BT-Drucksache 14/2546

zu dem A der Abg Dr. Barbara Höll weiterer Abg und der Frak. der PDS 14/840 Einführung einer Steuer auf spekulative Devisenumsätze (Tobin-Steuer)

Vom 20. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2546
14. Wahlperiode 20. 01. 2000

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft,
Heidemarie Ehlert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/840 –

Einführung einer Steuer auf spekulative Devisenumsätze (Tobin-Steuer)

A. Problem

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, innerhalb der
EU die Einführung einer Devisenumsatzsteuer (Tobin-Steuer) auf die Tages-
ordnung des ECOFIN-Rats zu setzen. Sie soll im ECOFIN-Rat weiterhin eine
Regierungskonferenz anregen, die einen Vertrag zur Schaffung einer solchen,
international einheitlichen Steuer erarbeitet.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags.

Einstimmigkeit im Ausschuss gegen die Stimmen der Antragsteller

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Drucksache 14/2546 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag – Drucksache 14/840 – abzulehnen.

Berlin, den 15. Dezember 1999

Der Finanzausschuss

Christine Scheel
Vorsitzende

Hans Michelbach
Berichterstatter

Dr. Barbara Höll
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2546

Bericht der Abgeordneten Hans Michelbach und Dr. Barbara Höll

1. Verfahrensablauf

Der Antrag der Fraktion der PDS zur Einführung einer
Steuer auf spekulative Devisenumsätze (Tobin-Steuer) –
Drucksache 14/840 – ist dem Finanzausschuss in der
45. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Juni 1999
zur federführenden Beratung und dem Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, dem Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem Ausschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mit-
beratung überwiesen worden. Der Ausschuss für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung hat den Antrag am
10. November 1999 beraten. Die beiden anderen mitbe-
ratenden Ausschüsse haben sich mit der Vorlage am
1. Dezember 1999 befasst. Der Finanzausschuss hat den
Antrag am 15. Dezember 1999 behandelt.

2. Inhalt des Antrags

Mit dem von der Fraktion der PDS eingebrachten Antrag
zur Einführung einer Steuer auf spekulative Devisenum-
sätze (Tobin-Steuer) – Drucksache 14/840 – soll die Bun-
desregierung aufgefordert werden, innerhalb der EU den
Vorschlag der Erhebung einer Devisenumsatzsteuer kurz-
fristig auf die Tagesordnung des ECOFIN-Rates zu setzen.
Sie soll dort eine Regierungskonferenz anregen, zu der die
G7-Staaten, Singapur, die Schweiz, China/Hongkong, Aus-
tralien und weitere interessierte Staaten eingeladen werden.
Diese Regierungskonferenz soll einen Vertrag zur Einfüh-
rung einer international einheitlichen Devisenumsatzsteuer
erarbeiten, der wie folgt ausgestaltet werden soll:

a) Institutioneller Rahmen

Dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen
soll eine zwischenstaatliche Kommission angegliedert
werden, deren Hauptaufgabe die Erarbeitung von Rah-
menrichtlinien für die Verwendung von Steuereinnah-
men im Bereich der Entwicklungshilfe ist.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll als inter-
nationaler Verwalter der Devisenumsatzsteuer fungieren.
Ihm soll es obliegen, den Steuersatz festzusetzen, die
einheitliche Steuererhebung durch die Teilnehmerstaaten
zu überwachen sowie die erzielten Steuereinnahmen zu
sammeln und zu verteilen. Die für die Verteilung maß-
geblichen Quoten sollen innerhalb vertraglich fixierter
Grenzen vom IWF festgesetzt werden.

b) Erhebungsgebiet

Die Erhebung der Steuer soll sich auf die Hoheitsgebiete
der den Vertrag ratifizierenden Staaten erstrecken.

c) Bemessungsgrundlage und Tarif

Alle Transaktionen, die einen sofortigen Devisenaus-
tausch zur Folge haben (Kassageschäfte), sollen mit ei-
nem einheitlichen proportionalen Tarif in Höhe von
0,25 v. H. der Besteuerung unterworfen werden. Auf
neue Finanzierungsinstrumente soll die Steuer entspre-
chend Vorgaben des IWF ausgedehnt werden.

d) Erhebung der Steuer, Steuerschuldner

Erhoben werden soll die Steuer am Ort und zur Zeit der
Entstehung des steuerpflichtigen Umsatzes durch die je-
weilige staatliche Behörde, auf deren Hoheitsgebiet die
Devisentransaktion stattfindet. Steuerschuldner sollen
die an den betreffenden Devisengeschäften beteiligten
Banken und Devisenhändler sein.

