
müssen. Da der Bundeswahlausschuss nach § 71
Abs. 2 EuWO nur rechnerische Berichtigungen an
den Feststellungen der Landeswahlausschüsse vor-
nehmen könne, sei die Entscheidung des Stadtwahl-
ausschusses Solingen jedoch für ihn bindend.

Der Bundeswahlausschuss hat deshalb zum einen
dem Bundeswahlleiter empfohlen, diesen Ein-
spruch gegen die Entscheidung des Stadtwahlaus-
schusses Solingen einzulegen und zum anderen den
Gesetz- und Verordnungsgeber gebeten, für derarti-
ge Fallgestaltungen eine dem § 68 Abs. 10 EuWO
vergleichbare Regelung für Wahlbriefe zu schaffen.

Abschließend weist der Bundeswahlleiter darauf
hin, dass die genannten Empfehlungen des Bundes-
wahlausschusses insbesondere dem Zweck dienen,
durch Befassung des Deutschen Bundestages mit
der beschriebenen Problematik bei zukünftigen
Bundestags- und Europawahlen zu einer einheitli-
chen Verfahrensweise der Kreis- bzw. Stadtwahl-
ausschüsse zu kommen.

Ausweislich der Anlage zur Niederschrift über die
Sitzung des Stadtwahlausschusses der kreisfreien
Stadt Solingen am 16. Juni 1999 hat der Innenmi-
nister von Nordrhein-Westfalen mit Erlass vom
23. Februar 1999 über eine Vereinbarung mit der
Deutschen Post AG über die Briefwahlbeförderung
anlässlich der Kommunalwahlen 1999 und der
Landtagswahl 2000 informiert. Das Wahlamt der
Stadt Solingen hat mit Schreiben vom 10. Juni 1999
die Deutsche Post AG gebeten, diese Vereinbarung
auch bei der Europawahl anzuwenden.

Die Vereinbarung beinhaltet gemäß der Anlage zu
der oben genannten Niederschrift folgende Rege-
lungen:

„Bis Freitag vor der Wahl werden Wahlbriefe
auf dem üblichen Weg befördert ... Wahlbrie-
fe aus der Samstagskastenleerung sowie bis-
her noch nicht ausgelieferte Wahlbriefe wer-
den ... am Wahlsonntag den für die Briefwahl
zuständigen Stellen gegen Quittung ausge-
händigt.“

Aus der Anlage zu der oben genannten Nieder-
schrift geht außerdem hervor, dass die zuständige
Poststelle der Stadt Solingen das Wahlamt gebeten
habe, am Samstag, dem 11. Juni 1999 (gemeint war
offenbar der 12. Juni) bis 12.00 Uhr die noch einge-
gangenen Wahlbriefe aus der Freitagskastenleerung
aus dem Postfach abzuholen. Der zuständige Sach-
bearbeiter habe am 11. Juni 1999 (gemeint ist offen-
bar wiederum Samstag, der 12. Juni) gegen 12.00
Uhr versucht, das Postamt Solingen telefonisch zu
erreichen, um den genauen Ort zu erfragen, an dem
die Wahlbriefe abgeholt werden sollten. Weil er nie-
manden erreicht habe, sei er irrtümlich davon aus-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 121 – Drucksache 14/2761

gegangen, dass die noch eingegangenen Wahlbriefe
am nächsten Tag (dem Wahltag) von der Deutschen
Post Express GmbH zugestellt werden würden.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 Eu-
WG i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der
Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-
handlung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
trotz Feststellung eines Wahlfehlers offensichtlich un-
begründet.

Die Entscheidung des Stadtwahlausschusses der kreis-
freien Stadt Solingen, bei der Ermittlung und Feststel-
lung des endgültigen Wahlergebnisses die 243 Wahl-
briefe aus der Freitagskastenleerung nicht zu
berücksichtigen, begründet einen Wahlfehler.

