BT-Drucksache 14/2496

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG)

Vom 11. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2496
14. Wahlperiode 11. 01. 2000

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Rolf Kutzmutz, Dr. Gregor Gysi und der
Fraktion der PDS

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG)

A. Problem

Die neue Insolvenzordnung ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten. Bereits
nach einem knappen Jahr zeigt sich, dass diese Regelung im Bereich der Ver-
braucherinsolvenz nicht praktikabel ist. Nur wenige Verbraucherkonkursan-
träge sind bisher gerichtsanhängig geworden. Trotz ca. 2,6 Millionen über-
schuldeter bundesdeutscher Haushalte ist die erwartete Flut von gerichtlichen
Konkursverfahren ausgeblieben, da die Amtsgerichte überwiegend keine Pro-
zesskostenhilfe für die betroffenen Schuldner bewilligen. Außergerichtliche Ei-
nigungsverfahren stecken zumeist in einer Sackgasse und können nicht zum
Abschluss gebracht werden, weil aufgrund fehlenden Vollstreckungsschutzes
Einigungsversuche von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.

Das Bundesministerium der Justiz will zunächst die gerichtliche Entscheidungs-
praxis „beobachten“, ohne jedoch gesetzgeberische Schritte einzuleiten. Vor ei-
ner ggf. umfassenden Novellierung besteht jedoch hinsichtlich der größten Ge-
setzesdefizite sofortiger Änderungsbedarf, um der großen Zahl der so genannten
Armutsschuldner den Weg in die Verbraucherinsolvenz überhaupt zu öffnen.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf sieht eine klarstellende Regelung zur Gewährung von Pro-
zesskostenhilfe für die Verfahren der Restschuldbefreiung und der Verbraucher-
insolvenz vor. Daneben wird die so genannte Wohlverhaltensperiode, nach de-
ren Ablauf die Restschuldbefreiung eintritt, von sieben auf fünf Jahre
herabgesetzt und der „Null-Plan“ für Schuldner ohne pfändbares Einkommen
und Vermögen im Verbraucherinsolvenzverfahren eingeführt. Um eine wesent-
lich höhere Erfolgsquote von außergerichtlichen Einigungsversuchen als Vor-
aussetzung für das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren und das sich
ggf. anschließende Insolvenzverfahren zu ermöglichen, wird des Weiteren
durch Aufnahme eines Vierten Abschnitts in den Neunten Teil der Verbraucher-
insolvenz der Vollstreckungsschutz auf die außergerichtliche Einigung ausge-
dehnt.

Drucksache 14/2496 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Übernahme von Gerichts- und Anwaltskosten durch Gewährung von Prozess-
kostenhilfe, die jedoch keinen zusätzlichen Kostenfaktor darstellt, da der Ge-
setzgeber bei Verabschiedung der Insolvenzordnung ohnehin davon ausgegan-
gen ist, dass die betreffenden Gerichte bei Vorliegen der Bedürftigkeit
Prozesskostenhilfe bewilligen.

E. Sonstige Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2496

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG)

Der Bundestag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Gesetzes zur Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I
S. 2866), zuletzt geändert ..., wird wie folgt geändert:

1. § 4 wird wie folgt geändert:

Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:

„Für Verfahren nach dem Achten und Neunten Teil wird
Prozesskostenhilfe nach Maßgabe der §§ 114 bis 127a
Zivilprozessordnung gewährt, soweit die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Restschuldbefreiung oder die
Verbraucherinsolvenz und sonstige Kleinverfahren vor-
liegen. “

2. § 287 wird wie folgt geändert:

In Absatz 2 wird das Wort „sieben“ durch das Wort
„fünf“ ersetzt.

3. § 305 wird wie folgt geändert:

Nach Absatz 1 Nr. 4 wird folgende Nr. 5 eingefügt:

„5. einen Null-Plan, soweit kein pfändbares Einkom-
men oder Vermögen zur Schuldenbereinigung vor-
handen ist; in diesem Fall hat der Schuldner jährlich
Auskunft über seine Einkommens- und Vermögens-
situation zu erteilen; sollte zwischenzeitlich eine
deutliche Verbesserung der Vermögens- und Ein-
kommenssituation eintreten, hat der Schuldner dies
dem Insolvenzgericht unverzüglich anzuzeigen; er
tritt dem Treuhänder etwaig erlangtes Einkommen
und Vermögen bis zur Pfändungsfreigrenze ab; der
Treuhänder hat aus diesem Vermögen und Einkom-
men die Gläubiger entsprechend den Forderungsan-
teilen zu befriedigen; § 295 gilt entsprechend.“