e) Ausnahmen

Da der internationale Güter- und Dienstleistungsaus-
tausch und die entwicklungs- und währungspolitisch
motivierten Devisenmarktaktivitäten öffentlicher Institu-
tionen durch die Steuer nicht beeinträchtigt werden sol-
len, soll geprüft werden, in welcher Weise solche Devi-
sentransaktionen von der Besteuerung ausgenommen
bzw. wie entsprechende Kosten kompensiert werden
können. Außerdem soll geprüft werden, inwieweit Mög-
lichkeiten zur Freistellung geringfügiger Devisenum-
sätze bestehen.

f) Verteilung und Verwendung der Steuereinnahmen

Der nach Abzug der Erhebungs- und Kontrollkosten ver-
bleibende Steuerbetrag soll dem IWF von den steuerer-
hebenden Ländern überwiesen und danach nach den
festgelegten Quoten verteilt werden. Unter dem Dach
der Vereinten Nationen soll ein internationaler Entwick-
lungsfonds eingerichtet werden, der die Verteilung des
erzielten Steueraufkommens überwacht.

g) Sicherung der Steuer gegen regionale Umgehung

Finanztransaktionen in teilnehmenden Währungen an
Nichtteilnehmer sollen zur Verhinderung regionaler Um-
gehung der Steuer in einer der Devisenumsatzsteuer
äquivalenten Höhe belastet werden.

3. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktionen
der CDU/CSU und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion
der PDS, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag gegen die Antragsteller bei ei-
ner Stimmenthaltung abgelehnt.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
der Fraktion der F.D.P. gegen die Stimme der Fraktion der
PDS, den Antrag abzulehnen.

4. Ausschussempfehlung

Im federführenden Finanzausschuss hat die Fraktion der PDS
den Antrag erläutert. Sie hat dabei die Auffassung vertreten,
dass der Vorschlag zur Einführung einer Steuer auf spekula-
tive Devisenumsätze in Deutschland verstärkte Beachtung
verdiene, zumal er international zunehmend diskutiert werde.

Drucksache 14/2546 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zugleich hat die Fraktion der PDS argumentiert, die Fraktion
der SPD habe bei der bereits in der letzten Legislaturperiode
im Deutschen Bundestag erfolgten Beratung dieses Vor-
schlags ein deutliches Interesse an dieser Thematik gezeigt.

Die Fraktion der SPD hat den Vorschlag des Nobelpreisträ-
gers Tobin zur Einführung einer Steuer auf spekulative
Währungstransaktionen als beachtenswertes Konzept be-
zeichnet. Eine solche Steuer könne aber nur bei Beteiligung
aller Staaten eingeführt werden. Dies sei jedoch unrealis-
tisch. Die Bundesregierung hat dies mit dem Hinweis auf
die Schwierigkeiten bekräftigt, in der EU zu einer harmoni-
sierten Zinsbesteuerung zu gelangen. Die Fraktion der SPD
hat weiterhin dargelegt, dass Regelungen zur Eindämmung
spekulativer Devisenumsätze erforderlich seien, jedoch als
Bündel von Maßnahmen getroffen werden müssten. Der
letzte Bundesparteitag der SPD habe zu dieser Problematik
die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen, um die

Diskussion dieses Themas voranzutreiben und einen umfas-
senden Beschluss dazu vorzubereiten. Dem Antrag der
Fraktion der PDS, der auf eine isolierte Maßnahme ziele,
könne die Fraktion der SPD daher nicht zustimmen.

Die Fraktion der CDU/CSU hat auf ihre bisher ablehnende
Haltung zur Einführung einer solchen Steuer verwiesen
(vgl. Drucksache 13/10465) und erklärt, dass sie an dieser
Position festhalte. Sie hat insbesondere die Auffassung ver-
treten, dass eine gesetzliche Regelung zur Bekämpfung spe-
kulativer Devisenumsätze bei freien Finanzmärkten nicht
machbar sei. Notwendig seien nicht neue Steuern, sondern
liberale Steuergesetze.

Der Antrag ist im Ausschuss mit dem Stimmen der Koali-
tionsfraktionen, der Fraktion der CDU/CSU und F.D.P. ge-
gen die Stimmen der Fraktion der PDS abgelehnt worden.

Berlin, den 15. Dezember 1999

Hans Michelbach
Berichterstatter

Dr. Barbara Höll
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.