BT-Drucksache 14/27

Besteuerung von Luxusgegenständen

Vom 10. November 1998


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/27 vom 10.11.1998

Antrag der Fraktion der PDS Besteuerung von Luxusgegenständen =

10.11.1998 - 27

14/27

Antrag
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, Heidemarie Ehlert,
Dr. Uwe-Jens Rössel, Rolf Kutzmutz und der Fraktion der PDS
Besteuerung von Luxusgegenständen

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen
Gesetzentwurf über die Besteuerung des Erwerbs von Luxusgegenständen
nach folgenden Grundsätzen vorzulegen:
1. Als Luxusgegenstände sind gemäß der Vermögensteuerrichtlinie
(1993) Abschnitt 68 Abs. 1 diejenigen Waren und Gegenstände anzusehen,
deren Anschaffung und Haltung einen Aufwand darstellen, der die als
normal empfundene Lebenshaltung auffallend oder unangemessen
übersteigt. Die Bundesregierung soll darüber hinaus eine Liste von
Waren erstellen, die gemäß Rechtsprechung der Bundesfinanzhöfe als
Luxusgegenstände gelten. Die Liste ist entsprechend der sich - aufgrund
voranschreitender technischer und sozialer Entwicklung - wandelnden
Auffassung in bezug auf Luxusgegenstände zu aktualisieren.
2. Bei dem Erwerb von Luxusgegenständen wird, zusätzlich zur
Mehrwertsteuer, eine spezielle Verbrauchsteuer auf den Nettowarenwert
in Höhe von 6 % erhoben. Damit wird der Erwerb von Luxusgegenständen
inklusive der Mehrwertsteuer mit einem Steuersatz von derzeit 22 %
besteuert.
3. Die Steuer gilt nicht für Luxusgegenstände, die betrieblichen
Zwecken dienen.
Bonn, den 9. November 1998
Dr. Barbara Höll
Dr. Christa Luft
Heidemarie Ehlert
Dr. Uwe-Jens Rössel
Rolf Kutzmutz
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Begründung
Die öffentlichen Haushalte befinden sich in einer anhaltenden
Finanzkrise. So ist für das Jahr 1999 mit einer Finanzierungslücke von
bis zu 20 Mrd. DM zu rechnen. Darüber hinaus bestehen weitere
Haushaltsrisiken von über 20 Mrd. DM, für 1999 werden 10 bis 15 Mrd. DM
weniger Steuereinnahmen als noch im Mai 1998 geschätzt zu erwarten
sein. Zu dieser dramatischen Entwicklung hat die alte Bundesregierung
mit ihrer Steuerpolitik maßgeblich beigetragen. Zahlreiche
Steuerentlastungen bei der Einkommens- und Unternehmensbesteuerung und
nicht zuletzt die Aussetzung der Vermögensteuer tragen dazu bei, daß
Einkommensstarke und Vermögende nicht mehr entsprechend ihrer
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden. So stieg der
Anteil von durch die Bürgerinnen und Bürger zu entrichtenden Steuern,
u. a. Mehrwert-, Lohn- oder Mineralölsteuern, auf über 70 % am gesamten
Steueraufkommen, während der Anteil der Unternehmenssteuern auf unter
18 % gesunken ist. Parallel dazu forcierte die alte Regierungskoalition
durch Sozialabbau und Passivität gegenüber dem Problem der
Massenarbeitslosigkeit zunehmende soziale Polarisierung und
Ungerechtigkeit in der Gesellschaft.
Mit der Verringerung der Steuerlast für einkommensstarke und vermögende
Schichten erhöht sich nachweislich deren Dispositionsspielraum über ihr
Einkommen. Im Gegensatz zu den Behauptungen der alten Bundesregierung
wurde dieses zusätzlich verfügbare Einkommen nicht in Arbeitsplätze
investiert. Von 1992 bis 1997, einem Zeitraum massiver
Steuerentlastungen für Besserverdienende und Vermögende, stieg die
Arbeitslosenquote von 8,5 % auf 12 %. Der erhöhte Dispositionsspielraum
über Einkommen und Vermögen drückt sich vielmehr einerseits durch das
fortschreitende Wachstum des Geldvermögens der privaten Haushalte und
seiner disproportionalen Verteilung in der Bundesrepublik Deutschland