4. Nach dem Dritten Abschnitt des Neunten Teils wird fol-
gender Abschnitt eingefügt:

„Vierter Abschnitt
Vollstreckungsschutz

§ 314a
Vollstreckungsverbot

Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubi-
ger sind während der Dauer der außergerichtlichen Eini-
gung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung
und während der Dauer des gerichtlichen Schuldenberei-
nigungsverfahrens und des Insolvenzverfahrens, in

denen der Schuldner keine Abtretungserklärung gemäß
§ 287 Abs. 2 abgibt, nicht zulässig. §§ 87 bis 102 gelten
entsprechend.

§ 314b
Bescheinigung über Einleitung außergerichtlicher

Einigung

(1) Der Vollstreckungsschutz nach § 314a tritt mit
Verlangen des Schuldners auf Einleitung der außerge-
richtlichen Einigung zur Schuldenbereinigung bei einer
durch die Länder bestimmten geeigneten Person oder
Stelle ein. Hierüber hat diese Person oder Stelle eine Be-
scheinigung auszustellen, die der Schuldner beim Insol-
venzgericht einzureichen hat. Etwa bestehende oder
hiernach eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen sind
vom Insolvenzgericht unter Vorlage dieser Bescheini-
gung und auf Antrag des Schuldners aufzuheben.

(2) Der Vollstreckungsschutz umfasst einen Zeitraum
von sechs Monaten für die Dauer des außergerichtlichen
Einigungsverfahrens.

(3) Der Schuldner ist während dieser Zeit verpflich-
tet, seine Obliegenheiten zur zügigen Verfahrensdurch-
führung, insbesondere seine Mitwirkungs- und Informa-
tionspflichten zu erfüllen. Verletzt er eine seiner
Obliegenheiten schuldhaft und kommt es hierdurch zu
einer Verfahrensverzögerung, kann das Insolvenzgericht
auf Antrag der die Bescheinigung ausstellenden Person
oder Stelle den Vollstreckungsschutz aufheben.

(4) Die Länder haben sicherzustellen, dass die von ih-
nen bestimmten geeigneten Personen und Stellen das au-
ßergerichtliche Einigungsverfahren über die Schulden-
bereinigung innerhalb der gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1
vorgesehenen Zeitspanne von sechs Monaten abschlie-
ßen. Sollte das aufgrund vom Schuldner nicht zu vertre-
tener Umstände nicht möglich sein, haben diese recht-
zeitig vor Ablauf der Frist eine Bescheinigung über die
notwendige Verlängerung des außergerichtlichen Eini-
gungsverfahrens auszustellen. In diesem Fall verlängert
sich der Vollstreckungsschutz ab Einreichung beim In-
solvenzgericht um weitere drei Monate.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 6. Januar 2000

Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 14/2496 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Gesetzes zur Insolvenz-
ordnung)

Zu Nummer 1 (§ 4 Satz 2)

Bisherige Erfahrungen bei der Anwendung der Verbrau-
cherinsolvenz haben gezeigt, dass nach der herrschenden
Rechtsprechung keine Prozesskostenhilfe für die Verfahren
nach dem Achten und Neunten Teil der Insolvenzordnung
bewilligt wird. Während zunächst einige Amtsgerichte zu-
mindest für das Schuldenbereinigungsverfahren Prozess-
kostenhilfe bewilligten (vgl. AG Göttingen, 5.2.1999, 74 IK
12/99; AG Wolfratshausen, 1.4.1999, 2 IK 27/99), andere
Amtsgerichte die Gewährung jedoch versagten (vgl. u.a.
AG Baden-Baden, 25.1.1999, 11 IK 7/99; AG Hamburg,
10.3.1999, 68a IK 2/99), wurden durch mehrere Landge-
richte ablehnende Entscheidungen getroffen. Begründet
werden diese damit, dass Prozesskostenhilfeanträge für das
Insolvenzverfahren unzulässig sind, da die §§ 114 ff. ZPO
keine entsprechende Anwendung gemäß § 4 Insolvenzord-
nung finden (vgl. z.B. LG Köln, 26.2.1999, 19 T 18/99; LG
Düsseldorf, 15.3.1999, 25 T 168/99). Neben mangelnder
Zulässigkeit wurden Anträge auch als unbegründet wegen
fehlender Erfolgsaussichten aufgrund zu geringer Tilgungs-
quote abgelehnt (vgl. z.B. LG Lüneburg, 17.2.1999, 3 T 11/
99; LG Baden-Baden, 29.4.1999, 1 T 13/99).

