BT-Drucksache 14/2610

Zur Rolle der Schattenwirtschaft in Deutschland

Vom 26. Januar 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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2610

14. Wahlperiode

26. 01. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Heinrich,
Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Detlef Parr, Dr. Irmgard Schwaetzer, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae und der Fraktion der F.D.P.

Zur Rolle der Schattenwirtschaft in Deutschland

Eine Studie, die das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübin-
gen zusammen mit Professor Friedrich Schneider von der Universität Linz
erstellt hat, schätzt, dass die Schattenwirtschaft in Deutschland inzwischen
einen Anteil von mehr als 16 % am offiziellen Bruttoinlandsprodukt auf-
weist. Das tatsächlich erwirtschaftete Sozialprodukt in Deutschland wäre
deshalb um etwa ein Sechstel größer, als es die offiziellen Daten zeigen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Wie hoch beziffert die Bundesregierung den Anteil der Schattenwirtschaft
am offiziellen Sozialprodukt?

2. Wie hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Schattenwirt-
schaft in den letzten zehn Jahren in v. H. des offiziellen Bruttoinlands-
produktes entwickelt?

3. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Entwicklung des
Anteils der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt in anderen europäi-
schen Ländern, insbesondere Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden,
Italien, Schweden sowie den USA vor?

4. Wie viele Personen verdienen ihren Lebensunterhalt in Deutschland nach
Informationen der Bundesregierung vollständig oder überwiegend in der
Schattenwirtschaft?

5. In welchen Branchen hat die Schattenwirtschaft besonders hohe Anteile und
aus welchen Gründen?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der o. a. Studie, dass das Anwach-
sen der Schattenwirtschaft in der hohen Steuer- und Abgabenbelastung und
in der Verunsicherung über die Gesetzgebung (630-DM-Beschäftigungsver-
hältnisse, Scheinselbständigkeit) liegt?

7. Wenn nein, aufgrund welcher ökonomischer Zusammenhänge vermutet die
Bundesergierung, dass ihre Gesetzgebung zur Scheinselbständigkeit und das
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Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse zu
einem Rückgang der Schattenwirtschaft beiträgt?

8. Gibt es Erkenntnisse der Bundesregierung darüber, dass flächendeckende
Arbeitszeitverkürzungen zu einem Anwachsen der Schattenwirtschaft bei-
getragen haben?

9. Welche Auswirkungen würde eine Einigung der Tarifpartner über einen
vorgezogenen Ruhestand („Rente mit 60“), flankiert durch die Gesetzge-
bung des Bundes, auf die Neigung zur Schwarzarbeit haben?

10. Welche Instrumente präferiert die Bundesregierung, um die Schattenwirt-
schaft einzudämmen?

11. Sieht die Bundesregierung angesichts des säkularen Wachstumstrends der
Schattenwirtschaft in Deutschland die Notwendigkeit, wieder einen enge-
ren Zusammenhang zwischen individuell gezahlten Steuern und Beiträgen
des Arbeitnehmers auf der einen und individuell empfangenen Leistungen
bzw. Ansprüchen auf der anderen Seite zu schaffen?

12. Liegen der Bundesregierung Daten über die Zahl der Razzien auf Großbau-
stellen in den letzten zehn Jahren und die Zahl der dabei ertappten illegal
Beschäftigten vor?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Effizienz des Instruments der Groß-
razzien zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, insbesondere am Bau?

14. Liegen der Bundesregierung Daten über die Wirksamkeit des Arbeitneh-
mer-Entsendegesetzes im Hinblick auf einen messbaren Rückgang der
Schwarzarbeit am Bau vor?

15. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass eine Abschaffung der Arbeits-
erlaubnispflicht ein geeignetes Instrument ist, die Schattenwirtschaft zu
vermindern?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts einer Arbeitslosenzahl von
knapp 4 Millionen und einer Zahl der Vollzeitschwarzarbeiter von mehr als
5 Millionen den Zusammenhang und das Verhältnis zwischen Schatten-
wirtschaft und Arbeitslosigkeit?

17. Würde der wirtschaftspolitische Vorschlag, die direkten Steuern zu Lasten
der indirekten Steuern zu senken, die Attraktivität der Schattenwirtschaft
mindern?

Berlin, den 25. Januar 2000

Rainer Brüderle Dr. Werner Hoyer
Hildebrecht Braun (Augsburg) Gudrun Kopp
Ernst Burgbacher Jürgen Koppelin
Jörg van Essen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Ulrike Flach Dirk Niebel
Rainer Funke Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Hans-Michael Goldmann Detlef Parr
Joachim Günther (Plauen) Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Karlheinz Guttmacher Marita Sehn
Dr. Helmut Haussmann Dr. Hermann Otto Solms
Ulrich Heinrich Dr. Max Stadler
Walter Hirche Carl-Ludwig Thiele
Birgit Homburger Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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