Wahlbriefe müssen in analoger Anwendung des § 36
Abs. 1 Satz 1 BWG, der gemäß § 4 EuWG auch für die
Europawahl gilt, so rechtzeitig abgesandt werden, dass
sie am Wahltag bis zum Ablauf der Wahlzeit (bei der
Europawahl 21.00 Uhr) beim Kreis- bzw. Stadtwahl-
leiter des Wahlkreises, in dem der Wahlschein ausge-
stellt worden ist, eingegangen sind. Als eingegangen
gilt ein Wahlbrief mangels ausdrücklicher rechtlicher
Regelung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsät-
zen, wenn er so in den „Machtbereich“ des Empfängers
gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen
von ihm Kenntnis erlangen konnte. Danach gehen
durch die Post beförderte Wahlbriefe beim Empfänger
ein, wenn sie in dessen Briefkasten gelegt werden oder,
sofern der Empfänger über ein Postfach beim Zustell-
postamt verfügt, mit dem Einsortieren in dieses Fach
(Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz,
6. Auflage, § 36, Rdnr. 12). Die 243 Wahlbriefe an die
Stadt Solingen aus der Freitagsleerung der Briefkästen
wurden gemäß der oben genannten Vereinbarung mit
der Deutschen Post AG „auf dem üblichen Weg“ in das
Postfach der Stadt Solingen bei der Deutschen Post AG
einsortiert und sind somit rechtzeitig eingegangen. Sie
befanden sich damit bereits am Freitag vor der Euro-
pawahl im Machtbereich des Wahlamtes der Stadt So-
lingen, so dass der Stadtwahlleiter der Stadt Solingen
bei rechtzeitiger Leerung des Postfaches bis zum Wahl-
tag um 21.00 Uhr von den Wahlbriefen hätte Kenntnis
erlangen können. Dieser Sachverhalt weicht insofern
von dem dem Beschluss des Bundestages vom 19. Sep-
tember 1991 (BT-Drucksache 12/1002, Anlage 40) zu-
grunde liegenden Sachverhalt ab, als damals die Wahl-

briefe noch nicht in den Zuständigkeitsbereich des
Wahlamtes gelangt waren.

Aus der Vereinbarung des Innenministers von Nord-
rhein-Westfalen mit der Deutschen Post AG über die
Beförderung von Wahlbriefen, die dem zuständigen
Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, geht eindeu-
tig hervor, dass Wahlbriefe bis Freitag vor der Wahl auf
dem üblichen Weg befördert werden. Auf dem übli-
chen Weg heißt hier das Einsortieren in das Postfach.
Das bedeutet wiederum, dass diese Wahlbriefe mit dem
Einsortieren in das Postfach der Stadt Solingen als aus-
geliefert gelten und deshalb eben nicht, wie die Wahl-
briefe aus der Samstagskastenleerung und die noch
nicht ausgelieferten Wahlbriefe, am Wahlsonntag den
für die Briefwahl zuständigen Stellen ausgehändigt
werden (siehe oben zitierte Vereinbarung). Ob der zu-
ständige Sachbearbeiter die oben genannte Vereinba-
rung tatsächlich kannte, konnte anhand des Sachver-
halts nicht festgestellt werden. Da das Wahlamt der
Stadt Solingen die Deutsche Post AG ausdrücklich ge-
beten hatte, die Vereinbarung auch für die Zustellung
der Wahlbriefe zur Europawahl anzuwenden, ist davon
auszugehen, dass die Mitarbeiter des Wahlamtes über
die Vereinbarung und deren Anwendung zur Europa-
wahl in Kenntnis gesetzt worden sind.

Der bereits erwähnte Sachbearbeiter der Stadt Solin-
gen, zu dessen Aufgaben nach dem geschilderten Sach-
verhalt offensichtlich auch die Abholung der Wahlbrie-
fe aus dem Postfach der Stadt Solingen gehörte, hatte
keinen Anlass, nur weil er am Samstag, dem 12. Juni
1999, gegen 12.00 Uhr beim Postamt Solingen nie-
manden haben erreichen können, davon auszugehen,
dass die Wahlbriefe aus der Freitagskastenleerung ent-
gegen der Vereinbarung mit der Deutschen Post AG
noch von der Deutschen Post Express GmbH am Wahl-
sonntag zugestellt werden würden, zumal die Poststelle
das Wahlamt ausdrücklich gebeten hatte, die Wahlbrie-
fe aus der Freitagskastenleerung aus demPostfach ab-
zuholen. Im Übrigen hätte dem Sachbearbeiter bekannt
sein müssen, wo sich das Postfach der Stadt Solingen
befindet, in das die Wahlbriefe immer einsortiert wer-
den. Falls er dennoch keine Kenntnis davon gehabt hat-
te, hätte er sich rechtzeitig darüber informieren müssen
bzw. er hätte darüber informiert werden müssen. Gera-
de wegen der strengen Regelung, dass die Wahlbriefe
innerhalb der oben genannten Frist eingegangen sein
müssen, hätte der Stadtwahlleiter der Stadt Solingen
mit besonderer Sorgfalt dafür sorgen müssen, dass alle
Wahlbriefe, die bei der Stadt eingegangen sind, sei es
durch Zustellung der Deutschen Post AG oder durch
Einsortieren in ihr Postfach, noch bis zum Wahlsonn-
tag beim Stadtwahlleiter der Stadt Solingen vorliegen.