Derzeit wird durch das Amtsgericht Duisburg eine Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 100
Abs. 1 GG darüber eingeholt, ob natürlichen Personen im
Insolvenzeröffnungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewil-
ligen ist (vgl. AG Duisburg, 15.6.1999, 60 IK 16/99).

Durch Schuldner gestellte Prozesskostenhilfeanträge wer-
den demnach ganz überwiegend durch die Amts- und Land-
gerichte als unzulässig und/oder unbegründet abgelehnt. So-
wohl der Gesetzgeber als auch das Bundesministerium der
Justiz gehen jedoch davon aus, dass die Bestimmungen der
Zivilprozessordnung zur Prozesskostenhilfe auch auf die In-
solvenzordnung Anwendung finden und Prozesskostenhilfe
bei Bedürftigkeit der Antragsteller und Vorliegen weiterer
Voraussetzungen nach der Insolvenzordnung im gerichtli-
chen Verfahren zu gewähren ist. Es bedarf deshalb dringend
einer ausdrücklichen Regelung zur Prozesskostenhilfege-
währung in den Verfahren des Achten und Neunten Teils
der Insolvenzordnung. Ohne eine solche klarstellende Rege-
lung wird die Hauptzielgruppe der weitgehend mittellosen
Schuldner beim Scheitern des außergerichtlichen Eini-
gungsversuches aus Kostengründen nicht in der Lage sein,
das gerichtliche Verfahren der Verbraucherinsolvenz mit
dem Ziel der Restschuldbefreiung einzuleiten, da sie Ge-
richts- und Anwaltskosten nicht aufbringen können. Der
Gesetzgeber kann sich auch nicht auf eine zeitlich noch
nicht absehbare Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts in dieser Frage zurückziehen, da die Insolvenzord-
nung bis dahin ihren gesetzgeberischen Zweck im Bereich
der Verbraucherinsolvenz verfehlen würde.

Zu Nummer 2 (§ 287 Abs. 2)

Nach § 287 Abs. 2 ist die so genannte Wohlverhaltensperi-
ode, d.h. der Zeitraum, in dem der Schuldner verpflichtet ist,
seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem
Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Be-
züge an einen Treuhänder abzutreten, auf sieben Jahre fest-
gelegt. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Gesamt-
dauer des außergerichtlichen Einigungsversuches und des
gerichtlichen Insolvenzverfahrens bis zu seiner endgültigen
Beendigung von ca. acht bis neun Jahren, des außerordent-
lich hohen Aufwandes und der Anforderungen an den je-
weiligen Schuldner sowie im Verhältnis zur durchschnittli-
chen Erwerbsdauer ist diese Zeitspanne von sieben Jahren
unbillig lang, um auch selbst dem intensiv um die Schulden-
bereinigung bemühten Schuldner einen erfolgreichen Ab-
schluss des Insolvenzverfahrens mit anschließender Rest-
schuldbefreiung zu ermöglichen.

Der bisherige Zeitraum von sieben Jahren ist auch unter an-
gemessener Berücksichtigung der Gläubigerinteressen
überlang bemessen, zumal bislang nach einem dreiviertel
Jahr der ganz überwiegende Teil der Verfahren im außerge-
richtlichen Stadium feststeckt. Es ist davon auszugehen,
dass bei Beibehaltung der jetzigen Regelung aufgrund der
für den Schuldner nicht absehbaren Gesamtdauer des Insol-
venzverfahrens eine Demotivierung eintreten wird, die dazu
führt, dass entweder gar nicht erst ernsthafte Entschul-
dungsversuche unternommen oder bereits eingeleitete Ver-
fahren abgebrochen und nicht erfolgreich zu Ende geführt
werden. Es besteht deshalb sofortiger gesetzgeberischer
Handlungsbedarf, um für die Betroffenen ein deutliches Si-
gnal in Richtung Praktikabilität zu setzen. Wird hier nicht in
absehbarer Zeit Abhilfe geschaffen, ist davon auszugehen,
dass die Insolvenzordnung im Bereich der Verbraucherin-
solvenz nach den anfänglichen hochgesteckten Erwartun-
gen und der nachfolgenden großen Enttäuschung durch die
betreffenden Schuldner nicht angenommen wird.

