BT-Drucksache 14/2543

Genehmigungsverfahren für das Kernkraftwerk Biblis

Vom 18. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2543
14. Wahlperiode 18. 01. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Cajus Caesar, Marie-Luise Dött, Georg Girisch,
Dr. Paul Laufs, Vera Lengsfeld, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Bernward Müller
(Jena), Franz Obermeier, Dr. Peter Paziorek, Christa Reichard (Dresden),
Hans Peter Schmitz (Baesweiler), Werner Wittlich, Friedrich Bohl,
Dr. Jürgen Gehb, Martin Hohmann, Manfred Kanther, Dr. Michael Meister,
Dr. Heinz Riesenhuber, Hannelore Rönsch (Wiesbaden), Adolf Roth (Gießen),
Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bernd Siebert, Bärbel Sothmann,
Wolfgang Steiger, Erika Steinbach, Andreas Storm, Gerald Weiß (Groß-Gerau),
Klaus-Peter Willsch und der Fraktion der CDU/CSU

Genehmigungsverfahren für das Kernkraftwerk Biblis

Vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten
(HMULF) wurde dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit (BMU) am 18. Juni 1999 ein Genehmigungsentwurf zur Verbesserung
des Leckageüberwachungssystems im Block A übersandt. Der BMU hat dar-
aufhin von der Landesbehörde die Zusage eingefordert, die Genehmigung nicht
ohne die Zustimmung des BMU zu erteilen. Mit Schreiben vom 29. November
1999 hat der BMU dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft
und Forsten schließlich die Weisung erteilt, Genehmigungen für das Kernkraft-
werk Biblis, Block A, erst nach bundesaufsichtlicher Zustimmung zu erteilen.

Im Zusammenhang mit einer von der damaligen rot-grünen Regierungskoali-
tion in Hessen vorgesehenen vorläufigen Einstellung des Leistungsbetriebes
des Blockes A hat das Hessische Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und
Forsten die Gesellschaft für Reaktorsicherheit um eine ergänzende Stellung-
nahme gebeten. Die Einschaltung der Gesellschaft für Reaktorsicherheit wurde
durch den BMU mit der Begründung, sie wäre bereits Sachverständiger der
Bundesaufsicht und es bestünde somit die Gefahr einer Interessenkollision, ab-
gelehnt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Bei welchen Genehmigungsentwürfen nach § 7 Abs. 1 des Atomgesetzes
der Bundesländer insgesamt ist der BMU von Oktober 1998 bis heute
ebenso verfahren (Gegenstand der Genehmigung, Bundesland)?

2. Wie viele Änderungsgenehmigungen haben die Länder in o.g. Zeitraum ins-
gesamt erteilt, und was war der Genehmigungsgegenstand?

Welche davon sind von den zuständigen Genehmigungsbehörden als sicher-
heitserhöhend eingestuft worden?

Drucksache 14/2543 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Welche der unter Frage 2 genannten Genehmigungen haben dem BMU vor
Erteilung zur Zustimmung vorgelegen und was ergab die Prüfung?

Sind Genehmigungen erteilt worden, denen gegenüber der BMU Bedenken
geäußert hat?

4. Welche Genehmigungsentwürfe liegen dem BMU derzeit noch zur Zustim-
mung vor?

5. Wie lange haben die Genehmigungsentwürfe vom Eingang beim BMU bis
zum Zustimmungsschreiben beim BMU gelegen und welche sind das?

6. Welche Sachverhalte und Bewertungen hat der BMU in seinem Zustim-
mungsschreiben inhaltlich selbst geprüft?

Wurden hierzu Gutachten vergeben?

Wenn ja, aus welchem Grund?

Wer hat die Gutachten erstellt?

7. Welchen Zeitraum veranschlagt der BMU zur Prüfung der ihm vorliegen-
den sicherheitserhöhenden Änderungsgenehmigungen?

8. Welche Bundesländer sind per Bundesweisung gehalten, Änderungsgeneh-
migungen dem BMU vorzulegen?

Welche Bundesländer sind per Vereinbarung zwischen Bundes- und Lan-
desregierung gehalten, Änderungsgenehmigungen dem BMU vorzulegen?

9. Worauf bezieht sich die Vorlagepflicht konkret (auf eine bestimmte An-
lage, auf einen bestimmten Vorgang, sonstige Gründe)?

10. Vertritt der BMU heute Rechtsauffassungen im Hinblick auf Änderungsge-
nehmigungen nach § 7 Abs. 1 und 2 des Atomgesetzes, die von der Rechts-
auffassung vor dem Regierungswechsel abweichen?