Gemäß § 39 Abs. 4 Nr. 1 BWG i. V. m. § 4 EuWG sind
Wahlbriefe bei der Briefwahl zurückzuweisen, wenn
sie nicht rechtzeitig eingegangen sind. Der Stadtwahl-
ausschuss der Stadt Solingen hat diese Voraussetzung
für die 243 Wahlbriefe fälschlicherweise als erfüllt an-
gesehen, obwohl die Wahlbriefe durch das Einsortieren
in das Postfach der Stadt Solingen am Freitag vor der
Europawahl in den Machtbereich des Wahlamtes der

Drucksache 14/2761 – 122 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Stadt Solingen gelangt sind, somit als rechtzeitig ein-
gegangen gelten und deshalb bei der Feststellung des
Wahlergebnisses hätten mitgezählt werden müssen.
Diese Entscheidung des Stadtwahlausschusses der
Stadt Solingen begründet einen Wahlfehler, der jedoch
nach den Berechnungen des Bundeswahlleiters keinen
Einfluss auf die Mandatsverteilung gehabt hat. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts, der sich der Wahlprüfungsausschuss stets ange-
schlossen hat, können nämlich nur solche Wahlfehler
einen Wahleinspruch erfolgreich begründen, die auf
die Mandatsverteilung von Einfluss sind oder hätten
sein können. Infolgedessen scheiden alle Verstöße von
vornherein als unerheblich aus, die die Ermittlung des
Wahlergebnisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370
[372] ständige Rechtsprechung). Selbst solche Wahl-
fehler, die die Ermittlung des Wahlergebnisses betref-
fen, sind dann unerheblich, wenn sie angesichts des

Stimmenverhältnisses keinen Einfluss auf die Man-
datsverteilung haben können.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 123 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 20. Juli 1999 an die Stadt Hei-
delberg, eingegangen beim Bundestag am 4. August
1999, und einem weiteren Schreiben vom 10. Au-
gust 1999 an die Gemeinde Spechbach hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland am 13. Juni 1999 Ein-
spruch eingelegt.

Zur Begründung trägt der Einspruchsführer vor,
die geringe Wahlbeteiligung könne nicht als aus-
reichende Legitimation für das Europäische Parla-
ment angesehen werden. Es sei offenkundig, dass
durch die unvollständige und verfälschende Be-
richterstattung über das Wahlergebnis in der
Rhein-Neckar-Zeitung die Informationspflicht
nach den Wahlgesetzen nicht erfüllt worden sei.

Das personelle und inhaltliche Angebot bei der Eu-
ropawahl habe die Mehrheit der Wahlberechtigten
zur Stimmenthaltung veranlasst. Da sich in Heidel-
berg nur 45,1 % der Wahlberechtigten an der Wahl
beteiligt hätten, habe eine ausreichende Legitima-
tion für das Europäische Parlament nicht erreicht
werden können. Die Rhein-Neckar-Zeitung habe
durch ihre lückenhafte Wahlberichterstattung, in der
der Vergleich mit der Europawahl 1994 nur in Pro-
zenten angegeben worden sei, verdeckt, dass es bei
fast allen Parteien zu erheblichen Einbrüchen ge-
kommen sei.