Zu Nummer 3 (§ 305 Abs. 1 Nr. 5)

In § 305 ist eine klarstellende Regelung für die so genann-
ten Armutsschuldner, d.h. die mittel- und einkommenslosen
bzw. -schwachen Schuldner, erforderlich, welche den über-
wiegenden Adressatenkreis der Verbraucherinsolvenz dar-
stellen. Das Landgericht Essen hat beispielsweise einen An-
trag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens im
Fall eines Sozialhilfeempfängers mit erheblicher Schulden-
last als unzulässig abgelehnt (vgl. LG Essen, 28.5.1999, 2 T
70/99).

§ 305 Abs. 1 Nr. 4 sieht vor, dass dem Antrag auf Eröffnung
des Insolvenzverfahrens neben weiteren Unterlagen auch
ein Schuldenbereinigungsplan beizufügen ist. Dieser kann
alle Regelungen zu einer angemessenen Schuldenbereini-
gung enthalten. Der Gesetzgeber ist offensichtlich davon
ausgegangen, dass die betreffenden Schuldner zwar über-
schuldet und damit insolvent sind, sich jedoch im Regelfall
in einer Einkommens- bzw. Vermögenssituation befinden,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/2496

die es ihnen ermöglicht, eine zumindest teilweise und ange-
messene Schuldenbereinigung in dem vorgesehenen Zeit-
raum von sieben Jahren durchzuführen. Die näheren Einzel-
heiten hierzu sind in dem Schuldenbereinigungsplan zu
regeln.

Nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen bei
außergerichtlichen Einigungsversuchen hat sich jedoch ge-
zeigt, dass dieser Adressatenkreis nicht die Masse der An-
tragsteller bildet, zumal diese Gruppe von Schuldnern oft-
mals auch aus eigener Kraft dazu in der Lage ist, aufgrund
ihrer finanziellen Situation mit ihren Gläubigern entspre-
chende Vereinbarungen zur Schuldentilgung in absehbaren
Zeiträumen zu treffen.

Bei dem überwiegenden Teil der Schuldner handelt es sich
jedoch um die so genannten Armutsschuldner, die aufgrund
ihrer derzeitigen Mittellosigkeit nicht oder in nicht nennens-
wertem Umfang dazu in der Lage sind, ihre aufgelaufenen
Verbindlichkeiten abzutragen. Da es sich hierbei somit um
den Regelfall handelt, ist eine klarstellende Regelung in
§ 305 dahingehend erforderlich, dass auch diese große
Schuldnergruppe einen Antrag auf Eröffnung des Insolven-
zverfahrens unter Einreichung eines „Null-Plans“ stellen
kann, da eine Entschuldung dieser Personengruppe andern-
falls in absehbarer Zeit nicht möglich ist.

Unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der
Gläubiger hat der Schuldner jährlich Auskunft über seine
Einkommens- und Vermögenssituation zwecks Prüfung
über die Weiterführung des Insolvenzverfahrens zu erteilen.

Um diese Schuldnergruppe im Vergleich zu anderen
Schuldnern, die ihre Verbindlichkeiten nach einem Schul-
denbereinigungsplan tilgen, nicht besser zu stellen, haben
sie bei einer deutlichen Verbesserung ihrer finanziellen Situ-
ation darüber hinaus die Pflicht, diesen Umstand unverzüg-
lich dem Insolvenzgericht mitzuteilen und zugleich die
Obliegenheiten nach § 295 entsprechend zu erfüllen, ins-
besondere eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben
bzw. sich um eine solche zu bemühen und auch keine zu-
mutbare Tätigkeit abzulehnen.

Für den Fall, dass der Schuldner zwischenzeitlich zu Ein-
kommen oder Vermögen oberhalb der Pfändungsfreigrenze
gelangt, ist zugleich eine Vorausabtretung an den Treuhän-
der vorgesehen, der dann eine Befriedigung der offenste-
henden Forderungen entsprechend der Gläubigeranteile
vornimmt.