11. Wenn ja, worin besteht diese geänderte Rechtsauffassung und was ist die
Begründung dafür?

12. Hält der BMU den § 7 Abs. 2 Satz 2 des Atomgesetzes bei sicherheitserhö-
henden Maßnahmen für anwendbar?

13. Welche konkreten rechtlichen und sicherheitstechnischen Probleme sind
im Zusammenhang mit der Genehmigung von Ertüchtigungsmaßnahmen
im Nebenkühlwassersystem VE nach Auffassung des BMU vorhanden?

Welche konkreten Anhaltspunkte liegen dem BMU diesbezüglich vor?

14. Gab es eine verbindliche bundesaufsichtliche Absprache, Entscheidungen
vorab der Bundesaufsicht zur Zustimmung vorzulegen?

Wie lautete diese konkret, und was war der Hintergrund dieser Absprache?

15. Gibt es einen in der Vergangenheit geführten Schriftwechsel mit dem Land
Hessen im Zusammenhang mit der Genehmigung von Ertüchtigungsmaß-
nahmen im Nebenkühlwassersystem VE beim Block A des Kernkraftwer-
kes Biblis?

Welchen Inhalt hatte dieser?

16. Hat der BMU im Zusammenhang mit der o.g. Genehmigung Gutachter be-
auftragt?

Wenn ja, welche, wie lautet deren Auftrag und welche Ergebnisse liegen
vor?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2543

17. Aufgrund welcher Erkenntnisse geht der BMU davon aus, dass bestimmte
Prüfungen bei den ihm vorliegenden Genehmigungsentwürfen nicht durch-
geführt wurden?

18. Wieso stellt im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Betreibers der BMU
die Prüfungen und Bewertungen des Hessischen Ministeriums für Umwelt,
Landwirtschaft und Forsten in Frage?

Liegen dem BMU weitere Erkenntnisse vor, die er dem Hessischen Minis-
terium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten bisher nicht mitgeteilt hat?

19. Wo sieht der BMU konkret bei der Beurteilung von Sicherheitsfragen bei
einer bestimmten Anlage die Interessenkollision beim Gutachter (Gesell-
schaft für Reaktorsicherheit)?

20. War die Gesellschaft für Reaktorsicherheit in der Vergangenheit als Sach-
verständiger für Landesbehörden tätig?

Wenn ja, in welchem Zusammenhang und für welche Landesbehörde?

21. Hat der BMU der Gesellschaft für Reaktorsicherheit auch in weiteren Fäl-
len untersagt, für eine Landesbehörde als Sachverständiger tätig zu sein?

Wenn ja, aus welchem Grund bei welchem Bundesland?

22. Für welche Landesbehörde und zu welchen Themen ist sie heute noch tä-
tig?

23. Werden die in der Vergangenheit von der Gesellschaft für Reaktorsicher-
heit durchgeführten Bewertungen zu Biblis, Block A, durch neue Erkennt-
nisse in Frage gestellt und welche sind dies?

24. Hat der BMU im Hinblick auf das Kernkraftwerk Biblis, Block A, derzeit
Sachverständige beauftragt, die technische oder rechtliche Sachverhalte im
Zusammenhang mit einer vorläufigen Betriebseinstellung prüfen?

Wenn ja, welche Sachverständigen wurden eingeschaltet, wie lauten deren
Aufträge und welche Ergebnisse liegen vor?

25. Finden im Zusammenhang mit vorläufigen Betriebseinstellungen derartige
Prüfungen durch den Bund bei anderen Kernkraftwerken statt?

Wenn ja, bei welchen Anlagen, welche Sachverständigen wurden einge-
schaltet, wie lauten deren Aufträge und welche Ergebnisse liegen vor?

26. Hat der BMU zwischenzeitlich seine Auffassung im Hinblick auf das Vor-
liegen einer erheblichen Gefährdung beim Kernkraftwerk Biblis, Block A,
geändert?

Wenn ja, welche konkreten neuen Erkenntnisse liegen dem BMU vor und
wie werden sie fachlich und rechtlich bewertet?

Berlin, den 3. Januar 2000

Kurt-Dieter Grill
Cajus Caesar
Marie-Luise Dött
Georg Girisch
Dr. Paul Laufs
Vera Lengsfeld
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Bernward Müller (Jena)
Franz Obermeier

Drucksache 14/2543 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Dr. Peter Paziorek
Christa Reichard (Dresden)
Hans Peter Schmitz (Baesweiler)
Werner Wittlich
Friedrich Bohl
Dr. Jürgen Gehb
Martin Hohmann
Manfred Kanther
Dr. Michael Meister
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Rönsch (Wiesbaden)
Adolf Roth (Gießen)
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Bernd Siebert
Bärbel Sothmann
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Klaus-Peter Willsch
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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