Die Kreiswahlleiterin der Stadt Heidelberg hat dem
Einspruchsführer mitgeteilt, dass die mangelnde
Wahlbeteiligung und die Berichterstattung durch
die örtliche Presse außerhalb des Einflussbereiches
der Wahlorgane und Wahlbehörden liege. Die durch
das Europawahlgesetz (EuWG) und die Europa-
wahlordnung (EuWO) vorgeschriebenen öffent-
lichen Bekanntmachungen seien im „Stadt-
blatt-Amtsanzeiger der Stadt Heidelberg“ erfolgt.

Sie selbst – die Kreiswahlleiterin – habe das endgül-
tige Wahlergebnis des Stadtkreises im Anschluss an
die feststellende Sitzung des Kreiswahlausschusses
mündlich bekannt gegeben. Eine schriftliche Be-
kanntmachung sei „freiwillig“ im Stadtblatt der
Stadt Heidelberg am 23. Juni 1999 erfolgt, obwohl
dies für die Stadt- und Kreiswahlleiter nicht vorge-
schrieben sei.

Die Bundes- und Landesergebnisse würden nach
deren Feststellung in den jeweiligen Wahlausschüs-
sen zunächst mündlich, danach auch schriftlich be-
kannt gemacht; der Bundeswahlleiter veröffentliche
die Ergebnisse im Bundesanzeiger, der Landes-
wahlleiter im Staatsanzeiger oder Amtsblatt der
Landesregierung.

Die Angaben von Prozent- oder Vergleichswerten
früherer Wahlen seien nicht Bestandteil des aktuel-
len amtlichen Ergebnisses und würden von der Pres-
se lediglich im Rahmen ihrer redaktionellen Be-
richterstattung aufgeführt.

Der Einspruchsführer hat sich zu dem ihm nochmals
vom Wahlprüfungsausschuss mit der Gelegenheit
zur Stellungnahme übersandten Schreiben der
Kreiswahlleiterin der Stadt Heidelberg nicht mehr
geäußert.

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Anlage 38

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 35/99 –
des Herrn Hartmut Müller

wohnhaft: Handschuhsheimer Landstr. 90, 69121 Heidelberg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 124 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet, weil ein Wahlfehler an-
hand des ermittelten Sachverhaltes nicht festgestellt
werden konnte.

Alleinige Aufgabe der Wahlprüfung ist es festzustel-
len, ob durch Verletzung der Wahlrechtsbestimmungen
das Wahlergebnis beeinflusst worden ist und diese Ver-
letzung Einfluss auf die Mandatsverteilung gehabt hat
oder hätte haben können. Nach den Ausführungen des
Einspruchsführers zur Begründung seines Einspruchs
ist dies nicht der Fall.

Gemäß Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG) wird die
Staatsgewalt vom Volk in Wahlen und Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der
vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausge-
übt. Das Volk ist somit Träger und Subjekt der Staats-
gewalt, die es in erster Linie durch Wahlen ausübt. Der
Gesetzgeber hat jedoch aus diesem Prinzip der demo-
kratischen Legitimation des Parlaments weder eine
Wahlpflicht des Bürgers noch eine Mindestwahlbetei-
ligung abgeleitet. Der wahlberechtigte Staatsbürger hat
das Recht, jedoch nicht die Pflicht zur Teilnahme an
der Wahl; die Ausübung dieses Rechts liegt allein in
seinem Ermessen. Die vergleichsweise geringe Wahl-
beteiligung verletzt deshalb nicht Vorschriften des

Wahlrechts, weil es keine Vorschrift gibt, die eine Min-
destwahlbeteiligung als Voraussetzung für die Gültig-
keit von Wahlen festlegt.

Ebenso kann die Berichterstattung über das Wahler-
gebnis der Europawahl in der Rhein-Neckar-Zeitung
nicht zum Erfolg des Einspruchs führen. Dieses Pres-
seorgan ist kein amtliches Wahlorgan im Sinne von § 5
EuWG. Dritte können Wahlfehler jedoch nur insoweit
begehen, als sie unter Bindung an wahlgesetzliche An-
forderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der Organi-
sation einer Wahl erfüllen (vgl. BVerfGE 89, 243, 251),
was für die Rhein-Neckar-Zeitung nicht zutrifft.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 125 – Drucksache 14/2761