Zu Nummer 4 (§§ 314a und 314b)

Die Ausdehnung des Vollstreckungsschutzes auf das Ver-
fahren der außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern
über die Schuldenbereinigung ist dringend im Interesse ei-
ner erfolgreichen Verfahrensdurchführung geboten. Ein
Hauptgrund für das Steckenbleiben bzw. Scheitern der über-
wiegenden Zahl der außergerichtlichen Einigungsversuche
ist nach Auskunft vieler Schuldnerberatungsstellen der Um-
stand, dass in diesem vorgerichtlichen Verfahrensstadium
kein Schutz vor Zwangsvollstreckungen gegeben ist. Die

Gläubiger neigen in einem Großteil der Fälle, in denen sie
notwendigerweise Kenntnis vom außergerichtlichen Eini-
gungsversuch in Vorbereitung der Verbraucherinsolvenz er-
halten dazu, ihre offenstehenden Forderungen im Wege der
Zwangsvollstreckung beizutreiben. Da ihnen in der Mehr-
zahl bekannt ist, dass während der Laufzeit der Abtretungs-
erklärung (§ 294 Abs. 1), d.h. in der Regel ab Stellen des
Eröffnungsantrages des Schuldners gemäß § 305 für einen
Zeitraum von sieben Jahren Vollstreckungsschutz besteht
und sie dadurch Gefahr laufen, dass ihre Forderungen nur
zum Teil oder gar nicht befriedigt werden, versuchen sie auf
diesem Wege anderen Gläubigern möglichst zuvorzukom-
men und ihre Forderungen beizutreiben. Hierdurch wird je-
doch der außergerichtliche Einigungsversuch zur Schulden-
bereinigung in eine Sackgasse geführt, in der die Gläubiger
nicht mehr zu einer solchen Einigung bereit sind.

Da Vollstreckungsschutz gemäß § 294 Abs. 1 bislang ledig-
lich für die Laufzeit der Abtretungserklärung besteht, die
Abtretungserklärung jedoch nur Voraussetzung für die Rest-
schuldbefreiung ist, ist dieser Vollstreckungsschutz auch auf
die Insolvenzverfahren auszudehnen, in denen der Schuld-
ner keinen Antrag auf Restschuldbefreiung stellt und damit
auch nicht seine pfändbaren Forderungen an einen Treuhän-
der gemäß § 287 Abs. 2 abtrítt. Es ist nicht einzusehen, aus
welchem Grund der Schuldner, der seine gesamten Ver-
bindlichkeiten begleichen will, für die Zeitdauer des ge-
richtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens und ggf.
anschließenden Insolvenzverfahrens nicht ebenfalls vor
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach Maßgabe der
§§ 88 ff. geschützt werden soll.

Gleichzeitig soll unter Berücksichtigung der berechtigten
Gläubigerinteressen mit § 314b sichergestellt werden, dass
der Vollstreckungsschutz nur für den gesetzlich vorgesehe-
nen Zeitraum des außergerichtlichen Einigungsverfahrens
von sechs Monaten besteht und der Schuldner während die-
ser Zeit verpflichtet ist, seine Obliegenheiten zur zügigen
Verfahrensdurchführung zu erfüllen. Andernfalls besteht die
Möglichkeit der Aufhebung des Vollstreckungsschutzes auf
Antrag der die Bescheinigung zur Einleitung des Verfahrens
ausstellenden Person oder Stelle. Soweit eine Verfahrens-
verzögerung jedoch in den Verantwortungsbereich der vor-
genannten Personen bzw. Stellen fällt und somit nicht mehr
von dem Schuldner zu vertreten ist, kann ihm dies auch
nicht durch Auslaufen des Vollstrekkungsschutzes nach Ab-
lauf der sechs Monate angelastet werden. In diesem Fall be-
steht für die o.g. Personen bzw. Stellen die Pflicht zur Aus-
stellung einer Verlängerungsbescheinigung. Auf diese
Weise wird sowohl sichergestellt, dass der so wichtige au-
ßergerichtliche Einigungsversuch zur Schuldenbereinigung
nicht durch vermehrte Zwangsvollstreckungsversuche der
Gläubiger von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, als
auch den berechtigten Interessen der Gläubiger auf eine zü-
gige Verfahrensdurchführung im Interesse einer angemesse-
nen Schuldenbereinigung Rechnung getragen werden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Das Gesetz sollte möglichst bald in Kraft treten.

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