BT-Drucksache 14/2550

Verbesserung des Küstenschutzes durch effiziente Kooperation und Koordination- Schaffung einer zentralen Küstenwache

Vom 19. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2550
14. Wahlperiode 19. 01. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Flach, Birgit Homburger, Horst Friedrich (Bayreuth),
Jürgen Koppelin, Hans-Michael Goldmann, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer, Ulrich
Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard Schwaetzer, Marita Sehn,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Dr. Wolfgang
Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Verbesserung des Küstenschutzes durch effiziente Kooperation und
Koordination – Schaffung einer zentralen Küstenwache

Bereits 1954 hat sich der Deutsche Bundestag mit Fragen einer organisatori-
schen Zusammenfassung der Bergungs- und Rettungskräfte auf See befasst.
1993 beschloss der Landtag in Schleswig-Holstein die Organisation einer zen-
tralisierten deutschen Küstenwache. Im Dezember 1996 legte das Bundesminis-
terium für Verkehr einen „Erfahrungsbericht Küstenwache“ vor. Durch die Ha-
varie des Frachters „Pallas“ im November 1998 und die dabei festgestellte
mangelhafte Koordination und Kommunikation zwischen Bundes- und Lan-
desbehörden sowie privaten Rettungskräften, ist deutlich geworden, dass eine
neue Struktur der Zusammenarbeit bei Bergung und Rettung auf See dringend
erforderlich ist. Auf Bundesebene und in Schleswig-Holstein wurden Untersu-
chungsausschüsse eingesetzt, die konkrete Vorschläge erarbeiten sollten. Nach
mehr als einem Jahr liegen noch immer keine Abschlussberichte vor. Auch im
Deutschen Bundestag ist das Thema mehrfach diskutiert worden. Eines der
wichtigsten Ziele ist die Zusammenführung aller Bergungs- und Rettungskräfte
unter dem gemeinsamen Dach einer „Küstenwache“ mit transparenter Kom-
mandostruktur und effizienter Ausrüstung, die wirksam und schnell Hilfe in
Notsituationen leisten kann.

Obwohl das Ziel einer zentralisierten Küstenwache über Partei- und Landes-
grenzen hinweg weitgehend unstreitig ist, hat es nach dem Unfall der „Pallas“
keine nennenswerten Fortschritte zur Realisierung einer gemeinsamen Küsten-
wache gegeben. Eine Zusammenführung von Kompetenzen von Wasserschutz-
polizei, Bundesgrenzschutz, Zoll und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
des Bundes im Bereich der Bergung und Rettung ist bisher nicht gelungen. Die
organisatorische Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesbehörden ist
dringend verbesserungsbedürftig.

Nach Auffassung der Fraktion der F.D.P. darf es nicht sein, dass der wirksame
Schutz von Menschen und der Umwelt durch Beharren auf überkommene Zu-

Drucksache 14/2550 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

ständigkeiten von Bund und Ländern gefährdet wird. Nur eine einheitliche Füh-
rungs- und Kommandostruktur mit einem gemeinsamen Einsatzstab und Ein-
satzkräften kann dem Ziel der Einrichtung einer zentralisierten deutschen
Küstenwache gerecht werden.

Wir fragen deshalb die Bundesregierung:

1. Welche Kosten für Bund und Länder sind durch die Havarie der „Pallas“
und die dadurch verursachte Meeresverschmutzung entstanden?

2. Sind diese Kosten, soweit sie nicht durch die Versicherung der „Pallas“ ge-
deckt waren, inzwischen beglichen worden?

3. Wann wird der Abschlussbericht der von Bundesminister Franz Müntefe-
ring eingesetzten Untersuchungskommission zum Thema „Havarie der Pal-
las“ unter Vorsitz von Senator a. D. Grobecker vorgelegt werden?

4. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit Einsetzung der Kommis-
sion getroffen, um den Küstenschutz zu verbessern und eine verbesserte
Koordination und Kooperation bei Bergung und Rettung zwischen Bund
und Ländern herzustellen?

5. Sind abgestimmte Maßnahmen mit den Küstenländern eingeleitet worden,
um die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern für Bergung, Brand-
bekämpfung und Rettung auf See neu zu ordnen?

6. Wenn ja, haben diese Maßnahmen zur Zusammenlegung von Behörden ge-
führt?

7. Sind die bereits seit 1997 überarbeiteten Einsatz- und Alarmpläne der Was-
ser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) geändert worden, wie
dies im Bericht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen (BMVBW) „Havarie des Frachters ,Pallas‘ in der Nordsee – Ber-
gung, Schadensbegrenzung und Bekämpfung der Ölverschmutzung“ vom
15. März 1999 (S. 52) angekündigt wird?

8. Wenn ja, welche Änderungen sind vorgenommen worden?

9. Hat es als Konsequenz des Unfalls der „Pallas“ nach Kenntnis der Bundes-
regierung Änderungen bei den Einsatz- und Alarmplänen der Wasser- und
Schifffahrtsdirektionen der Länder gegeben?