Tatbestand

1. Mit Schreiben vom 26. Juli 1999, eingegangen beim
Bundestag am 4. August 1999, hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeord-
neten des Europäischen Parlaments aus der Bundes-
republik Deutschland am 13. Juni 1999 Einspruch
eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein-
spruchsführer vor, wie er selbst seien viele Wähler
bei der Stimmabgabe überrascht worden, einen
Stimmzettel mit 20 Parteien und 193 Bewerbern zu
erhalten, obwohl einen Tag zuvor in der Landeszei-
tung ein Stimmzettel als „Muster“ mit vier Parteien
abgebildet gewesen sei, verbunden mit der Informa-
tion, dass 23 Parteien und 937 Bewerber zur Euro-
pawahl antreten würden. Er habe daraus gefolgert,
dass von 23 Parteien nur vier Parteien zur Wahl zu-
gelassen worden seien. Diese „Vortäuschung fal-
scher Tatsachen und das Verschweigen aller zuge-
lassenen Parteien bis zur letzten Minute“ verhindert
nach Ansicht des Einspruchsführers die Gültigkeit
der Wahl, weil der Wähler keine ausreichende Zeit
mehr gehabt habe, zwischen 20 Parteien und 193
Bewerbern (nicht wie laut Zeitungsbericht 23 Par-
teien und 937 Bewerbern) gewissenhaft abzuwä-
gen.

Der Einspruchsführer weist auf die Möglichkeiten
hin, die seiner Ansicht nach bestanden hätten, um
die Wähler rechtzeitig vor der Wahl über die Partei-
en und Bewerber zu informieren.

Des Weiteren hätten die Briefwähler nicht unter den
genannten Mängeln gelitten, weil sie noch Zeit ge-
habt hätten, sich zu informieren. Das verstößt nach
Meinung des Einspruchsführers gegen den Gleich-
heitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz
(GG). Diese „Rechtsbeugung“ erinnere ihn an die
(Schein-)Wahlen im Dritten Reich und in der DDR.

Der Einspruchsführer übersandte außerdem die
Kopie eines Zeitungsausschnitts aus der Schles-
wig-Holsteinischen Landeszeitung vom 12. Juni
1999, auf deren Inhalt er sich in seinem Einspruch
bezog, sowie die Kopie eines Schreibens vom
13. Juni 1999 an die Schleswig-Holsteinische Lan-
desregierung mit ähnlichem Inhalt wie sein Ein-
spruchsschreiben und die Antwort des Landeswahl-
leiters des Landes Schleswig-Holstein vom 28. Juni
1999 an ihn.

Der Landeswahlleiter von Schleswig-Holstein hat
dem Einspruchsführer Folgendes geantwortet:

Der Abdruck des Stimmzettel-Musters in der Aus-
gabe der Landeszeitung vom 12. Juni 1999 sei er-
kennbar als „Ausriss“ gekennzeichnet gewesen.
Damit habe nicht der Inhalt des Stimmzettels, son-
dern lediglich dessen äußere Gestaltung bekannt ge-
macht werden sollen. Dem Text unter der Abbil-
dung „20 Möglichkeiten, eine Stimme ...“ habe man
entnehmen können, dass der Stimmzettel zur Euro-
pawahl in Schleswig-Holstein mehr als vier Wahl-
vorschläge enthalte.

Der Bundeswahlleiter habe gemäß § 37 Abs. 1
Europawahlordnung (EuWO) die zugelassenen
Wahlvorschläge zur Europawahl im Bundesanzei-
ger vom 24. April 1999, S. 6922 öffentlich bekannt
gemacht. Die Reihenfolge der Wahlvorschläge zur
Europawahl in Schleswig-Holstein und deren Num-
merierung auf dem Stimmzettel habe er – der Lan-
deswahlleiter – gemäß § 37 Abs. 2 EuWO im Amts-
blatt von Schleswig-Holstein vom 19. April 1999,
S. 176 veröffentlicht.

Außerdem hätte sich der Einspruchsführer anhand
eines Musters des Stimmzettels, welches am oder in
dem Eingang des Gebäudes, in dem sich der für den
Einspruchsführer zuständige Wahlraum befunden
habe, angebracht gewesen war, über dessen Inhalt
informieren können.