aus. Das Geldvermögen der privaten Haushalte hat sich seit 1980
verdreifacht und betrug Ende 1997 rd. 5,2 Billionen DM. Dabei
konzentriert sich mehr als die Hälfte des Geldvermögens auf nur 10 %
der Haushalte. Andererseits manifestiert sich wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit im Konsum. Für den Erwerb von Luxusgegenständen
stehen den höheren Einkommensschichten erheblich mehr Mittel zur
Verfügung als Einkommensschwachen.
Bei der Verbrauchsbesteuerung existiert grundsätzlich die Möglichkeit
der differenzierten Belastung des Konsums von Gütern und
Dienstleistungen. Ebenso, wie aus sozialpolitischen Erwägungen bei der
Umsatzsteuer eine Vielzahl von Gütern des täglichen Bedarfs mit einem
ermäßigten Satz besteuert wird, kann der Erwerb von Luxusgegenständen -
vor dem Hintergrund, daß diese Waren und Gegenstände insbesondere von
Einkommensstarken und Vermögenden konsumiert werden - höher belastet
werden. Zu diesen Gütern gehören u. a. Kraftfahrzeuge der Luxusklasse,
Motorflugzeuge, Yachten, Hubschrauber, Heißluftballons,
Schmuckgegenstände sowie Pelzmäntel und -jacken (ab 15 000 DM). So ist
es Konsumenten von Kraftfahrzeugen mit einem Warenwert von z. B. 75 000
DM möglich, zusätzlich zum Normalsteuersatz der Mehrwertsteuer eine
spezielle Verbrauchsteuer zu zahlen.
Bei der Auswahl der entsprechend höher zu besteuernden Waren und Güter
muß berücksichtigt werden, daß trotz zunehmender sozialer und
technischer Entwicklung immer mehr Menschen unter dem sozio-kulturellen
Existenzminimum leben. Die Zahl der Sozialhilfeberechtigten betrug
allein im Jahre 1995 2,55 Millionen und wird für 1998 auf rd. 3
Millionen geschätzt. Dies bedeutet, daß neben den Durchschnittswerten
von Einkommen und Vermögensbestand in der Bundesrepublik Deutschland
auch die fortschreitende soziale Armut ihren Niederschlag finden muß.
Gemäß der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie der EU Artikel 12 ist ein
erhöhter Mehrwertsteuersatz auf Luxusgüter nicht möglich. Dagegen ist
es jedoch gemäß Artikel 3 Abs.3 der Systemrichtlinie nicht
ausgeschlossen, daß - über harmonisierte Steuergegenstände hinaus -
bestimmte Waren national einer über die Mehrwertsteuer hinausgehenden
Besteuerung unterliegen. Damit können die Mitgliedstaaten spezielle
Verbrauchsteuern auf Waren beibehalten oder neu einführen, die nicht
harmonisiert sind. Verschiedene Länder der EU haben bereits Erfahrungen
mit speziellen Verbrauchsteuern auf Luxusgüter gesammelt. So hat
Italien zur Reduzierung des Staatshaushaltsdefizits für das Jahr 1992
eine Sondersteuer für Luxusgüter eingeführt. In Belgien existiert eine
Steuer auf Luxusgüter wie Flugzeuge, Yachten und Segelboote.
Die Besteuerung des Erwerbs von Luxusgegenständen eröffnet eine
Einnahmequelle, bei der insbesondere die tatsächlich wirtschaftlich
leistungsfähigen Bevölkerungsschichten, die in den letzten Jahren durch
verstärkte Steuerentlastungen unterproportional an der Finanzierung
öffentlicher Aufgaben beteiligt waren, herangezogen werden. Damit
würde, neben der verstärkten Besteuerung auf der Seite
Einkommensentstehung, ein Schritt in Richtung sozialer Gerechtigkeit
und der Umkehrung der Umverteilung von unten nach oben geleistet
werden. Die Einnahme aus der Besteuerung des Erwerbs von
Luxusgegenständen werden gemäß der in der Finanzverfassung vorgegebenen
Verteilung der Umsatzsteuer auf Bund, Länder und Kommunen verteilt. Die
Frage der Besteuerung des Besitzes von Luxusgegenständen soll im Rahmen
der Vermögensbesteuerung gesetzlich geregelt werden.

10.11.1998 nnnn

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