10. Welche Konsequenzen hat das von der Ende 1997 eingesetzten interminis-
teriellen Arbeitsgruppe des Landes Schleswig-Holstein, an der der Bund
durch WSV, Küstenwache und Bundeswehr beteiligt war, dem BMVBW
vorgelegte Konzeptpapier zur Verbesserung des Unfallmanagements in
Küstengewässern ergeben?

11. Hat die Bundesregierung als Konsequenz der Havarie der „Pallas“ Ände-
rungen in der seit 1975 bestehenden und zuletzt 1995 aktualisierten Ver-
waltungsvereinbarung zwischen Bund und den Küstenländern (BLV) ver-
anlasst oder angeregt?

12. Wenn ja, welche Änderungen sind dies?

13. Sind aufgrund der Havarie der „Pallas“ in dem in § 4 BLV genannten Rah-
menalarmplan, der zuletzt im November 1998 aktualisiert wurde, Änderun-
gen vorgenommen worden oder Änderungen geplant?

14. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass zur Einrichtung einer zentra-
len Küstenwache an der Deutschen Bucht eine Änderung des Grundgeset-
zes notwendig wäre?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2550

15. Wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, dem Parlament vorzuschlagen,
eine solche Grundgesetzänderung vorzunehmen?

16. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass zur Einrichtung einer zentra-
len Küstenwache ein Staatsvertrag notwendig wäre?

17. Welche Maßnahmen hat das BMVBW ergriffen, um eine gezielte Zusam-
menarbeit mit den Nachbarstaaten bei der Bereitstellung von Notschlepp-
kapazitäten in der Nordsee zu erreichen?

18. Welche Ergebnisse haben die im Sommer 1998 begonnenen Gespräche
zwischen Deutschland und den Niederlanden über eine Vereinbarung zur
gegenseitigen Unterstützung mit Notschleppkapazität erbracht?

19. Sind analog zu den Verhandlungen mit den Niederlanden Gespräche mit
Dänemark, Großbritannien, Belgien und Schweden eingeleitet worden?

20. Welche Konsequenzen sind aus der Havarie der „Pallas“ für die grenzüber-
schreitende Zusammenarbeit im Rahmen des Deutsch-Dänischen Alarm-
und Einsatzplanes (DENGER-Plan) gezogen worden?

21. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass Notschleppvorrichtungen gemäß
SOLAS 1974/1978 auch für Tankschiffe unter 20 000 Tonnen Tragfähig-
keit sowie für Schiffe mit gefährlicher Ladung eingeführt werden sollten?

22. Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Vorschläge des BMVBW hinsicht-
lich des Einsatzes allwettertauglicher Hubschrauber und des Einsatzes
hochfester leichter Schlepptrossen (Bericht des BMVBW „Havarie des
Frachters ,Pallas‘…“, S. 53) erbracht?

23. Hat die Bundesregierung Haushaltsmittel für die Beschaffung allwetter-
tauglicher Hubschrauber und hochfester leichter Schlepptrossen bereitge-
stellt?

24. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung in die Haushalte der Küstenlän-
der Mittel für die o.g. Geräte eingestellt worden?

25. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Verbesserung der Ausbil-
dung und des Trainings der Rettungsmannschaften eingeleitet?

26. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der Abschluss eines internationa-
len Haftungsübereinkommens für austretenden Schiffstreibstoff (Bunkeröl)
notwendig ist?

27. Wenn auf die Fragen 21 und 25 mit ja geantwortet wurde, welche Maßnah-
men hat die Bundesregierung ergriffen, um diese Auffassungen im Rahmen
der International Maritime Organization (IMO) durchzusetzen?

28. Ist die Bundesregierung bereit, die Aufwendungen für den Küstenschutz im
Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und
des Küstenschutzes“ (GAK) nach Auslaufen des Rahmenplanes im Jahr
2003 zu erhöhen?

29. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Einrichtung einer zentralen
Koordinationsstelle in der Deutschen Bucht notwendig ist, wie dies im
Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Druck-
sache 14/281 angeregt wird?

30. Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Einrichtung ei-
ner zentralen Koordinationsstelle unternommen?

Drucksache 14/2550 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
31. Welche Ergebnisse hat die vom BMVBW europaweit ausgeschriebene dau-
erhafte Charter eines Hochseeschleppers, die im Antrag der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 14/281) erwähnt
wird, erbracht?

32. Ist die Bundesregierung bereit zu prüfen, ob das Bundesamt für Seeschiff-
fahrt und Hydrographie zu einer Nationalen Meeresagentur ausgebaut wer-
den kann, die für alle Hilfs- und Rettungsmaßnahmen innerhalb der deut-
schen Hoheitsgewässer zuständig wäre und als Ansprechpartner für alle in-
und ausländischen Stellen mit maritimen Aufgabenstellungen dienen
kann?

Berlin, den 19. Januar 2000

Ulrike Flach
Birgit Homburger
Horst Friedrich (Bayreuth)
Jürgen Koppelin
Hans-Michael Goldmann
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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