Anlage 39

Beschluss

In der Wahlanfechtungssache – EuWP 36/99 –
des Herrn Heinrich Brüdern

wohnhaft: Pastor-Schröder-Straße 96, 24768 Rendsburg

gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland

am 13. Juni 1999

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

am beschlossen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Drucksache 14/2761 – 126 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. Nach § 26 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus
der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlge-
setz – EuWG) finden für das Wahlprüfungsverfah-
ren die Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) entsprechende Anwendung. Der Wahl-
prüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG von der Anbe-
raumung einer öffentlichen mündlichen Verhand-
lung Abstand zu nehmen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-
schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch
offensichtlich unbegründet. Ein Wahlfehler konnte an-
hand des ermittelten Sachverhaltes nicht festgestellt
werden.

Wie der Landeswahlleiter dem Einspruchsführer be-
reits mitgeteilt hat, handelt es sich bei dem fraglichen
Abdruck des Musterstimmzettels in der Landeszeitung
von Schleswig-Holstein vom 12. Juni 1999 um einen
Ausriss des Stimmzettels, wie an der schwarzen, unre-
gelmäßig gezackten Umrandung deutlich zu erkennen
war. Für einen Betrachter hätte aufgrund der allgemei-
nen Lebenserfahrung zu erkennen gewesen sein müs-
sen, dass dies nicht der vollständige Stimmzettel für die
Europawahl war, zumal der Text unter dem Abdruck
„20 Möglichkeiten, eine Stimme: 2,14 Mio. Wähler im
Norden haben die Wahl“ dies noch verdeutlichte. Des
Weiteren bezog sich die Aussage im Text des Artikels
„Insgesamt treten 23 Parteien und sonstige politische
Vereinigungen an. Unter den 937 Bewerbern ...“ auf
die Bundesrepublik Deutschland, was aus dem Wort
insgesamt geschlossen werden konnte, während sich
die Textzeile unter dem Abdruck des Stimmzettelaus-
risses auf die Wähler im Norden bezog.

Auch wenn der genannte Zeitungsartikel fehlerhafte
Angaben enthalten hätte, würde dies nicht zum Erfolg
des Einspruchs führen, weil es sich bei der Landeszei-

tung von Schleswig-Holstein nicht um ein amtliches
Wahlorgan im Sinne von § 5 EuWG handelt. Wahlfeh-
ler liegen nämlich nur vor, wenn die rechtlichen Rege-
lungen über die Vorbereitung und Durchführung der
Wahl nicht eingehalten werden. Solche Wahlfehler
können in erster Linie den amtlichen Wahlorganen (§ 5
EuWG) unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur in-
soweit begehen, als sie unter Bindung an wahlgesetz-
liche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der
Organisation einer Wahl erfüllen (vgl. BVerfGE 89,
243, 251).

Die Behauptung des Einspruchsführers, Briefwähler
hätten noch Zeit gehabt, sich zu informieren, was sei-
ner Ansicht nach gegen den Gleichheitssatz des Grund-
gesetzes verstoße, begründet ebenfalls keinen Wahl-
fehler. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein
Briefwähler, der zu Hause seinen Stimmzettel ausfüllt,
mehr Zeit dafür hat, als ein Wähler, der den Stimmzet-
tel in der Wahlkabine ausfüllt. Ein Verstoß gegen den
Gleichheitssatz des Grundgesetzes, wonach alle Men-
schen vor dem Gesetz gleich sind, ist insoweit nicht er-
sichtlich. Ein Wahlberechtigter, der mittels Briefwahl
seine Stimme abgibt, hat grundsätzlich die gleichen
Möglichkeiten, sich über die zugelassenen Parteien
und Bewerber zu informieren wie ein Wahlberechtig-
ter, der per Urnenwahl von seinem Stimmrecht Ge-
brauch macht.

Der Einspruch ist deshalb gemäß § 26 Abs. 2 EuWG
i. V. m. § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG als offensichtlich un-
begründet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann gemäß § 26 Abs. 3 EuWG
(in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1994), der als Anlage beigefügt ist, unter den dort ge-
nannten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-
fassungsgericht erhoben werden. Sie muss binnen einer
Frist von zwei Monaten seit der Beschlussfassung des
Deutschen Bundestages – –
beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

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